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Die Geschichte von der Meerfee"Melusine"muss im frühen Mittelalter sehr weit verbreitet und beliebt gewesen sein. Ein Indiz ist dafür, dass allein 15 Handschriften bis auf den heutigen Tag in europäischen Bibliotheken, Museen und Universitäten aufbewahrt werden und gegebenenfalls eingesehen werden können. Dazu kommen noch sieben bekannte und eine nicht genau zu beziffernde Anzahl unbekannter Inkunabeln. Besonders zur Zeit der deutschen Aufklärung und Romantik tauchen immer öfter sternschnuppenartig, wie etwa die bloße Namenserwähnung in Theodor Fontanes"Der Stechlin"oder irrlichternd, wie"Die…mehr

Produktbeschreibung
Die Geschichte von der Meerfee"Melusine"muss im frühen Mittelalter sehr weit verbreitet und beliebt gewesen sein. Ein Indiz ist dafür, dass allein 15 Handschriften bis auf den heutigen Tag in europäischen Bibliotheken, Museen und Universitäten aufbewahrt werden und gegebenenfalls eingesehen werden können. Dazu kommen noch sieben bekannte und eine nicht genau zu beziffernde Anzahl unbekannter Inkunabeln. Besonders zur Zeit der deutschen Aufklärung und Romantik tauchen immer öfter sternschnuppenartig, wie etwa die bloße Namenserwähnung in Theodor Fontanes"Der Stechlin"oder irrlichternd, wie"Die neue Melusine"von Goethe, Namen von Dichtern oder Literaturinteressierten im Zusammenhang mit dem sagenhaften und genealogischen Stoff der Melusine auf, zum Beispiel E. Th. A. Hoffmann, Paracelsus, de La Motte-Fouquet, Gottsched, Tieck, Fontane, Lortzing und andere. Hinzuweisen ist auch noch auf die in Märchen vorkommenden Meerjungfrauen (Undine) oder auf Andersens"Kleine Meerjungfrau". Die frühneuhochdeutsche Fassung des Thüring von Ringoltingen ist die Grundlage der vorliegenden Übertragung ins Hochdeutsche.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.12.2007

Christin mit Fischschwanz

Die "Melusine" gehört seit mehr als fünfhundert Jahren zu den beliebtesten Stoffen der europäischen Literatur. Zwei Prachtbände bringen uns nun die Fassung des deutschen Erstdrucks.

Wenn es in einer Ehe irgendwann zur vermehrten Klärung von Schuldfragen kommt, möchte man nicht mehr allzu viel auf die Verbindung setzen. Andererseits kann man schon ins Grübeln kommen, wenn ein Sohn nach dem anderen geboren wird und an jedem irgendein Makel ist: Der eine hat nur ein Auge, der nächste dafür drei, einer hat ein riesiges Muttermal auf der Wange, einem anderen ragt ein Eberzahn aus dem Mund, und so geht das immer weiter.

Herr Reymond jedenfalls, ein verarmter Adeliger, der durch die Heirat mit der rätselhaften Dame Melusine zu Reichtum, Macht und eben den so wunderlich gezeichneten Söhnen gekommen ist - Herr Reymond beginnt zu grübeln. Und so wunderbar ihm seine Frau einst erschienen ist, so zauberhaft im Wortsinn, jenes Wesen, das anscheinend alles wusste, alles vermochte und dabei sogar noch eine anständige Christin war, also gerade keine schwarzmagische Buhlschaft, so unaufhaltsam wächst nun auch sein Zweifel, ob es nicht ihre Schuld sei, dass auf der Ehe kein Segen ruhe, wie man ja an den Kindern sehen könne. Denn Melusine, die sich ihm Samstag für Samstag entzieht, um ungestört baden zu können, verwandelt sich im Bad - einmal hat er es durchs Schlüsselloch beobachten können - in eine Nixe mit schillerndem Fischschwanz.

Der Dichter Thüring von Ringoltingen brachte in seinem 1456 beendeten Roman die "Melusine" nach der französischen Vorlage ins Deutsche, das Buch wurde 1473 oder 1474, mit prächtigen Holzschnitten versehen, in Basel gedruckt und liegt nun in einer aufwendigen Neuausgabe wieder vor, die nicht nur die Bilder und den neu gesetzten Text, sondern auch eine Übersetzung ins Neuhochdeutsche enthält sowie in einem zweiten Band eine ausführliche wissenschaftliche Diskussion des Werks.

Schwer vorstellbar, was einem an dieser Edition fehlen sollte, die alles tut, um dem Werk seine historische Aura zu lassen und gleichzeitig die Rezeptionshürden für den heutigen Leser so niedrig wie möglich zu halten. Und wer sich einmal darauf einlässt, der entdeckt in der "Melusine" bei aller Zeitgebundenheit eine Geschichte von Schuld, Verstrickung und Projektion, die kaum zufällig ein enormes Nachleben hatte und hat.

Denn Reymond, der zwischen stillen Anklagen und lauten Verteidigungsreden schwankt, dürfte sich heimlich durchaus nach seinem Anteil am scheinbaren Desaster mit den Söhnen fragen (von denen einige später dann doch noch geachtete Helden werden): Hatte er nicht selbst, wenn auch unwillentlich, den eigenen Onkel erschlagen und damit ungesühnte Schuld auf sich geladen, schon bevor er Melusine traf?

TILMAN SPRECKELSEN

Thüring von Ringoltingen: "Melusine". Herausgegeben von André Schnyder und Ursula Rautenberg. Reichert Verlag, Wiesbaden 2006. 2 Bde., zus. 312 S., geb., 128,- [Euro].

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