Marktplatzangebote
5 Angebote ab € 1,99 €
  • Broschiertes Buch

Die Politik bewegt sich auf schmalem Grat. Sie muss sich entscheiden zwischen steigenden Abgaben, sinkenden staatlichen Leistungen oder beidem gleichzeitig. Eine andere Möglichkeit gibt es nicht mehr. Dabei kommt erschwerend hinzu, dass für gleitende Übergänge die Zeit fehlt. Sie wurde in den zurückliegenden Jahrzehnten sinnlos vertan. Die Einschnitte werden deshalb abrupt und schmerzhaft sein. Wählerstimmen bringt eine solche Politik nicht.
Schonungslos beschreibt der Verfasser die Lage, in der wir uns befinden und unterzieht die bisherigen Maßnahmen einer gründlichen Analyse. Noch
…mehr

Produktbeschreibung
Die Politik bewegt sich auf schmalem Grat. Sie muss sich entscheiden zwischen steigenden Abgaben, sinkenden staatlichen Leistungen oder beidem gleichzeitig. Eine andere Möglichkeit gibt es nicht mehr. Dabei kommt erschwerend hinzu, dass für gleitende Übergänge die Zeit fehlt. Sie wurde in den zurückliegenden Jahrzehnten sinnlos vertan. Die Einschnitte werden deshalb abrupt und schmerzhaft sein. Wählerstimmen bringt eine solche Politik nicht.

Schonungslos beschreibt der Verfasser die Lage, in der wir uns befinden und unterzieht die bisherigen Maßnahmen einer gründlichen Analyse. Noch wichtiger ist jedoch, dass er zugleich sagt, was nunmehr geschehen kann und muss. Die Herausforderungen, vor denen wir stehen, sind nämlich durchaus zu bewältigen. Doch erfordert ihre Bewältigung Anstrengungen, die erheblich über das derzeit Geleistete hinausgehen. Dies zu verdeutlichen ist ein Verdienst, welches das Buch zu einer wertvollen Orientierungshilfe für alle politisch Interessierten macht.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.03.2006

Das große Abkassieren

Der Staat greift den Bürgern noch stärker in die Tasche. Das zeigt eine neue Studie. In 20 Jahren sind monatlich bis zu 1500 Euro mehr fällig.

VON DYRK SCHERFF

Die Politik verspricht noch sinkende Steuern und Sozialabgaben. Doch das ist eine Illusion. Wissenschaftler sind sicher, daß die Bürger in 20 Jahren deutlich mehr als heute zahlen müssen. Schon ein durchschnittlich entlohnter Bürger wird im schlimmsten Fall im Monat mehr als 300 Euro zusätzlich zahlen müssen, ein Gutverdiener sogar satte 1500 Euro.

Diese Horrorzahlen hat Adrian Ottnad, angesehener Ökonom des privatwirtschaftlichen Bonner Instituts für Wirtschaft und Gesellschaft (IWG), errechnet. In einer 200 Seiten starken Analyse, die dieser Zeitung exklusiv vorliegt, hat er höhere Gesundheits- und Pflegeaufwendungen als den Haupttreiber für die dramatisch steigenden Abgaben identifiziert. Das Werk kommt daher gerade rechtzeitig. Denn in der kommenden Woche will die Regierung über die Reform der gesetzlichen Krankenkassen beraten. "Ein radikaler Umbau wäre nötig. Doch was bisher nach außen dringt, wäre viel zuwenig", klagt Ottnad.

Die absehbare Mini-Reform ist in den Rechnungen des Ökonomen Bestandteil des negativsten Szenarios. Es geht davon aus, daß die Politik in den nächsten Jahrzehnten nur zaghafte Reformen schaffen wird, etwa Maßnahmen zur Kostendämpfung im Gesundheitssektor, Personalabbau und Ausgabenkürzungen. Einen massiven Rückzug des Staates und Privatisierung von Aufgaben, etwa der Krankenversicherung, der Bildung und der Verkehrs- und kommunalen Infrastruktur (wie Hallenbäder), wagt sie nicht. Gleichzeitig wird sich in diesem Szenario die Wirtschaftslage so schwach wie in den vergangenen Jahren entwickeln (Definition siehe Kasten).

