Kristoffer Hatteland Endresen
Gebundenes Buch
Saugut und ein wenig wie wir
Eine Geschichte über das Schwein
Übersetzung: Frauenlob, Günther; Zuber, Frank
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Das Schwein bringt Glück und wird in Marzipan modelliert, aber es steht auch als Metapher für alles, was dreckig, ungehörig und sündhaft ist. Das Schwein wird ausgestoßen, oder besser gesagt, eingepfercht und sorgfältig vor den Blicken der Menschen verborgen. Gleichzeitigist das Schwein ein unschätzbares Modell für den menschlichen Körper und es ist das Tier, dass Menschen in den letzten 50 Jahren amhäufigsten gegessen haben. Kristoffer Hatteland Endresen ist dem Wesen und den Geheimnissen des Schweins auf den Grund gegangen -von der Geburt bis zur Schlachtung. Das Ergebnis ist eine ...
Das Schwein bringt Glück und wird in Marzipan modelliert, aber es steht auch als Metapher für alles, was dreckig, ungehörig und sündhaft ist. Das Schwein wird ausgestoßen, oder besser gesagt, eingepfercht und sorgfältig vor den Blicken der Menschen verborgen. Gleichzeitigist das Schwein ein unschätzbares Modell für den menschlichen Körper und es ist das Tier, dass Menschen in den letzten 50 Jahren amhäufigsten gegessen haben. Kristoffer Hatteland Endresen ist dem Wesen und den Geheimnissen des Schweins auf den Grund gegangen -von der Geburt bis zur Schlachtung. Das Ergebnis ist eine Geschichte über Appetit und Abneigung, Fleisch und Moral und über die Frage, wo eigentlich die Trennlinie zwischen Mensch und Tier verläuft?
Kristoffer Hatteland Endresen, geb. 1983, ist Historiker und Journalist. Er hat u. a. im Aftenposten, Dagen naeringsliv and Stavanger Aftenblad publiziert. Außerdem hat er Politikwissenschaften, Literatur und Sprache studiert.
Produktdetails
- Verlag: Westend
- Originaltitel: Litt som oss Litt som oss - En fortelling om grisen
- Seitenzahl: 272
- Erscheinungstermin: 21. Februar 2022
- Deutsch
- Abmessung: 220mm x 144mm x 29mm
- Gewicht: 470g
- ISBN-13: 9783864893575
- ISBN-10: 3864893577
- Artikelnr.: 63023251
Herstellerkennzeichnung
Westend
Waldstraße 12a
63263 Neu-Isenburg
info@westendverlag.de
"Die Beziehung von Mensch und Schwein erforscht Endresen ohne Vorurteile. "Saugut und ein wenig wie wir" heißt sein Buch. Der Titel ist eine Provokation, denn viele Züchter lehnen genau das ab: die Vermenschlichung von Schweinen. Dabei teilen Schweine viele Eigenschaften mit uns."
ARD / titel, thesen, temperamente
"Kristoffer Hatteland Endresen hat einen Wurf Mastferkel ihr kurzes Leben lang begleitet. Dabei lernt er tolle Charaktere kennen - und ein System, worin solche Begegnungen nicht vorgesehen sind."
Perspective Daily
"Eine vielfältige, aufschlussreiche und erfreulich persönliche Kulturgeschichte des Schweins."
Bücher & Bilder
"Wie dringend sich etwas ändern muss, zeigt Endresens aufrüttelndes Buch."
Der Freitag
"Die Lektüre lohnt sich."
Die Presse
"Dies ist ein Sachbuch, in dem man nicht nur etwas über das Schwein, sondern auch viel über den Menschen lernt."
scharf links
ARD / titel, thesen, temperamente
"Kristoffer Hatteland Endresen hat einen Wurf Mastferkel ihr kurzes Leben lang begleitet. Dabei lernt er tolle Charaktere kennen - und ein System, worin solche Begegnungen nicht vorgesehen sind."
Perspective Daily
"Eine vielfältige, aufschlussreiche und erfreulich persönliche Kulturgeschichte des Schweins."
Bücher & Bilder
"Wie dringend sich etwas ändern muss, zeigt Endresens aufrüttelndes Buch."
