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Obwohl Theoderich der Große ursprünglich aus einer eher unbedeutenden Familie stammte, wurde er zum mächtigsten germanischen Herrscher der Völkerwanderungszeit.
Als Geisel war er bereits mit dem Römischen Reich in Kontakt gekommen und konnte bald die Gunst des oströmischen Kaisers Zeno gewinnen. Als sich sein Verhältnis zum Kaiser aber zusehends verschlechterte und er für seine Goten ein besseres Siedlungsgebiet außerhalb des Balkans suchte, entschloss sich Theoderich Italien zu erobern. In einem vier Jahre währenden Krieg besiegte er schließlich den dortigen Machthaber Odoaker und eroberte…mehr

Produktbeschreibung
Obwohl Theoderich der Große ursprünglich aus einer eher unbedeutenden Familie stammte, wurde er zum mächtigsten germanischen Herrscher der Völkerwanderungszeit.

Als Geisel war er bereits mit dem Römischen Reich in Kontakt gekommen und konnte bald die Gunst des oströmischen Kaisers Zeno gewinnen. Als sich sein Verhältnis zum Kaiser aber zusehends verschlechterte und er für seine Goten ein besseres Siedlungsgebiet außerhalb des Balkans suchte, entschloss sich Theoderich Italien zu erobern. In einem vier Jahre währenden Krieg besiegte er schließlich den dortigen Machthaber Odoaker und eroberte Ravenna. Nach zähen Verhandlungen erkannte ihn Kaiser Anastasius schließlich an und verlieh ihm die Insignien eines Kaisers. Während Theoderichs 33-jähriger Herrschaft erlebte Italien eine neue Blütezeit.

Frank M. Ausbüttel zeichnet in seiner anschaulichen Biographie die verschiedenen Stationen nach, die Theoderich letztendlich die Herrschaft über einen großen Teil des weströmischen Reiches einbrachten. Seine Haltung gegenüber der katholischen Kirche und den Juden, innenpolitische Fragen und Verwaltungsstrukturen werden ebenso geschildert wie seine außenpolitischen und militärischen Vorgehensweisen.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 23.01.2004

