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Kosten senken lautet das Gebot der Stunde. Geiz ist geil, heißt es. Buchhalter und Controller haben längst die Macht übernommen. Und da kommt Wolf Lotter daher und sagt: Verschwendet! Ist das sein Ernst? Ist Verschwendung nicht schlecht?
Nein, Verschwendung ist gut, sie ist produktiv und macht uns erfinderisch. Die Natur ist eine maßlose Verschwenderin - und ist damit ein paar Millionen Jahre sehr gut gefahren! Nicht zwei Blumen zieren die Wiese - Hunderttausende müssen es sein! Davon sollten wir uns eine Scheibe abschneiden. Oder wollen wir wirklich das Einheitsgeschäft mit ein paar…mehr

Produktbeschreibung
Kosten senken lautet das Gebot der Stunde. Geiz ist geil, heißt es. Buchhalter und Controller haben längst die Macht übernommen. Und da kommt Wolf Lotter daher und sagt: Verschwendet! Ist das sein Ernst? Ist Verschwendung nicht schlecht?

Nein, Verschwendung ist gut, sie ist produktiv und macht uns erfinderisch. Die Natur ist eine maßlose Verschwenderin - und ist damit ein paar Millionen Jahre sehr gut gefahren! Nicht zwei Blumen zieren die Wiese - Hunderttausende müssen es sein! Davon sollten wir uns eine Scheibe abschneiden. Oder wollen wir wirklich das Einheitsgeschäft mit ein paar Einheitsprodukten zum Einheitspreis? Stöbern wir nicht unendlich viel lustvoller in einem breiten Sortiment? Ist es nicht viel genussreicher, mehr als nur das Lebensnotwendige zu kaufen, wesentlich mehr? Genau. Und das Beste daran: Das macht auch noch wirtschaftlich Sinn! Es ist sogar das Grundprinzip der Marktwirtschaft. Denn wer verschwendet, wer großzügig investiert, tut sich nicht nur selbst etwas Gutes, sondern hält auch noch andere in Lohn und Brot. Und umgekehrt: Wer knapp sät, darf sich über eine mickrige Ernte nicht wundern. Wolf Lotter erteilt den Geizhälsen, den Sparaposteln und den Kostenknechten eine klare Absage. Er feiert die grandiosen Verschwender, die spendablen Gönner und alle, die fröhlich nach der Devise leben: Leben und leben lassen.

Autorenporträt
Wolf Lotter, Jahrgang 1962, ist Wirtschaftsjournalist und Mitbegründer von brand eins. Als Kommentator ist er für zahlreiche deutschsprachige Medien und Rundfunkanstalten tätig.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 05.01.2008

