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George Floyds Tod erschüttert die USA und löst Proteste gegen rassistische Polizeigewalt aus. Ta-Nehisi Coates, "die Stimme des schwarzen Amerika" (Tobias Rüther, F.A.S.), über die Ära Obama und Donald Trump.
Mit Barack Obama sollte die amerikanische Gesellschaft ihren jahrhundertealten Rassismus überwinden. Am Ende seiner Amtszeit zerschlugen sich die Reste dieser Hoffnung mit der Machtübernahme Donald Trumps, den Ta-Nehisi Coates als "Amerikas ersten weißen Präsidenten" bezeichnet: ein Mann, dessen politische Existenz in der Abgrenzung zu Obama besteht. Coates zeichnet ein bestechend…mehr

Produktbeschreibung
George Floyds Tod erschüttert die USA und löst Proteste gegen rassistische Polizeigewalt aus. Ta-Nehisi Coates, "die Stimme des schwarzen Amerika" (Tobias Rüther, F.A.S.), über die Ära Obama und Donald Trump.

Mit Barack Obama sollte die amerikanische Gesellschaft ihren jahrhundertealten Rassismus überwinden. Am Ende seiner Amtszeit zerschlugen sich die Reste dieser Hoffnung mit der Machtübernahme Donald Trumps, den Ta-Nehisi Coates als "Amerikas ersten weißen Präsidenten" bezeichnet: ein Mann, dessen politische Existenz in der Abgrenzung zu Obama besteht. Coates zeichnet ein bestechend kluges und leidenschaftliches Porträt der Obama-Ära und ihres Vermächtnisses - ein essenzielles Werk zum Verständnis der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der USA, von einem Autor, dessen eigene Geschichte jener acht Jahre von einem Arbeitsamt in Harlem bis ins Oval Office führte, wo er den Präsidenten interviewte.
Autorenporträt
Ta-Nehisi Coates ist einer der angesehensten Intellektuellen der USA. Mit seinem Essay "Plädoyer für Reparationen" stieß er eine landesweite Diskussion zur Aufarbeitung der Sklaverei an. "Zwischen mir und der Welt", für das er 2015 den National Book Award erhielt, ist in den USA eines der meistverkauften Bücher der vergangenen Jahre. Coates lebt mit seiner Familie in New York.
Rezensionen
Acht Jahre an der Macht

Blick zurück in Stolz und Zorn - der amerikanische Journalist Ta-Nehisi Coates zieht eine Bilanz von Barack Obamas Zeit im Weißen Haus

Sklaven haben das Weiße Haus in Washington gebaut. Und auch das Kapitol. Das Fundament der Vereinigten Staaten von Amerika, auf dem sich die Nation zur Supermacht entfalten konnte, ist in weiten Teilen von Sklaven gelegt worden. Im amerikanischen Bürgerkrieg ist die Sklaverei dann abgeschafft worden, aber das ändert nichts an diesem Fundament. We hold this truth to be self-evident: "Dass eine Gruppe von Amerikanern versucht hat, ein Land zu erschaffen, das sich ganz auf die Leibeigenschaft von schwarzen Menschen gründete, und dass eine andere Gruppe, darunter viel Schwarze, sie davon abhielt."

Der erste Teil dieses letzten Satzes stammt aus der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung vom 4. Juli 1776; er ist berühmt geworden in seiner Emphase, und er leitet die unumstößlichen Grundsätze der Erklärung ein: dass alle Menschen gleich geboren und Leben, Freiheit und das Streben nach Glückseligkeit ihre unveräußerbaren Rechte sind. Den zweiten Teil des Satzes hat der amerikanische Journalist Ta-Nehisi Coates geschrieben, und zwar 2012, im selben Jahr, in dem Barack Obama zum zweiten Mal zum amerikanischen Präsidenten gewählt wurde. Das erste Mal, 2008, war das schon eine historische Unwahrscheinlichkeit gewesen, das zweite Mal hat das Ganze noch unwahrscheinlicher gemacht: ein schwarzer Mann im Weißen Haus, das von schwarzen Sklaven gebaut wurde.

