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Im Jahre 1493 erschien das bis dahin meist bebilderte Buch: die Schedel'sche Weltchronik. Allgemein bekannt als Nürnberger Chronik ist das Buch eine Geschichte der Welt von der Entstehung bis zur damaligen Zeit; gedruckt vom bekanntesten Nürnberger Drucker, Anton Koberger. Die handschriftliche Druckvorlage für die nach ihrem Redakteur, dem Nürnberger Arzt Hartmann Schedel, benannte Weltchronik hat sich in der Stadtbibliothek Nürnberg erhalten. Die Holzschnitte zeigen eindrucksvoll die bis dahin bekannten Stadtansichten, verschiedenste Begebenheiten aus der Bibel, Bilder menschlicher Monster,…mehr

Produktbeschreibung
Im Jahre 1493 erschien das bis dahin meist bebilderte Buch: die Schedel'sche Weltchronik. Allgemein bekannt als Nürnberger Chronik ist das Buch eine Geschichte der Welt von der Entstehung bis zur damaligen Zeit; gedruckt vom bekanntesten Nürnberger Drucker, Anton Koberger. Die handschriftliche Druckvorlage für die nach ihrem Redakteur, dem Nürnberger Arzt Hartmann Schedel, benannte Weltchronik hat sich in der Stadtbibliothek Nürnberg erhalten. Die Holzschnitte zeigen eindrucksvoll die bis dahin bekannten Stadtansichten, verschiedenste Begebenheiten aus der Bibel, Bilder menschlicher Monster, allegorische Wunderdarstellungen und Porträts von Königen, Heiligen und Märtyrern. Die Beschreibung der wichtigsten Städte Deutschlands und des Abendlandes, die Stadtpläne und -ansichten sowie die deutliche Dominanz der Abbildungen (1804 Illustrationen von 652 Holzstöcken) machen das besondere Faszinosum der Weltchronik aus. Sie dokumentiert heute die Leistungsfähigkeit der damals noch jungen
Buchdruckerkunst und fungiert als ein historisches Nachschlagewerk sowie als Bestandsaufnahme der Städtekultur um 1490. Die Weltchronik hat seinerzeit so sehr begeistert, dass sie sowohl in lateinischer als auch in deutscher Sprache erschien und innerhalb eines Jahrzehntes trotz des nicht geringen Preises drei Nachauflagen erlebte; sie wurde im Laufe des 16. Jahrhunderts immer wieder nachgeahmt und zieht auch heute Betrachter und Leser in ihren Bann.
Autorenporträt
Stephan Füssel ist Direktor des Instituts für Buchwissenschaft der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz und Inhaber des dortigen Gutenberg-Lehrstuhls. Er hat zahlreiche Schriften über das frühe Druckwesen, die Rolle und Bedeutung des Buches vom 18. bis zum 20. Jahrhundert sowie zur Zukunft der Medien publiziert.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 05.12.2001

Der Herrgott lässt die Badewanne ein
Die Entstehung des Universums gehört zu den anspruchsvollsten Spielfeldern der wissenschaftlichen Theoriebildung. Allzu häufig scheitern die Versuche, den anschaulichen Gehalt komplexer mathematischer Beziehungen zu visualisieren, an unserem beschränkten Abstraktionsvermögen. Mit dem didaktischen Stilmittel des Comicstrips erläutert Hartmann Schedel seinen Versuch aus dem Jahre 1493, frühere Theorie elemente von Aristoteles und aus der Bibel in eine konsistente Urknalltheorie zu vereinigen. (Aus der „Weltchronik”. Neu hrsg. von Stephan Füssel. Taschen Verlag, Köln 2001. 680 Seiten, 100 Mark.) Schedel beschreibt den Anfang als einen spontanen Symmetriebruch, wodurch ein Überschuss an Photonen entsteht („Es werde Licht!”), der eine inflationäre Expansion einleitet. An den Grenzflächen der Stoßwellen kommt es zu Phasenübergängen, die im vierten Bild zur Sternbildung führen. Noch verbliebene Erklärungslücken bei einzelnen Zwischenschritten der Dynamik materieller Selbstorganisation bis hin zum menschlichen Leben kennzeichnet Schedel mit einem Handsymbol links oben in den Abbildungen.
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Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.01.2002