Warum der Kunde längst König ist
Ein Grundsatz der Wirtschaftswissenschaften lautete lange: Alle Marktakteure verhalten sich rational. Sie setzen ihre begrenzten Mittel ein, damit ihr Ego den größten Nutzen erzielt, ob Produzent, Händler oder Verbraucher. Nach diesem Prinzip sollte angeblich die Wirtschaft funktionieren, doch es gilt inzwischen als überholt: Denn der Homo oeconomicus strebt nicht nur nach hohen Profiten oder niedrigen Preisen. Er ist Teil einer Wirtschaft, in der soziale Ideen, gesellschaftliche Werte und Kommunikation eine größere Rolle spielen. Wer steuert also wen? Die Gesellschaft die Wirtschaft oder umgekehrt? Für den Soziologen Nico Stehr ist die Antwort klar: „Das Marktgeschehen ist eine kulturelle Veranstaltung, die eine Form des Gemeinschaftshandelns ist.” Die Akteure sind aktive, bewusst handelnde Menschen.
Wie entwickeln sich folglich die Märkte in den nächsten Jahren? Wo gibt die Masse ihr Geld aus? Und: Welche gesellschaftlichen Werte und Normen beeinflussen diese Einkäufe? Vor einem Jahrhundert hat ein typischer Haushalt noch 80 Prozent seines Einkommens für Ernährung, Kleidung und Unterkunft ausgegeben, während der heutige Anteil nur noch 30 Prozent beträgt, schreibt Stehr. Der Grund? Es ging damals eher ums Überleben als ums Konsumieren.
Das hat sich grundlegend geändert. Wirtschaft ist ein komplexes Ereignisfeld geworden. Mit dem Anstieg von Wohlstand und Bildung zwischen 1950 bis 2000 entwickelten sich zwei Dinge: Erstens wollten die Menschen mehr und zweitens ein besseres Angebot. Was dazu führte, dass sie sich immer besser zu informieren begannen. Die Folge: Der Kunde wurde König und der Konsum der Motor der Moderne. Noch heute entscheiden die privaten Haushalte über Wohl und Wehe einer Volkswirtschaft. „Um 1900 lag der Gesamtumfang des globalen Konsums bei etwa 1,5 Trillionen Dollar; 1998 erreichten die weltweiten Konsumausgaben 24 Trillionen Dollar.”
Glücklicherweise stieg gleichzeitig das Pro-Kopf-Realeinkommen ebenso rasant an wie die Lebenserwartung. Und genauso stark natürlich das Humankapital (Wissen, Fertigkeiten), das soziale Kapital (Netzwerk sozialer Beziehungen) und das kulturelle Kapital. Die Folge: Kritische und selbstbewusste Menschen verstehen sich „nicht mehr nur als willenlose Gefangene einer Kultur der Abhängigkeit, als passive Opfer der Werbeindustrie oder als hilflose Akteure im Angesicht der unüberschaubaren Angebotsvielfalt”. Klügere Kunden erfordern aber auch intelligentere Produkte.
Profit und Gewinnmaximierung sind die wichtigsten, aber nicht mehr die einzigen Ziele wirtschaftlichen Handelns. Die gesellschaftliche und soziale Einbettung der Firmen spielt eine ebenbürtige Rolle. Kulturelle und ethische Prozesse beeinflussen das Marktgeschehen stärker. Wirtschaft wird zu einem Kulturereignis, das von kreativen Störern neu programmiert wird. Etwa in der Musikbranche, wo die Kunden den Markt neu definieren. In der Lebensmittelindustrie wiederum finden sich neuerdings Produkte, die mit Moral aufgeladen werden. Denn Ernährung in der Wissensgesellschaft heißt: informiert essen. Entscheidend für den Verzehr eines Lebensmittels ist sein Informationsgehalt, also die Produktionsgeschichte, die in ihm steckt.
Durch die Moralisierung der Märkte, so der Autor, ergibt sich auch eine Veränderung der Balance am Markt. „Die Bedeutung der Konsumenten im Vergleich zu den Produzenten nimmt zu.” Moderne Verbraucher wollen anders sein. Sie zeichnet eine individuellere, autonomere und informiertere Grundhaltung aus. Nur wer es schafft, eine glaubwürdige und originelle Beziehung zum Verbraucher herzustellen, wird diesen auf Dauer halten können. Peter Felixberger
Zum Thema
Haben statt sein
Wolfgang Ullrich: Habenwollen. Wie funktioniert die Konsumkultur?. Verlag S. Fischer, Frankfurt am Main 2006, 219 Seiten, 17,90 Euro.
Konsum ist mehr als plumper Materialismus, meint Wolfgang Ullrich. Er ist im Leben vieler Menschen wichtiger als Wissen und Bildung.
Zu viel haben
Wolf Lotter: Verschwendung. Wirtschaft braucht Überfluss – die guten Seiten des Verschwendens. Carl Hanser Verlag, München/Wien 2006, 254 Seiten, 19,90 Euro.
Wolf Lotter plädiert für eine überbordende Ökonomie mit selbstbewussten und mündigen Bürgern, losgelöst von jeder Dressur und Zurichtung.
Nico Stehr:
Die Moralisierung der Märkte. Eine Gesellschaftstheorie.
Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2007, 380 Seiten, 14 Euro.
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