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Wer sich auf eine Lektüre von Urs Widmers Reisetexten einlässt, sieht sich mit der ganzen Bandbreite dessen konfrontiert, was traditionellerweise zu den Präsentationsformen des Genres gehört (Reisemärchen, Forschungsreisen, Zeitreisen, Afrikaromane, Reiseberichte, utopische Reiseliteratur, Jenseitsreisen etc.). Dadurch dass Widmer seine Prätexte erkennbar hält, wird der Leser nicht nur selbst auf eine Zeitreise durch die Reiseliteratur geschickt, vielmehr erlauben es die diversen Formen von Intertextualisierungen, auf die Spezifika der jeweiligen Textsorten zu reflektieren: Reiseliteratur…mehr

Produktbeschreibung
Wer sich auf eine Lektüre von Urs Widmers Reisetexten einlässt, sieht sich mit der ganzen Bandbreite dessen konfrontiert, was traditionellerweise zu den Präsentationsformen des Genres gehört (Reisemärchen, Forschungsreisen, Zeitreisen, Afrikaromane, Reiseberichte, utopische Reiseliteratur, Jenseitsreisen etc.). Dadurch dass Widmer seine Prätexte erkennbar hält, wird der Leser nicht nur selbst auf eine Zeitreise durch die Reiseliteratur geschickt, vielmehr erlauben es die diversen Formen von Intertextualisierungen, auf die Spezifika der jeweiligen Textsorten zu reflektieren: Reiseliteratur tritt in die Verhandlung mit Reiseliteratur, wodurch sich die diskurshistorische Dimension der Studie um eine poetologische erweitert. Auch diesbezüglich finden sich die zentralen Topoi der europäischen ars itineraria vertextet: Etwa der an die Reiseschreiber gerichtete Lügenvorwurf, der so alt wie die Reiseliteratur selbst ist, oder die von Seiten des Reiseberichts erhobenen Postulate nach Faktizität und Authentizität. Ausgehend von einem repräsentationskritischen Erzählen, dem die Spuren postmoderner Theoriebildungen deutlich eingezeichnet sind ein Reiseschriftsteller, der nach Portugal fährt und die Ursprünglichkeit der Landschaft beschreibt, sei, so wissen es die Grazer Poetikvorlesungen nachgerade program-matisch zu referieren, eine lächerliche Figur unterbreiten Widmers Texte Schreib- und Lektüreverfahren, die diese Topoi nicht nur kritisch in den Blick nehmen, sondern ihnen ein breites Arsenal an poetologischen Alternativen zur Seite stellen: Diese reichen von der Transformation einer Poetologie der Mimesis in eine Mimesis der Kinesis über das Verschwinden eines nicht mehr als referenzialisierbar denkbaren Signifikats in seinen Signifikanten bis zu Reiseberichten.
Es entstehen andere Texte, wenn ein Autor zu Hause bleibt und über Portugal schreibt oder nach Portugal reist und über Portugal schreibt. Es wären andere Texte entstanden, wenn Kolumbus nicht nach Amerika gereist wäre, sondern über sein 'Indien' von zu Hause aus ge¬schrieben hätte.Es läge diese Andersheit ganz offensichtlich in den ver¬schiedenen Wahrnehmungswelten begründet, die der Autor je erlebt. Wer allerdings glaubt, dass die Anders¬heit dieser Wahrnehmungswelten genuin bloß mit der Verschiedenheit der Texte zu tun hat, erliegt möglicher¬weise - so die Hypothese dieser Studie - selber einem Trugschluss der Wahrnehmung: derjenigen des Lesens nämlich.
Autorenporträt
Christophe Bourquin (1977) studierte Germanistik und Klassische Philologie an der Universität Zürich; 2003 Lizenziat, 2004 Lehramtsprüfung Mittelschulen, seither Unterrichtstätigkeit an den Gymnasien Baden und Wettingen; 2005 Promotion, zur Zeit Arbeit an einer Habilitation zur Poetologie des Tieres bei Lessing, Kleist, Hoffmann, Nietzsche und Rilke.