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Private Kulturförderung gewinnt - vor dem Hintergrund zunehmend schmelzender staatlicher und kommunaler Etats - an Bedeutung und ist seit einigen Jahren auch Teil des Selbstverständnisses und der Selbstdarstellung von Unternehmen geworden. Doch ist die unternehmerische Kulturförderung - ob Kultursponsoring, Stiftungen oder mäzenatische Initiativen - keineswegs neu, sondern besitzt eine weit zurückreichende bürgerliche Tradition in Deutschland. Exemplarisch für das 19. Jahrhundert betrachtet diese Studie das kulturfördernde Engagement der Familie und des Bankhauses der Kölner Finanzdynastie…mehr

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Produktbeschreibung
Private Kulturförderung gewinnt - vor dem Hintergrund zunehmend schmelzender staatlicher und kommunaler Etats - an Bedeutung und ist seit einigen Jahren auch Teil des Selbstverständnisses und der Selbstdarstellung von Unternehmen geworden. Doch ist die unternehmerische Kulturförderung - ob Kultursponsoring, Stiftungen oder mäzenatische Initiativen - keineswegs neu, sondern besitzt eine weit zurückreichende bürgerliche Tradition in Deutschland. Exemplarisch für das 19. Jahrhundert betrachtet diese Studie das kulturfördernde Engagement der Familie und des Bankhauses der Kölner Finanzdynastie Sal. Oppenheim jr. & Cie. Detailliert wird aufgezeigt, welchen Beitrag die Privatbankiers über mehrere Generationen als Gönner und Förderer des kulturellen Lebens ebenso wie als private Sammler erbracht haben, wie sie durch ihr vielfältiges Mitwirken und ihre Initiativen die kulturpolitischen Aktivitäten der Handels- und Domstadt Köln maßgeblich mitgeprägt haben und dadurch an ihrer kulturellenEntwicklung fördernd teilhatten.
Autorenporträt
Effmert, Viola
Viola Effmert ist in München als Kunstberaterin und Kulturmanagerin tätig.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.08.2006

Sage einer was gegen Kommerz
Viola Effmert bilanziert die Kulturförderung der Oppenheims

Als eine Bibliothek 1899 bei der Deutschen Bank um eine Spende bat, erhielt sie eine kühle Abfuhr: die Statuten verböten es, ließ Vorstandssprecher Georg von Siemens wissen, "die Mittel der Aktionäre für dergleichen, außerhalb des statutarischen Zwecks lagernde Unternehmungen zu verwenden". Man sei, erklärte die Bayerische Hypotheken- und Wechselbank um die gleiche Zeit, "ein Gegner solcher Sammlungen, da es nicht als Aufgabe der Erwerbsgesellschaften betrachtet werden kann, Mildthätigkeit zu üben". Wer an die Börse geht, so lernten die Adressaten, hält Kultur und Gemeinwohl für lästige Zumutungen. Heute ist das natürlich ganz anders. Amerikas Beispiel hat unsere Unternehmen gelehrt, durch Sponsoring kultureller events ihre corporate identity zu optimieren und ein attraktives public image aufzubauen. Manchmal hat die Globalisierung eben auch Vorteile.

Genau hier setzt Viola Effmerts Einspruch an. Doch der Irrtum, daß kulturelle Öffentlichkeitsarbeit eine amerikanische Erfindung sei, ist nur eines von vielen populären Mißverständnissen über "modernes Mäzenatentum", die die Kulturmanagerin in ihrer Berliner Dissertation zur Strecke bringt. Vielmehr, so zeigt ihr dicht und nüchtern argumentierendes Buch, gehörte solches Engagement schon im neunzehnten Jahrhundert zum Selbstverständnis wie zum Erfolgsrezept fortschrittlicher Unternehmer.

Effmert verfolgt dies am Aufstieg der heute größten europäischen Privatbank, des Kölner Bankhauses Sal. Oppenheim jr. & Cie., dessen reiches Archiv sie gründlich auswerten durfte. Er begann 1801, als der Bonner Hoflieferant Salomon Oppenheim jr. nach Köln übersiedelte und dort rasch Vermögen und Einfluß gewann. Wo immer seither karitative, soziale oder kulturelle Aufgaben anstanden, da trugen er, seine Söhne, Enkel und Urenkel mit Rat, Tat und Geld maßgeblich zu deren Gelingen bei - von der Neubelebung des Karnevals (1824) und der Vollendung des Doms (ab 1841) über die Gründung des Botanischen wie des Zoologischen Gartens, des Theaters, der städtischen Museen und Galerien bis hin zur Errichtung von Denkmälern und zum Aufbau des Konzertlebens und der Musikhochschule. Die Kunstsammlung, die sie in ihrem herrschaftlichen Stammhaus in der Glockengasse 3 eröffneten, zog als überregionale Attraktion Besucher in die Stadt.

Für solche Stiftungseuphorie hält die Forschung zumeist drei Erklärungen bereit: selbstlosen Bürgersinn, eine spezifisch "jüdische" Verpflichtung zur Wohltätigkeit und ein angeblich ebenso "jüdisches" Streben, durch gemeinnütziges Engagement das Stigma des Außenseiters abzustreifen. Effmert bestreitet alle drei Erklärungen - die beiden letzten noch schärfer als die erste.

