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Unser geheimes Schubladendenken. "Ich kenne meine Einstellung. Ich bin in der Lage, anderen Menschen fair und unvoreingenommen zu begegnen."
So schätzen wir uns selbst am liebsten ein. Doch das kann sich bei näherem Hinsehen als Trugschluss erweisen, wie die Autoren feststellen mussten. Sie sind Koryphäen im Bereich der Sozialpsychologie und haben den berühmten "IAT", den Impliziten Assoziationstest, entwickelt, der inzwischen über 14 Millionen Mal durchgeführt wurde.
Ergebnis: Kaum ein Mensch ist in der Lage, die kulturellen Prägungen, denen er von klein auf ausgesetzt war, wirklich
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Produktbeschreibung
Unser geheimes Schubladendenken.
"Ich kenne meine Einstellung. Ich bin in der Lage, anderen Menschen fair und unvoreingenommen zu begegnen."

So schätzen wir uns selbst am liebsten ein. Doch das kann sich bei näherem Hinsehen als Trugschluss erweisen, wie die Autoren feststellen mussten. Sie sind Koryphäen im Bereich der Sozialpsychologie und haben den berühmten "IAT", den Impliziten Assoziationstest, entwickelt, der inzwischen über 14 Millionen Mal durchgeführt wurde.

Ergebnis: Kaum ein Mensch ist in der Lage, die kulturellen Prägungen, denen er von klein auf ausgesetzt war, wirklich abzulegen, ob es nun Alter, Geschlecht, Hautfarbe, Religion, Sexualität, Behinderungen oder den sozialen Status betrifft. Diese Prägungen erzeugen in unserem Gehirn sogenannte "blinde Flecken", die unsere Einstellung anderen Menschen gegenüber beeinflussen, Vorurteile also, ohne dass uns das bewusst ist.

Die gute Nachricht: Wenn wir das schon nicht verhindern können, dann können wir es uns zumindest mit diesem Buch bewusst machen und aktiv dagegen angehen.
Autorenporträt
Anthony G. Greenwald studierte an der Yale University, wo er auch promoviert wurde (1963), war von 1965 bis 1986 Professor für Psychologie an der Ohio State University und ist seit 1986 Professor für Psychologie an der University of Washington.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.08.2015

Wo alte Stereotype wohnen

Mit der Stoppuhr ins Unbewusste: Zwei Psychologen fahnden nach den tiefliegenden Wurzeln unserer sozialen und rassistischen Vorurteile.

Die amerikanischen Psychologen Mahzarin Banaji und Anthony Greenwald handeln in ihrem Buch von sogenannten impliziten Stereotypen: Assoziationen, die wir uns nicht bewusstmachen, die aber Einfluss auf unser Handeln haben. Die beiden Autoren wurden zu Stars der Sozialpsychologie, weil sie dafür eine Messmethode entwickelten, den "Implicit Assoziationen Test", kurz IAT. Dabei müssen die Probanden Begriffe oder Bilder nach einer einfachen Regel möglichst schnell einer von zwei Kategorien zuordnen.

Mit dieser Methode können implizite Assoziationen aller Art gemessen werden, etwa die Verbindung von Geschlechtern mit gewissen Rollen oder die Verbindung von Ethnien mit negativen oder positiven Attributen. Diese Studien zeigen etwa, dass Menschen mit unterbewusster Abneigung gegen Schwarze weniger lächeln, wenn sie mit einem Schwarzen interagieren, auch halten sie mehr Distanz und reden nicht unbefangen. Menschen mit unterbewussten sexistischen Stereotypen wiederum lachen eher über sexistische Witze. Implizite Stereotype machen also eher kleine Unterschiede im Verhalten. Diese kleinen Unterschiede können aber große Wirkung haben, wenn sie bei der Vergabe von Wohnungen oder Jobs ins Spiel kommen. Oder beim Verhalten einer Polizeistreife. Und nach der Meinung der Autoren sind es diese vielen kleinen Unterschiede, die in der Summe die strukturelle Benachteiligung einer Bevölkerungsgruppe ergeben.

Der IAT ist ein wissenschaftlicher Gassenhauer, wohl auch, weil Daten kaum leichter zu sammeln sind. Millionen Freiwilliger weltweit absolvierten den Internettest (implicit.harvard.edu), und siebzig Prozent von ihnen stießen dabei auf implizite rassistische Präferenzen. Für Arina Bones und Navin Johnson schien der Inflation des IAT nur noch mit Satire beizukommen. Sie schlugen in der renommierten Zeitschrift "Perspectives on Psychological Science" vor, den IAT auch an ungeborenen Babys und Toten durchzuführen, falls irgendwann der Pool lebendiger Versuchspersonen aufgebraucht sei.

