Marktplatzangebote
8 Angebote ab € 2,92 €
  • Gebundenes Buch

4 Kundenbewertungen

"Verdammter Krieg! "Verdammt" darf man zwar nicht sagen. Aber ich finde kein anderes Wort für ihn. Wenn Frieden wäre, hätten wir nicht alles daheim lassen müssen. Wenn Frieden wäre, hätten wir nicht Hals über Kopf unser Haus, unser Dorf verlassen müssen! Wenn kein Krieg wäre, hätten die Russen nicht den größten Teil von Schlesien besetzt ..." Februar 1945, Niederschlesien, irgendwo zwischen Breslau und Dresden. Die sechzehnjährige Gisela und ihre kleinen Brüder sind auf der Flucht vor der näher rückenden Ostfront. Ganz auf sich alleine gestellt haben die Geschwister nur ein Ziel: überleben!

Produktbeschreibung
"Verdammter Krieg! "Verdammt" darf man zwar nicht sagen. Aber ich finde kein anderes Wort für ihn. Wenn Frieden wäre, hätten wir nicht alles daheim lassen müssen. Wenn Frieden wäre, hätten wir nicht Hals über Kopf unser Haus, unser Dorf verlassen müssen! Wenn kein Krieg wäre, hätten die Russen nicht den größten Teil von Schlesien besetzt ..." Februar 1945, Niederschlesien, irgendwo zwischen Breslau und Dresden. Die sechzehnjährige Gisela und ihre kleinen Brüder sind auf der Flucht vor der näher rückenden Ostfront. Ganz auf sich alleine gestellt haben die Geschwister nur ein Ziel: überleben!
Autorenporträt
Gudrun Pausewang wurde 1928 als das älteste von sechs Kindern in Wichstadtl (Ostböhmen) geboren. Ihr Vater kam 1943 in Russland um und ihre Mutter musste nach Kriegsende allein mit den sechs Kindern in den Westen fliehen.
Gudrun Pausewang arbeitete als Lehrerin an verschiedenen Schulen in Deutschland und Mittel- und Südamerika. So lehrte sie in Chile, Venezuela und Kolumbien. 1972, zwei Jahre nach der Geburt ihres Sohnes, kehrte sie endgültig nach Deutschland zurück. Hier unterrichtete sie bis 1989 an einer hessischen Grundschule. Im Ruhestand beendete sie ihr Germanistikstudium und promovierte 1998 an der Goethe-Universität Frankfurt/Main.
Gudrun Pausewang ist seit 1958 schriftstellerisch tätig. Sie hat - neben Romanen für Erwachsene - zahlreiche Kinder- und Jugendbücher veröffentlicht. Sie engagiert sich in ihren Büchern für den Frieden, die Umwelt und soziale Gerechtigkeit. Ein wichtiges Thema ist auch die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus und dem Dritten Reich.
Für ihr literarisches Werk wurde sie mehrfach ausgezeichnet. 1999 erhielt sie das Bundesverdienstkreuz und 2009 bekam sie den Großen Preis der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendliteratur Volkach für ihr Lebenswerk.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.08.2005

Nie mehr zurück
Gudrun Pausewangs Auseinandersetzung mit dem Dritten Reich

Zeitzeugin - auf wenige Schriftsteller trifft diese Bezeichnung so genau zu wie auf Gudrun Pausewang. Ob es die Armut in Südamerika ist, wo sie als Lehrerin gearbeitet hat, die Friedens- oder die Anti-Atom-Bewegung, in der sie aktiv war, oder die Auseinandersetzung mit den Jahren des Dritten Reiches: ihre Meinung dazu teilt sie in ihrem erzählerischen Werk klar und oft mit pädagogischem Eifer mit. Denn sie ist überzeugt davon, daß man etwas zum Guten bewirken kann mit Aufklärung, Bewußtmachen und ehrlichem, beispielhaftem Bemühen.

Von den über siebzig Büchern, die inzwischen vorliegen, beeindrucken die autobiografischen am meisten. Ihre Kindheit hat Gudrun Pausewang in den Erinnerungen an die "Rosinkawiese" beschrieben und nicht verschwiegen, daß ihre idealistischen Eltern sich von den Parolen der Nationalsozialisten verführen ließen. Von der monatelangen Flucht mit der Mutter, die den Handwagen mit den Kleinsten über Hunderte Kilometer über das schlesisch-böhmische Gebirge bis nach Hamburg zog, hat sie in "Fern von der Rosinkawiese" erzählt.