Die acht Jahre, die Obama dann von dort aus regierte, hat Coates schreibend begleitet - in acht großen Reportagen und Essays, die in dieser Zeit für das Magazin "The Atlantic" entstanden sind. Und die Coates nun zu einem Buch zusammengefasst und kommentiert hat. "We Were Eight Years in Power" erzählt zwei Geschichten gleichzeitig: einmal die von Obama, dem ersten (und, wie Coates durchschimmern lässt, vermutlich für immer und ewig einzigen) schwarzen Präsidenten der Vereinigten Staaten. Und dann die von Ta-Nehisi Coates selbst, der in dem Moment, als Obama antrat, ein strauchelnder junger Journalist gewesen war und nicht mehr gewusst hatte, wie er seine kleine Familie ernähren sollte.

Dann kandidierte Obama und gewann und zog mit seiner Familie an die Pennsylvania Avenue Nummer 1600 in Washington, was so ein Weltereignis war, dass plötzlich enormer Deutungsbedarf entstand: Wie ist das nur möglich gewesen? Sind die Vereinigten Staaten also dabei, ihre Rassenkonflikte hinter sich zu lassen? Ändert Obama alles? Oder ändert das Amt ihn? Macht er schwarze Politik? Warum macht er keine schwarze Politik? Wer ist Michelle Obama - und was ist sie für ihn? Wie reagiert die black community, wie umgekehrt das weiße Establishment? Hört die amerikanische Justiz auf, nun in solch einem Ausmaß schwarze Männer einzusperren? Und wird es endlich Reparationen für das Verbrechen der Sklaverei geben?

Coates hat versucht, darauf in den acht Essays für den "Atlantic" zu antworten, der ihn damals zum festen Autor für genau diese Fragen machte. Die Sinnsuche des jungen Journalisten war vorbei, er konnte sich nun ganz dem Schreiben widmen und wurde gut dafür bezahlt. Vom ersten Honorar, das erzählt Coates, gingen er und seine Partnerin gleich mal ein fettes Steak in einem teuren Restaurant essen. "Die Existenz von Barack Obama, von Michelle Obama", schreibt Coates, "veränderte unser Leben. Sie eröffnete einen Markt."

Am Ende der acht Jahre mit den Obamas ist Coates der neue Star im amerikanischen Journalismus. Sein Buch "Between the World and Me", eine Erkundung des Lebens als schwarzer Mann im rassistischen Amerika, entstanden im Augenblick, als die Polizeigewalt gegen Schwarze kein Ende zu nehmen schien, ist 2015 sofort zum Klassiker geworden. Nach diesen acht Jahren ist aber auch ein Mann als Nachfolger Obamas ins Weiße Haus eingezogen, der sich nicht von seinen rechtsextremen bis rechtsradikalen Fans zu distanzieren vermag - und den Coates für einen Anhänger der "White Supremacy" hält, also der Ideologie, dass es das Vorrecht der Weißen ist, über die Vereinigten Staaten zu herrschen.

"We Were Eight Years in Power" beantwortet deswegen auch, und das wäre dann schon die dritte Geschichte, die Coates erzählt, wie es dazu nur kommen konnte: eben noch ein schwarzer, eleganter Intellektueller als Präsident, ausgebildet an den Ivy-League-Universitäten von Columbia und Harvard, ein Professor und Basketballspieler, Sänger und Tänzer und charismatischer Redner - und jetzt Donald Trump, in den Worten von Coates: ein "orkischer Reality-Show-Star, der darauf besteht, seine Geheimdienstinformationen in Bilderbuchform zu erhalten".

Selten, dass Coates so polemisch wird wie hier und Trump einen Ork nennt. Sein Stil ist sonst immer suchend, leise, er umkreist einen Sachverhalt, um ihn dann in einem entscheidenden Gedanken zuspitzend zu lösen. Den Widerstand gegen Obama, die Blockaden durch die Republikanische Partei und selbst durch demokratische Parteifreunde, die ihn eben noch gefördert hatten, die von Trump angeführte Diskussion, ob Obama überhaupt in den Vereinigten Staaten geboren sei, die bis heute nicht versiegenden Unterstellungen, er sei ein Muslim, die offen rassistischen Beleidigungen und unaufhörlichen Schmähungen und Attacken: Für Coates ist die Obama-Ära "eine Zeit, die von einer Revolution geprägt ist, die nie ausgerufen werden darf, von einer Demokratie, die die Bedeutung von Rasse nie anerkennen darf, obwohl sie davon geformt wird. Barack Obama regiert eine Nation, die aufgeklärt genug ist, um einen Afroamerikaner ins Weiße Haus zu entsenden, aber nicht aufgeklärt genug, um einen schwarzen Mann als Präsidenten zu akzeptieren."