Der Freitag
"Die Lektüre lohnt sich."
Die Presse
"Dies ist ein Sachbuch, in dem man nicht nur etwas über das Schwein, sondern auch viel über den Menschen lernt."
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Der Kulturwissenschaftler Thomas Macho liest zwei Bücher zur Schweineindustrie, die ihm zeigen, wie notwendig eine Umstellung unserer Ernährungsgewohnheiten sind. Der norwegische Historiker Kristoffer Hatteland Endresen wechselt in seinem Buch zwischen Reportage und Erfahrungsbericht, wie Macho erklärt, erzählt von seinem Alltag als Schweinebauer ebenso wie von der Domestizierung des Tieres in der Frühgeschichte. Oder er staunt über die Diskrepanz zwischen der wirtschaftlichen Bedeutung der Industrie und ihrer Unsichtbarkeit. Macho findet das Buch lesenswert und informativ, wie er einer recht kursorischen Rezension anmerkt.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH
Tierquälerei ist Teil des Geschäfts
Ist denn wirklich der Hund unser bester Freund? Zwei Bücher erörtern das schwierige Verhältnis zwischen Schweinen und Menschen.
Gegenwärtig wird im Wiener Akademietheater Elfriede Jelineks Theaterstück "Lärm. Blindes Sehen. Blinde sehen!" aufgeführt. In der Inszenierung von Frank Castorf betritt auch ein lebendes Schwein die Bühne; die Kritik zur Premiere in der Wiener Tageszeitung "Der Standard" erschien im September 2021 unter dem Titel: "Die Liebe zum Schwein"; ein anderer Rezensent sprach vom "Schweinsgalopp in die Postmoderne". Wenige Monate später, zum Jahresbeginn 2022, erregten Sensationsnachrichten von der ersten erfolgreichen Schweineherz-Transplantation in Baltimore die
Ist denn wirklich der Hund unser bester Freund? Zwei Bücher erörtern das schwierige Verhältnis zwischen Schweinen und Menschen.
Gegenwärtig wird im Wiener Akademietheater Elfriede Jelineks Theaterstück "Lärm. Blindes Sehen. Blinde sehen!" aufgeführt. In der Inszenierung von Frank Castorf betritt auch ein lebendes Schwein die Bühne; die Kritik zur Premiere in der Wiener Tageszeitung "Der Standard" erschien im September 2021 unter dem Titel: "Die Liebe zum Schwein"; ein anderer Rezensent sprach vom "Schweinsgalopp in die Postmoderne". Wenige Monate später, zum Jahresbeginn 2022, erregten Sensationsnachrichten von der ersten erfolgreichen Schweineherz-Transplantation in Baltimore die
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ganze Welt, auch wenn der Patient die Operation nur zwei Monate lang überlebte.
Nun hat Cem Özdemir ein Konzept für ein fünfstufiges staatliches Label zur Tierwohlkennzeichnung auf Lebensmitteln vorgestellt. Dem Bundeslandwirtschaftsminister zufolge soll die Verpflichtung zunächst für Schweinefleisch gelten. Die Botschaft ist eindeutig: Schweine sind "saugut" und "ein wenig wie wir". So lautet auch der Titel einer "Geschichte über das Schwein" des norwegischen Historikers und Journalisten Kristoffer Hatteland Endresen.
Doch schon das erste Kapitel des Buchs tritt in Kontrast zur eminenten Sichtbarkeit der Schweine auf der Bühne oder im Operationssaal: Darin erzählt der Autor nämlich von seinen Schwierigkeiten, einen Schlachthof zu betreten. Endresen rekapituliert, wie viel Schweinefleisch in Norwegen verzehrt wird, ergänzt durch die Statistik für Deutschland, um dann zu fragen: "Wie kann eine Industrie diesen Ausmaßes, die auf lebendigen Tieren solcher Größe beruht, für uns völlig unsichtbar sein?"
