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Wir alle reden täglich Latein - auch wenn wir eigentlich deutsch sprechen. Wir ärgern uns über 'krasse' Kids oder 'dubiose' Angebote, bewundern beim Fußball die 'konsequente' Manndeckung, finden etwas 'sensationell' oder 'ambivalent', sind gern 'mobil' und 'motiviert', aber beileibe keine 'Mimosen'.
Anhand vieler Beispiele aus dem Alltag, aber auch aus Medizin, Naturwissenschaft und Philosophie zeigt Karl-Wilhelm Weeber, wie lebendig das lateinische Erbe in der deutschen Sprache ist - und warum nach Lektüre dieses fröhlichen Vademekums selbst neoliberale Latein-Gegner eingestehen, dass sie im Grunde überzeugte 'Latin lovers' sind.
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Produktbeschreibung
Wir alle reden täglich Latein - auch wenn wir eigentlich deutsch sprechen.
Wir ärgern uns über 'krasse' Kids oder 'dubiose' Angebote, bewundern beim Fußball die 'konsequente' Manndeckung, finden etwas 'sensationell' oder 'ambivalent', sind gern 'mobil' und 'motiviert', aber beileibe keine 'Mimosen'.

Anhand vieler Beispiele aus dem Alltag, aber auch aus Medizin, Naturwissenschaft und Philosophie zeigt Karl-Wilhelm Weeber, wie lebendig das lateinische Erbe in der deutschen Sprache ist - und warum nach Lektüre dieses fröhlichen Vademekums selbst neoliberale Latein-Gegner eingestehen, dass sie im Grunde überzeugte 'Latin lovers' sind.
Autorenporträt
Prof. Dr. Karl-Wilhelm Weeber, geb. 1950, ist ehem. Direktor des Wilhelm-Dörpfeld-Gymnasiums in Wuppertal und Professor für Alte Geschichte an der Universität Wuppertal sowie Lehrbeauftragter für die Didaktik der Alten Sprachen an der Ruhr-Universität Bochum.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 31.07.2006

Sachbücher des Monats August
Empfohlen werden nach einer monatlich erstellten Rangliste Bücher der Geistes-, Kultur- und Sozialwissenschaften sowie angrenzender Gebiete.
1. OLIVIER ROY: Der islamische Weg nach Westen. Globalisierung, Entwurzelung und Radikalisierung. Übersetzt von Michael Bayer, Ursel Schäfer, Enrico Heinemann. Pantheon Verlag, 368 Seiten, 12,90 Euro.
2. KARL-WILHELM WEEBER: Romdeutsch. Warum wir alle lateinisch reden, ohne es zu wissen. Eichborn Verlag, Die Andere Bibliothek, 300 Seiten, 24,90 Euro.
3. ANTONY BEEVOR: Der Spanische Bürgerkrieg. Übersetzt von Helmut Ettinger, Michael Bayer, Hans Freundl, Norbert Juraschitz, Rernate Weitbrecht. Bertelsmann Verlag, 656 Seiten, 26 Euro.
4. PIERRE VIDAL-NAQUET: Atlantis. Geschichte eines Traums. Aus dem Französischen von Annette Lallemand. C.H. Beck Verlag, 188 Seiten, 19,90 Euro.
5. ANTONIO FORCELLINO: Michelangelo. Eine Biographie. Aus dem Italienischen von Petra Kaiser, Martina Kempter, Sigrid Vagt. Siedler Verlag, 400 Seiten, 24,95 Euro.
6. THEODOR ICKLER: Falsch ist richtig. Ein Leitfaden durch die Abgründe der Schlechtschreibreform. Droemer Knaur Verlag, 272 Seiten, 14,90 Euro.
7. MICHAEL HAMPE: Erkenntnis und Praxis. Studien zum Pragmatismus. Suhrkamp Verlag, 338 Seiten, 13,40 Euro.
8. BERLIN-INSTITUT FÜR BEVÖLKERUNG UND ENTWICKLUNG: Die demografische Lage der Nation. Wie zukunftsfähig sind Deutschlands Regionen? Herausgegeben von Steffen Kröhnert, Franziska Medicus, Reiner Klingholz. Dtv Verlag, 192 Seiten, 10 Euro.
9. MATTHIAS MATUSSEK: Wir Deutschen. Warum die anderen uns gern haben können. S. Fischer Verlag, 351 Seiten, 18,90 Euro.
10. ERIK ORSENA: Lob des Golfstroms. Aus dem Französischen von Annette Lallemand. C.H. Beck Verlag, 239 Seiten, 17,90 Euro.
Besondere Empfehlung des Monats August von Eberhard Sens: Das neue Weltbild des Physikers Burkhard Heim. Unsterblich in der 6-Dimensionalen. Herausgegeben von Illobrand von Ludwiger. Komplett-Media Verlag, 110 Seiten und Hörbuch, 280 Minuten; je 39,95; zusammen 69,95 Euro.
Mitglieder der Jury:
Rainer Blasius, Eike Gebhardt, Fritz Göttler, Wolfgang Hagen, Daniel Haufler, Otto Kallscheuer, Matthias Kamann, Petra Kammann, Guido Kalberer, Elisabeth Kiderlen, Jörg-Dieter Kogel, Hans Martin Lohmann, Ludger Lütkehaus, Herfried Münkler, Johannes Saltzwedel, Wolfgang Ritschl, Florian Rötzer, Albert von Schirnding, Norbert Seitz, Eberhard Sens, Hilal Sezgin, Volker Ullrich, Andreas Wang, Uwe Justus Wenzel.
Redaktion: Andreas Wang (NDR)
Die nächste SZ/NDR/BuchJournal-
Liste der Sachbücher des Monats erscheint am 31.August.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 23.06.2006