"Fear of a Black President" heißt das Kapitel, aus dem dieses Zitat stammt. In der deutschen Übersetzung "Angst vor einem schwarzen Präsidenten" geht leider verloren, was Ta-Nehisi Coates als Autor und Denker geprägt hat: Hiphop. "Fear of a Black Planet" hieß ein wegweisendes Album von Public Enemy aus dem Jahr 1990, eine New Yorker Rapcrew, die in ihren Songs das Leben und die Gewalt der Straße in unmittelbaren politischen Zusammenhang mit der strukturellen Gewalt des rassistischen Fundaments der Vereinigten Staaten stellte, nur eben in gereimten Worten, in einem Flow, den Coates selbst zwischendurch zu imitieren versuchte, genau wie er anfangs seinem großen Idol James Baldwin (siehe dazu Seite 51 dieser Ausgabe) nacheiferte, bis er zu seinem eigenen Stil fand.

Die acht großen Texte seines Buchs leitet Coates in Rückblicken auf die Jahre ein, in denen sie entstanden. Er schaut mit den Augen von heute (das amerikanische Original erschien 2017, wer kann, sollte es so lesen) auf die Jahre von damals und den Autor, der sie beschrieb. Und das geht untrennbar ineinander über. Genau das macht Coates zu so einem mitreißenden Erzähler: Was er gedacht hat, wie er schrieb, fließt direkt in das ein, was er schreibt, er beobachtet sich selbst beim Denken und Schreiben. Was man, bei anderen Autoren, eitel finden könnte. In seinem Fall ist es aber Ausdruck der gesellschaftlichen Rolle der Schwarzen in den Vereinigten Staaten. Einer Minderheit, der, unaufhörlich, in subtilster Form ebenso wie mit dem Holzhammer, vermittelt wird, Amerikaner zu sein, ohne dazuzugehören. "Between the World and Me" handelte 2015 genau von diesem Abstand. Nicht dazuzugehören als identitätsstiftender Impuls einer permanenten Selbstbefragung, aus der sich ein geläutertes (und im Fall von Ta-Nehisi Coates enormes) Selbstbewusstsein ergibt.

Und weil Coates gar nicht anders konnte, weil es ihm wegen seiner Hautfarbe nicht einen Tag seines Lebens erlaubt und möglich ist, selbstvergessen in diesen Tag hineinzuschreiben und hineinzuleben, ist er in der Lage, eine deutliche Antwort auf jene die ganze Welt derzeit umtreibende Frage zu geben, wie Trump nur möglich war. Es ist überhaupt nicht komplex. Es ist ganz einfach: Der herrschende Rassismus hat ihn dort hingebracht.

In den ersten sechs skandalgeprägten Monaten im Amt, hält Coates fest, seien Trumps Zustimmungswerte ins Negative gesunken, und zwar "in allen demographischen Gruppen außer einer: Menschen, die sich als weiß verstanden". Und all die weißen liberalen Autoren (vom "New Yorker", von der "New York Times"), die nach der Wahl in die krisengebeutelten amerikanischen Regionen gefahren sind, wo arbeitslose Weiße in die Armut hineingerutscht sind und angeblich deswegen Trump wählten, was das liberale Establishment verkannt habe, Asche auf unser Haupt: Diese weißen Reporter würden eben verkennen, wie viele schwarze Amerikaner genau in der gleichen Armut lebten, und das schon seit Jahrhunderten, ohne einen wie Trump zu wählen: "Schwarze Arbeiter leiden - wenn man das so nennen kann -, weil das nun einmal unser Schicksal war und ist. Aber wenn weiße Arbeiter leiden, dann ist das gegen die Natur." Coates nennt das die "Verstrickung" in eine Solidarität, die gar nicht spürbar sein muss, um trotzdem zu wirken. Das erste Kennzeichen eines Privilegs ist nun einmal, dass man nicht merkt, es zu genießen.

"Trump kam nicht aus dem Nichts", erklärt Coates jedenfalls, "sondern aus dem Irrsinn der acht Jahre." Aus dem ehrabschneidenden Widerstand gegen den schwarzen Mann im Weißen Haus wurde über Jahre hinweg jene Kraft, die Trump dann ins Weiße Haus getragen hat, er wurde getragen von einem nicht mehr nur verhohlenen, sondern ganz offen gezeigten Chauvinismus und Rassismus. Der Weg zu Trumps Grenzüberschreitungen wurde über Jahre geebnet.

