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Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.10.1998

Viel Einfluß zwischen den Fronten
Zum dritten Band der Gesammelten Schriften Franz Oppenheimers

Franz Oppenheimer: Schriften zur Marktwirtschaft. Gesammelte Schriften, Band III. Akademie Verlag, Berlin 1998, 817 Seiten, 198 DM.

Manchmal kann man Menschen danach beurteilen, welche Feinde sie haben. Bei Franz Oppenheimer (1864 bis 1943) dürfte das schwerfallen. Auf der linken Seite des politischen Spektrums nahm man ihm übel, daß er das Ideengebäude des Marxismus gnadenlos kritisierte, auf der bürgerlichen Seite konnte sein Bekenntnis zu einem "freien Sozialismus" nur Mißtrauen erwecken.

Da ist es am besten, wenn man den Angefeindeten selbst zu Wort kommen läßt. Mit dem dritten Band der Gesammelten Schriften Oppenheimers, der die wichtigsten ökonomischen Werke enthält, wird dem Leser Klarheit über das Denken eines der am meisten unterschätzten Ökonomen vermittelt.

Oppenheimers Denken dreht sich meist um die soziale Frage. Den liberalen Klassikern wirft er vor, die monopolistischen Machtstrukturen als Ursache für Verarmung nie richtig erfaßt zu haben. Diese bestünden nicht darin, schreibt Oppenheimer, daß die "Kapitalisten" ein Nachfragemonopol besäßen, wie die orthodoxe Linke naiv annehme. Produktionseinrichtungen seien beliebig reproduzierbar und könnten eigentlich auch hier positiv im Wettbewerb zueinander stehen. Das wirkliche Monopol liege im Landbesitz, der wegen der Unvermehrbarkeit von Land per se "monopolistisch" sei. Von seinem historischen Ursprung sei das Landmonopol durch Gewalt zustande gekommen.

Hier setzt Oppenheimers - an Frédéric Bastiats Unterscheidung von "production" und "spoliation" anknüpfende - Differenzierung zweier Grundtypen ökonomischen Handelns ein, nämlich der "reinen" und der "politischen" Ökonomie. Die "politische" Ökonomie sei die Aneignung durch Macht und Gewalt. Alle staatliche Gewalt sei durch sie entstanden. Das Landmonopol, das die Landflucht fördere, wodurch die Proletarisierung der Städte bewirkt werde, sei ohne politische Stützung kaum denkbar. Wirkte man hier entgegen, dann entstünde wieder ein Freibürgertum, so argumentiert Oppenheimer in seiner Hauptschrift "Das Kapital. Kritik der politischen Ökonomie" (1938). Konkret stellt er sich dies als freiwillige genossenschaftliche Organisation vor, die den Landarbeitern ein gutes Einkommen sichere. Es erstaunt daher nicht, daß Oppenheimer, der als jüdischer Intellektueller nach 1933 ins amerikanische Exil ausgewandert ist, schon 1914 dies der zionistischen Bewegung empfiehlt - ein Weg, der mit den Kibbuz-Genossenschaften in Israel auch teilweise eingeschlagen worden ist.

Man mag daran aus heutiger Sicht Zweifel haben. Nichtmonopolistische Märkte an Grund und Boden sind sicher möglich. Auch gibt es für Genossenschaften durchaus Anreize, das "Freibürgertum" ihrerseits wieder durch monopolistische Abhängigkeiten zu gefährden. In einer liberalen Ordnung mag die freiwillige Genossenschaft vielleicht als die einzig legitime Form des Gemeineigentums bisweilen wirtschaftlich sinnvoll sein, doch ein Patentmittel ist sie nicht.

Am historischen Wert Oppenheimers ändert das jedoch nichts. Trotz der Schwierigkeiten, ihn auf den ersten Blick politisch einzuordnen, bleibt sein Einfluß groß. Die neoliberale Schule der "Sozialen Marktwirtschaft" verdankt ihm viel - nicht nur, weil Ludwig Erhard bei ihm Ökonomie erlernt hat. Auch wenn heute nur noch wenige Ökonomen seine Thesen vom Landmonopol teilen, bleibt doch die Erkenntnis haften, daß ein Markt nur funktionieren könne, wenn die Frage des außerhalb des Marktes entstandenen "Gewalteigentums" gelöst sei. Es bedürfe keiner Politik gegen den Markt, sondern einer Politik für den Markt. Das und seine geradezu anarchische These, der Staat sei immer aus Raub und Eroberung entstanden, läßt Oppenheimer wohl eher in einem liberalen denn in einem sozialistischen Licht erscheinen. DETMAR DOERING

(Liberales Institut der Friedrich-Naumann-Stiftung, Königswinter)

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