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Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.08.2001

Tücken des Objekts
Ein so unterhaltsamer wie lehrreicher Roman über Prozeßoptimierung

Eliyahu Goldratt/Jeff Cox: Das Ziel - Roman über Prozeßoptimierung. Campus-Verlag, Frankfurt 2001, 376 Seiten, 49,80 DM.

Alex Rogo hat gleich zwei schwerwiegende Probleme: Die von ihm geleitete Fabrik steht kurz vor der Schließung und seine Ehe kurz vor dem Scheitern. Immerhin räumt ihm die Leitung des Konzerns, dessen Teil seine Fabrik ist, eine Gnadenfrist ein: Schafft er innerhalb von drei Monaten den "Turnaround", bleibt das Werk offen. Dazu muß er sich mächtig anstrengen und oft länger arbeiten - was die Eheprobleme nicht gerade entschärft.

Dies ist die Ausgangssituation, die der hauptberufliche Unternehmensberater Eliyahu Goldratt für seinen Roman "Das Ziel" entworfen hat. Im Mittelpunkt des folgenden Geschehens steht die Frage, wie die Prozesse in der Fabrik so gestaltet werden, daß am Ende ein Gewinn entsteht. Bei dieser schwierigen Aufgabe steht Alex Rogo sein ehemaliger Physiklehrer zur Seite. Der Pädagoge, der mittlerweile als Unternehmensberater arbeitet und somit wahrscheinlich Goldratts "Alter ego" darstellt, ist mit Rat und Tat behilflich.

Vergleichbar mit dem Philosophie-Roman "Sophies Welt", verfolgt auch Goldratt das Ziel, wissenschaftliche Erkenntnisse in Romanform unterhaltsam zu präsentieren. Dabei ist es nicht leicht, zugleich zu unterhalten und dabei Erkenntnisse zu vermitteln, die dem Leser einen Nutzen stiften. Dem ersten Anspruch wird Goldratt (und Koautor Jeff Cox) in jedem Falle gerecht, das Buch hat einen hohen Unterhaltungswert und läßt sich an einem Wochenende entspannt schmökern. Es gibt einen Schurken, der am Ende den kürzeren zieht, einen Helden, der mit den Tücken des Objekts und gegen die Zeit kämpft, und natürlich das glücklichste denkbare Ende (die Firma ist gerettet, Rogo wird befördert, die Ehefrau kehrt, eigene Schuld an der Ehekrise bekennend, zu ihm zurück).

Dem Buch ist anzumerken, daß sein Autor ein Freund naturwissenschaftlichen Denkens im Management ist. Motiviert sind alle Mitarbeiter im Roman automatisch, die Schwierigkeiten in der Fabrik lassen sich allesamt durch Nachdenken und neue Prozeßorganisation recht mühelos, aber auch entsprechend emotionslos beseitigen. Als wesentlich für den Erfolg einer Fertigungsstätte wird dabei die Ausrichtung des Produktionsprozesses auf Engpaßfaktoren beschrieben. Diese - freilich etwas schlichte - Erkenntnis wird bis in ihre teilweise komplexen Konsequenzen aufgefächert. Dabei wird all dies anschaulich und spannend geschildert.

Wer sollte den Roman lesen, damit Goldratt und Cox auch den Anspruch erfüllen können, neben der Unterhaltung auch praktischen Nutzen zu stiften? Zunächst einmal Manager, die beruflich mit Produktionsplanung zu tun haben und auch in ihrer Freizeit nicht von diesem Thema lassen wollen. Die Erkenntnisse, die in dem Roman vermittelt werden, sollten für diese Leserschaft allerdings keinen Neuigkeitswert besitzen. Wirklich empfehlenswert ist der Roman aber für Studenten der Betriebswirtschaftslehre oder benachbarter Disziplinen, die häufig über die Praxisferne ihrer Ausbildung klagen. Das Buch gibt Einblicke in die Schwierigkeiten, mit denen ein Manager zu kämpfen hat - und ersetzt somit fast ein Praktikum in einem Produktionsbetrieb.

RALF NÖCKER

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