"We Were Eight Years in Power" hat Ta-Nehisi Coates sein Buch genannt. In diesem Titel scheint die ganze Komplexität der Obama-Ära auf: Wir waren acht Jahre an der Macht, aber haben wir sie genutzt? Coates ist da zwiespältig, er bewundert Obama, aber er fürchtet auch, bei allem Verständnis, dass er zu viele Rücksichten genommen hat. Wir waren acht Jahre an der Macht, welch ein Triumph! Aber es kann auch heißen: Wir waren acht Jahre an der Macht, das war's, mehr werden wir nicht bekommen. Die Power, der Trotz und die Resignation und der Stolz, die in diesem Titel zu Wort kommen, sind der Spirit und der Stil dieses Buchs und seines einzigartigen Autors.

TOBIAS RÜTHER

Ta-Nehisi Coates: "We Were Eight Years in Power. Eine amerikanische Tragödie". Übersetzt von Britt Somann-Jung. Hanser Berlin, 416 Seiten, 24 Euro

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.08.2018

Geschichte eines grandiosen Scheiterns
Barack Obama hat viele Menschen in seinen Bann gezogen - und doch den Rassismus nicht überwunden

Um es gleich vorweg zu sagen: Dieses Buch, eine Bilanz der Ära Obama, geht unter die Haut und fesselt von Beginn an. Es ist die eindringliche Darstellung der Präsidentschaft des ersten schwarzen Präsidenten in der Geschichte der Vereinigten Staaten, dem es gelang, auch "Weiße zu verzaubern", die Massen weltweit, zumindest in der ersten Amtsperiode, zu begeistern (Friedensnobelpreis), Hoffnungen auf Aussöhnung und ein postrassistisches Zeitalter im eigenen Land zu wecken, der am Ende jedoch aus Sicht des Autors daran scheiterte, den eigentlichen Geburtsfehler der amerikanischen Demokratie, die tiefe rassische Spaltung, zu überwinden.

Coates schildert eindringlich und wortgewaltig den Aufstieg Obamas, Erfolge und Misserfolge seiner Amtszeit, und verknüpft dies mit der Darstellung seines eignen Schicksals als gefeierter schwarzer Autor. Dabei steht die politische Bilanz Obamas nicht im Vordergrund. Coates anerkennt die Erfolge des Präsidenten als "guter Sachverwalter und umsichtiger Baumeister" - die Errichtung des Gerüsts einer staatlichen Gesundheitsversorgung, die Verhinderung des ökonomischen Kollaps der Vereinigten Staaten im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/9, die Beendigung der staatlich sanktionierten Folter und der sukzessive Rückzug aus dem Nahen Osten (wohlgemerkt unter Fortsetzung bzw. Verstärkung des unsichtbaren Drohnenkriegs), das Einläuten eines (vorübergehenden) Wandels in der Klimapolitik - und immer wieder macht er aus seiner Bewunderung für dessen Talent und Intellekt keinen Hehl: Obama war die beste Werbung dafür, "mit welcher Leichtigkeit schwarze Menschen vollständig in den nicht bedrohlichen Mainstream amerikanischer Kultur, Politik und Mythen integriert werden konnten". Und natürlich hat seine Präsenz schwarzen Autoren wie Coates selbst ein Feld eröffnet, in dem die Neugier auf die schwarze Erfahrung als zentraler Bestandteil der amerikanischen Gründungsgeschichte, die Frage nach der amerikanischen Identität, neu geweckt wurde.

Genau dies aber war Obamas Problem, und hier beginnt für Coates die Tragik dieser Präsidentschaft, sein gespaltenes Verhältnis zu diesem Mann. In Obamas persönlichem Erfolg spiegelt sich zugleich das Dilemma einer Gesellschaft, in der aus Sicht des Autors letztlich nur schwarze Angepasstheit zu persönlichem und gesellschaftlichem Erfolg führt, diese jedoch gleichzeitig weiße Vorherrschaft verstärkt. Indem Schwarzen suggeriert wird, dass sie nur dann Erfolg haben, wenn sie sich auf eine Weise verhalten, die den Werten der Mittelschicht entspricht, wenn sie sich Konventionen anpassen, verneint die Gesellschaft im Grunde, dass Rassismus und weiße Suprematie noch immer bedeutende Kräfte im amerikanischen Leben darstellen. Genau aus diesem Grund kritisiert Coates Obama "für seine "Respektabilitätspolitik" - seine Appelle an die Eigenverantwortung der schwarzen Community -, statt den Rassismus in Amerika beim Namen zu nennen und endlich anzuerkennen, dass die amerikanische Demokratie ohne die Sklaverei als "Startkapital" nicht denkbar gewesen wäre.