Nachdrücklicher Marktgewinn

Benedikt Taschen ist ein geschäftstüchtiger Mann. 1980 eröffnete er als Achtzehnjähriger einen Comic-Laden in Köln, heute wird der jährliche Umsatz seines Verlages mit weiteren Niederlassungen in London, Madrid, New York, Paris und Tokio auf rund neunzig Millionen Euro geschätzt. Das Programm umfaßt vor allem Bildbände in einer spektakulären Mischung aus Kunst, Pop, Design, Fotografie, Architektur, "Adults only" und hocherotischen Blumenbüchern. Den Vorwurf, Bücher für den mondänen coffee table zu produzieren, widerlegte Taschen 1999 sinnfällig: Helmut Newtons Band "Sumo", der siebzig Zentimeter hohe Codex Gigas der Softpornographie, würde jedes Designer-Möbel in die Knie sinken lassen; zum dreißig Kilogramm schweren Buch kann ein Pult gleich mitgeliefert werden. Vor wenigen Wochen brachte der Taschen Verlag nun Hartmann Schedels "Buch der Chroniken und Geschichten" als Nachdruck der Originalausgabe heraus (Hartmann Schedel: "Weltchronik". Kolorierte Gesamtausgabe von 1493. Einleitung und Kommentar von Stephan Füssel. Taschen Verlag, Köln 2001. 680 S., zahlreiche Abb., geb., 60,- [Euro]), zeitgleich mit einer englischen und einer französischen Ausgabe, die sich von der deutschen nur dadurch unterscheiden, daß die informative Einleitung und Analyse des Mainzer Buchwissenschaftlers Stephan Füssel hier in Übersetzung abgedruckt wird. Alle drei Ausgaben sind beim Verlag bereits vergriffen, Nachschub ist in Planung. In der Branche raunt man etwas von zwanzigtausend in zwei Monaten verkauften Exemplaren. Wieder einmal hat sich Taschens Verfahren bewährt, seine Bildbände zum gleichen Zeitpunkt in mehreren Sprachen erscheinen zu lassen und dadurch Produktionszahlen zu erreichen, die bescheidene Preise ermöglichen.

Diese Idee hat Taschen allerdings nicht erfunden: Das gleiche Prinzip war schon im fünfzehnten Jahrhundert angewandt worden - bei der Schedelschen Weltchronik. 1493 kam sie gleichzeitig im lateinischen Urtext für den europäischen Buchmarkt und in einer deutschen Bearbeitung mit den gleichen Holzschnitten und ähnlichem Layout heraus. Der Nürnberger Arzt und Humanist Schedel hatte seine Chronik, die mit der Erschaffung der Welt anfängt und mit einem Ausblick auf den Antichrist und das Jüngste Gericht endet, nach Art seiner Zeit aus einer Reihe von Quellen kompiliert und dabei besonders die Städte Europas berücksichtigt. Der Inhalt seines Textes wurde meist wenig beachtet, vielleicht zu Unrecht. Die 1804 Holzschnitte (von 652 Holzstöcken, die zum Teil mehrfach verwendet wurden) zeigen zumeist Personen und Städte und fesselten seit jeher die Blicke. Die Weltchronik gilt als das aufwendigste Buchunternehmen seit der zweiundvierzigzeiligen Gutenberg-Bibel. Ihre Entstehung verdankt sich einer Art "joint venture" von Geldgebern, Autor, Übersetzer, Illustratoren und dem Drucker Anton Koberger. Verträge, Rechnungen, ja sogar die handschriftlichen Druckvorlagen sind erhalten.

