Leo Perutz
Buch mit Leinen-Einband
St. Petri-Schnee
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Der Gemeindearzt eines abgelegenen westfälischen Dorfes, Dr. Amberg, begegnet in den 1930er Jahren dem Freiherrn von Malchin, einem Sonderling, der in jahrelangen chemischen Experimenten der Natur das Mittel zur Wiederentdeckung der Glaubensinbrunst abgerungen haben will. Es handelt sich dabei um die Getreideseuche Muttergottesbrand, bekannt auch als St. Petri-Schnee. Hin und hergerissen zwischen Faszination und kritischem Bewusstsein, erlebt der Arzt, wie Malchin die Menschen an den Rand einer Katastrophe führt - "ein erzählerisches Meisterwerk" (Süddeutsche Zeitung).
Leo Perutz wurde 1882 in Prag geboren und übersiedelte 1899 mit seiner Familie nach Wien. 1938 emigrierte er nach Tel Aviv. Perutz starb 1957 in Bad Ischl. Sein Werk ist in viele Sprachen übersetzt. Zuletzt erschienen bei Zsolnay die Neuausgaben seiner Romane St. Petri-Schnee (2007), Wohin rollst du, Äpfelchen ... (2011) und Zwischen neun und neun (2017).
Produktdetails
- Verlag: Paul Zsolnay Verlag
- Artikelnr. des Verlages: 551/05420
- 2. Aufl.
- Seitenzahl: 208
- Erscheinungstermin: 4. August 2007
- Deutsch
- Abmessung: 212mm x 134mm x 24mm
- Gewicht: 346g
- ISBN-13: 9783552054202
- ISBN-10: 3552054200
- Artikelnr.: 22793671
Herstellerkennzeichnung
Zsolnay-Verlag
Vilshofener Straße 10
81679 München
info@hanser.de
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Ob es nun dem Delirium während einer Fieberattacke entstammt oder wirklich passiert ist - "souverän" lässt es Leo Perutz in der Schwebe, ob sein Held tatsächlich miterlebt hatte, wie ein Baron an einer Droge bastelte, die die Menschen wieder gottesgläubig machen sollte. Alles geht schief, ein Aufstand der Bolschewiki ist die Folge. Perutz vermag es, das Stilmittel der Kolportage gekonnt einzusetzen, lobt Rezensentin Daniela Strigl. Perutz könne auf verschiedenen Klaviaturen spielen und sei alles auf einmal: "moderner Romantiker, magischer Realist und Reißbrettkonstrukteur".
© Perlentaucher Medien GmbH
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"Viele seiner raffinierten Erzählkonstruktionen (...) gleichen beunruhigenden Vexierbildern: Sie bieten verschiedene Erklärungen für denselben Sachverhalt, zwischen denen sich der Leser entscheiden muss. Unzuverlässige, in Schuld verstrickte Ich-Erzähler ringen um ihre Vergangenheit und damit Identität. Bestes Beispiel dafür ist der (...) Roman St. Petri-Schnee von 1933, der den Autor auf dem Höhepunkt seines Könnens zeigt. Fünf Jahre vor der Entdeckung des LSD führte darin Perutz (...) die Entstehung von Religion und Massenhysterie auf einen Getreidepilz zurück." Oliver Pfohlmann, Neue Zürcher Zeitung, 31.12.2007 "Die Erinnerung des Arztes stellt sich als Fieber-Wunschtraum heraus - oder eben doch nicht. Der Autor hält beide Möglichkeiten so souverän in der Balance wie er mit den Elementen der Kolportage spielt, um Kunst zu gewinnen - moderner Romantiker, magischer Realist und Reißbrettkonstrukteur in einem." Daniela Strigl, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 30.11.2007
Zwischen Wahn und Wirklichkeit
In „Das sogenannte Übersinnliche“ (Essay „Der Weg nach Eleusis“) beschreibt Mathias Bröckers die Bedeutung bewusstseinserweiternder Stoffe auf die Entwicklung der Kultur von der Antike (Mysterium von Eleusis) bis in die Neuzeit …
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Zwischen Wahn und Wirklichkeit
In „Das sogenannte Übersinnliche“ (Essay „Der Weg nach Eleusis“) beschreibt Mathias Bröckers die Bedeutung bewusstseinserweiternder Stoffe auf die Entwicklung der Kultur von der Antike (Mysterium von Eleusis) bis in die Neuzeit (Timothy Learys LSD-Experimente). Bei den Substanzen, die in der Antike verwendet wurden, könnte es sich um Mutterkorn gehandelt haben. Mutterkorn ist ein Pilz, der auf Getreide wächst und halluzinogene Wirkstoffe, vergleichbar dem LSD, enthält. Dieser Pilz, so Bröckers These, ist Ursache für mystische Erfahrungen und damit physiologische Ursache der Religion.
Leo Perutz beschäftigt sich in seinem Roman „St. Petri-Schnee“, wie der Titel bereits andeutet, mit Mutterkorn und seinen halluzinogenen Wirkungen. Damit verarbeitete er bereits 1933 ein Thema, welches Bröckers sechs Jahrzehnte später in einem Sachbuch aufgegriffen hat. Perutz versteht es, dieses Thema geschickt auf mehreren Ebenen darzustellen, einmal unmittelbar in einem der parallelen Erzählstränge und einmal mittelbar als denkbare Erklärung, dafür, dass überhaupt zwei parallele Geschichten existieren. Diese Selbstbezüglichkeit ist genial.
Der Roman ist perfekt konstruiert, wie man es von Perutz gewohnt ist. Er enthält Visionen, Illusionen und politische Bezüge. Von den zwei Geschichten kann nur eine wahr sein. Für beide Varianten sprechen Indizien, die Perutz geschickt integriert hat. Die Perspektive ist die des Ich-Erzählers Georg Amberg. Protagonist Amberg sieht sich gezwungen, diese Widersprüche zu ertragen. Es gibt keine endgültige Antwort für ihn, aber das gilt auch für die Leser des Buches. Perutz ist ein hochkarätiger Meister der Erzählung. Der Roman lässt verschiedene Interpretationen zu und ist sehr zu empfehlen.
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