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War and violence have been constitutive elements in the shaping of western civilization from antiquity to the present. Perceived interconnections between war, violence, and modernity have given rise to a number of theories from Walter Benjamin to Paul Virilio and Hans Magnus Enzensberger. This volume explores the specific role which war has played in the constitution of a modern mentality. It is divided into three distinct but related parts: One dealing with issues of conceptualizing war, violence, and modernity/modernism; one is devoted to issues of the First World War as an exemplary…mehr

Produktbeschreibung
War and violence have been constitutive elements in the shaping of western civilization from antiquity to the present. Perceived interconnections between war, violence, and modernity have given rise to a number of theories from Walter Benjamin to Paul Virilio and Hans Magnus Enzensberger.
This volume explores the specific role which war has played in the constitution of a modern mentality. It is divided into three distinct but related parts:
One dealing with issues of conceptualizing war, violence, and modernity/modernism; one is devoted to issues of the First World War as an exemplary experience in the 20th century; and one is concerned with issues of violence and its representation in the aftermath of the first modern war and up to the present.
Autorenporträt
Bernd Hüppauf, geboren 1942, lehrt als Professor am Department of German an der New York University. Publikationen über die Literatur der Weimarer Republik und die Nachkriegszeit, Veröffentlichungen im Bereich Literatur, Fotografie und über die Repräsentation von Krieg und Gewalt.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.03.1997

Kugelhagel mit Bedeutung
Sinnsuche im Ersten Weltkrieg / Von Wolfgang Sofsky

Zwei Jahrzehnte nach dem Waffenstillstand bemerkte Guy Chapman in einer Anthologie über den Ersten Weltkrieg: "Krieg ist keine Tragödie. Er ist nicht einmal ein großes historisches Ereignis. Er ist ganz einfach ein Unheil, das wie ein Eisenbahnunglück kurzfristig die Betroffenen bewegt, aber die wichtigsten historischen Strömungen nicht aus der Bahn bringen kann." Der Krieg - nichts weiter als eine gewaltige Übung in Nutzlosigkeit, ein weißer Fleck ohne Bedeutung? Von höherer Warte sieht es so aus, als rücke die Zeit der Gesellschaft unaufhaltsam voran. Die Opfer werden vergessen, der Alltag drängt das Desaster beiseite.

Wenn Epochen zu Ende gehen, scheint sich solcher Gleichmut zu verlieren. In aktuellen Besichtigungen des Zeitalters wird dem "Großen Krieg" erneut ein historischer, geradezu teleologischer Sinn zugerechnet. Mit ihm begann, so auch die Grundidee des vorliegenden Bandes, das Säkulum der industriellen Gewalt. Der Krieg offenbarte die Destruktivkraft der Technik, entwertete die Ideale, fragmentierte das Kunstwerk, besetzte die Gesellschaft, die Körper, Erinnerungen und Phantasien. Die Blutmühlen von Verdun, Ypern, Loos als Geburtsstätten der Moderne und ihrer Gewaltkultur.

Den Nachweis für die Allgegenwart der Gewalt, die Bernd Hüppauf in der Einleitung behauptet, bleibt das Buch indes schuldig. Es ist kaum mehr als eine Ansammlung von Einzelstudien. Philologische Kurzreferate zu Arnold Zweig, Döblin, Musil, Thomas Bernhard, Heiner Müller oder zu Benns Ästhetik der Männlichkeit stehen neben Untersuchungen zur sexuellen Darstellung von Nazi-Figuren in neueren Filmen, zum "Blitzkrieg" als militärischer und politischer Metapher oder zu Propagandakonzepten in der Weimarer Republik. An die umfassenden Kulturgeschichten des Krieges, wie man sie von Paul Fussel, Eric J. Leed oder auch Modris Eksteins kennt, reicht all dies kaum heran. Deutsche Themen und Sichtweisen überwiegen, und manches konnte man andernorts bereits ausführlicher und präziser lesen.