Banaji und Greenwald befassen sich eingehend mit den blinden Flecken unserer sozialen Wahrnehmung, doch auch ihr Buch selbst ist nicht fleckenfrei. So fehlt eine wissenschaftsphilosophische Erörterung des IAT, zu dessen Grundannahme etwa zählt, dass implizite Präferenzen sich in Reaktionszeiten äußern, sie aber der Introspektion völlig unzugänglich sind. Das spannende Geschehen ins Unbewusste zu verlagern war ja schon Sigmund Freud eine willkommene Immunisierung gegen Falsifikation.

Auch die Relevanz des IAT kommt als Thema zu kurz. Es klingt interessant, dass siebzig Prozent aller Studienteilnehmer implizite rassistische Präferenzen haben. Als wirklich interessant erwiese sich das aber nur, wenn diese einen starken Einfluss auf das tatsächliche Verhalten haben. Dort, wo es in dieser Hinsicht zur Sache geht, heißt es aber: "Leser, die sich für die fachlichen Details nicht interessieren, können die nächsten sechs Absätze getrost überspringen." Im Durchschnitt vieler Studien zeigt sich ein mittlerer bis schwacher Zusammenhang, der zwar das wissenschaftliche Interesse durchaus begründet, aber den zuvor erweckten Eindruck, ein unbemerkter innerer Rassist kontrolliere das Handeln von siebzig Prozent aller Probanden, seiner Grundlage beraubt. Eigentlich ist das wenig überraschend, schließlich ist menschliches Handeln in soziale Kontexte eingebettet, die es weitgehend mitbestimmen. Es ist bemerkenswert, dass gerade zwei Sozialpsychologen den Einfluss des sozialen Umfelds völlig ausblenden.

Zum wissenschaftlichen blinden Fleck gesellt sich eine schriftstellerische Fehlleistung. Die Sozialpsychologie ist eine Wissenschaft vom Menschlichen und Zwischenmenschlichen, hat also großes Potential für Anschaulichkeit und Lebensbezug. Trotzdem kamen die beiden Autoren auf die Idee, ihrer Darstellung eine fast fachfremde Einleitung voranzustellen, die sich an altbekannten optischen Täuschungen entlanghangelt, obwohl das Buch ein überaus informatives Kapitel über den aktuellen Forschungsstand zu rassistischer Diskriminierung in den Vereinigten Staaten enthält, das eine exzellente Einleitung abgegeben hätte. Die beiden Autoren haben damit zwar eine Chance vergeben, trotzdem bleibt ihr Buch im Ergebnis ein lehrreiches Werk, das sich der genreüblichen Geschwätzigkeit des Koryphäenbuchs für den Massenmarkt weitgehend verweigert.

LEANDER STEINKOPF

Mahzarin R. Banaji, Anthony G. Greenwald: "Vor-Urteile".

Aus dem Englischen von Enrico Heinemann. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2015. 288 S., Abb., br., 16,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Mit "Vor-Urteile", dem nun auch auf Deutsch erschienenen Buch der amerikanischen Psychologen Mahzarin R. Banaji und Anthony G. Greenwald hat sich Rezensent Leander Steinkopf auf eine spannende und lehrreiche Reise ins Unbewusste begeben. Denn die beiden Autoren, die mit dem inzwischen inflationären IAT eine Methode zur Erkennung impliziter Stereotype entwickelten, erörtern hier ihre Ergebnisse anhand derer sie feststellten, dass siebzig Prozent aller Studienteilnehmer implizite rassistische Präferenzen aufwiesen, informiert der Kritiker. Allerdings hätte er sich einige wissenschaftspsychologische Erläuterungen gewünscht, auch die sich auf sozialpsychologischem Terrain anbietende Anschaulichkeit kommt dem Rezensenten zu kurz. Nichtsdestotrotz kann er die interessante und erfreulich ungeschwätzige Lektüre empfehlen.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Banaji und Greenwald haben mit ihrer Arbeit "Vor-Urteile" kein Buch in einer streng wissenschaftlichen Form vorgelegt. Es liefert häufig Fallbeispiele und Selbsttests, wodurch es zum Mitmachen und Mitdenken einlädt. "
Armin Pfahl-Traughber, Humanistischer Pressedienst 30. Juni 2015