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Sales Points 1. Photographs at the center of inquiry into the history of slavery in the US 2. Essential reading for students of photography, representation, and US history 3. Includes singularly important contributions by scholars of African American history and photography Additional Comp Titles 4. Envisioning Emancipation: Black Americans and the End of Slavery, by Deborah Willis. 9781439909850, $59.50 USD (Temple University Press, 2012) 5. Deliäs Tears: Race, Science, and Photography in Nineteenth-Century America . 9780300115482, $69.00 USD (Yale University Press, 2010) 6. Hidden Witness:…mehr

Produktbeschreibung
Sales Points 1. Photographs at the center of inquiry into the history of slavery in the US 2. Essential reading for students of photography, representation, and US history 3. Includes singularly important contributions by scholars of African American history and photography Additional Comp Titles 4. Envisioning Emancipation: Black Americans and the End of Slavery, by Deborah Willis. 9781439909850, $59.50 USD (Temple University Press, 2012) 5. Deliäs Tears: Race, Science, and Photography in Nineteenth-Century America . 9780300115482, $69.00 USD (Yale University Press, 2010) 6. Hidden Witness: African American Images from the Dawn of Photography to the Civil War. 9780312245467 (St. Martins Press, 2000)
Autorenporträt
Ilisa Barbash is visual anthropology curator at Harvard University's Peabody Museum and author of Where the Roads All End: Photography and Anthropology in the Kalahari (2016). Molly Rogers is associate director of the Center for the Humanities, New York University, and author of Delia's Tears: Race, Science, and Photography in Nineteenth-Century America (2010). Deborah Willis is chair of Photography and Imaging at the Tisch School of the Arts and co-author of Envisioning Emancipation: Black Americans and the End of Slavery(2013). Carrie Mae Weems is an influential contemporary American artist and author of The Hampton Project (Aperture, 2001), Kitchen Table Series (2016), and Strategies of Engagement (2018). Henry Louis Gates Jr. is the Alphonse Fletcher University Professor and Director of the Hutchins Center for African and African American Research at Harvard University.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.03.2021

Eingehegt durch die Kunst

Umkämpfte Bilder: Ein Band dokumentiert die Geschichte der ältesten Porträts von Sklaven in den Vereinigten Staaten.

Bemerkenswert oft beginnen fotohistorische Entdeckungen auf Dachböden. Einer dieser Funde ereignete sich 1976 an der Harvard University, im Peabody-Museum für Archäologie und Ethnologie. Dort stieß man in der Schublade eines alten Schreibtischs auf fünfzehn dunkle Kästchen. In ihnen steckten kleine spiegelnde Platten - Daguerreotypien aus den frühen Jahren der Fotografie.

Der Fund führte zurück in die Mitte des neunzehnten Jahrhunderts. Im Jahr 1847 wurde der aus der Schweiz stammende Naturforscher Louis Agassiz an die Harvard University berufen. Zoologie und Geologie waren seine beiden Lehrgebiete, und bald schon machte sich Agassiz auch als "public intellectual" einen Namen. Dabei trat er gut ein Jahrzehnt vor dem Ausbruch des amerikanischen Bürgerkriegs als Anwalt der Polygenesis-Theorie in Erscheinung. Das mag abstrakt klingen, zielte aber seinerzeit auf eine gesellschaftliche Schlüsselfrage. Agassiz warb für eine Form der Evolutionstheorie, die gegen einen einzigen, gemeinsamen Ursprung der Menschheit eintrat. Im politisch sich aufheizenden Klima dieser Jahre konnten solche Rassentheorien nicht allein die Naturwissenschaftler angehen.

Doch geriet der in Massachusetts lehrende Agassiz nicht allein in Widerspruch zur Mehrheitsmeinung in den Nordstaaten, die auf eine Abschaffung der Sklaverei drängte. Mit seiner Lehre von der unabhängigen Entwicklung verschiedener Menschenrassen stellte er sich auch gegen die christliche Schöpfungslehre. Im Frühjahr 1850 kulminierten die Dinge. Überstürzt verließ Agassiz Cambridge und reiste für mehrere Monate nach South Carolina. In den Südstaaten suchte er offenbar beides zugleich: eine notwendige Auszeit und Gelegenheit zu weiterer Feldforschung.