Nicht dass Coates solche Appelle grundsätzlich falsch findet. Aber in den Worten Obamas klangen sie für ihn nach Bill Cosby's "schwarzem Konservativismus", weil sie die Botschaft von persönlicher Verantwortung zu oft gegen das berechtigte Eintreten amerikanischer Bürger für ihre Rechte ausspielten, weil sie Aktivisten, die darauf drangen, das Strafvollzugssystem zu reformieren, tadelten, obwohl dieses System der Reform bedarf. Eine solche Politik fungierte in ihrer differenzierteren und seriöseren Form als "gleichwertiges Komplement zum Antirassismus".

Viel problematischer aus Sicht Coates' aber ist, dass eine "gute Negerregierung" - auf individueller wie politischer Ebene - eben genau die weiße Vorherrschaft, die sie zu bekämpfen sucht, noch verstärkt. Obama selbst hatte verschiedentlich geäußert, dass von ihm erwartet wurde, "nicht nur doppelt so gut, sondern auch halb so schwarz zu sein"; auch deshalb habe er sich nicht so für die Anliegen der Schwarzen einsetzen können, wie viele das von ihm vielleicht erwartet hätten. Die symbolische Kraft seiner Präsidentschaft - wonach das "Weißsein" nicht mehr ausreichte, um den Einzug eines schwarzen Präsidenten ins Weiße Haus zu verhindern - griff, so gesehen, die am tiefsten verwurzelten Ideen weißer Überlegenheit und Vorherrschaft an und sorgte unter ihren Anhängern für Angst. Und es war genau diese Angst, die wiederum den Symbolen, die Trump einsetzte - den Symbolen des Rassismus" -, die Macht verlieh, ihn ins Präsidentenamt zu hieven. Auch deshalb sieht Coates den unerwarteten Triumph Trumps als "backlash" (Gegenreaktion) der "White Supremacy", nach dem Motto: Es gibt eben doch noch ein weißes Amerika! Trumps Präsidentschaft, so Coates, gründet nicht zuletzt auf der Behauptung, Obama sei gar nicht in den Vereinigten Staaten geboren und hätte deshalb auch nicht Präsident werden dürfen. Jedenfalls sei Trump nicht nur Präsident geworden, weil ihn die vernachlässigte Arbeiterklasse gewählt habe, denn immerhin bekam er von schwarzen und lateinamerikanischen Arbeitern weit weniger Stimmen als von Weißen.

Bei aller Kritik an Obama aber lässt Coates immer wieder das tragische Element an dessen Präsidentschaft durchblicken: Weil eben die mit Trumps Wahl kulminierende Selbstgerechtigkeit der Weißen nicht zu überwinden ist, musste daran auch ein Präsident scheitern, der das Beste für das Land wollte. Immerhin hat auch Coates keine Lösung für die Frage, wie die weiße Vorherrschaft überwunden werden könnte, oder sollte etwa in Umkehr zu seiner eigenen Prämisse eine "schlechte Negerregierung", also eine, die im Sinne von Malcolm X von vorneherein die amerikanischen Institutionen als Instrumente weißer Vorherrschaft diskreditierte, Voraussetzung dafür sein, dass Schwarze endlich in einer Gesellschaft integriert würden, die nicht für sie gegründet wurde? Eine Alternative hat Obama am Ende wohl kaum gehabt, allenfalls mag man ihm ankreiden, die von Coates eindrucksvoll geschilderte materielle Realität struktureller Benachteiligung von Schwarzen nicht offensiv genug angesprochen zu haben. So bleibt denn nur die in der Tat tragische Erkenntnis zurück, dass die amerikanische Gesellschaft am Ende vielleicht schlicht noch nicht reif war für einen schwarzen Präsidenten.

STEFAN FRÖHLICH

Ta-Nehisi Coates: We were eight years in power. Eine Amerikanische Tragödie.

