Die ostdeutsche Siedlungsentwicklung wurde nach der Wiedervereinigung vor allem durch die Bevölkerungsabwanderung in die Alten Bundesländer, die nachholende Suburbanisierung und einem Einbruch der Geburtenraten infolge des demographischen Wandels geprägt. Dabei gelten sozioökonomische Ungleichheiten als ein Auslöser räumlicher Wanderungsbewegungen, die wiederum auf individuelle Wohnstandortentscheidungen zurückzuführen sind. Angesichts dieser Entwicklungen wurde in den 1990er Jahren die Thematik der schrumpfenden Städte zu einem akuten Problem der Stadtentwicklung in Ostdeutschland. In der ostdeutschen Schrumpfungslandschaft gibt es aktuell dennoch nicht nur sich entleerende Räume sondern durchaus so genannte "Stabilitätsinseln", die die Gewinner regionaler Disparitäten in den Neuen Ländern sind.Die Stadt Leipzig galt lange Zeit als typisch schrumpfende Stadt. Seit 1999 kann sie jedoch wieder neue Einwohnerzuwächse verzeichnen. In den vergangenen Jahren war Leipzig immer wieder in den nationalen Medien präsent - beispielsweise mit der Ansiedlung von Porsche und BMW, der Bewerbung für die Olympischen Spiele 2012, der Fußball-WM 2006 und zuletzt mit der Standortentscheidung des Logistikunternehmens DHL. Dabei ist der städtische Arbeitsmarkt nach wie vor durch eine anhaltend hohe Arbeitslosigkeit gekennzeichnet. Dennoch scheint Leipzig besonders attraktiv für junge Menschen zu sein, denn die Wanderungsgewinne sind vor allem auf die Altersgruppe der 20- bis 30-Jährigen zurückzuführen. So sind es zwar einerseits vorrangig Studenten, die in die Universitätsstadt ziehen, um eine Ausbildung zu beginnen. Andererseits entstehen jedoch mit den oben genannten Ansiedlungen Arbeitsplätze, die attraktiv für beruflich hochqualifizierte Arbeitskräfte sein könnten. Möglicherweise ist diese Entwicklung der Beginn einer Reurbanisierung, die neue Chancen, aber auch Risiken, für die Leipziger Stadtentwicklung mit sich bringt.In der vorliegenden Arbeit werden die aktuellen Wanderungszuwächse untersucht, um der Frage nachzugehen, welche Bevölkerungsgruppen an dieser Entwicklung beteiligt sind sowie welche Gründe diese für ihre urbane Wohnstandortentscheidung hatten. Ausgehend von der empirischen Analyse wird erforscht ob der Prozess der städtischen Wiederbevölkerung möglicherweise Potenziale für eine neue Phase der Reurbanisierung initiieren könnte.