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Izzy ist 28, Single und lebt bei ihren Eltern. Sie arbeitet für den Familien-Betrieb Spellman Investigations, eine Detektei, die sich auf Überwachung spezialisiert hat. Leider gehört dazu auch, dass sich die gesamte Familie ständig gegenseitig ausspioniert - etwas, was Izzy hasst... !

Produktbeschreibung
Izzy ist 28, Single und lebt bei ihren Eltern. Sie arbeitet für den Familien-Betrieb Spellman Investigations, eine Detektei, die sich auf Überwachung spezialisiert hat. Leider gehört dazu auch, dass sich die gesamte Familie ständig gegenseitig ausspioniert - etwas, was Izzy hasst... !
Autorenporträt
Lisa Lutz wuchs im Süden Kaliforniens auf, studierte in Leeds und lebt in San Francisco. Neben verschiedenen Gelegenheitsjobs arbeitete sie kurzzeitig für ein Detektivbüro und schrieb einige Folgen der Comedy-Serie »Plan B«.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.02.2008

Obacht, Hermeneuten!

Lacher sind hier garantiert, denn Lisa Lutz tappt mit ihrem Debütroman über eine dufte Detektivfamilie in die Lustigkeitsfalle. Jetzt fehlt nur noch der Film zum Buch.

Im Zeitalter der auf Bildschirmdimensionen eingeschrumpften Welt scheint auch das Bewusstsein dafür zu schwinden, dass Oberflächen nicht einfach nur Flächen sind, sondern eben oben auf etwas anderem aufsitzen: Außen- oder Schauseiten eines verborgenen, durchaus dreidimensionalen Inneren. Einfacher gesagt: Niemand würde eine komplett entkernte Limousinen-Karosserie auf Hochglanz polieren. Im Fernsehen allerdings, das entgegen verbreiteter Meinung nämlich alles andere als hüllenlos ist, sind leere Hüllen gefragter denn je. Zur hohen Kunst der Seriendramaturgie gehört es geradezu, nicht in den mehrfachen Bildsinn abzurutschen und versehentlich eine Tiefenstruktur zu suggerieren. Angelockte Hermeneuten sind ein untrügliches Symptom für einen satten Quotenflop.

Es ist exakt diese Soap-Ästhetik, welche den Debütroman der kalifornischen Jungautorin Lisa Lutz prägt: "Little Miss Undercover" ist auf jeder Seite lustig, und zugleich fehlt dem Buch der untergründige Witz. Schwere Zeiten für Hermeneuten. Ob in Reihe geschaltete Haha-Effekte aber auch einen Roman ins Quotenparadies zu tragen vermögen, ist keineswegs sicher, schließlich muss sich der Leser - statt irgendwo hineinzuzappen oder nebenher zu bügeln - von Deckel zu Deckel hindurchpflügen. Da kann es schnell passieren, dass der eisern auf einem Komik-Level verharrende Stil eintönig wirkt, so gut die Autorin das lakonische Erzählen auch beherrscht: "Rae hatte ihre Verhandlungslektion gelernt. Und wie. Bald hatte sie raus, dass sie selbst über die einfachsten Pflegeverrichtungen zu ihren Gunsten verhandeln konnte. Als sie zehn wurde, putzte sie sich ein halbes Jahr lang nur dann die Zähne - das galt auch fürs Haarewaschen oder Duschen -, wenn Geld den Besitzer wechselte, und zwar unser Geld in ihren Besitz." Vielleicht fehlen einfach die vom Band zugespielten Lacher.

Der Roman erzählt aus dem Leben der Familie Spellman: Vater, Mutter, zwei Töchter, ein Überfliegerbruder und ein Säuferonkel. Allesamt sind sie, zumindest zeitweise, tätig im Familienbetrieb "Spellman Investigations", einer kleinen Detektei. So sehr ist allen Beteiligten, auch und gerade dem jüngsten Familienmitglied Rae, das Observieren in Fleisch und Blut übergegangen, dass sie auch untereinander einzig zu dieser eher indirekten Art von Beziehung fähig sind. Ergeben die Beschattungen brauchbare Informationen, werden durch geschickte Verhandlungen sofort Vorteile herausgeschlagen.

