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Produktdetails
  • Verlag: Klöpfer & Meyer Verlag
  • Seitenzahl: 304
  • Erscheinungstermin: August 2007
  • Deutsch
  • Abmessung: 210mm
  • Gewicht: 441g
  • ISBN-13: 9783940086044
  • ISBN-10: 3940086045
  • Artikelnr.: 22794639
Autorenporträt
Jürgen Lodemann, geboren in Essen, Studium der Germanistik und Geographie in Freiburg. Ab 1965 beim SWF-Fernsehen in Baden-Baden, 143 Mal Literaturmagazin, ab 1975 in der Jury der SWF-Bestenliste. Dokumentarfilme. Mitglied des PEN-Zentrums. Lehrtätigkeit an den Universitäten Stuttgart, Frankfurt, Marburg und Freiburg. Lebt in Freiburg, Essen und im irischen Galway. 1978 Kerr-Preis für Literaturkritik.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 13.11.2008

Fremdenfeindlichkeit unter Finsterwäldlern

Die Römer umgingen den Schwarzwald möglichst weiträumig, denn vor der unheimlichen Dunkelheit und undurchdringlichen Tannendichte der "silva nigra" hatten die Legionäre aus dem lichten Süden größten Respekt. Von außen betrachtet, regten die finsteren Höhen die Phantasie stets an, und vielleicht weil es in alter Zeit Courage erforderte, dort zu siedeln, beheimatet sein geographisches Inneres einen Menschenschlag, der als recht eigen gilt. Aus beiden Blickwinkeln beleuchten zahlreiche "Schwarzwaldgeschichten", die Jürgen Lodemann aus der Literatur zusammentrug, dieses Biotop von Menschen, denen Wilhelm Hauff "einen freieren Atem, ein klareres Auge und einen festeren, wenn auch rauheren Mut" nachsagte als dem Rest der Welt, was er dem "stärkenden Duft" zuschrieb, "der morgens durch die Tannen weht". Das Buch beginnt mit Hauffs wunderbarer Waldgeisterfabel vom "Kalten Herzen", die wie durch ein Zaubertor in die versunkene Zeit führt, als diese besondere Region vor allem von Glas- und Uhrenmachern mit enggefalteten Pluderhosen und spitzen Hüten bewohnt war und von den "Holzherren" und Flözern, die in Beinkleidern aus schwarzem Leder und schenkelhohen Stiefeln die Tannenstämme flusswärts bis nach Rotterdam und Amsterdam dirigierten. Wieder zurück, rauchten sie aus ellenlangen kölnischen Pfeifen und fluchten auf Holländisch - ein Stück weit verbanden diese forschen Kerle den Schwarzwald mit der Welt, die sich ihrerseits lange nur bis Baden-Baden bewegte, zum Kuren oder zum Studium nach Freiburg. Auch Goethe macht auf seiner Reise in die Schweiz einen Bogen um den Schwarzwald, dessen Berge er immerhin "ganz hinten im Grunde . . . quer vorliegen" sah. Martin Heidegger liebte den Schwarzwald als "schöpferische Landschaft", dennoch hat nicht jeder, der sich dorthin begab, Gutes zu berichten; Hemingway etwa stieß im "Black Forest" auf sauren Wein und Fremdenfeindlichkeit. Von ausgeprägten Charakteren unter den Finsterwäldlern handeln auffallend viele Texte. Da lässt Grimmelshausen seinen Simplicissimus bereits am Kaiserstuhl einem ganz besonders dreisten Räuber begegnen. Berthold Auerbach stellt uns dickköpfige Bauern vor, deren Reichtum Mark Twain, der später auf den Spuren dieses Heimatdichters reist, ironisch an der Größe ihrer Misthaufen bemisst, um zugleich die Aussteuer der Bauerntöchter mit ihren "fetten Händen und großen Füßen" abzuschätzen. Karl August von Varnhagen verneigt sich vor den badischen Revolutionären: "Alle sterben . . . wie Helden. Noch keiner hat seine Gesinnung verleugnet", und Bertolt Brecht erzählt von seiner rebellischen Großmutter, der faszinierend "unwürdigen" Greisin, die es als Witwe in Achern wagte, endlich ihr eigenes Leben zu leben. Lesestücke von dreißig Autoren bündelt dieses Buch zu einer wunderbaren Lektüre.

bsa

"Schwarzwaldgeschichten" herausgegeben und eingeleitet von Jürgen Lodemann. Klöpfer & Meyer Verlag, Tübingen 2007. 304 Seiten. Gebunden, 19,90 Euro.

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