Einmal mehr nährt der Band die Zweifel an einer Kulturhistorie, wie sie jüngst wieder in Mode gekommen ist. Geschichtsphilosophische Globaldiagnosen sind durch Textanalysen schwerlich zu erhärten. Ob mit der Aufdeckung von "Subtexten" dem säkularen Thema der Gewalt überhaupt beizukommen ist, scheint mehr als fraglich. Von den Tatsachen des Krieges und der Gewalt ist in dem Buch ohnehin kaum die Rede, um so mehr dafür von Diskursen, Konzepten oder Metaphern. Sie "repräsentieren", so heißt es, kollektive Erfahrungs-, Denk- und Handlungsweisen und sind doch, nimmt man es genau, nichts anderes als Medien der intellektuellen Eliten, dem Sinnlosen nachträglich eine schriftliche Bedeutung abzugewinnen. Solange aber Texte mit kollektiven Vorstellungen in eins gesetzt werden, gewinnt die Kulturgeschichte keinen Zugang zur Konstanz realer Mentalitäten. Sie hält die Ideologie der Moderne für deren Realität.

Klammert man die methodischen Vorbehalte ein, läßt sich der Aufsatzsammlung dennoch einiges Bedenkenswerte entnehmen. J. M. Winter widerspricht entschieden der landläufigen Opposition von Modernität und Traditionalität. In den Trauerritualen der Nachkriegszeit lebten in allen Nationen überlieferte Formen fort, Vorstellungen von Ehre und Heldenmut, Volk und Vaterland. Nicht die modernen, die alten Ideen und Praktiken halfen vielen Menschen, den Schmerz durch Erinnerung zu vergessen und in den Alltag zurückzufinden. Die Tradition hatte therapeutische Kraft. Der Erste Weltkrieg markierte, so Winter, keinen kulturellen Bruch und auch kein Epochenende, sondern allenfalls den Anfang vom Ende. Nicht einmal nach 1945 haben die alten Sprachen des Ruhms und des Patriotismus ausgedient. Für Hiroshima und Auschwitz aber steht kein Sinn und kein Monument mehr zur Verfügung.

Frank Trommler setzt etwas breiter an. Er skizziert neben den symbolischen auch die sozialpolitischen und psychiatrischen "Therapieversuche" an den Überlebenden. Wie eine Gesellschaft mit ihren Veteranen und Kriegsinvaliden umgeht, zeigt das Maß ihrer Integrationskraft. Trotz gewisser Anstrengungen scheiterte jedoch die Wiedereingliederung in Deutschland an halbherziger Rhetorik, an bürokratischer Indifferenz, rigoroser Disziplinierung, nicht zuletzt an drastischen Sparmaßnahmen. Der Nationalsozialismus fand seinen Nährboden auch unter den enttäuschten Überlebenden des Krieges. Das Programm der "Volksgemeinschaft" entsprach dem Bedürfnis nach kommunitärer Fürsorge, der Helden- und Totenkult verhieß späte Anerkennung und Selbstbewußtsein, und der Terror wandte sich gegen den fiktiven inneren Feind, der den Feldtruppen angeblich den Dolchstoß versetzt hatte.

Wolfgang U. Eckart berührt eines der dunkelsten Kapitel des Ersten Weltkriegs: die Rolle der rund 9000 deutschen Militärärzte im Kampf gegen "Simulanten", "Kriegsneurotiker" oder "Herzklopfer". Die Künste des Heilens standen im Dienst der Kriegsgewalt, und nicht selten bedienten sich Mediziner gewaltsamer Methoden. Für sie war der Krieg auch ein willkommenes Experimentierfeld ihrer wissenschaftlichen Professionalität. Ihre politische und moralische Unschuld haben deutsche Mediziner nicht erst in der NS-Zeit verloren.

Der Maschinenkrieg war eine Zwischenetappe in der Universalgeschichte der Gewalt. Er hatte die technischen, wissenschaftlichen und sozialen Innovationen der Moderne zur Voraussetzung. Und er hatte militärische Vorläufer, im amerikanischen Bürgerkrieg oder im Russisch-Japanischen Krieg von 1905. Intellektuelle Avantgarden nehmen für sich stets in Anspruch, ihrer Zeit voraus zu sein. Eine Gewaltgeschichte jedoch, die Kultur als totale Tatsache begreift und sowohl mit Kontinuitäten als auch mit Ungleichzeitigkeiten rechnet, könnte nachweisen, daß der Krieg die verspäteten Avantgardisten überhaupt erst auf die Höhe ihrer Zeit katapultiert hat.

Bernd Hüppauf (Hrsg.): "War, Violence and the Modern Condition". Walter de Gruyter Verlag, Berlin, New York 1997. 415 S., geb., 184,- DM.

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