"So eine Sippe wie die Spellmans hat die Welt noch nicht gesehen", verkündet der Klappentext auf dem kreischend grünen Cover. Das ist natürlich Unsinn. Die meisten Familien sind so. Ähem, möchte sich der Hermeneut zu Wort melden, der eine Allegorie erkannt zu haben meint. Geschenkt, alter Narratologe! Da war die Metaphorik von "Mr. und Mrs. Smith" noch subtiler. Als Erzählerin fungiert die gelinde aufmüpfige Tochter Isabel, achtundzwanzig Jahre alt und zum Hypertrophen neigend. Die Scharmützel zwischen ihrer Schwester und dem Säuferonkel werden als Kriege präsentiert: "Die Ra(e/y)-Kriege standen unmittelbar vor dem Ausbruch, und ich war fest entschlossen, nicht zwischen die Fronten zu geraten. Allerdings sollte sich herausstellen, dass nichts und niemand ihrer Wucht entgehen konnte." Tatsächlich entführt die kleine Rae das Lieblingshemd des Onkels und stellt Lösegeldforderungen. Nun ja.

Ihre mit einer laufenden Nummer versehenen Freunde überprüft Isabel gerne vor dem ersten Date auf Kreditwürdigkeit und peinliche Vorlieben. Bald aber wird sie selbst beschattet, weil sie ihren aktuellen Lover Daniel geheim zu halten versucht. Ein erpresstes Zusammentreffen gerät zum Desaster, da Mutter Spellman Juristen lieber sind als Zahnärzte. Das wiederum lässt Isabel derart wütend werden, dass sie ihre Kündigung einreicht (das Nesthäkchen leitet den Abnabelungsprozess ein, würde der Hermeneut gesagt haben, säße er nicht gefesselt wie Troubadix am Bildrand).

Einen letzten Auftrag soll Isabel jedoch noch übernehmen, wenn das Arbeitszeugnis ihr lieb ist. Es handelt sich dabei natürlich um einen unlösbaren Vermisstenfall, in den sie sich allerdings mit solchem Eifer stürzt, dass es bald darum geht, wie man "Little Miss Undercover" von dem Fall wieder abziehen kann, ohne dass sie noch mehr Staub aufwirbelt. Währenddessen geht auch die Beziehung mit Daniel in die Brüche. Kaum hat ein unbekannter Anrufer Isabel schließlich eröffnet, im (letztlich ziemlich öden) Vermisstenfall Auskunft zu allen offenen Fragen zu geben, verschwindet ihre geliebte Schwester, was wir aufgrund der Rückblenden-Struktur schon seit dem Beginn wussten.

Sollte es jemanden interessieren, wie sich schließlich auch dieser zweite Vermisstenfall löst, muss er sich schon selbst durch die dreihundertsechzig Seiten arbeiten. Nur so viel sei verraten: Bis zur letzten Zeile bleibt die charakteristische Selbstgenügsamkeit vorherrschend. Alle Gedanken gehen unmittelbar auf oder überhaupt nicht: nirgends die Bezugnahme auf eine wie auch immer geartete, unter den Einfällen liegende Idee. Und was macht man mit einem Roman ohne Bedeutung? Verfilmen, jede Wette. Hoffentlich interessiert nicht zu viele Leser, ob Rae mit ihrem Verschwinden vielleicht Isabels Auszug verhindern wollte, sonst ist wohl noch nicht Schluss mit lustig, denn dann droht ein Folgeroman.

OLIVER JUNGEN

Lisa Lutz: "Little Miss Undercover". Roman. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Patricia Klobusiczky. Gustav Kiepenheuer Verlag, Berlin 2008. 366 S., br., 16,95 [Euro].

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