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Produktdetails
  • Verlag: Mohr Siebeck
  • 1996.
  • Seitenzahl: 126
  • Deutsch
  • Abmessung: 225mm
  • Gewicht: 194g
  • ISBN-13: 9783161466014
  • ISBN-10: 3161466012
  • Artikelnr.: 06616542
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.10.1996

Transplantation
Wer hat das letzte Wort?

Wann ist ein Sterbender tot? Vor einhundertfünfzig Jahren fiel Friedrich Carl von Savigny eine Antwort auf diese Frage, die Mediziner, Juristen und Bioethiker gleichermaßen umtreibt, noch leicht: "Der Tod als die Gränze der natürlichen Rechtsfähigkeit ist ein so einfaches Naturereignis, daß derselbe nicht, wie die Geburt, eine genauere Feststellung seiner Elemente nöthig macht." Die bahnbrechenden Fortschritte der Intensivmedizin haben diese Todesgewißheit jedoch in den letzten Jahrzehnten beendet. Seit es alltäglich geworden ist, Herzen, Nieren und andere Organe zu transplantieren, läßt sich der Tod nicht mehr nur einfach feststellen. Das Lebensende muß vielmehr normativ festgelegt werden. In dem Bemühen, den verbreiteten Mangel an lebenswichtigen Spenderorganen im Interesse der wartenden Organempfänger zu beheben, hat die Medizin diese Definitionsaufgabe höchst pragmatisch gelöst: Anstelle des Herztodes, den der Patient heute dank des technischen Fortschritts wundersamerweise überleben kann, wurde der Hirntod, der irreversible Ausfall aller Zerebralfunktionen, zur Grenze zwischen Leben und Tod bestimmt. So lassen sich alle benötigten Organe einer "Leiche" entnehmen, deren Kreislauffunktionen lediglich künstlich aufrechterhalten werden.

"Angetan von der vordergründigen Plausibilität" dieses Konzeptes habe die Rechtswissenschaft sich der gewandelten medizinischen Wirklichkeit "naiv-ahnungslos" angepaßt, ohne die "anthropologischen Grundannahmen des Hirntodkriteriums" zu überprüfen, kritisieren nun die Juristen Wolfram Höfling und Stephan Rixen in einem Beitrag zur gegenwärtigen Debatte um ein deutsches Transplantationsgesetz. Entschieden wenden sie sich gegen die "Enteignung des Verfassungsrechts" und die "Monopolkompetenz der Medizin", die jedes Abweichen vom Hirntodkriterium als "Ende der Transplantationsmedizin" kategorisch ablehne. Ausgehend von der These, der Hirntote sei ein sterbender, also noch lebender Mensch, der den vollen Schutz des Grundgesetzes genieße, entwickeln Höfling und Rixen "Eckpunkte für ein Transplantationsgesetz".

Im Kern wirft ihre schmale Studie aber die weitergehende Frage auf, ob die Verfassung angesichts des rasenden Fortschritts immer rascher den Erkenntnissen der Naturwissenschaften angepaßt werden muß oder ob sie sich die Autonomie zur Definition von Rechtsbegriffen zurückerobern kann. HEINRICH WEFING

Wolfram Höfling / Stephan Rixen: "Verfassungsfragen der Transplantationsmedizin". Hirntodkriterium und Transplantationsgesetz in der Diskussion. Verlag J. C. B. Mohr, Tübingen 1996. 127 S., br., 68,- DM.

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