Er nimmt sich vor - unter Verweis auf John Bergers Essay "Why Look at Animals?" -, erst den Schweinen in die Augen zu schauen, bevor er über sie zu schreiben beginnt. Die Erzählung entfaltet sich folgerichtig im Wechsel zwischen Reportage und Erfahrungsbericht. Manchmal werden Imagination und Realität eng verschränkt, etwa wenn Endresen die Geburt eines Ferkels mit "Alice im Wunderland" assoziiert, freilich in umgekehrter Richtung: Während Alice ein Baby im Arm hält, das sich plötzlich in ein Ferkel verwandelt, ist es ein Ferkel, das dem Autor und werdenden Vater wie ein Baby vorkommt. Doch der literarischen Referenz wird rasch eine Grenze gesetzt, sobald ein Vorarbeiter bemerkt, Schweine seien Industrietiere, keine Schmusetiere.
Der häufige Perspektivwechsel gehört zu den bevorzugten Stilmitteln des Buchs. So bekennt der Autor nicht nur seine Sympathie mit Ferkeln, sondern auch seine Vorliebe für Schweinefleisch: "Obwohl ich fast täglich Industrieschwein in irgendeiner Form in mich hineinstopfe, ist meine Weltanschauung schon lange von Ansichten geprägt, die gegen diese Lebensweise sprechen." Manche Kapitel führen uns in die Frühgeschichte, wo es um paläolithische Felsmalereien geht, aber auch um Domestikationsprozesse; andere Kapitel erzählen von den bekannten Schweinefleischtabus im Nahen Osten, von Appetit und Aversion und von den Züchtungen neuer Schweinerassen.
Daneben schildert Endresen seinen Alltag als Schweinebauer, ohne die eigene Abstumpfung zu verschweigen: "Die Schweine sind zu Gegenständen geworden, sie sind keine Individuen mehr und ganz sicher keine sensiblen Geschöpfe." Das Buch endet mit einem deprimierenden Kapitel zur Schlachtung und einem Epilog, der die "Zoonosen", die Übertragung von Krankheitserregern durch unsere Nutztiere, reflektiert. Die Geschichte der Schweine, so bemerkt der Autor, ist stets eine Geschichte der Menschen.
Das Buch "Pig Business" verfolgt einen anderen Zugang zum Thema. Verfasst wurde es von dem Agrarökonomen Rudolf Buntzel und einer Reihe weiterer Autoren. Es wirkt ein wenig kaleidoskopisch und hat verschiedene Schwerpunkte: etwa die Geschichte der Hausschweine, die noch nicht in der Massentierhaltung zu seelenlosen "Industrieschweinen" abgewertet wurden, oder die engen Beziehungen zwischen Frauen und Schweinen in verschiedenen Kulturen, etwa in Sri Lanka, Papua-Neuguinea, Indien oder in der Eifel.
Als Motto für dieses Kapitel fungiert ein Zitat aus Marilyn Nissensons und Susan Jonas' Buch "Das allgegenwärtige Schwein": "Schweinefreunde halten es schon lange für ungerecht, den Hund als 'des Menschen bester Freund' zu bezeichnen, sie wissen, dass Schweine genauso treu und anhänglich sind und ebenfalls nach Feierabend die Hausschuhe bringen können."
Die historischen Rückblicke sind relevant, weil sie der Transformation bäuerlicher Schweinehaltung in das globale "Pig Business", dieser "Fleischwerdung" der Schweine, eine schärfere Kontur verleihen. Die Effekte globaler Vermarktung des Schweinefleischs werden - auch mithilfe von Statistiken und Tabellen - veranschaulicht, wozu ebenso die kurzen Zusammenfassungen am Ende jedes Kapitels beitragen. Ein erschütternder Beitrag zur Quälerei der Schweine in den industriellen Anlagen der Intensivproduktion von Fleisch thematisiert neben den Kastrationen ohne Betäubung etwa das Abschneiden der Schwänze kurz nach der Geburt, zumeist ebenfalls ohne Betäubung.
