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Kristin Surak offers the first on-the-ground investigation of the global market in citizenship for the rich. She tracks the countries that sell citizenship, the elites who buy it, and the intermediaries who make the market, revealing how citizenship by investment became a popular option that now accounts for over 50,000 naturalizations annually.

Produktbeschreibung
Kristin Surak offers the first on-the-ground investigation of the global market in citizenship for the rich. She tracks the countries that sell citizenship, the elites who buy it, and the intermediaries who make the market, revealing how citizenship by investment became a popular option that now accounts for over 50,000 naturalizations annually.
Autorenporträt
Kristin Surak
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.02.2024

Was kostet der Pass?
Kristin Surak über das Geschäft mit der Staatsangehörigkeit

Der Pass, schrieb Bertolt Brecht 1941 in den "Flüchtlingsgesprächen", sei "der edelste Teil von einem Menschen". Schließlich werde er anerkannt, wenn er gut ist, was für die Menschen selbst nicht gelte. Wenn er gut ist, lautet das Kriterium. Flüchtlingen und Armen nutzt auch ein Pass nicht viel, wenn er am falschen Ort ausgestellt oder nicht mehr zu verlängern ist, während Hochprivilegierte den Wert ihres Identitätsdokuments erst schätzen, wenn sie ihn vergessen oder verloren haben.

Das edle Teil erwirbt man üblicherweise durch eine staatliche Meldebehörde, die den Inhabern ein Stück nationaler Souveränität leiht. Staatsangehöriger wird man durch Geburt und/oder ein Ius soli, das im Lande geborenen Ausländern gewährt wird, oder durch Einbürgerung, die an Aufenthaltsdauer, Sprachkenntnis und regelmäßige Einkünfte geknüpft ist. Das republikanische Prinzip, das zukunftsorientiert auf die Zustimmung zu einer Nation setzt, wird neuerdings durch den völkischen Primat von Abstammung und Herkunft infrage gestellt. Dass man das edle Teil auch kaufen kann, ist Gegenstand des Buches der an der London School of Economics tätigen Politologin Kristin Surak. Der "golden passport" für Superreiche hält eine globale Industrie am Laufen, und er verschärft die Ungleichheit der Weltgesellschaft.

Portugals Regierung erwägt gerade, das 2012 eingeführte Golden-Visa-Programm auszusetzen, das rund zwölftausend Investoren und ihren Familienangehörigen aus Übersee für eine halbe Million Euro pro Kopf die Aufenthaltserlaubnis im Schengen-Raum verschaffte - angeblich für die Schaffung von Arbeitsplätzen, in Wirklichkeit eher für Immobilienspekulation, Geldwäsche und die Umgehung von Zollschranken. Der Milliardär Peter Thiel erwarb vor einiger Zeit neben einem Anwesen die Staatsangehörigkeit Neuseelands, für deren Erhalt sich Normalsterbliche Jahre in dem Inselstaat aufhalten und einen "guten Charakter" zeigen müssen. Thiels Aufenthalte kann man an einer Hand abzählen, und er zahlt aus der Portokasse, wovon Flüchtlinge in Südasien nur träumen können.

Surak ist nicht die Erste, die sich mit gekauften Pässen gefasst, aber sie hat das Phänomen empirisch untersucht, die Motive der Antragsteller wie der Aufnahmestaaten sortiert und die sukzessive Normalisierung des Bürgerschaft-Marktes belegt. Man wird fast erschlagen von ihrer Detailkenntnis, die jedoch in eine gut lesbare Erzählung eingebaut ist. Ihr Blickwinkel ist dabei ökonomisch: Was bedeutet es, wenn Staaten ihre Souveränität vermarkten und finanzialisieren und so durch "citizenship by investment" im Aufenthaltsrecht verankern, was in der globalen Wirtschaft ohnehin gang und gäbe ist?

Was in einigen Inselstaaten und Hongkong in prekären Händeln begann und sich in einer Goldgräberstimmung gegen den Widerstand der EU an ihrer Peripherie fortsetzte, ist heute vielerorts zur gängigen Praxis geworden. In der Türkei zum Beispiel erfüllt der Pass-Erwerb tatsächlich die Aufgabe, Investoren ins Land zu holen, während sich Passinhaber aus den umliegenden Krisen- und Kriegsgebieten mit einem türkischen Stempel vor Unsicherheit und Deportation schützen können. Selbst Briten beschafften sich nach dem Brexit den burgunderroten EU-Pass, weil eine zweite Identität als Europäer daheim wie auf dem Kontinent Prestige bringt und Chancen sichert.

Eine Überwindung nationaler Grenzen in Richtung eines transnationalen Weltbürgertums kann man sich von dieser Flexibilisierung der Staatsbürgerschaft nicht erhoffen. Sie verwischt eher die alten Grenzen zwischen privatem und öffentlichem Sektor. Es ist erstaunlich, wie die lotterieartige Banalisierung von Staatsangehörigkeit mit dem Verdacht kontrastiert, der doppelten Staatsangehörigkeiten eingebürgerter Migranten oft noch entgegengebracht wird. Ihnen verlangt man mehr Loyalität und affektive Zuwendung zur neuen Heimat ab, als angestammte Bürger jemals aufbringen müssen.

Die oligarchische Distribution erblicher Aufenthaltstitel beseitigt die generelle Wirksamkeit nationalstaatlicher Grenzen und Gesetze natürlich nicht, sie verschärft vielmehr die inner- und zwischengesellschaftliche Ungleichheit. CLAUS LEGGEWIE

Kristin Surak: "The Golden Passport". Global Mobility for Millionaires.

Harvard University Press, Cambridge und London 2023. 336 S.,

Abb., geb., 29,99 Euro.

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