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Das Nahrungsmittel Schokolade erweitert seinen Aktionsradius zunehmend: Von seiner traditionellen Funktion als Genuss- und Lebensmittel dringt es verstärkt in ganz neue Bereiche des alltäglichen Lebens ein. Als sinnliches Gaumenvergnügen findet die Schokolade den Weg aus dem Küchenschrank und der Konfektdose in die Regale der Geschenk- und Gebrauchsartikel, der Wellnessprodukte oder Wohnaccessoires. Selbst die Künste haben das Nahrungsmittel und seine Materialität schon seit längerem für sich entdeckt. Schwimmt die Bildende Kunst auch nicht auf der höchsten Welle des derzeitigen Schokobooms,…mehr

Produktbeschreibung
Das Nahrungsmittel Schokolade erweitert seinen Aktionsradius zunehmend: Von seiner traditionellen Funktion als Genuss- und Lebensmittel dringt es verstärkt in ganz neue Bereiche des alltäglichen Lebens ein.
Als sinnliches Gaumenvergnügen findet die Schokolade den Weg aus dem Küchenschrank und der Konfektdose in die Regale der Geschenk- und Gebrauchsartikel, der Wellnessprodukte oder Wohnaccessoires. Selbst die Künste haben das Nahrungsmittel und seine Materialität schon seit längerem für sich entdeckt. Schwimmt die Bildende Kunst auch nicht auf der höchsten Welle des derzeitigen Schokobooms, so setzt sich das Material neben dem Kunsthandwerk auch im Kunstmarkt konstant durch und erobert mehr und mehr den (Kunst)-Genießer für sich. In der Arbeit werden die Entwicklung und der Umgang mit Schokoladeobjekten in der Kunst, die Intentionen der mit Schokolade arbeitenden Künstler sowie Fragestellungen und Probleme, die mit dieser Kunst einhergehen, aufgezeigt. Das Verhältnis zwischen dem gewählten ephemeren Material und der Form, der Idee und der Wirkung einer Kunst, die nicht auf Dauerhaftigkeit angelegt ist, steht ebenso im Fokus wie das Zustandekommen der Wertigkeit, aber auch der Bedeutung dieser Kunstwerke in rezeptionsästhetischer als auch produktionsästhetischer Hinsicht. Kunst aus Schokolade kokettiert mit der Ambivalenz des Materials. Wie verändert sich der Bezug zu der Materie in einem künstlerischen Kontext im Hinblick auf die konditionierten Materialerfahrungen des Wahrnehmenden? Die Künstler spielen einerseits mit der Doppeldeutigkeit des Materials, andererseits mit der Fragilität und dem Ephemeren von Schokolade. Das Weiterleben des Materials im Zerfall wird zum unmittelbaren Ausdrucksträger eines Kunstwerkes.
Künstlerstrategien wie die eines Dieter Roth, der seine Werke den Maden überlässt, einer Janine Antoni, die ihre Werke selber ernagt oder der jungen Künstlerin Sonja Alhäuser, die den Betrachter nagen lässt, veranschaulichen die Vielschichtigkeit des Kunstmaterials und verweisen zugleich auf Konzepte, die nicht nur den Kunstbetrieb vor neue Herausforderungen stellen. Ein kurzer geschichtlicher Überblick über die Darstellung und Verwendung von Lebensmitteln im Laufe der Kunstgeschichte führt zunächst in das Thema ein. Als Grundlage für die Analyse und Konkretisierung der vielfältigen Einsatzmöglichkeiten des Materials Schokolade in der Kunst steht zu Beginn eine kurze Definition des Begriffes Eat Art am Beispiel verschiedener künstlerischer Konzepte. Der anschließende geschichtliche Überblick über die künstlerische Auseinandersetzung vergangener Epochen mit dem Produkt Kakao und seinen Erzeugnissen dient der Klärung assoziativer Bezugsebenen und leitet über zu dem Hauptkapitel, das die künstlerischen Strategien und die Auswirkungen dieser Kunst auf den Kunstbetrieb behandelt. Die Funktion der spezifischen Materialität von Schokolade sowie die Bedeutung assoziativer Bezüge innerhalb der künstlerischen Konzepte stehen im Fokus der Untersuchung.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.10.2010

Süßes auf Abwegen
Constanze Küsel schreibt über "Schokolade in der Kunst"

Schokolade ist nicht nur ein willkommener Nachtisch, Schokolade ist wahre Medizin: Die Süßigkeit wandert in die Mägen büffelnder Studenten, unterzuckerter Schüler und stressgeplagter Angestellter. Mittlerweile ist sie auch mehr als nur ein beliebtes Trostmittel: Wellnessanhänger lassen sich die süße Substanz in die Haut einmassieren oder verteilen sie sich sogar in Form von Creme im Gesicht. Schokoladenliebhaber schlafen in entsprechend bedruckter Bettwäsche und verschenken Schokoladentafeln mit Glückwunschsprüchen. Das so vergängliche, für den Konsum bestimmte Lebensmittel - ist es tatsächlich ein Material, aus dem man Kunst machen kann?

Die Kunsthistorikerin Constanze Küsel hat dem in ihrer Dissertation nachgespürt und diese nun unter dem Titel "Schokolade in der Kunst" bei Frankfurt University Press veröffentlicht. Die "Initialzündung", sich diesem kunsthandwerklichen Nischenmaterial wissenschaftlich anzunähern, lieferten die sieben Selbstporträtbüsten der Künstlerin Janine Antoni, wie Küsel sagt. Ungewöhnlich an der Installation war nicht nur das Material - Schokolade -, sondern auch der Bruch mit traditionellen Bildhauertechniken: Antoni hat die Büsten nicht etwa mit den Händen geformt, sie hat die Formen herausgenagt und -geleckt.

Passenderweise eröffnet diese Installation, auf dem Titel von Küsels Buch abgebildet, den künstlerischen Schokoladenreigen. Und es finden sich noch weitere Kuriositäten auf den mehr als 400 reichbebilderten Seiten: ZumBeispiel die an Duchamp angelehnte Kloschüssel von Thomas Rentmeister, die fast über den Rand hinaus mit Nussnougatcreme gefüllt ist, der 100 Kilo schwere, 1,80 Meter große nackte Schokoladenjesus des kanadischen Künstlers Cosimo Cavallaro oder die Skulpturen von Warren Laine-Naida, die der Künstler aus mit Luftblasen und Reif durchsetzter Schokolade formt und sie mit Glasscherben oder Stacheldraht versieht.

Küsel macht aber nicht nur mit den Künstlern und ihren Werken bekannt, sie zeigt auch, wie komplex sich die Aspekte Authentizität und Originalität gerade bei dem mit der Zeit schmelzenden, schimmelnden, zerbröselnden oder gar von Insekten zerfressenen Material der Schokolade zeigen.

ISABELL ZIEGLER

"Schokolade in der Kunst" von Constanze Küsel, erschienen bei Frankfurt University Press

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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