Hanser Verlag, Berlin 2018. 416 S., 25,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur FAS-Rezension

Tobias Rüther findet Ta-Nehisi Coates einfach klasse. Wenn der Star-Intellektuelle des Atlantic-Magazines die acht Jahre von Präsident Barack Obama in seinen Essays dokumentiert, dann liest der Rezensent darin gleich drei Geschichten: Den persönlichen Bildungsroman eines jungen Journalisten, die Ära des ersten schwarzen amerikanischen Präsidenten und die Entwicklung der USA in dieser Zeit. Der Titel gibt dabei in seiner Kombination aus Stolz und Resignation den Ton vor, auch wenn Rüther schreibt, dass Coates' Stil eher suchend, fragend sei. In der Sache wird er offenkundig schärfer. Aber auch da geht Rüther d'accord. Coates' Grundthese ist, dass es allein der Rassismus gewesen ist, der nach Obama eben Donald Trump ins Weiße Haus gebracht habe (und nicht die Verarmung der weißen Mittelschichten). Auch dass die USA noch immer nicht "die Bedeutung von Rasse" erkannt hätten, lernt Rüther aus diesem Band. Wo man doch eher denken könnte, dass sie besessen davon sind.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Ta-Nehisi Coates ist der Autor, den man jetzt lesen muss, wenn man verstehen will, wie die USA funktionieren, immer funktioniert haben; zwischen Sklaverei und Bürgerkrieg, zwischen dem ersten schwarzen Präsidenten Barack Obama und ,dem ersten weißen Präsidenten' Donald Trump, wie ihn Coates in einem seiner weit ausgreifenden Essays nennt, in denen sich die Angriffslust und der Rhythmus des Hip-Hops mit der Klarheit und Direktheit der Argumente mischen, die man dadurch erreicht, dass man sich als Autor offen und verletzlich zeigt." Georg Diez, Der Spiegel, 31.03.2018

"Der amerikanische Journalist Ta-Nehisi Coates analysiert die Situation gut, er sagt sehr überzeugend, dass sich letztlich die ganze Trump-Bewegung auf tief sitzenden Rassismus zurückführen lässt. Ich denke, das stimmt." Daniel Kehlmann im Interview bei ZEIT Campus, 20.03.2018

"'We Were Eight Years in Power' ist nicht weniger leidenschaftlich als 'Zwischen mir und der Welt' und genauso deutlich." Sacha Verna, NZZ am Sonntag, 25.03.2018

"Der Stil ist großartig, er hat Sound, er hat Rhythmus, Suggestivkraft. Das sind großartige Essays. Das bislang beste Buch, das das aktuelle Elend im Weißen Haus erklären kann." Mario Scalla, hr2 kultur, 23.03.2018

"Coates' großes Talent als Autor tritt darin zutage, dass er politische Analyse und historische Rückschau mit Reportage-Elementen zu verbinden weiß. Und sich dabei immer wieder selbst einbezieht. So hilft er, Strukturen der US-amerikanischen Gesellschaft besser zu verstehen auf eine Weise, die intellektuell fordert und emotional berührt zugleich." Marie-Sophie Adeoso, Frankfurter Rundschau, 24.03.2018

"'We were eight years in power' ist ein besonderes Buch, schon wegen der Machart. Ungewöhnlich offen schildert Coates eigene Konflikte und Fragen, was ihn nahbarer und souveräner macht als andere Kommentatoren des Zeitgeschehens. Der Stoff des meisterhaften Buches erschüttert." Caspar Dohmen, SWR2, 27.03.2018

"Coates hält dem weißen Rassismus einen Spiegel vor und wird von der liberalen, intellektuellen (und vielfach weißen) Elite dafür geliebt. Coates fasziniert als intellektuelle Figur, weil er den amerikanischen Traum gleichzeitig kritisiert [...] und verkörpert." Anna Goldenberg, Falter, 14.03.2018

"Die Power, der Trotz und die Resignation und der Stolz, die in diesem Titel zu Wort kommen, sind der Spirit und der Stil dieses Buchs und seines einzigartigen Autors." Tobias Rüther, FAS, 11.03.2018

"Die Essays von Ta-Nehisi Coates zeichnen ein düsteres Sittengemälde Amerikas, eigenwillig und verstörend, in rauer, schöner, manchmal sperriger Sprache." Katja Ridderbusch, Deutschlandfunk, 12.03.2018

"Eine enge Verknüpfung von Politik, Poesie und Popkultur prägt den unverkennbaren Sound der Essays. Jedem Essay hat Coates ein persönliches, oft erfrischend selbstkritisches Intro vorangestellt, das die Texte in den Zusammenhang stellt, in dem sie entstanden. Ein ebenso persönliches wie historisch-politisches Resümee der Obama-Ära." Dietrich Roeschmann, Badische Zeitung, 11.04.2018
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