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Inhaltsverzeichnis:
Ausführlich und auf der Basis neuester Forschungen sowie archäologischer Erkenntnisse behandelt der Autor den Aufstieg Spartas zur griechischen Vormacht in archaischer Zeit, die Perserkriege, Peloponnesischer Krieg, die Vorherrschaft der Spartaner nach ihrem Sieg über Athen und die Gründe ihres Niedergangs.
Ebenso souverän wie klar erzählt Karl-Wilhelm Welwei, der zu den führenden, auch international renommiertesten Forschern auf dem Gebiet des Klassischen Griechenland gehört, die wechselvolle Geschichte Spartas von den Anfängen bis zur Errichtung der römischen
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Produktbeschreibung
Inhaltsverzeichnis:
Ausführlich und auf der Basis neuester Forschungen sowie archäologischer Erkenntnisse behandelt der Autor den Aufstieg Spartas zur griechischen Vormacht in archaischer Zeit, die Perserkriege, Peloponnesischer Krieg, die Vorherrschaft der Spartaner nach ihrem Sieg über Athen und die Gründe ihres Niedergangs.

Ebenso souverän wie klar erzählt Karl-Wilhelm Welwei, der zu den führenden, auch international renommiertesten Forschern auf dem Gebiet des Klassischen Griechenland gehört, die wechselvolle Geschichte Spartas von den Anfängen bis zur Errichtung der römischen Vorherrschaft in Griechenland. Das besondere Interesse des Autors gilt der Einbindung dieser antiken Großmacht in den größeren historischen Rahmen des Geschehens in Griechenland und im östlichen Mittelmeerraum. Ergänzt wird die Ereignisgeschichte durch eine thematisch orientierte Interpretation der Entwicklung der Verfassung und Gesellschaft Spartas in den verschiedenen Epochen seiner Geschichte.

Inhaltsverzeichnis:
Vorwort
Von Dorfgemeinschaften zur hellenischen Vormacht
Sparta und Lakonien in mykenischer Zeit
Dorische Zuwanderer in Lakonien
Die Anfänge der dorischen Besiedlung Spartas
Die Entwicklung Spartas bis zur Okkupation Südlakoniens
Die Okkupation des unteren Eurotasbeckens
Expansionsziele in Messenien und im Norden und die Anfänge der Perioikie
Der erste Messenische Krieg
Die Große Rhetra
Der zweite Messenische Krieg
Die Nachkriegsordnung
Die Entstehung der "Gemeinschaftsmähler"
Der Aufstieg des Ephorats und die Lagerung der Macht im spätarchaischen Sparta
Die Machtverhältnisse auf der Peloponnes und Spartas Außenbeziehungen im 6. Jahrhundert v. Chr.
Der Peloponnesische Bund in seiner frühen Phase
Aktionismus und Scheitern Kleomenes' I. im Schatten der persischen Expansion
Sparta am Vorabend der Perserkriege
Die große Bewährungsprobe
Thermopylai und Salamis
Plataiai, Mykale und neue Herausforderungen
Sparta in der Pentekontaetie
Der Sturz des Pausanias und die Krise des Peloponnesischen Bundes
Der Große Helotenaufstand
Ein Wechsel der Allianzen und der "erste Peloponnesische Krieg"
Der "Dreißigjährige Frieden"
Der Kampf um die Suprematie
Die Entstehung des Peloponnesischen Krieges
Sparta zu Beginn des Peloponnesischen Krieges - ein Paradigma einer Oligarchie?
Die Kräfteverhältnisse
Der Archidamische Krieg
Der Nikiasfrieden
Vom Nikiasfrieden zur Sizilischen Expedition der Athener
Die letzten Kriegsjahre
Vorherrschaft und Machtverlust Spartas
Siegermacht ohne Konzept einer dauerhaften Friedensordnung
Konflikt mit Persien - innere Gefahren - neue Fronten in Griechenland
Der Korinthische Krieg
Der Königsfrieden
Spartanische Machtpolitik vom Königsfrieden bis zur Schlacht bei Leuktra
Die Folgen von Leuktra und die sogenannte zweite Schlacht bei Mantineia
Dauerhafte Strukturprobleme Spartas im 4. Jahrhundert v. Chr.
Im Schatten stärkerer Mächte
Agis III. und Areus I.
Agis IV. und Kleomenes III.
Das Ende der politischen Selbständigkeit
Epilog
Anmerkungen
Abkürzungsverzeichnis
Bild- und Kartennachweis
Register
Karten

Neben den machtpolitischen Entwicklungen stehen die kulturellen Leistungen Spartas im Mittelpunkt der Darstellung (Religion, Kulte, die Rolle der Frauen, das Leben im Alltag u. a.).
Autorenporträt
Karl-Wilhelm Welwei, 1930 in Witten/Ruhr geboren, Studium der Geschichte und der Klassischen Philologie, 1963 promoviert, 1970 habilitiert, 1972 - 1996 Professor für Alte Geschichte an der Ruhr-Universität Bochum; 1993 Mitglied des Deutschen Archäologischen Instituts.
Wichtige Veröffentlichungen:
Die griechische Polis (1998);
Das klassische Athen. Demokratie und Machtpolitik im 5. und 4. Jahrhundert (1999);
Die griechische Frühzeit 2000 bis 500 v. Chr. (2002).
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.11.2004

Forschen gegen Hollywood
Karl-Wilhelm Welwei schlägt sich ganz auf die Seite Spartas

Als der Reiseschriftsteller Pausanias in den sechziger Jahren des zweiten Jahrhunderts nach Christus Sparta besichtigt, läuft er durch eine Stadt, die zum Denkmal ihrer selbst geworden ist. Überall Statuen, Ehrengräber, Heiligtümer der griechischen Götter; die Akropolis wird, ausgerechnet, von einem Athenatempel gekrönt, den Staatsmarkt beherrschen die Tempel des Cäsar und des Augustus, während in der Halle, die aus der Beute der Perserkriege erbaut wurde, Marmorstatuen der vor sechseinhalb Jahrhunderten besiegten Feinde zu sehen sind, darunter Mardonios, der Feldherr, der unter den Streichen spartanischer Schwerter starb.

Auch die städtischen Ephoren gibt es noch und die Gerusie, den Ältestenrat, der nur noch lokal bedeutende Entscheidungen fällen darf. Dafür ist ein "Platz mit Säulenhallen im Viereck herum" beim Tempel des Apollon Karneios, "wo früher Kleinkram verkauft wurde" (also Handwerker ihre Gewerbe feilboten), jetzt leer, und in dem "sehenswerten Theater aus Marmor" wird nicht mehr viel aufgeführt. Das einst mächtige Amyklai, ein Hauptort Lakedaimoniens, besteht "als Dorf weiter", während von Pharis und Bryseai nur Ruinen übrig sind und von Helos, dem Ort, der den Heloten den Namen gab, nicht einmal diese. Weiter nördlich im Tal des Eurotas liegt Pellana, "einst eine Stadt", von Trinasos sind nur die Mauern geblieben, und in Zarax auf der anderen Seite des Parnongebirges gibt es fast gar nichts mehr - "nur am Ende des Hafens einen Apollontempel und ein Kultbild mit einer Kithara".

Es ist eine Landschaft vor dem Untergang. Gut hundert Jahre lang darf das geschrumpfte, zur touristischen Sehenswürdigkeit herabgekommene Sparta noch seine Standbilder vermarkten, dann wird es von den Herulern geplündert, und wieder ein gutes Jahrhundert später zerstören Alarichs Gotenkrieger die entvölkerte Stadt. So ging es vielen griechischen Poleis im Römischen Reich, aber für die Spartaner war der Ausverkauf besonders bitter. Hatten sie doch jahrhundertelang nicht auf eigene Rechnung, sondern stets auf Kosten anderer gelebt, erst der Bewohner des unteren Eurotastals und der Küste des Lakonischen Golfs, die sie zu Heloten, dienstpflichtigen Leibeigenen, machten, dann der benachbarten Messenier, deren fruchtbare Gebiete sie in zwei langen, bitteren Kriegen eroberten und nach Gutsherrenart auspreßten.

Die spartanischen Hopliten, "heftig erpicht auf den Feind" und in Phalanxformation aufgestellt, besang Tyrtaios im siebten Jahrhundert vor Christus, als Athen noch ein Städtchen und Rom noch ein Schlammloch war. Damals blühte neben dem Krieg und der Dichtung auch das spartanische Kunsthandwerk, während nach dem endgültigen Fall Messeniens um 600 vor Christus von Künstlern in Sparta nicht mehr die Rede ist. Die Lakonier, im Krieg fleißig, im Zivilleben zum Müßiggang geneigt, hatten sich innerlich zur Ruhe gesetzt. Als der thebanische Feldherr Epameinondas nach der gewonnenen Schlacht von Leuktra im Winter 369 vor Christus in die lakonische Ebene einfiel, fand er die Landhäuser der Spartaner voller Gold und Kunstobjekte, aber es war fremdes Gold, fremde Kunst - geraubt, geerbt, über Korinth importiert, von persischen Subsidien bezahlt.

Die wenigen hundert Vollbürger Spartas, die nach den Aderlässen des großen Helotenaufstands und des Peloponnesischen Krieges übriggeblieben waren, überstanden auch diese Krise, indem sie ihre Heloten und die politisch rechtlosen Perioiken ("Umwohner") gegen den Feind aus Theben mobilisierten, aber schon kurze Zeit später erstand ihnen in der mit spartanischen Idealen genährten Großmacht Makedonien ein Gegner, den sie nicht zu überwinden vermochten. Nach der Schlacht bei Megalolopolis (331 vor Christus) scheidet Sparta aus dem Ringen um die Hegemonie in Griechenland aus; nach zwei gescheiterten Versuchen, das Staatsgebilde zu reformieren und die Vorherrschaft auf dem Peloponnes wiederzugewinnen, fällt es Anfang des zweiten Jahrhunderts vor Christus unter römische Kuratel. Die Römer errichten einen Bund der "freien Städte" Lakoniens, während Sparta unter dem Ehrennamen Lakedaimon als Kleinstadt weitermacht - mit Brot, Spielen und der Erinnerung an glanzvolle Zeiten.

Warmlaufen im Nichtwissen

Karl-Wilhelm Welwei, emeritierter Althistoriker aus Bochum, erzählt von diesen Zeiten im Ton eines unparteiischen Gutachters. Bevor er darstellt, was er weiß, breitet er erst aus, was wir über Sparta alles nicht wissen, etwa ob Amyklai eine spartanische Gründung war oder ob der Kult des Apollon Karneios, bei dem ein mit Opferbinden behängter Läufer durch die Straßen gejagt wurde, an die Wanderzüge dorischer Hirtenstämme erinnert oder nicht. Auch Lykurg, der sagenhafte Gründer des Staates, ist wohl nicht realer als Romulus oder Rübezahl und die von Plutarch genannte Zahl von sechs- oder neuntausend Landlosen ("klaroi"), die er an die Bürger Spartas verteilt haben soll, reine Phantasie. Das ist wissenschaftlich sicher auf der Höhe ihrer Zeit, aber es bleibt immer enttäuschend, wenn eine geschichtliche Darstellung fast ausschließlich auf Negationen gründet. Was man nicht weiß, will man sich vorstellen, doch Welwei verbittet sich jedes Zucken der Einbildungskraft.

Ungefähr so bildhaft sind auch Welweis Beschreibungen spartanischer Sitten und Gebräuche. Über die Anfänge der Syssitien, der Festgelage, bei denen sich die Bürgerschaft Spartas als Versorgungsgemeinschaft inszenierte, bemerkt er, es habe dabei "ein bestimmter ,Brei'" als Volksspeise auf den Tischen gestanden, während die berüchtigte schwarze Suppe keine Rolle spielte. In späteren Zeiten nahm der Anteil der Vollbürger, die den Beitrag zur Finanzierung der Syssitien aufbringen konnten, beständig ab, so daß es wahrscheinlich nicht mehr bloß Brei und Suppe, sondern vielleicht Geflügel und Honigkuchen gegeben haben mag. Aber gegen derlei Spekulationen ist Welweis Prosa auf trostlose Weise immun. Wie die frühen Spartaner klammert sich der Autor an seinen Faktenbrei, um nicht in den Verdacht zu kommen, sich (und uns) mit seinem Gegenstand zu vergnügen.

Ein Problem dieses Buches besteht darin, daß der Verfasser sich nicht sicher zu sein scheint, für wen er schreibt. So nennt er Thukydides den "berühmten Historiker des Peloponnesischen Krieges" - genau, und Goethe war der berühmte Dramatiker des "Faust" -, macht sich aber andererseits nicht die Mühe, zu erklären, wer Philopoimen war (in dem Jakob Burckhardt die beispielhafte "Spätgestalt des tugendhaften Hellenen" sah) oder wie viele historisch belegte Könige es in Sparta gegeben hat (zwischen vierzig und fünfzig, je nach der Strenge der Zählung). Auch den Charakter der spartanischen Doppelmonarchie bringt Welwei trotz ausführlicher Schilderung nicht auf den Punkt. Sie war ein Erbkönigtum in zwei getrennten Häusern, ein geschichtlich einmaliges Modell, das die Rivalität zwischen zwei nach Alleinherrschaft strebenden Clans gleichsam im Augenblick der Waffengleichheit einfror.

Unter den zwei Königen, aber ihnen keineswegs unterstellt, standen fünf Ephoren, die kultische und verwaltungspolitische Aufgaben wahrnahmen, und die Apella, die Volksversammlung, die durch Akklamation über die Anträge der Hierarchen entschied. Die Gerusie, der Ältestenrat, fungierte als Beratergremium. Die Spartaner müssen eine tiefe, historisch gereifte Furcht vor der Macht einzelner gehabt haben. Deshalb aber galt ihr Staat bis in die Neuzeit als Leuchtturm des Griechentums, als ideales Muster dafür, wie Gemeinwohl und Eigennutz unter einen Hut zu bringen wären.

Vorbild ohne Spiegel

Welwei, der das Spartabild von Thukydides bis Ernst Curtius in einem Schlußkapitel kurz diskutiert, macht sich zuwenig Gedanken darüber, wieviel von dieser Vorbildfunktion sich im politischen Handeln der Spartaner spiegelte, zumal in der Auseinandersetzung mit Athen. Gewiß diente die panhellenische Befreiungsideologie eines Brasidas oder Lysander im Peloponnesischen Krieg meistens nüchternen, kurzfristigen Zwecken, aber sie wurde von den Zeitgenossen, auch den welterfahrenen Griechen Kleinasiens, immer wieder geglaubt. Erst als Sparta durch die Niederlage Athens zur Hegemonialmacht in Hellas wurde, zeigte sich die Beschränktheit seines Staatsmodells. Die geringe Zahl der Vollbürger reichte nicht aus, um das Einflußgebiet nach dem Vorbild der athenischen Kleruchen zu regieren, und der Kontakt mit den Monarchien des Ostens und Nordens brachte jenen Typus des charismatischen Individuums hervor, gegen den die spartanische Verfassung gerichtet war. Die Spartaner sind mit ihren Kriegshelden noch einmal fertig geworden, wenn auch auf häufig blamable Weise, aber ihr System hat sich von seinem Erfolg nicht mehr erholt. Der spartanische Staat war sterbenskrank, als ihn Kleomenes III. im Jahr 227 vor Christus durch einen Putsch von oben beseitigte. Auch diese "Reform" brachte nichts mehr ein, denn die Makedonier unter Antigonos Doson hatten bei Sellasia die stärkere Phalanx.

Die Hälfte des Buches handelt von den Ereignissen des fünften Jahrhunderts vor Christus, vor allem vom Perserkrieg und der Konfrontation mit Athen. Das bedeutet, daß Welwei den Schwerpunkt seiner Studie in jenen Zeitraum verlegt, über den es viele lesenswerte Darstellungen gibt, von Christian Meiers "Athen" über die Veröffentlichungen von Martin Dreher und Raimund Schulz bis hin zu Donald Kagans Streitschrift zum Peloponnesischen Krieg. In dieser Ahnenreihe sieht Welweis Darstellung wenig vorteilhaft aus. Seine Perspektive ist, etwa wenn er über den Sexskandal des Königssohns Archidamos im frühen vierten Jahrhundert berichtet - ein "offenes Geheimnis", das sich dennoch "nicht verifizieren" lasse -, zu unentschieden, sein indirekter Sprachstil schrammt manchmal hart an unfreiwilliger Komik vorbei (so wenn er das Dasein der Heloten als "nicht absolut unerträglich" bezeichnet).

Für alle Sparta-Interessierten wäre Welweis Buch unverzichtbar geworden, wenn er sich die Mühe gemacht hätte, die knappe Zeittafel am Schluß deutlich zu erweitern und eine Königsliste sowie ein Glossar anzufügen, in dem spartanische Grundbegriffe wie "medismos" (Landesverrat), "hypomeiones" (Bürger ohne Stimmrecht) oder "nothoi" (Kinder von Vollbürgern mit Perioiken- oder Helotenfrauen) erklärt worden wären. So aber fällt dieser Band zwischen die Lager einer deutschen Antikenwissenschaft, die sich in Einzeldiskussionen verzettelt, und eines Publikums, das inzwischen auch bei Spezialthemen ein Lesevergnügen erwartet. Manchmal kann man den Charakter eines Wissenschaftlers an seinen Feindbildern erkennen. Für Welwei ist der Gipfel des Unerträglichen erreicht, als nach schamloser Indienstnahme des spartanischen Heroismus in der Thermopylenschlacht durch die Nazis auch "Hollywood sich des Sujets bemächtigte". Forschen gegen Hollywood: In Zeiten der audiovisuellen Medien ist das ein einsamer Standpunkt. Dennoch könnte man von hier aus einiges erkennen. Aber Welwei begnügt sich damit, die Stellung zu halten. Das ist nicht genug.

ANDREAS KILB

Karl-Wilhelm Welwei: "Sparta". Aufstieg und Niedergang einer antiken Großmacht. Verlag Klett-Cotta, Stuttgart 2004. 438 S., 25 Abb. und Karten, geb., 25,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 04.11.2004

Sieger ohne Friedensplan
Karl-Wilhelm Welwei über die antike Weltmacht Sparta
Der Bochumer Emeritus Karl-Wilhelm Welwei ist durch eine ganze Reihe von Studien und Darstellungen zur Griechischen Geschichte hervorgetreten. In engem Kontakt zu Prähistorie und Archäologie hat er sich zuletzt auch der griechischen Frühzeit zugewandt und sich so einen fundierten Gesamtüberblick erarbeitet, der ihn in die erste Reihe der internationalen Forschung zur Geschichte des alten Griechenland führte. Sein jüngstes Buch über Sparta zeichnet sich durch eine persönliche Konzeption und zugleich durch den nüchternen Grundton seiner Wertungen aus. Dazu tritt seine souveräne Kenntnis der modernen Spezialuntersuchungen, deren Ertrag er zu einem eindrucksvollen Gesamtbild vereinigt hat.
Zu den vielen älteren deutschen Darstellungen, denen die Isolierung und Einzigartigkeit Spartas selbstverständlich waren, bezieht Welwei eine entschiedene Gegenposition. Ihm kommt es darauf an, Sparta trotz all seiner Besonderheiten in die Welt der griechischen Poleis wie in die Machtkämpfe der gesamten mediterranen Welt einzuordnen und dabei vor allem auch Querverbindungen und Interdependenzen herauszuarbeiten.
Aus seiner Darstellung seien einige besonders wichtige Akzente hervorgehoben: Es ist verdienstvoll, dass Welwei bis in das 15. Jahrhundert v. Chr. zurückgreift, um auch die Ausgangslage des vordorischen Lakoniens zu vermitteln. Hier imponiert die besonders schwierige und voraussetzungsreiche Auswertung der archäologischen Funde.
Welwei verfügt über ungewöhnliche Spezialkenntnisse, die sich vor allem in der Auswertung der Keramikfunde manifestieren. Auf dieser Grundlage gelingt es ihm, die Wechselfälle einer lokalen Dynastie im mykenischen Lakonien zu erfassen sowie geografische Voraussetzungen und Konturen, nicht zuletzt die Änderung des Siedlungsbildes um 1200 v. Chr. zu rekonstruieren.
Ein weiterer Höhepunkt der Anfangspartie liegt in der Lykurgkritik sowie in der ausführlichen Interpretation der „Großen Rhetra”, die Welwei in der ersten Hälfte des 7. Jahrhunderts v.Chr. ansetzt. In einer akribischen Erörterung dieser Grundordnung der Verfassung des frühen Sparta werden die Funktionen der öffentlichen Organe beschrieben, die Machtverteilung im spätarchaischen Staat überzeugend dargelegt. Dies gilt insbesondere für den Aufstieg des Ephorats und dessen Beziehung zum für Sparta charakteristischen Doppelkönigtum.
Heereswesen und Heloten
Sicher erfasst Welwei auch die Eigenart und die Folgen des Zweiten Messenischen Krieges im späten 7. Jahrhundert v. Chr. Sein genuines Interesse für militärische Fragen erlaubt es ihm, die Entwicklung des spartanischen Heereswesens ebenso verständnisvoll nachzuzeichnen wie die Folgen der „Helotisierung” (der spartanischen Form der Versklavung) eines großen Teils der messenischen Bevölkerung.
Aus der Frühzeit Spartas sei schließlich noch Welweis besondere Akzentuierung der „Gemeinschaftsmähler” (Syssitien) erwähnt. Hier verbindet er die spartanische Form mit den „Hetairos-Gruppen” der frühgriechischen Poleis, beleuchtet dann jedoch insbesondere die Zusammenhänge zwischen der spartanischen Vollbürgerschaft mit deren wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit und dem Zwang zu Naturalabgaben für diese Gemeinschaftsform, wie sie seit dem Zweiten Messenischen Krieg ausgeprägt war.
Auch die folgenden, bekannteren Epochen der spartanischen Geschichte, die Zeit der Perserkriege, des Peloponnesischen Krieges und des Hellenismus werden umfassend vergegenwärtigt. Dabei beeindrucken sowohl die Bilder der führenden Persönlichkeiten als auch die Analysen der Ereignis-, Verfassungs- und Sozialgeschichte.
Hervorzuheben ist insbesondere die kritische Erörterung von Strategie und Taktik des Leonidas an den Thermopylen. Von einer Herodot-Interpretation ausgehend, vermittelt Welwei einerseits die antiken wie die modernen Manipulationen der Leonidas-Legende und der spartanischen „Ruhmesideologie” bis in die Zeit des Nationalsozialismus. Andererseits wird Pausanias vor Byzantion gegen die üblichen Vorwürfe der „Arroganz, Eigenmächtigkeit oder Herrschsucht” mit guten Gründen in Schutz genommen, ebenso Lysander in und nach der Endphase des Peloponnesischen Krieges, als die „Siegermacht ohne Konzept einer dauerhaften Friedensordnung” in Schwierigkeiten geriet.
Die Ermordung des Königs
In die Ereignisgeschichte wurden Kapitel über die wichtigsten Verfassungs- und Sozialprobleme eingeordnet, die „Kooperation der Institutionen”, insbesondere die „Interaktion der Volksversammlung und des Ephorats” hervorzuheben. Die oft verkannte und überschätzte Rolle der Päderastie im spartanischen Sozialgefüge ist durchaus adäquat beschrieben, vor allem jedoch die Auswirkung der demografischen Entwicklung ins Bewusstsein geführt. Eine Entwicklung, welche schließlich im 4. Jahrhundert v. Chr. in einem Verhältnis von 6:1 zwischen Heloten und Vollbürgern gipfeln sollte.
Welweis differenziertes Bild der Sozial- und Wirtschaftsstruktur in der Endphase der spartanischen Geschichte, die auch durch die Reformkönige Agis IV. und Kleomenes III. gegen Ende des 3. Jahrhunderts v. Chr. nicht mehr grundsätzlich zu verbessern und zu festigen waren, ist einleuchtend. Er schließt seine Darstellung mit der Ermordnung des Königs Nabis im Jahre 192 v. Chr., einem knappen Ausblick auf die Stellung Spartas im Römischen Reich und einem Epilog, in dem noch einmal auf Spartas Eigenart und auf dessen Beurteilungen in Antike und Neuzeit eingegangen wird.
Welweis Werk wird durch einen ausführlichen Anmerkungsteil, Literaturverzeichnis, Zeittafel und Register ergänzt, der Inhalt durch instruktive Karten veranschaulicht. Bei den Reproduktionen der Landschaftsaufnahmen hätte man sich allerdings eine bessere Qualität gewünscht.
Die Erforschung Spartas wurde in den vergangenen Jahrzehnten in einer größeren Zahl von Spezialuntersuchungen und propädeutischen Werken, auch durch griechische Initiativen in internationalem Rahmen forciert. In der Tradition von François Olliers klassischem zweibändigen Werk „Le mirage Spartiate” (1933-1943) wendet sich auch Karl-Wilhelm Welwei gegen den einst weit verbreiteten und verhängnisvollen Spartamythos einschließlich der von H. Berve wie von R. W. Darré, Göring wie Hitler formulierten nationalsozialistischen Inanspruchnahmen.
Welweis eigenes Spartawerk ist frei von Legenden und Ideologie. Es erfüllt die Funktion eines Handbuches und bietet gleichwohl eine gut lesbare Darstellung. Es wird für das Spartabild der Gegenwart grundlegend werden, zu einer Pflichtlektüre für jeden, der sich, in welchen Zusammenhängen auch immer, mit diesem zentralen historischen Phänomen zu befassen hat.
KARL CHRIST
KARL-WILHELM WELWEI: Sparta. Aufstieg und Niedergang einer antiken Großmacht. Klett-Cotta, Stuttgart 2004. 438 Seiten, 25 Abb. und Karten. 25 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

"Nicht wirklich überzeugt zeigt sich Rezensent Andreas Kilb von Karl-Wilhelm Welweis Buch über Sparta. Nach einer ausführlichen Lektion über die Geschichte Spartas kommt er auf das Buch des emeritierter Althistorikers aus Bochum zu sprechen. Dass dieser zunächst einmal ausbreitet, was wir alles nicht über Sparta wissen, findet Kilb ernüchternd. Auch wenn Welwei wissenschaftlich auf der Höhe der Zeit sei, bleibe es immer ein wenig enttäuschend, wenn eine geschichtliche Darstellung fast ausschließlich auf Negationen gründe: "Welwei verbittet sich jedes Zucken der Einbildungskraft." Seine Beschreibungen spartanischer Sitten und Gebräuche erscheinen Kilb entsprechend unanschaulich. Der Autor klammere sich an Fakten, um den Verdacht zu vermeiden, er vergnüge sich und den Leser mit seinem Gegenstand. Inhaltlich kritisiert Kilb, dass Welwei den Doppelcharakter der spartanischen Monarchie nicht auf den Punkt bringt. Er hebt hervor, dass sich die Hälfte des Buches mit den Ereignissen des 5. Jahrhunderts vor Christus und insbesondere mit den Perserkriegen und der Konfrontation mit Athen befasst. Gerade über diesen Zeitraum kennt Kilb viele andere lesenswerte Darstellungen von Christian Meiers "Athen" über die Veröffentlichungen von Martin Dreher und Raimund Schulz bis hin zu Donald Kagans Streitschrift zum Peloponnesischen Krieg, gegen die sich Welweis "wenig vorteilhaft" ausnehme. Abschließend moniert er die zu knapp ausgefallene Zeittafel sowie das Fehlen einer Königsliste und eines Glossars.

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