Jetzt hat sie eine neue Flüchtlingsgeschichte geschrieben. "Überleben" heißt sie lapidar. Fünf Kinder, von denen das älteste knapp siebzehn ist wie Gudrun Pausewang, als sie ihre Heimat verlassen mußte, überleben nach einem Bombenangriff im Luftschutzkeller einer fremden Stadt. Die hochschwangere Mutter mußte vorher bei einem Halt des überfüllten Zuges ihre Kinder der Großmutter anvertrauen, um ihr Baby im nächsten Krankenhaus zur Welt zu bringen. Doch als die Sirenen den Luftangriff ankündigen, verlieren die Kinder im Gedränge vor dem Bahnhof auch ihre Großmutter. Aneinandergeklammert werden sie in den nächsten Keller geschoben und glauben sich wie die anderen Schutzsuchenden zunächst sicher, bis eine gewaltige Detonation die Mauern zum Einsturz bringt.

Wie durch ein Wunder bleiben sie unverletzt und finden auch noch die Tasche mit dem Rest des Reiseproviants. Zwei Tage und zwei Nächte verbringen sie in völliger Dunkelheit im halbeingestürzten Damenklo, ehe sie gerettet werden. Ratschläge fürs Überleben bekommen sie von einem schwerverletzten Soldaten, mit dem sie sich anfangs durch ein Rohr in der Mauer verständigen können. "Eßt langsam, kaut gut, trinkt das Wasser aus dem Spülkasten des Klos in kleinen Schlucken, wer weiß, wie lange es reichen muß", ermahnt er sie, bevor seine Stimme verstummt und das Schlimmste, sein Tod, zu befürchten ist.

Gudrun Pausewang schildert atemberaubend spannend, was in Kindern in einer solchen Situation vor sich geht. Gisel, die Älteste der Geschwister, erkennt als einzige den Ernst der Lage und übernimmt die volle Verantwortung. Ihr zwölfjähriger Bruder hilft ihr, die Kleinen zu beruhigen. Sie sprechen von der Sehnsucht, nach Hause zurückzukehren und alles wiederzufinden, was sie liebten und gewohnt waren. Gisel ahnt aber, daß der Krieg verloren ist und damit auch die Heimat. Gespräche der Eltern fallen ihr ein, deren Glaube an einen "Endsieg" längst erschüttert ist. Sie erinnert sich auch an ihre kluge Großmutter, die von Anfang an die Ziele der Nationalsozialisten abgelehnt und die Katastrophe, die nun die Deutschen trifft, eine Folge dieses verbrecherischen Krieges genannt hat.

Um das Leben und Überleben während der Nazi-Zeit geht es auch in den "Geschichten gegen das Vergessen", die Gudrun Pausewang vor wenigen Monaten veröffentlicht hat. "Ich war dabei", so das Bekenntnis dieser Zeitzeugin. Sie erzählt, wie 1938 die Synagogen brannten, Läden geplündert wurden und die Gaffer, die tatenlos zusahen, später nichts davon gewußt haben wollten. "Habt ihr überhaupt nicht nachgedacht?" fragt ein Enkel verständnislos. Wie damals ein ganzes Volk verhetzt, verängstigt und widerstandslos dem "Führer" folgte, ist den Jüngeren nicht einfach zu erklären. Gudrun Pausewang versucht es aber unermüdlich in ihren meist autobiographischen Geschichten, "damit so etwas nie wieder geschieht".

MARIA FRISÉ

Gudrun Pausewang: "Überleben!". Otto Maier Buchverlag, Ravensburg 2005. 220 S., geb., 12,95 [Euro]. Ab 12 J.

Gudrun Pausewang: "Ich war dabei - Geschichten gegen das Vergessen". Sauerländer Verlag, Düsseldorf 2004. 247 S., geb., 12,90 [Euro]. Ab 12 J.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 04.10.2005