Doch werden in dem Band nicht nur zahlreiche Informationen zur Geschichte und zu gegenwärtigen Formen der Schweinehaltung präsentiert, sondern auch die Perspektiven möglicher Veränderungen, zugunsten der Schweine wie der Menschen. So nennt Franz-Theo Gottwald in seinem Vorwort eine Reihe von Maßnahmen, die politisch umgesetzt werden könnten: eine Verschärfung des Tier- und Umweltschutzrechts, die Entwicklung von Finanzierungskonzepten für die Anhebung von Standards für Tierwohl und Umwelt, die Einführung staatlicher Tierwohllabels mit anspruchsvollen Kriterien, eine verpflichtende Deklaration von Haltungsbedingungen auf Fleisch- und Wurstwaren, ein klares Bekenntnis der Bundes- und Länderministerien zu einer fleischärmeren Ernährung, die Förderung von Forschungs- und Bildungsprogrammen zur Umsetzung dieser Ziele.
Beide Bücher sind gut lesbar, reich an Informationen und gelegentlich hautnahen Erfahrungsberichten. Auf moralische Vorwürfe wird zwar verzichtet, nicht aber auf die Gewissheit, dass wir unsere Ernährung umstellen müssen, um die Herausforderungen aktueller Krisen - Krieg, Pandemie, Klimawandel - angemessen bewältigen zu können. THOMAS MACHO
Rudolf Buntzel: "Pig Business". Vom Hausschwein zum globalen Massenprodukt.
Oekom Verlag, München 2022. 344 S., br., 25,- Euro.
Kristoffer Hatteland Endresen: "Saugut und ein wenig wie wir". Eine Geschichte über das Schwein.
Aus dem Norwegischen von Frank Zuber und Günther Frauenlob. Westend Verlag, Frankfurt am Main 2022. 272 S., geb., 24,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Nun hat Cem Özdemir ein Konzept für ein fünfstufiges staatliches Label zur Tierwohlkennzeichnung auf Lebensmitteln vorgestellt. Dem Bundeslandwirtschaftsminister zufolge soll die Verpflichtung zunächst für Schweinefleisch gelten. Die Botschaft ist eindeutig: Schweine sind "saugut" und "ein wenig wie wir". So lautet auch der Titel einer "Geschichte über das Schwein" des norwegischen Historikers und Journalisten Kristoffer Hatteland Endresen.
Doch schon das erste Kapitel des Buchs tritt in Kontrast zur eminenten Sichtbarkeit der Schweine auf der Bühne oder im Operationssaal: Darin erzählt der Autor nämlich von seinen Schwierigkeiten, einen Schlachthof zu betreten. Endresen rekapituliert, wie viel Schweinefleisch in Norwegen verzehrt wird, ergänzt durch die Statistik für Deutschland, um dann zu fragen: "Wie kann eine Industrie diesen Ausmaßes, die auf lebendigen Tieren solcher Größe beruht, für uns völlig unsichtbar sein?"
Er nimmt sich vor - unter Verweis auf John Bergers Essay "Why Look at Animals?" -, erst den Schweinen in die Augen zu schauen, bevor er über sie zu schreiben beginnt. Die Erzählung entfaltet sich folgerichtig im Wechsel zwischen Reportage und Erfahrungsbericht. Manchmal werden Imagination und Realität eng verschränkt, etwa wenn Endresen die Geburt eines Ferkels mit "Alice im Wunderland" assoziiert, freilich in umgekehrter Richtung: Während Alice ein Baby im Arm hält, das sich plötzlich in ein Ferkel verwandelt, ist es ein Ferkel, das dem Autor und werdenden Vater wie ein Baby vorkommt. Doch der literarischen Referenz wird rasch eine Grenze gesetzt, sobald ein Vorarbeiter bemerkt, Schweine seien Industrietiere, keine Schmusetiere.
Der häufige Perspektivwechsel gehört zu den bevorzugten Stilmitteln des Buchs. So bekennt der Autor nicht nur seine Sympathie mit Ferkeln, sondern auch seine Vorliebe für Schweinefleisch: "Obwohl ich fast täglich Industrieschwein in irgendeiner Form in mich hineinstopfe, ist meine Weltanschauung schon lange von Ansichten geprägt, die gegen diese Lebensweise sprechen." Manche Kapitel führen uns in die Frühgeschichte, wo es um paläolithische Felsmalereien geht, aber auch um Domestikationsprozesse; andere Kapitel erzählen von den bekannten Schweinefleischtabus im Nahen Osten, von Appetit und Aversion und von den Züchtungen neuer Schweinerassen.
