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Drei Jahre verpflichtet sich Kian bei der Nationalen Volksarmee. Weit mehr als Militär und Sozialismus interessiert ihn aber privates Glück. Wegen seiner Freundin verstrickt er sich in Lügen und muss gegenüber den Vorgesetzten seine Ideale behaupten. Ein verzweifelt komischer Roman, der mit vielen überraschenden Kapriolen ein Kapitel DDR-Geschichte schreibt.

Produktbeschreibung
Drei Jahre verpflichtet sich Kian bei der Nationalen Volksarmee. Weit mehr als Militär und Sozialismus interessiert ihn aber privates Glück. Wegen seiner Freundin verstrickt er sich in Lügen und muss gegenüber den Vorgesetzten seine Ideale behaupten. Ein verzweifelt komischer Roman, der mit vielen überraschenden Kapriolen ein Kapitel DDR-Geschichte schreibt.
Autorenporträt
Christoph D. Brumme, geboren 1962 in Wernigerode/Harz. Schule, Berufsausbildung (Eisenbahner), Militär, Theater, Philosophiestudium. Lebt seit 1989 als freier Schriftsteller in Berlin.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.11.1997

Tausendmal ist nichts passiert
Christoph D. Brumme dient Von Eberhard Rathgeb

Von dem jungen Schriftsteller Christoph Brumme liegen bisher zwei Romane vor. Der erste erschien unter dem Titel "Nichts als das" vor drei Jahren. Damals berichtete Brumme von einer Kindheit in einem Dorf im Harz, mitten im Grenzgebiet zur damaligen Bundesrepublik Deutschland. Sein zweiter Roman heißt "Tausend Tage". Hier erzählt Brumme von Kian, der sich für drei Jahre bei der Nationalen Volksarmee verpflichtete, Probleme mit seinen Eltern hat, Krimis liest und eine Freundin sucht.

Als Kian achtzehn ist, geht er zur Armee. Er hat eine Lehre hinter sich und die pubertäre Vorstellung vor sich, aus ihm werde etwas ganz Besonderes werden. Sehr ernst nimmt er diese Idee nicht. Als man ihm erklärt, solche Leute wie ihn brauche man bei der Armee, sagt er erst einmal zu und verschwindet von der Bildfläche. Drei Jahre ließen sich doch irgendwie rumbringen. Er wird zum Soldaten ausgebildet und macht das, was alle Soldaten machen. Nach einigen Monaten, als er Unteroffizier geworden ist, machen die Soldaten das, was er sagt. Das findet er gar nicht so schlecht.

Bei der Nationalen Volksarmee gibt es auch einen politischen Unterricht, nicht nur eine Verteidigungsertüchtigung. Neben dem körperlichen Einsatz muß man sich von ganzem Herzen der gerechten Sache widmen, dem Frieden und dem Kampf gegen den Klassenfeind. Von der einen Seite kommen die Befehle, von der anderen die Parolen. Wer befiehlt, muß sich nicht erklären, und wer eine Parole ausgibt, muß sich keine großen Gedanken mehr machen. Da liegt es nahe, daß die Geschichte an der Leine kurzer Sätze gehalten wird. So kommt es, daß er, der Held, immer sagt, meint, fühlt, denkt. Oder er geht, schläft, sitzt und fährt. Das ist für den Leser nicht besonders aufregend, aber darin liegt für den Erzähler auch ein Vorteil.

Der Held hat das Format des Autors, und der Autor ist über die Strecke der Geschichte froh, seinen Helden nicht überholen zu müssen. Er bleibt dicht an ihm dran, und damit kommt der Roman zu kurz. Der ganz normale Ablauf der Dinge läßt sich nicht dadurch in Sprache fassen, daß man ganz normal davon spricht. Christoph Brumme traut dieser Sprache alles zu, und das ist zu wenig.

Drei Jahre der Nationalen Volksarmee können schnell rumgehen, vor allem, wenn es wenig darüber zu sagen gibt. Nicht einmal für die Langeweile nimmt sich der Erzähler Zeit. Christoph Brumme heftet sich an die Fersen eines Helden, der sich kaum vom Fleck bewegt. Absatz für Absatz schiebt sich die Geschichte dahin. Sie fällt nicht auf, sie fällt nicht durch. An der Leine der kurzen Sätze kann nicht viel schiefgehen. Jeder Satz wird eine Parole der Befindlichkeit oder ein Befehl zum Handeln. Kian fühlt, Kian grüßt. Und Brumme schreibt. Der Vorsatz lautet, daß ein Autor nicht besser sei als sein Held. Kurze Sätze sind dabei eine gute Deckung. Zwischen Befehl und Parole bleibt kaum Raum für einen Gedanken.

Wer ist Kian? Wer die Geschichte zu Ende gelesen hat, weiß es nicht und will es wahrscheinlich auch nicht mehr wissen. Die Aussicht, daß Kian sich nach der Ausbildung bei der Nationalen Volksarmee zum Schauspieler ausbilden lassen möchte, wird wenig heiter stimmen. Denn auch Schauspieler kann man Sätze üben lassen. Nicht einmal einen dokumentarischen Wert wird man den "Tausend Tagen" nachsagen können. Wenn so gut wie nichts passiert, ist offensichtlich so gut wie nichts Besonderes vorgefallen. Die tausend Tage, das ist, so könnte man meinen, so gut wie Schnee von gestern, längst vorbei.

Christoph D. Brumme: "Tausend Tage". Roman.Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 1997. 233 S., geb., 36,- DM.

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