Drei Tage, die ein Leben verändern
Gudrun Pausewangs gar nicht rührselige Erinnerung an die Vertreibung aus Schlesien
Was nimmt man mit, wenn man plötzlich fliehen muss, wenn man nicht weiß, ob man jemals wieder nach Hause kommt? Die so lange heiß ersehnten neuen Schlittschuhe, die Lieblingspuppe oder doch besser eine dicke Decke und Proviant? Wie viele Schichten Kleidung kann man über-
einander anziehen?
Februar 1945, die 16-jährige Gisel muss innerhalb von ein paar Stunden mit Mutter, Großmutter und kleinen Geschwistern ihr Dorf in Südschlesien verlassen. Die Mutter ist hochschwanger, der jüngste Bruder eineinhalb Jahre alt. Eine Erzählung aus dem Krieg. Eine knapp 16-Jährige muss auf einmal Babysitter unter extrem erschwerten Umständen sein. Gudrun Pausewang kann das selbst Erlebte so authentisch, spannend und ohne Rührseligkeit erzählen, dass es ganz modern wirkt. 60 Jahre hat sie die Erinnerung gehütet und erst jetzt den 16. Geburtstag ihrer Enkelin zum Anlass genommen, von drei dramatischen Tagen aus ihrem Leben zu erzählen.
Es ist ein historisches Dokument der besonderen Art geworden, ein persönliches Vermächtnis, und alle Leser können sich bedanken, an diesem Geburtstagsgeschenk teilhaben zu dürfen. Denn Gudrun Pausewang beschreibt ihre Erinnerung so anschaulich und zugleich so
ehrlich, dass das Buch gleichermaßen ein Geschichtsbuch wie ein Abenteuerroman ist.
Im Mittelpunkt steht der Schrecken, plötzlich verschüttet zu sein. Großmutter und Mutter sind weg, die 16-Jährige allein mit vier kleinen Kindern, wenig zu essen und noch weniger zu trinken, in einem stockfinsteren Keller ohne Kontakt zur Außenwelt. In einem Nebenraum, ebenfalls eingesperrt, liegt ein todkranker Soldat. Durch die Mauern nehmen sie Kontakt miteinander auf.
Gleichzeitig erzählt Pausewang aber auch vom Nazireich und der anfänglichen Begeisterung der Eltern. Wie diese alles daran gesetzt haben, Hitler einmal live zu erleben; wie sie selbst als „Jungmädchen” stolz auf die Mutter ist, als diese das Mutterkreuz für das vierte Kind verliehen bekommt. Wie in der Schule mit Fähnchen auf der Landkarte der Vormarsch der deutschen Soldaten markiert wird. Als die Fähnchen dann aber wieder rückwärts wandern, lässt der Rektor die Karte abhängen.
Sie muss erfahren, wie lebensgefährlich es wird, öffentlich am Endsieg zu zweifeln. Dann werden Begriffe wie „Frontbegradigung” und „siegreicher Rückzug” eingeführt und schließlich das neue Wort Evakuierung. Bislang hatte sie den Krieg vor allem als Rationierung des Essens auf Lebensmittelkarten erlebt. Jetzt rückt er so nah, dass sie fliehen müssen.
In der Beschränkung auf den kurzen Zeitraum von drei Tagen liegt die Stärke dieses Buches. In dieser Zeitspanne ist das Erlebte gut nachvollziehbar. Gudrun Pausewang erinnert sich auch an die kleinsten Details und gibt der Darstellung der Schrecken des Krieges so eine kindgerechte Form. Wenn sie beschreibt, wie sie die jüngeren Kinder in dem dunklen Kellerverlies bei Laune halten muss, wie sie plötzlich verantwortlich für das Überleben der kleinen Gruppe ist, dann ist das erlebte Geschichte, spannend wie ein Abenteuerroman.
BIRGITT VON MALTZAHN
GUDRUN PAUSEWANG: Überleben, Ravensburger Buchverlag 2005. 220 Seiten, 12,95 Euro. (Ab 14)
Flüchtlingstreck in Schlesien im Januar 1945.
Foto: Scherl/SZ-Archiv
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Gudrun Pausewang hat - zum 16. Geburtstag ihrer Enkeltochter - in ihr neues Buch ein Stück Autobiografie geholt: Sie erzählt von ihrem eigenen 16. Geburtstag, der unter hochdramatischen Umständen stattfand. Und was für eine Dramatik, was für ein Geburtstag, folgt man Reinhard Osteroths Inhaltsangabe: die Familie von Gudrun Pausewang befindet sich auf der Flucht aus Niederschlesien, die hochschwangere Mutter der Erzählerin muss unterwegs mit Wehen ins Krankenhaus und verschwindet somit aus dem Leben ihrer Kinder, die bei einem Fliegeralarm in einem Bunker verschüttet werden. Der Dramatik zum Trotz sei es Pausewang gelungen, betont Reinhard Osteroth, ein "eher leises Buch", eine stille aber überzeugende Erzählung vorzulegen. Die Deutschen als Opfer des Luftkriegs, das sei nicht Pausewangs Anliegen, beugt Osteroth falschen Schlussfolgerungen vor; die Autorin lasse keinen Zweifel daran, wie und warum es zu diesem Luftkrieg kam, den sie und all die anderen Kinder ihrer Generation jedoch auch nicht verantwortet hätten.

© Perlentaucher Medien GmbH