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Caleb Carr analysiert scharfsinnig und packend die Geschichte des Terrorismus: Er spannt dabei den Bogen von gewalttätigen Übergriffen in der Antike bis hin zu den jüngsten Anschlägen in den USA und liefert konkrete Ansätze zur Überwindung terroristischer Bedrohungen.

Produktbeschreibung
Caleb Carr analysiert scharfsinnig und packend die Geschichte des Terrorismus: Er spannt dabei den Bogen von gewalttätigen Übergriffen in der Antike bis hin zu den jüngsten Anschlägen in den USA und liefert konkrete Ansätze zur Überwindung terroristischer Bedrohungen.
Autorenporträt
Caleb Carr ist in der Lower East Side von Manhattan aufgewachsen, wo er immer noch lebt. Er studierte Geschichte an der New York Unviversity. Sein erster Roman »Die Einkreisung« wurde ein internationaler Erfolg. Caleb Carr arbeitet als Journalist für verschiedene Zeitungen und das Fernsehen, er schreibt zunehmend auch für Film und Theater. »Der Engel der Finsternis« ist sein zweiter Roman.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.04.2002

Plädoyer für den Krieg
Der amerikanische Militärhistoriker Carr über "Lehren des Terrors"

Caleb Carr: Terrorismus - Die sinnlose Gewalt. Historische Wurzeln und Möglichkeiten der Bekämpfung. Wilhelm Heyne Verlag, München 2002. 224 Seiten, 14,95 Euro.

Was unterscheidet die Kriegführung von Terroristen vom Krieg gegen den Terror? Wenig oder gar nichts, jedenfalls auf den ersten Blick - wenn man den Terrorismus als "aktuellen Stand einer gewaltvollen Entwicklung" sieht, "die auf die Ursprünge menschlicher Konflikte überhaupt zurückgeht". Das behauptet Caleb Carr, nach eigener Auskunft "Militärhistoriker und Romanautor", in seinem jüngsten Buch über die "Lehren des Terrors" - so der Titel des amerikanischen Originals, der das Thema besser trifft als der Titel der deutschen Übersetzung. Tatsächlich legt Carr eine durchweg kenntnisreiche, mitunter originelle, in den Schlußfolgerungen höchst problematische, insgesamt aber konventionelle "Geschichte der Kriegführung gegen die Zivilbevölkerung" vor. Warum "allein die Militärgeschichte lehrt, wie wir das Problem des modernen internationalen Terrorismus lösen können", wird nur nachvollziehen können, wer sich auf Carrs abenteuerliche Argumentation einläßt.

Terrorismus, so Carrs These, ist nichts anderes als der "heutige Name und die moderne Ausformung des vorsätzlichen Krieges gegen Zivilisten mit dem Ziel, deren Bereitschaft zur Unterstützung ihrer politischen Führung beziehungsweise der durch diese praktizierten Politik, an welcher die Agenten solcher Gewalt Anstoß nehmen, nachhaltig zu erschüttern". Er befasse sich also, behauptet der Autor, "mit einem Typus Krieg, der so schon von fast allen Nationen geführt wurde, nicht zuletzt und allzu häufig auch von den Vereinigten Staaten".

Was folgt, ist eine Porträtsammlung der einschlägig Verdächtigen in Theorie und Praxis. Römer und Kreuzritter gehören dazu, Ludwig XIV. und Napoleon I., Friedrich II. von Preußen und Bismarck, Clausewitz und Moltke - Hitler und Stalin sowieso. Um in der Erkenntnis Friedrichs des Großen, die Großmächte behaupteten sich "nur dank ihres Reichtums und kraft ihrer Masse", eine Nähe zur "Haltung mancher heutiger Terroristen" zu sehen, bedarf es freilich nicht nur einer ausgeprägten Phantasie, sondern auch einer gehörigen Portion Ignoranz gegenüber den sehr unterschiedlichen Erfahrungs- und Denkhorizonten, in denen sich ein aufgeklärter Monarch des 18. Jahrhunderts und ein Abkömmling arabischer Führungsschichten im 21. Jahrhundert bewegen.

Eine besonders ausgeprägte terroristische Tradition macht Carr in der amerikanischen Kriegführung aus: Indianer- und Bürgerkriege, die Bombardements deutscher Städte und die Atombombenabwürfe über Japan während des Zweiten Weltkrieges, selbstverständlich die amerikanische Kriegführung in Vietnam, aber auch das Vorgehen der Vereinigten Staaten im Zweiten Golfkrieg oder im Kosovo-Konflikt - "Terror" ohne Ende, auch und vor allem gegen die Zivilbevölkerung.

Es ist eben alles eine Frage der Definition. Wenn man den Terroristen als Kriegführenden begreift, "der gezielt Zivilisten angreift, um deren Unterstützung für ihre politischen Führer zu untergraben und eine Veränderung in der Politik selbst zu bewirken", und wenn man, wie Carr, darin das Merkmal klassischer Kriegführung sieht, dann kann Usama Bin Ladin auf eine veritable Liste prominenter Vorläufer blicken, zu denen nicht nur Kaiser Augustus, Ludwig XIV. und Otto von Bismarck zählen, sondern auch "die Amerikaner Richard Nixon und Henry Kissinger".

Soweit die Diagnose. Aber natürlich beläßt es Carr nicht dabei. Er hat ein Anliegen: Wenn moderne Terroristen die zeitgenössischen Vertreter der überkommenen Kriegführung sind, wenn es sich um "organisierte, bestens ausgebildete und extrem destruktive paramilitärische Einheiten" handelt, die gezielt Angriffe gegen Staaten und Gesellschaften führen, dann gibt es nur ein Mittel, sie zu schlagen: ihre eigenen. Definiert man nämlich Terrorismus als "kriegerische Handlung", "impliziert das bereits, daß Angriffe auf Zivilisten nur mit militärischen Mitteln angemessen beantwortet werden können".

Auf Krieg, so das Credo des amerikanischen Militärhistorikers, kann "nur mit Krieg geantwortet werden", und es ist "unsere Aufgabe, Methoden zu entwickeln, die einfallsreicher, entschlossener und gleichzeitig doch auch humaner sind als das, was Terroristen auszuhecken vermögen". Wie so ein "humaner" Krieg aussehen könnte, welche Methoden dabei zur Anwendung kommen dürfen und welche tabuisiert sind, sagt Carr nicht. Offenbar ist aber jedes Mittel recht, solange es gegen Terroristen eingesetzt wird und Opfer unter der Zivilbevölkerung nicht bewußt einkalkuliert werden.

Carrs "Lehren des Terrors" sind nichts anderes als ein Plädoyer für den Krieg. Was im Gewande der Kritik daherkommt, ist eine historisch angelegte Legitimation klassischer Kriegführung. Die Intellektuellen spielen ihre gewohnte Rolle; die Kritiker der amerikanischen Politik sind einmal mehr ihre zuverlässigsten Verbündeten.

GREGOR SCHÖLLGEN

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