Vermutlich wäre all das längst vergessen, wäre nicht Joseph T. Zealy, ein in Columbia, South Carolina, ansässiger Fotograf, beauftragt worden, einen Satz von Daguerreotypien anzufertigen. Dafür wurden von den umliegenden Baumwollplantagen fünf Männer und zwei Frauen in Zealys Studio gebracht: Alfred, Delia, Drana, Fassena, Jack, Jem und Renty. Nur diese Vornamen sind uns bekannt, denn Sklaven wurden, wenn überhaupt, mit dem Nachnamen ihrer Besitzer belegt. Zum ethnographischen Labor umgerüstet, spielte sich in Zealys Fotoatelier insgesamt fünfzehnmal das ab, wofür die Medienwissenschaftlerin Susanne Regener den treffenden Begriff "Fotografie-wider-Willen" geprägt hat. Nach den sich gerade ausbildenden Regeln der anthropometrischen Erfassung wurden sie nackt vor die Kamera gestellt und als Typen verschiedener afrikanischer Rassen fotografiert.

Tatsächlich hat Agassiz diese von ihm bestellten Bilder wohl nur ein einziges Mal vor dem Cambridge Scientific Club präsentiert. Danach verschwanden sie in eben jener Schublade, die erst hundertfünfundzwanzig Jahre später wieder geöffnet werden sollte. Ihre Wiederentdeckung erzeugte in der internationalen Presse einigen Wirbel, immerhin handelt es sich um die ältesten fotografischen Porträts von Sklaven in den Vereinigten Staaten. Die ethnographische Forschung nahm sie als Schatz entgegen und machte sie zu einem kanonischen Teil der Fachgeschichte. Davon abgesehen sind diese Fotografien in den Vereinigten Staaten mittlerweile Teil des kollektiven Bildgedächtnisses. Umso erstaunlicher ist, dass Fragen nach den Umständen ihrer Entstehung bislang eher leise gestellt wurden. Einzig Molly Rogers' vor zehn Jahren erschienener buchlanger Essay "Delia's Tears" ist eine gewichtige Ausnahme.

Nun aber soll ein stattlicher Band diesem Schweigen ein Ende setzen. Doch das ist offenbar nicht ohne abermaliges Schweigen zu haben: Seit einiger Zeit nämlich kämpft eine Gruppe von Aktivisten unter dem internettauglichen Schlagwort #freerenty dafür, dass die unter Zwang entstandenen Daguerreotypien an die Nachfahren von Alfred, Delia, Drana, Fassena, Jack, Jem und Renty übergeben werden. Solcher Restitutionsansprüche versuchte sich die Harvard University bislang vor allem mit juristischen Mitteln zu erwehren, nun tritt das in einem New Yorker Publikumsverlag erschienene Buch als gewichtige Gegenrede auf. Doch war es wirklich klug, den aktuellen Auseinandersetzungen um diese Bilder gerade einmal fünf Zeilen im Vorwort zu widmen?

Das ist umso bedauerlicher, da die vierzehn Kapitel in ihrer historiographischen Gründlichkeit ein Musterfall an interdisziplinärer Zusammenarbeit sind und die methodische Umsicht des Bandes überzeugt. So werden etwa die Geschichte der Sklaverei in South Carolina und die Anlage einer Baumwollplantage überaus erhellend erläutert, die Lebenswege einzelner versklavter Menschen rekonstruiert und der, wie man heute sagen würde, Businessplan eines Fotostudios aus jener Zeit betrachtet.

Zuletzt aber bleibt vor allem bemerkenswert, wie die drei Herausgeberinnen mit einem für dieses Projekt unausweichlichen Quellenproblem umgegangen sind. Denn wie soll man auf Hunderten Seiten über diese fünfzehn Daguerreotypien sprechen, ohne sie zu zeigen? So war es eine richtige Entscheidung, den gesamten Bildsatz erstmals überhaupt vollständig zu reproduzieren. Überzeugend aber auch, dass diesem ersten Tafelteil am Ende des Bandes noch ein zweiter von gerade doppeltem Umfang folgt, der von der amerikanischen Künstlerin Carrie Mae Weems bestritten wird.

In ihrer Serie "From Here I Saw What Happened and I Cried" hatte Weems sich Zealys Daguerreotypien bereits vor fünfundzwanzig Jahren angeeignet - in blutrote Farbe getaucht mit kurzen Kommentaren versehen. Diese Auseinandersetzung führt sie nun fort in einer Serie mit dem Titel "While Sitting upon the Ruins of Your Remains, I Pondered the Course of History". Sie führt die Betrachter an jene Orte in South Carolina, die Louis Agassiz im Jahr 1850 bereiste. Es sind gespenstische Bilder, die von einer gespenstischen Geschichte erzählen.

STEFFEN SIEGEL

"To Make Their Own Way in the World". The Enduring Legacy of the Zealy

Daguerreotypes. Hrsg. v. Ilisa Barbash, Molly Rogers und Deborah Willis.

Aperture Foundation, New York 2020. 488 S., Abb., geb., 55,- [Euro].

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