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This is a memoir of Roddy Doyle's parents; they were born in the twenties and so this books also works as a history of modern Ireland in microcosm."Rory and Ita" ist Roddy Doyles Biographie seiner Eltern, die in den zwanziger Jahren geboren wurden, und somit gleichzeitig eine Geschichte des modernen Irlands. Ein Buch voller Warmherzigkeit und Menschlichkeit.

Produktbeschreibung
This is a memoir of Roddy Doyle's parents; they were born in the twenties and so this books also works as a history of modern Ireland in microcosm."Rory and Ita" ist Roddy Doyles Biographie seiner Eltern, die in den zwanziger Jahren geboren wurden, und somit gleichzeitig eine Geschichte des modernen Irlands. Ein Buch voller Warmherzigkeit und Menschlichkeit.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 01.04.2005

Irisches Schwarzbrot
Roddy Doyle erzählt die exemplarische Geschichte seiner Eltern

Mit seinem Roman "Paddy Clarke Ha Ha Ha", in dem das Leben aus der Sicht eines zehnjährigen Lausebengels betrachtet wird, wurde Roddy Doyle zur irischen Kultfigur. Sechs Romane hat der 1958 in Dublin geborene frühere Lehrer bisher verfaßt. Sie bestechen durch eine genaue Beobachtung des Alltags und ihre dem Leben abgelauschte Sprache. Als Doyle für "Paddy Clarke" den Booker-Preis erhielt, flammte eine Diskussion darüber auf, ob ein so unterhaltsames Buch überhaupt "gute Literatur" sei.

Von "Rory & Ita" aus gesehen, muß man diese Frage unbedingt bejahen. Das 2002 entstandene, jetzt in deutscher Übersetzung vorliegende Buch ist kein Roman, sondern, wie es im Untertitel heißt: "Eine irische Geschichte". Doyle befragte mit dem Mikrophon seine Eltern über ihr Leben, brachte sie zum Erzählen. Man hat es also mit den Protokollen einer mündlich überlieferten Alltagsgeschichte zu tun. Daneben wirken die Romane, denen oft zu große Nähe zum Dokumentarischen vorgeworfen wurde, kunstvoll komponiert. In ihnen wird die Gegenwart reflektiert, ist der Humor kalkuliert, sind Höhen und Niederlagen des Lebens genau ausbalanciert.

Im neuen Buch plätschert das Erzählen munter und mit einer gewissen Selbstgefälligkeit dahin, so wie man es sich von 1923 und 1925 geborenen Eltern gut vorstellen kann, die einem berühmt gewordenen Sohn Rede und Antwort stehen. So sehr dieser ihren Sprachfluß auch kanalisiert und mit Anmerkungen versieht: Vieles bleibt private Familiengeschichte. Dutzende von Verwandten passieren Revue, was angesichts der Tatsache, daß allein Rory mehr als achtzig Vettern und Basen ersten Grades hatte, für die Erzähler vielleicht unumgänglich ist, die Leser aber ermüdet.

Detailfreudig und farbig erzählen die Eltern von den Häusern ihrer Kindheit, von frühen Entbehrungen, von Schule und Ausbildung. Sehr viel liest man über das Druckergewerbe, die lange siebenjährige Lehrzeit, das Selbstbewußtsein der Arbeiter, die mit Anzug und Hut, mit Kragen und Schlips in ihre Betriebe gingen. Es folgen Heirat, Kinder und, nach langen Durststrecken, auf denen schon ein Täfelchen Schokolade am Wochenende Luxus war, endlich bescheidener Wohlstand. Eine Aufstiegskarriere also, anrührend erzählt, aber ohne die Magie, die "guter Literatur" eigen ist. Dem Autor ist das bewußt, und so bemüht er sich, dem Weg des Paares eine allgemeine Bedeutung zu verleihen, indem er dessen Leben mit der Geschichte des Landes verbindet. Schon auf der dritten Seite liest man von selbstgebastelten Granaten ("mit Gelignit und Eisensplittern gefüllte Kakaodosen"), auf denen Rorys Vater schläft, 1914, zwei Jahre vor dem Osteraufstand, der das Ende der englischen Herrschaft in Irland einläutete. 1921 zündet derselbe Tom Doyle das Whiskylager im Zollhaus von Dublin an, "Customs House" geht in Flammen auf. Ein Jahr später ist Irland frei und selbständig. Am Ende wird der Zündler und Bombenleger mit militärischen Ehren und einer IRA-Flagge auf dem Sarg zu Grab getragen. Rory ist stolz auf diesen Vater, hält sich aber von der IRA fern. Er wird Gewerkschaftler und Mitglied der sozialistischen Fianna Fáil.