Gewiß: Der Firmengründer und diejenigen seiner Nachkommen, die beim mosaischen Glauben blieben, nahmen in der jüdischen Gemeinde führende Positionen ein, und 1856 stiftete Abraham Oppenheim eine neue, repräsentative Synagoge unmittelbar neben dem Familiensitz. Das aber waren, im Ganzen betrachtet, nur einzelne Momente inmitten zahlloser anderer Aktivitäten und Mitgliedschaften in Vereinen, Logen und Korporationen - vom Dombauverein bis zum "Verein für christliche Kunst", dessen Ausstellungen die Oppenheims regelmäßig mit Leihgaben bestückten. Als Mäzene jedenfalls zeigten sie keinerlei "jüdische" Präferenzen. Nicht weil sie "Juden" waren, spendeten sie reichlich, sondern weil sie meinten, es als vornehme Geschäftsleute ihrem Rang schuldig zu sein, und weil sie taktisch kalkulierten, daß es zu ihrem Kredit beitragen werde. Doch achteten sie peinlich darauf, ihre Großzügigkeit mit den anderen Honoratioren abzustimmen und nie mehr zu geben als es ihrer Stellung angemessen schien. Grenzenlose Freigebigkeit wäre als Bruch gesellschaftlicher Konventionen empfunden worden und hätte sie tatsächlich zu Außenseitern gemacht.

Bürgersinn und Lokalpatriotismus schienen nach 1815 um so wichtiger, als die regierenden Preußen dem katholischen und zugleich "französischen" Köln tief mißtrauten und es deshalb schlecht behandelten: die Universität wurde nach Bonn verlegt, die Akademie nach Düsseldorf und die Regierungszentrale nach Koblenz. Um so mehr wurde es zur bürgerlichen Ehrenpflicht, die Überlegenheit der Stadt durch eigene Anstrengungen unter Beweis zu stellen. Völlig selbstlos indes waren diese keineswegs. Denn die Stiftungen, an denen die Oppenheims tatkräftig mitwirkten, ließen nicht nur die Kommune gedeihen, sondern auch die Konten der Aktionäre (mehr als vier Prozent Festzins errechnet Effmert als Dividenden der Zoo-Aktien). Wohltätigkeit war insofern eine gute Geldanlage.

Gleiches galt für das Sammeln von Kunstwerken. Seit Salomon Oppenheim 1823 die Gemäldekollektion eines Elberfelder Kollegen als Konkursmasse übernommen hatte, kaufte die Familie - voran sein kunstsinniger Enkel Albert (1834 bis 1912) - alles, was gut und teuer war, "hochpreisig und prestigeträchtig", am liebsten alte Niederländer und zeitgenössische Düsseldorfer. Die angeblich "typisch jüdische" Vorliebe für Avantgardekunst hingegen blieb den Oppenheims fremd. So mutig sie in Bankgeschäften operierten, so konsequent setzten sie beim Kunstkauf auf Sicherheit. Ein Neuling wie Reinhold Begas wurde für seine "Amor und Psyche"-Gruppe eher bescheiden entlohnt. Sollte er einstmals berühmt werden, werde er mehr bekommen, ließ Simon Oppenheim den jungen Bildhauer 1854 wissen. Aber das solle er erst einmal werden.

Die Liebe zur Kunst war echt. Doch sie hinderte die Bankiers nicht daran, Stücke, die sie nicht etwa dem Wallraf-Richartz-Museum stifteten, gewinnbringend zu veräußern - vor allem nach Amerika, wo sie mitunter das Vierzigfache des Einkaufspreises erzielten und seither Häuser wie das Metropolitan Museum of Art zieren. Mit detektivischem Spürsinn und bewundernswerter Gründlichkeit hat Effmert den imaginären Katalog der schon um 1900 zerstreuten Bestände rekonstruiert, die nicht nur Johanna Schopenhauer ins Schwärmen brachten.

Mitunter scheint es, als wolle die Verfasserin den Mythos "Mäzenatentum" schlechthin zum Platzen bringen. Das aber wäre ein Mißverständnis. Vielmehr möchte sie ihren Nachweis, daß gerade hart kalkulierende, erfolgreiche Financiers wie die Oppenheims sich aus tiefer Überzeugung kulturell engagierten, als Werbung verstanden wissen. Wahren Mäzenen nämlich wird jeder verzeihen, wenn sie Gemeinwohl und Kommerzkalkül verbinden - so wie Eduard von Oppenheim seine Stiftung für ein neues Theater 1869 mit einer markanten Bedingung verknüpfte. Sollte sich das Haus nicht rentieren, müsse es so gebaut sein, daß man es jederzeit in eine Markthalle umfunktionieren könne. Aber Kölns Bühnen spielen nach wie vor. Die Aldis müssen noch warten.

GERRIT WALTHER.

Viola Effmert: "Sal. Oppenheim jr. & Cie". Kulturförderung im 19. Jahrhundert. Böhlau Verlag, Köln 2006. 411 S., geb., 120 Abb., 59,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Viola Effmert räume so richtig auf mit den üblichen Vorstellungen vom Mäzenatentum, reibt sich Rezensent Gerrit Walter anerkennend die Augen. Die Autorin habe hierzu das Archiv des Bankhauses Sal. Oppenheim jr. & Cie "gründlich" ausgewertet und trage ihre Argumente auf "nüchterne" Weise vor. Schon das Alter des Bankhauses und die vielen karitativen und kulturellen Spenden in der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts verweisen den amerikanischen Ursprung des Kultursponsorings in den Augen des Rezensenten ins Reich der Legenden. Und anhand der Familie Oppenheim, so der Rezensent, könne die Autorin auch zeigen, dass hier weder eine spezifisch jüdische Verpflichtung zur Wohltätigkeit noch ein spezifisch jüdisches Bestreben nach gesellschaftlicher Anerkennung relevant gewesen sei, ganz zu schweigen von einem völlig interesselosen Gemeinsinn. Im Kern, referiert der Rezensent die Autorin, verstanden die Oppenheims ihr Mäzenatentum viel mehr als gut investierte Werbung, sofern nicht sogar schon direkt Zinseinkünfte damit verbunden waren, wie etwa bei den Zoo-Aktien.

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