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A brilliant young writer from India with a funny, moving debut that perfectly captures the perils of online culture

Produktbeschreibung
A brilliant young writer from India with a funny, moving debut that perfectly captures the perils of online culture
Autorenporträt
Aravind Jayan
Rezensionen
Our narrator's acerbic observations inject a truly infectious energy into the prose. Humorous and heartwarming ... a fresh take on the family drama, the internet novel and the comedy of manners. Guardian

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.09.2022

Indische Nachbarn
Aravind Jayans Familienroman

Kerala in Südindien gehört zu den progressiven indischen Bundesländern mit einem hohen Bildungsniveau. In der Hauptstadt Trivandrum, in einer Siedlung des aufstrebenden Mittelstandes, genannt Blue Hills, spielt sich ein Familiendrama ab, das daherkommt, als sei es ein Spiegel des modernen städtischen Alltags in Indien. Schaut her, das sind wir! Wir treffen Appa, den Besitzer eines Textilladens, Amma, die in einer Schule unterrichtet, außerdem ihrem Ehemann zuarbeitet, schließlich zwei Söhne - den gerade mal zweiundzwanzigjährigen Sreenath und den noch jüngeren Ich-Erzähler. Soeben haben sie ein neues Auto gekauft, einen Honda Civic, Aushängeschild für frisch erworbenen bürgerlichen Wohlstand. Kaum hatten die Eltern Gelegenheit, das Prestigeobjekt zu bestaunen, da stürzte ihr Leben ins Chaos ab. Ohne es zu wissen, war Sreenath dabei gefilmt worden, wie er hinter ein paar Büschen mit seiner Freundin Anita Sex hatte. Das Video geriet ins Internet und vervielfältigte sich dort in Windeseile.

Mit unüberbietbarer Flapsigkeit und jugendlicher Frechheit beschreibt der junge Autor Aravind Jayan die Reaktion der Familie. Dass ihr Sohn Sex hatte, ist gar nicht das Problem, sondern die befürchtete gesellschaftliche Ächtung. Mit hysterischer Ängstlichkeit beobachten die Eltern die Reaktionen der Umgebung. Argwöhnisch schotten sie sich ab, hecken Überlebensstrategien aus, fühlen sich im Kriegszustand miteinander und mit der Außenwelt, die ihnen die Ehre abschneiden will, sich hinter vorgehaltener Hand über sie lustig macht, sich endlos das Maul zerreißt über die beiden Missetäter. Unbescholtenheit ist ein hohes Gut im indischen Familienleben und muss, koste es, was es wolle, erhalten bleiben, und sei's nur als Fassade. In extremen Fällen kommt es zum Rauswurf der aufmüpfigen Kinder aus dem schützenden Familienverband, sogar bis zum Ehrenmord.

Jayan malt diesen gehässigen Kleinkrieg in ermüdenden, immer ähnlichen Dialogen, gespickt mit Gemeinplätzen, Füllwörtern und umgangssprachlichen Klischees aus. Platt heißt es da: "Solche Dinge passieren manchmal." Hätte jemand geglaubt, dass in Indien das Familienleben noch ein intakter Organismus ist, dessen Mitglieder Geborgenheit und bedingungslose Zuneigung und Förderung genießen, Ältere geachtet und rücksichtsvoll behandelt werden, der fände sich in diesem Roman eines Besseren belehrt. Den Eltern begegnet man mit einem empathielosen Zynismus, nicht anders als diese ihre Kinder in aggressiven Schüben auf den Pfad einer scheinbaren Vorzeigetugend zerren wollen.

Irgendwann in der Mitte kommen Anitas Eltern ins Spiel, nachdem auch sie das Video entdeckt haben. Da sie sich größeren Reichtums erfreuen, beginnt nun auch noch eine Art Klassenkampf zwischen den Familien. Erzwungene Besuche hin und zurück, psychischer Terror, raffinierter Lug und Trug - bis die Familien ihr Ziel erreichen: die Heirat von Sreenath und Anita. Mit dieser Nachricht soll den Klatschbasen und Untergangspropheten das Maul gestopft werden.

Nicht genug damit. Die jungen Eheleute verlassen ihre Eltern, tauchen unter, bleiben monatelang verschwunden, trotz erregter Versuche, sie heimzulocken. Aber die Kinder setzen noch eins drauf, indem sie das ursprüngliche Video in ein Musikvideo umgestalten, sodass es neue Aktualität bekommt. Der Ich-Erzähler ist jemand, der zu vermitteln und auszugleichen sucht, für Verständnis wirbt, doch er kann die latente Aggressivität im Familienleben nicht mildern. "Ich würde nicht sagen, dass alles besser geworden ist, aber es ist auch nicht gerade schlechter geworden." Dieser unübertrefflich banale Satz bringt's auf den Punkt: Ein heikles Gleichgewicht ist das Beste, was man erhoffen kann.

Der Roman führt eine Jugendsprache vor, die dem Jargon hiesiger Jugendlicher erstaunlich ähnlich sieht; sie werden sich mit dem Lebensstil ihrer indischen Generationsgenossen gut identifizieren können. Über den Gebrauch von Internet, Videospielen, Mobiltelefonen entsteht eine Schnittmenge ähnlicher Erfahrungen, die global verbinden. MARTIN KÄMPCHEN

Aravind Jayan: "Teen Couple Have Fun Outdoors". Roman.

Aus dem Englischen von Daniel Beskos. Suhrkamp Verlag, Berlin 2022 . 245 S., br., 18,- Euro.

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