Kommt es so, wären die Auswirkungen dramatisch. In 20 Jahren müßten Durchschnittsverdiener schon rund 60, Spitzenverdiener sogar bis zu 70 Prozent ihres Einkommens an den Staat zahlen. Bis dahin wird entweder die Mehrwertsteuer bis auf deutlich über 20 Prozent steigen. Oder die Spitzensätze in der Einkommensteuer klettern auf weit mehr als 50 Prozent. Für die Krankenversicherung müßte jeder Arbeitnehmer rund zehn statt bisher 7,5 Prozent zahlen, für die Rente etwa zwölf statt bisher fast zehn Prozent - von erhoffter Beitragssenkung keine Spur.

Hauptgrund dafür ist die längere Lebenserwartung und der immer höher werdende Anteil der Alten an der Gesamtbevölkerung. Das treibt die Kosten vor allem im Gesundheits- und Pflegebereich. Dafür sorgen auch die immer teureren Geräte in der Medizin. Hinzu kommt, daß in der Pflegeversicherung seit Jahren die Leistungen nicht an die gestiegenen Preise angepaßt wurden, was die Parteien nachholen wollen.

So schlimm muß es nicht kommen, selbst wenn die Politik sich nicht zu grundlegenden Reformen durchringt. Ottnads realistisches Szenario hat schon fast einen Hauch von Optimismus. Denn darin wird sich die wirtschaftliche Entwicklung im Vergleich zu den vergangenen Jahren verbessern. Aber auch dann drohen dem Bürger Zusatzbelastungen von mehreren hundert Euro (siehe Grafiken).

Eine echte Entlastung, wie sie die Politik den Bürgern immer wieder versprochen hat, ist also nicht zu erwarten? "Nur bei radikalen Veränderungen, die bisher keine Partei auf der Agenda hat", sagt Ottnad. Diese Option drückt sein günstiges Szenario aus. Eine gute wirtschaftliche Entwicklung paart sich dabei mit einer weitgehenden Privatisierung bisher vom Staat angebotener Leistungen. Im wichtigsten Bereich, den Krankenkassen, würden nur noch 25 Prozent der Aufwendungen staatlich bereitgestellt. Der Rest komme von privaten Anbietern, die im Wettbewerb stehen und die Rücklagen zur Abfederung der zunehmenden Alterung bilden. Die Umverteilung etwa zugunsten von Familien würde aus Steuergeldern bezahlt.

In diesem Szenario werden Durchschnittsverdiener entlastet. Die niedrigeren Sozialabgaben gleichen die steigende Steuerlast mehr als aus. Wer aber gut verdient, muß mehr als heute bezahlen. Er wird nur unterdurchschnittlich von Sozialabgaben entlastet, weil Teile seines Einkommens bislang beitragsfrei sind. Dagegen greift die Steuerprogression bei hohen Einkommen überdurchschnittlich zu.

Sind die Durchschnittsverdiener also die großen Gewinner? Nicht wirklich. Denn die Kehrseite eines Rückzuges des Staates ist eine deutlich stärkere private Vorsorge. Die Krankenversicherung müßten die Bürger selber zahlen und Einschnitte bei der gesetzlichen Rente durch mehr Sparen ausgleichen. "Wir werden in Zukunft auch unter günstigen Bedingungen mehr für Gesundheit, Pflege und Alterssicherung entrichten müssen", warnt Ottnad vor zuviel Optimismus. Aber eben weniger an den Staat, der seine Leistungsversprechen ohnehin nicht halten könnte. Und das sei gut, denn mehr private Eigenverantwortung, Wahlfreiheit und Wettbewerb steigerten die Effizienz. Davon profitieren alle.

Adrian Ottnad: Steigende Abgaben - sinkende Leistungen. Die Politik auf schmalem Grat, Olzog Verlag, München 2006

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr