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Produktdetails
  • Verlag: Murivlg
  • Deutsch
  • ISBN-13: 9783922494188
  • ISBN-10: 3922494188
  • Artikelnr.: 25106258
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 31.08.2009

Tröstlicher Gesang

Dass sich in einem Werk, sogar in nur einem Gedicht, ein zauberhafter Reichtum auftut, ein Mikrokosmos, dessen tausendfache innere Bezüglichkeiten man zu studieren nicht müde wird - das ist ein Glücksfund. Ulrich Erckenbrecht, Sprachdenker und Aphoristiker, hat sich seit langem der möglichst vollständigen Sammlung aller deutschen Übersetzungen des 66. Sonetts von Shakespeare gewidmet. Es handelt sich um ein Gedicht der Zeitklage, ja das Muster aller Unmutsgesänge. Tröstlich dabei nur, dass keine Gegenwart je anders war. Man kommt mit den Übersetzungen sofort ins Zentrum der deutschen Dichtung, zu George oder Stefan Hermlin, aber auch zu überraschenden Flügelfiguren wie der Cembalistin Eta Harich-Schneider (der Mutter des Philosophen Wolfgang Harich), die ihre Fassung 1944 in Peking erscheinen ließ. Unser Favorit ist die fetzige, hart aktualisierende Fassung des Publizisten Günter Zehm: "Müd alles dessen, sehn ich mich nach Tod, / So wenn Verdienst geht unterm Bettlerhut / Und pures Nichts in herrscherlichem Rot / Und frömmster Glaube hohnvoll ausgebuht / Und wichtigste Ämter schändlich missverwandt / Und Mädchenehre grell als Witz belacht / Und große Tat in Bosheit umbenannt / Und Macht per Impotenz auf Null gebracht / Und Kunst vom Zeitgeist elend eingeschnürt . . . Des alles müd, wünsch ich, weit wegzugehn. / Doch wer wird dann nach meiner Liebe sehn?" (Ulrich Erckenbrecht: "Shakespeare Sechsundsechzig". Shakespeares Sonett Nr. 66 in 154 deutschen Übersetzungen. Dritte, erneut erweiterte Ausgabe. Muriverlag, Kassel 2009., 328 S., br., 10,- [Euro].) L.J.

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