Daneben schildert Endresen seinen Alltag als Schweinebauer, ohne die eigene Abstumpfung zu verschweigen: "Die Schweine sind zu Gegenständen geworden, sie sind keine Individuen mehr und ganz sicher keine sensiblen Geschöpfe." Das Buch endet mit einem deprimierenden Kapitel zur Schlachtung und einem Epilog, der die "Zoonosen", die Übertragung von Krankheitserregern durch unsere Nutztiere, reflektiert. Die Geschichte der Schweine, so bemerkt der Autor, ist stets eine Geschichte der Menschen.
Das Buch "Pig Business" verfolgt einen anderen Zugang zum Thema. Verfasst wurde es von dem Agrarökonomen Rudolf Buntzel und einer Reihe weiterer Autoren. Es wirkt ein wenig kaleidoskopisch und hat verschiedene Schwerpunkte: etwa die Geschichte der Hausschweine, die noch nicht in der Massentierhaltung zu seelenlosen "Industrieschweinen" abgewertet wurden, oder die engen Beziehungen zwischen Frauen und Schweinen in verschiedenen Kulturen, etwa in Sri Lanka, Papua-Neuguinea, Indien oder in der Eifel.
Als Motto für dieses Kapitel fungiert ein Zitat aus Marilyn Nissensons und Susan Jonas' Buch "Das allgegenwärtige Schwein": "Schweinefreunde halten es schon lange für ungerecht, den Hund als 'des Menschen bester Freund' zu bezeichnen, sie wissen, dass Schweine genauso treu und anhänglich sind und ebenfalls nach Feierabend die Hausschuhe bringen können."
Die historischen Rückblicke sind relevant, weil sie der Transformation bäuerlicher Schweinehaltung in das globale "Pig Business", dieser "Fleischwerdung" der Schweine, eine schärfere Kontur verleihen. Die Effekte globaler Vermarktung des Schweinefleischs werden - auch mithilfe von Statistiken und Tabellen - veranschaulicht, wozu ebenso die kurzen Zusammenfassungen am Ende jedes Kapitels beitragen. Ein erschütternder Beitrag zur Quälerei der Schweine in den industriellen Anlagen der Intensivproduktion von Fleisch thematisiert neben den Kastrationen ohne Betäubung etwa das Abschneiden der Schwänze kurz nach der Geburt, zumeist ebenfalls ohne Betäubung.
Doch werden in dem Band nicht nur zahlreiche Informationen zur Geschichte und zu gegenwärtigen Formen der Schweinehaltung präsentiert, sondern auch die Perspektiven möglicher Veränderungen, zugunsten der Schweine wie der Menschen. So nennt Franz-Theo Gottwald in seinem Vorwort eine Reihe von Maßnahmen, die politisch umgesetzt werden könnten: eine Verschärfung des Tier- und Umweltschutzrechts, die Entwicklung von Finanzierungskonzepten für die Anhebung von Standards für Tierwohl und Umwelt, die Einführung staatlicher Tierwohllabels mit anspruchsvollen Kriterien, eine verpflichtende Deklaration von Haltungsbedingungen auf Fleisch- und Wurstwaren, ein klares Bekenntnis der Bundes- und Länderministerien zu einer fleischärmeren Ernährung, die Förderung von Forschungs- und Bildungsprogrammen zur Umsetzung dieser Ziele.
Beide Bücher sind gut lesbar, reich an Informationen und gelegentlich hautnahen Erfahrungsberichten. Auf moralische Vorwürfe wird zwar verzichtet, nicht aber auf die Gewissheit, dass wir unsere Ernährung umstellen müssen, um die Herausforderungen aktueller Krisen - Krieg, Pandemie, Klimawandel - angemessen bewältigen zu können. THOMAS MACHO
Rudolf Buntzel: "Pig Business". Vom Hausschwein zum globalen Massenprodukt.
Oekom Verlag, München 2022. 344 S., br., 25,- Euro.
Kristoffer Hatteland Endresen: "Saugut und ein wenig wie wir". Eine Geschichte über das Schwein.