Der überwältigende visuelle Eindruck des Buches mit seinem Originalformat von rund fünfundvierzig mal dreißig Zentimetern verstärkt sich noch, wenn die Holzschnitte gut koloriert sind. Als 1987 Peter Teicher in Ludwigsburg die Edition libri illustri begründete, die auf kostbare Faksimiles spezialisiert ist, setzte er sich das ehrgeizige Ziel, mit einem illuminierten deutschen Schedel zu beginnen. Schöne vollständige Ausgaben sind selten, und viele Reisen waren nötig, bis er in der Weimarer Herzogin Anna Amalia Bibliothek fand, was er suchte. Das Original mußte auseinandergenommen werden, damit das Faksimile alle Details auch im Falz des Buches wiedergeben konnte, doch Bibliotheken lassen sich darauf mitunter gerne ein, weil so die kostenträchtige Restaurierung eines Buches finanziert werden kann. Nach vierjährigen Vorbereitungen kam 1990 das Faksimile von Libri illustri/Edition Leipzig heraus. Teicher, der inzwischen auch den Ulmer Äsop-Frühdruck und andere Zimelien faksimiliert hat, schuf eine Wanderausstellung über die Weltchronik, die in vielen öffentlichen Bibliotheken gezeigt wurde - von heute abend an zum Beispiel im Lichthof des Hochzeithauses in Eschwege.

Von den achthundert für den Handel bestimmten Exemplaren zum Preis von 3790 Euro sind laut Teicher nur noch wenige erhältlich. Darum hat Teicher dem Taschen Verlag gestattet, seine Druckvorlagen zu verwenden ("wo es nur geht, stehlen wir", sagte die Verlegerin Angelika Taschen kürzlich in einem Interview). Während Teichers Papier dem Original sehr ähnlich ist, hat es bei Taschen die normale Glätte. Zudem reduziert Taschen das Format um ein knappes Drittel. Selbst das hat Tradition: Schon 1496 publizierte Johann Schönsperger in Augsburg einen verkleinerten Nachdruck der deutschen Weltchronik, der sich besser als die Vorlage verkaufte. Wer heute in Taschens Buch blättert, hat es mit einem passablen Bildband zu tun; wer dagegen Teichers teures Faksimile mit seiner Farbenpracht vor sich hat, kann für Momente die Faszination des Originals empfinden - freilich nur für Momente. Nichts kann den sinnlichen Zauber einer Erstausgabe ersetzen, in deren Papier sich der Abdruck der Lettern eingegraben hat und die beim Aufschlagen fünfhundert Jahre Geschichte ausatmet.

Also doch lieber ein Original erwerben? Der Heritage Book Shop in Los Angeles zum Beispiel bietet einen deutschen Schedel für 57 000 Dollar an, allerdings unkoloriert. Für Augenmenschen empfiehlt sich der Gang ins Nürnberger Antiquariat Kistner, wo ein lateinischer Schedel im feinen echten Koberger-Kolorit zu haben ist, ganz ähnlich dem in der Herzogin Amalia Bibliothek. In Euro umgerechnet hört sich der Preis von 385 000 Mark nur halb so schlimm an.

ROLAND KANY

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Der Rezensent Roland Kany befasst sich in seiner Kritik mehr mit der Geschäftspolitik des Taschen-Verlags als mit der Ausgabe der "Weltchronik". Dabei gesteht er allerdings zu, dass die gleichzeitig auf englisch, deutsch und französisch erschienenen Fassungen von dem "Mainzer Buchwissenschaftler" Stephan Füssel "informativ eingeleitet werden. Während das Original aus dem Jahre 1493 als das "aufwändigste Buchunternehmen seit der ... Gutenberg-Bibel" gelte und die kolorierten Holzschnitte des Originals einen "überwältigenden visuellen Eindruck" hinterlassen, handele es sich bei der "Taschen-Ausgabe" lediglich um einen "passablen Bildband", der mit seinem Papier von normaler Glätte und dem um ein Drittel reduzierten Format niemals die "Faszination des Originals" oder den "sinnlichen Eindruck einer Erstausgabe" ersetzen könne. Was die Taschen-Version für Kany dennoch attraktiv macht, ist ihr Preis von 60 Euro: denn die 57 000 Dollar, für die ein unkoloriertes Original z.B. in Los Angeles zu erwerben ist, sind dann doch eher unbezahlbar, auch wenn Kany ironisch anmerkt, dass sich der Preis von 385 000 DM für eine lateinische kolorierte Ausgabe "in Euro" schließlich "nur noch halb so schlimm" anhöre.

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