Produktdetails
  • Verlag: Olzog
  • ISBN-13: 9783789283048
  • ISBN-10: 3789283045
  • Artikelnr.: 25905836
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 14.09.2009

Die Kuba-Koalition
Patt nach der Wahl: Weder Schwarz-Gelb noch Rot-Grün können regieren. Was tun? Hugo Müller-Vogg, Bild-Kolumnist und Ex-FAZ-Mitherausgeber, zufolge kommt es zur Neuauflage der großen Koalition, die aber nur von kurzer Lebensdauer ist. Der Grund: Mephisto Schröder flüstert dem braven Steinmeier eine Woche nach der Schlappe der SPD (30,1 Prozent) Ypsilantisches, weil Wortbrüchiges ein. Er soll bei passender Gelegenheit „springen” und zwar: „Schröder (lacht laut): Nach Kuba natürlich. Steinmeier: Ist das dein Ernst: Wir sollen es mit Grünen und Linkspartei probieren? Eine Kuba-Koalition?” Parbleu! Der SPD bleibe nicht anderes übrig, so Schröder; der „feixende” Lafontaine geht nun – so der Deal mit Müntefering – als Landesfürst ins Saarland und macht den Weg frei für Gysi (Innenminister), Maurer (Wirtschaft), Pau (Frauen, Familie, Gleichstellung) und Lötzsch (Verkehr, Wohnungsbau, Ausbau Ost).
Die SPD gibt in den Ländern Saarland, Thüringen, Brandenburg den kleinen Regierungspartner der Linken. Die Grünen machen alles willig mit, was ihnen Lafontaine & Münte klandestin vorschlagen. Merkel zieht sich, nachdem sie am 25. November 2010 durch ein konstruktives Misstrauensvotum abgewählt worden ist, aus der Politik zurück. Westerwelles Partei (2009: 11,4 Prozent) spielt im Skript keine Rolle mehr.
Rot-Rot-Grün vereinbaren: Die Finanzmärkte werden stärker reguliert; die Kartellgesetze verschärft; wirtschaftliche Macht wird dezentralisiert; die Interessen der Allgemeinheit haben Vorrang vor „den Gewinnerwartungen privater Akteure”. Der Spitzensteuersatz steigt auf 45 Prozent, die Vermögenssteuer wird wieder eingeführt, Steuerhinterziehung stärker bestraft, das Ehegattensplitting eingeschränkt. Umweltpolitisch gilt: „Raus aus der Kernkraft, ran an die Sonne”; ab 1. Januar 2011 gilt ein Mindestlohn (zunächst 7,50, später 10 Euro), das „Recht auf Arbeit” wird im Grundgesetz verankert, was FDP-Brüderle an die DDR-Verfassung gemahnt. Neben der „Zwangsrente für alle” gibt es eine „sozialistische Einheitskasse alias Bürgerversicherung”: die „Zwangs-AOK”. Deutschland bleibt zwar in der Nato, geht jedoch auf „Äquidistanz zu Washington und Moskau”, wobei Russland als gleichberechtigter strategischer Partner und „Verbündeter bei der Lösung fast aller Probleme dieser Welt” betrachtet wird. Die Wehrpflicht wird abgeschafft und spätestens 2012 soll das Engagement in Afghanistan beendet sein.
Müller-Voggs Vorwort datiert vom Januar. Derzeit wäre die SPD über 30 Prozent wohl heilfroh. Gregor Gysi versicherte übrigens im März glaubhaft, er denke nicht daran, deutscher „Oberbulle” zu werden. THOMAS ECKARDT
HUGO MÜLLER-VOGG: Volksrepublik Deutschland. „Drehbuch” für eine rot-rot-grüne Wende. Olzog, München 2009. 144 Seiten, 12,90 Euro.
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