Aus dem Norwegischen von Frank Zuber und Günther Frauenlob. Westend Verlag, Frankfurt am Main 2022. 272 S., geb., 24,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Dieses Sachbuch aus dem Westend-Verlag habe ich gerne gelesen. Autor Kristoffer Hatteland Endresen ist dem Wesen des Hausschweins auf den Grund gegangen. Dazu hat er sich ein gutes halbes Jahr auf einem Bauernhof quasi als Knecht verdingt. Er hat einen Wurf Schweine von ihrer Geburt bis zu ihrer …
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Dieses Sachbuch aus dem Westend-Verlag habe ich gerne gelesen. Autor Kristoffer Hatteland Endresen ist dem Wesen des Hausschweins auf den Grund gegangen. Dazu hat er sich ein gutes halbes Jahr auf einem Bauernhof quasi als Knecht verdingt. Er hat einen Wurf Schweine von ihrer Geburt bis zu ihrer Schlachtung begleitet. Dabei hat er Bekanntes und Unbekanntes über Schweine und ihre Halter entdeckt und berichtet schonungslos über diese Erlebnisse.
In 17 Kapiteln erzählt er über das Schwein und seine Beziehung zum Menschen. Er beginnt bei den ersten Höhlenmalereien, die eine solche Koexistenz bereits seit 44.000 Jahren belegen. In seinem Epilog philosophiert Endresen über die Parallelen des Corona-Virus und des Erregers der Schweinepest, deren Verbreitung durchaus ähnlich erscheinen.
Meine Meinung:
Bereits in der Antike hat die Medizin, vor allem Galen, entdeckt, dass Mensch und Schwein einander ähneln, also einiges am Aufbau des Körpers. Sowohl der Mensch als auch das Schwein sind echte Allesfresser, die auch vor Artgenossen nicht Halt machen. Bei den Menschen verhindert ein anerzogener Moralkodex den Kannibalismus, wenige Ausnahmen bestätigen die Regel.
Wegen dieser Ähnlichkeiten ist es nicht verwunderlich, dass so manches „Ersatzteil“ für den menschlichen Körper aus Zellen des Schweines erzeugt wird. Das meiste ist noch im laboratorischen Versuchsstadium. Doch erst vor wenigen Wochen hat ein Patient, dem ein für menschliche Bedürfnisse adaptiertes Schweineherz transplantiert worden ist, Schlagzeilen gemacht. Ob das die Zukunft sein wird? Seit die Genschere erfunden und die letzten Geheimnisse des Genoms entschlüsselt worden sind, scheint es hier kaum Grenzen zu geben.
Doch zurück zum Buch und dem Schwein. Neben seiner sachlichen Darstellung der Schweinezucht und Schweinemast berichtet Endresen über die Symbolkraft des Schweines, die ziemlich ambivalent ist. Einerseits wird das Schwein als Glückssymbol verehrt, andererseits ist es Symbol für alles Unreine. Religionen wie der Islam oder das Judentum verbieten den Genuss von Schweinefleisch. Doch auch in unserer christlichen Welt wurde das Schwein immer wieder verfolgt und „vor Gericht gestellt“. Ein Procedere, das uns heute ein wenig abstrus erscheint.
Endresen berichtet von Massentierhaltung, von unwürdigen Haltungsbedingungen wie kupierten Schwänzen und Spaltenböden. Allerdings gibt es auch Landwirtschaften, in denen die Tiere beinahe artgerecht gehalten werden. Warum nur beinahe? Das Hausschwein ist seit Jahrtausenden domestiziert, sodass es mit seiner Wildform, nur wenig Ähnlichkeit hat. In manchen Bauernhöfen dürfen die Schweine tagaus tagein im Freien leben. Doch das ist eher die Ausnahme und nur für eine überschaubare Anzahl von Tieren möglich.
Wie ähnlich Mensch und Schwein sind, hat schon George Orwell in seiner Parabel „Animal Farm“ entdeckt. Hier ist mir der Zeichentrickfilm von John Halas und Joy Batchelor aus dem Jahr 1959 in Erinnerung, bei dem am Ende die Grenzen zwischen Mensch und Schwein verschwimmen.
Fazit:
Ein interessantes Sachbuch über das Schwein, dem ich gerne 5 Sterne und eine Leseempfehlung gebe.
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