Viel mehr an Politik läßt sich der Familiengeschichte nicht entnehmen. Rory, der es vom Schriftsetzer zum Berufsschullehrer und Bildungsberater bringt, ist zwar ein unersättlicher Leser und kluger Kopf, aber seine Bildung, seine politische Perspektive ist beschränkt. Das zeigt sich etwa an den Passagen, die dem Zweiten Weltkrieg gewidmet sind. Mehr als die Genugtuung, daß "die Briten von den Deutschen tüchtig Prügel bezogen", sowie die Einschränkungen durch Tee- und Kohleknappheit und das "grauenhafte" Schwarzbrot, das gebacken wurde, weil der Weizen aus Kanada ausblieb, sind ihm darüber nicht in Erinnerung geblieben. Neigt Rory beim Erzählen eher zum Sarkasmus, so die hellwache Ita zur Begeisterung. Sie liebt Dublin über alles, findet die meisten Menschen nett und schickt sich in das, was kommt. Die lebenslustige junge Frau quittiert, ohne zu murren, bei ihrer Heirat - das war Vorschrift - ihren gutdotierten Sekretärinnenposten und wirft sich mit Elan ins Familienleben. Fünf Schwangerschaften ("das Windelwaschen war eine echte Heimsuchung"), Parties im eigenen Bungalow ("hinterher war man ein halbes Jahr pleite"), dann endlich mit dem neuen über Irland gekommenen Wirtschaftsboom Reisen in die ganze Welt und als Lebensfazit: "Wir sind sehr, sehr glücklich" (Rory) sowie: "An meinen Tod denke ich nie" (Ita).

Die Religion spielt im Leben der beiden kaum eine Rolle. Vom Leiden spricht am Ende nur Ita. Sie beklagt den frühen Tod der Mutter und macht sich im Alter auf, um deren Verwandtschaft in Amerika zu finden; sie trauert um ihr drittes Kind, das nur einen Tag lang gelebt hat. Mit diesem dunklen Ton aus Itas Leben - "Erinnerungen, die ich gern gehabt hätte ... Erinnerungen an meine Mutter ... Erinnerungen an ein Kindchen" - endet das Buch. Zahlreiche Fotos aus dem Familienalbum sind in den Text eingestreut. Sie zeigen die beiden Protagonisten: einen hochaufgeschossenen Mann mit Brille und dunklem keltischem Lockenhaar; eine Elfe, die ihm knapp an die Schultern reicht.

Doyle hat das Buch für irische Leser geschrieben. Fußnoten erklären Namen, Familienzusammenhänge, erläutern Filme. Er haßt die Irland-Klischees vom Volk der Säufer und Poeten, kann aber doch nicht widerstehen, durch Rorys Erinnerungen den Dichter Brendan Behan torkeln zu lassen und jenen durchlöcherten Taufstein zu erwähnen, der unbrauchbar gemacht wurde, weil in der Cromwell-Zeit fünfzehn katholische Rösser daraus protestantisches Wasser soffen, worauf sie stracks erblindeten.

Daß beim angesehenen Hanser Verlag auch keiner mehr Latein kann, verwundert. Gleich auf der ersten Seite wird das bekannte Weihnachtslied "Adeste fideles" falsch zitiert. Sprachliche Schnitzer - "ich wurde verwöhnt und betan" oder "ich wäre Leine gezogen" - erklären sich vermutlich aus der Schwierigkeit, englische Umgangssprache zu übersetzen. Manches, was schlicht falsch ist (der Plural "Schubläden" etwa), darf man wohl, angesichts der sonst sehr sicheren und renommierten Übersetzerin Renate Orth-Gutmann, für Druckfehler halten.

RENATE SCHOSTACK.

Roddy Doyle: "Rory & Ita". Eine irische Geschichte. Aus dem Englischen übersetzt von Renate Orth-Gutmann. Hanser Verlag, München 2005. 316 S., geb., 21,50 [Euro].

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