Gotenstoff der Spätantike
Frank Ausbüttels Leben Theoderichs des Großen
Eine neue Monographie zu Theoderich dem Großen war längst überfällig. Wer sich dem Gotenkönig bisher zuwandte, musste auf jene Darstellung zurückgreifen, die vor bald sechs Dezennien Wilhelm Ensslin entworfen hatte und die, bei aller wissenschaftsgeschichtlichen Bedeutung, die sie besaß, in Diktion und Vision ihre Entstehungszeit nicht verleugnen konnte. Zu viel Germanisches wurde da beschworen; zu viel Völkisches schwang noch mit. Ein Neuansatz war dringend nötig. Reiche archäologische Funde, neue Forschungen zu den Goten, zum Übergang von der Antike zum Mittelalter, zu Einheit und Vielfalt des Mittelmeerraumes, zur Ethnogenese und anderes mehr forderten eine gründliche Auseinandersetzung mit dem überkommenen Bild des Gotenkönigs, eine grundsätzliche Neubewertung. Nicht zuletzt mahnt auch der gewiss nicht zu verabsolutierende, doch auch nicht zu übergehende „linguistic turn” seine Beachtung an, um von den Herausforderungen durch den Konstruktivismus schweigen.
Der Althistoriker F. Ausbüttel vermag, um es vorweg zu sagen, diesen Erwartungen nicht gerecht zu werden. Sein Buch hätte auch vor 100 Jahren geschrieben sein können. Nicht, dass ihm sonderlich sachliche Fehler in dem, was er anspricht, unterlaufen wären. In landläufigem Sinne versteht Ausbüttel sein Handwerk. Korrekt zitiert er die Quellen, verlässlich belegt er seine Aussagen, nach bewährtem Muster handelt er sein Thema ab: „Herkunft und Jugend” Theoderichs als Sohn eines Gotenkönigs und Geisel am Kaiserhof in Konstantinopel, seine bald erfolgreichen, bald weniger erfolgreichen „Feldzüge auf dem Balkan”, „Die Eroberung Italiens” mit dem Mord an Odoaker, „Die Herrschaft über Italien”, die „Außenpolitik”, „Die letzten Jahre der Herrschaft” dieses Königs und einen auch auf Nachfolge, Untergang des Gotenreiches und Sage eingehenden „Ausblick”. Das alles liest sich wie das Protokoll eines Proseminars, das exemplarisch in die Formalien wissenschaftlicher Arbeit einführt.
Nie ohne meinen Cassiodor!
Aber eine Biographie verlangt mehr. Eine solche kommt ohne ein gewisses Gespür für die Brisanz methodologischer Fragen nicht aus. Indes, an neueren Forschungen zu Historiographie und Geschichtsschreibung, sei es eines Arnaldo Momigliano, Walter Goffart oder eines Marc Reydellet, um nur sie zu nennen, ging der Autor achtlos vorüber; das in der Geschichtswissenschaft längst etablierte Prinzip des Strukturvergleichs – etwa des Goten- mit dem Frankenreich, der Königtümer Theoderichs mit jenem Chlodwigs – ließ er ungenutzt beiseite. Wer waren die Goten, denen er als König gebot? Wer die Amaler, deren Geschlecht Theoderich entstammen soll? Die Fragen lassen sich nach jüngeren Forschungen keineswegs mehr so eindeutig beantworten, wie Ausbüttel zu meinen scheint. Weshalb Theoderich ein Großer war, weshalb er zu den zwei Duzend herausragender „Gestalten der Antike”, Männern und Frauen, gehört, die von Hatschepsut und Alexander über Hannibal, Caesar und Cleopatra, zu Marc Aurel, Konstantin und Justinian führen, dies bleibt vollends im Dunkeln, rätselhaft und ungefragt; und völlig unverständlich bleibt der Untertitel. „Spannend, klar und informativ” sollen diese Biographien sein, so heißt es im „Vorwort zur Reihe”. Doch ein solches Ziel verlangt mehr als Handwerk, verlangt Geschichtsschreibung, recht verstandenes Schöpfertum, Können und Kunst.
Die Proportionen, die Ausbüttel seinem Buch zugrundelegt, verraten bereits einiges. Da werden auf 57 Seiten, fast einem Drittel des ganzen Buches, Feldzüge und Kriege behandelt, die „Außenpolitik” (noch einmal 17 Seiten) nicht mit gerechnet, aber nur auf 45 Seiten die „Herrschaft über Italien”. Wie leicht fällt doch der Krieg und wie schier unbewältigbar die Sicherung des Friedens! Bloß einen knappen Absatz ist dem Autor das „Edikt Theoderichs”, die programmatische Rechtssatzung des Königs über Goten und Römer, wert; dass es aus dem römischen Recht schöpfe und wenig Neues böte, wird vermerkt. Ausbüttel konstatiert es, als hätte er niemals die Gesetzessammlungen Theodosius I. oder Justinians oder auch das „Breviarium Alarici” zur Hand genommen. Nicht so sehr die Herkunft als vielmehr die Auswahl der Normen bedarf der Interpretation und verrät, recht analysiert, vieles über Theoderichs Herrschaft.
Vergebens sucht man ein Kapitel über Theoderichs Hof, an dem die letzten Geistesgrößen der lateinischen Antike, ein Cassiodor etwa oder ein Boethius, Gründerväter des Mittelalters, wirkten, die für alle künftige europäische Kultur-, Wissenschafts- und Theologiegeschichte wegweisend werden sollten. Doch nicht um Theoderichs willen wurden Cassiodors „Variae” überliefert, d. h. der gesamte erhaltene politische Schriftverkehr des Gotenkönigs, sondern weil sie aus der Feder eben dieses gelehrten Mannes, des königlichen „Sekretärs”, geflossen sind. Wie unscheinbar wäre der große Theoderich ohne diesen Cassiodor! Nahezu nichts findet sich über die Hauptstadt Ravenna, der dieser in Konstantinopel zu seinen Jahren gekommene Barbarenkönig mit prachtvollen Profan- und Kirchenbauten, mit viel Gold, Marmor und musivischem Schmuck einen Glanz verlieh, wie sie ihn noch nie erlebt hatte, und den später, nach dem gewonnen „Kampf um Rom”, Justinian kaum zu übertreffen vermochte.
Und wie lebten in dieser Stadt „Römer” und „Goten”, „Katholiken” und „Arianer” nebeneinander? Zahlreiche Papyri, die in ravennatischen Archiven erhalten blieben und die J.-O. Tjäder vor Jahrzehnten edierte, verraten dazu einiges. So etwa, dass der Klerus in der „arianischen” Kathedrale S. Anastasia sich aus Römern und Goten zusammensetzte und dass aller Wahrscheinlichkeit nach der berühmte „Codex Argenteus”, die gotische Bibel, deren letztes Blatt vor gut zwei Jahrzehnten in Speyer entdeckt wurde, in der „Offizin” dieser Kirche entstand. Ob indessen tatsächlich der Hl. Martin und die Magier aus dem Morgenland nach dem Untergang des Gotenreiches an die Stelle Theoderichs und seiner Gemahlin Audofleda traten, wie Ausbüttel von dem erfindungsfreudigen P. Speck übernahm, bleibt so wenig wahrscheinlich wie die These, Karl der Große habe S. Vitale als „Palastkirche Theoderichs” zum Vorbild für seine Pfalzkapelle in Aachen genommen.
Mit all dem ist der Wert der neuen Biographie Theoderichs des Großen doch recht begrenzt.
JOHANNES FRIED
FRANK M. AUSBÜTTEL: Theoderich der Große. Der Germane auf dem Kaiserthron. Primus Verlag, Darmstadt 2003. 191 Seiten, 24,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

"Recht begrenzt" findet Rezensent Johannes Fried den Wert von Frank Ausbüttels Biografie Theoderichs des Großen. Und das ist noch einigermaßen wohlwollend formuliert. Nicht, dass Fried groß sachliche Fehler zu bemängeln hätte. Im Gegenteil: im landläufigem Sinne versteht Ausbüttel sein Handwerk, zitiert korrekt die Quellen und belegt seine Aussagen verlässlich, wie Fried einräumt. Doch was ihn so ungnädig stimmt, ist, dass sich das Ganze wie das "Protokoll eines Proseminars lese. Schlimmer noch: So wie das Buch vorliegt, hätte es "vor 100 Jahren geschrieben sein können", spottet Fried. So ignoriert Ausbüttel zum Ärger des Rezensenten nicht nur die neueren Forschungen zu Historiographie und Geschichtsschreibung, sondern auch das in Geschichtswissenschaft längst etablierte Prinzip des Strukturvergleich. Mit Blick auf die neuere Forschung zum Thema erklärt Frieds, dass sich Fragen wie "Wer waren die Goten, denen er als König gebot?" nicht so eindeutig beantworten lassen, wie Ausbüttel zu glauben meint. Im Dunkeln bleibt zu Frieds Bedauern ebenfalls, warum Theoderich zu den zwei Dutzend herausragender "Gestalten der Antike" gehört.

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