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"Sphinx" versammelt drei bislang unbekannte Prosatexte und ein Gedicht des großen Autors Wolfgang Hilbig. In der titelgebenden, 1983 entstandenen Erzählung ergreift der namenlose Ich-Erzähler Besitz vom Leben seines Schriftstellerfreundes. Er wird zu seinem Schatten, die Erzählung driftet ins Surreal-Phantastische. Beide könne n sich ihres Ichs nicht mehr sicher sein. - Der Herausgeber Michael Opitz, Literaturwissenschaftler und Hilbig-Biograph, hat diesen im Nachlaß entdeckten literarischen Schatz mit viel Hintergrundwissen aufbereitet und einem versierten Nachwort versehen.

Produktbeschreibung
"Sphinx" versammelt drei bislang unbekannte Prosatexte und ein Gedicht des großen Autors Wolfgang Hilbig. In der titelgebenden, 1983 entstandenen Erzählung ergreift der namenlose Ich-Erzähler Besitz vom Leben seines Schriftstellerfreundes. Er wird zu seinem Schatten, die Erzählung driftet ins Surreal-Phantastische. Beide könne n sich ihres Ichs nicht mehr sicher sein. - Der Herausgeber Michael Opitz, Literaturwissenschaftler und Hilbig-Biograph, hat diesen im Nachlaß entdeckten literarischen Schatz mit viel Hintergrundwissen aufbereitet und einem versierten Nachwort versehen.
Autorenporträt
Wolfgang Hilbig, geboren 1941 in Meuselwitz bei Leipzig, gestorben 2007 in Berlin. Nach einer Dreher-Lehre und dem Wehrdienst tätig als Werkzeugmacher und Hilfsschlosser. 1967/68 wurde er von seinem Betrieb zu einem "Zirkel schreibender Arbeiter" nach Leipzig delegiert. Ab 1979 dann freier Schriftsteller in Berlin und Leipzig. 1985 Ausreise in die Bundesrepublik. Er erhielt zahlreiche literarische Auszeichnungen, u.a. den Georg-Büchner-Preis, den Ingeborg-Bachmann-Preis und den Bremer Literaturpreis.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.08.2019

Mein Ich ist mir unheimlich
Beglückende Funde aus Wolfgang Hilbigs Nachlass

Über den Rang von Wolfgang Hilbig in der deutschen Literatur ist das letzte Wort noch nicht gesprochen - leider. Der Verlag S. Fischer, bei dem 1979 bereits Hilbigs Debüt, der Lyrikband "Abwesenheit", erschienen war, hält dem 2007 gestorbenen Autor nicht nur die Treue, sondern hat kurz nach dessen Tod eine siebenbändige Werkausgabe veranstaltet und vor zwei Jahren die umfangreiche Biographie von Michael Opitz publiziert (F.A.Z. vom 14. Dezember 2017). Aber ein großes Publikum hat Hilbig nie gefunden. Der Büchnerpreisträger von 2002 machte es Lesern nicht leicht, weil er keine leichten Themen behandelte und ein kompromissloses Stilgefühl besaß, das seine Texte aus dem gefälligen Gros der deutschsprachigen Literatur schroff herausragen und dadurch unzugänglich wirken lässt.

Den Stoff musste er nicht lange suchen. Hilbigs Leben ist ein eindrucksvolles Zeugnis der deutsch-deutschen Teilung, und die Protagonisten seiner Romane und Erzählungen sind alle gespalten; am bekanntesten diesbezüglich ist das Ich aus "Ich" (1993), das als Lyriker für die Staatssicherheit spitzelt. Nicht zu verwechseln mit dem Verfasser! Hilbig hatte es schwer in der DDR, obwohl er als Arbeiterdichter gelten konnte - kein Studium, Dreherlehre, später Heizer, daneben immer schreibend. Doch die Veröffentlichung von "Abwesenheit" wurde abgelehnt, und als das Buch dann in Westdeutschland erschien, gab es für Hilbig, der sich da gerade entschlossen hatte, als freier Schriftsteller sein Glück zu versuchen, in der DDR keine Zukunft mehr. Nur der Prosaband "Stimme Stimme" wurde 1983 dort verlegt, mit gut sichtbaren Zensureingriffen; 1985 ging Hilbig in den Westen.

Wenn nun ein schmaler Band mit bislang unveröffentlichten Texten aus dem Nachlass erscheint, ist das eine kleine Sensation, zumal darunter eine fast dreißig Seiten lange Erzählung namens "Sphinx" ist, die 1983 geschrieben wurde, also noch in der DDR. Sie weist eine geradezu prototypische Hilbig-Konstellation auf, und man kann ihr zudem atmosphärisch die tiefe Prägung durch Kafka ablesen: Der Ich-Erzähler besucht einen Bekannten, der aber sofort nach der Begrüßung seinerseits aufbricht und den Gast in seiner Klaustrophobie erzeugenden Wohnung zurücklässt. Beim Warten auf die Rückkehr des Bekannten erweist sich der Erzähler als dessen Schattenmann, der der eigentliche Lenker des Lebens des anderen ist, und die fremde Wohnung wird zum Spiegelbild des Charakters des Ich-Erzählers: "verwobene Doppelbilder, undurchsichtige Unsichtbarkeiten hinter durchsichtigen Sichtbarkeiten". Es ist eine Existenz zwischen Wachen und Traum, stets im Hader mit der Welt, ein Intensitätserlebnis, wie man es beim Lesen selten hat.

Kleine Fragmente, wohl alle nach der Übersiedelung in den Westen entstanden, runden den Band zusammen mit einem klugen Nachwort von Michael Opitz ab. Erschienen ist er nicht bei S. Fischer; der große Verlag hat einem kleinen aus Leipzig großzügig diese Preziose überlassen. Wolfgang Hilbig, der in Leipzig gelebt hat, hätte diese publizistische Heimkehr geschätzt.

ANDREAS PLATTHAUS

Wolfgang Hilbig: "Sphinx". Texte aus dem Nachlass.

Hrsg. von Michael Opitz. Connewitzer Verlagsbuchhandlung, Leipzig 2019. 84 S., 6 Abb., br., 13,- [Euro].

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