Beug schon mal vor, Harry
Mit Oberinspektor Derrick in die lateinische Antike: Karl-Wilhelm Weeber lehrt "Romdeutsch"

Mit dem Lateinischen verhält es sich heute eigenartig. An den Schulen erscheint das Fach stabilisiert, was die Zahlen angeht. Die zutreffende Annahme, hier ließen sich durch exaktes Arbeiten an einer regelstarken Sprache Kompetenzen erwerben, die anderswo nicht mehr vermittelt werden, sowie das distinktive Prestige dürften die wichtigsten Gründe dafür sein. Es herrscht sogar Lehrermangel, dem man mit Nachschulungen für Pädagogen anderer Fächer beizukommen sucht. Den Absolventenzahlen der altphilologischen Universitätsinstitute wird aufgeholfen, indem man die Übersetzung ins Lateinische nicht mehr verlangt. Wen wundert es, wenn selbst in Lehrbüchern Verstöße gegen die Sprachrichtigkeit zu finden sind?

Zwischen Schulbuchautoren und Lehrenden schwelt ein Streit darüber, wieviel Erlebnispädagogik der Lateinunterricht braucht oder verträgt. Was sich mittlerweile alles Latinum nennen darf, erfahren Historiker an der Universität, wenn sie Studierenden mit einem solchen einen leichten Originaltext zur Übersetzung vorlegen. Die bloße Wahrung einer äußeren Kontinuität genügt also nicht. Aber ohne sie wären alle Mühen vergeblich. Der Forderung, die Relevanz des Lateins auch für die heutige Zeit darzulegen, stellen sich Humanisten mit Fleiß und Phantasie. Zu ihnen gehört Karl-Wilhelm Weeber, Lehrer, Althistoriker, Lehrbeauftragter für Didaktik der Alten Sprachen, und seit vielen Jahren als Autor einer staunenmachenden Zahl von erfolgreichen Büchern zur antiken Kultur bekannt. Sein neuestes Werk versteht sich als Beitrag zu einer Tradition von Arbeiten, die das tägliche Latein in Lehn- und Fremdwörtern erschließen, entweder lexikalisch-vollständig oder essayistisch, indem die Wege und Umwege in die andere Sprache verfolgt und die kulturgeschichtlichen Zusammenhänge durch die Zeiten skizziert werden. Weeber sucht beide Möglichkeiten zu verbinden. Das Register weist mehr als dreitausend lateinische und deutsche Wörter aus, die in kurzen Unterkapiteln mit dem Bemühen um stilistische Variation und gelegentlichen Seitenhieben in Beziehung gesetzt werden; sogar ein Gespräch zwischen Günther Jauch und Caesar findet sich.

Das Alter ego des Verfassers scheint Oberinspektor Derrick zu sein, dessen Darsteller Horst Tappert aus Wuppertal stammt und deshalb, so wird sinniert, an ebenjenem Gymnasium Latein gelernt haben könnte, dem Weeber heute vorsteht. Sein Buch ist eine vollgepackte Kiste, doch des Verfassers Bemühen, lebendig oder gar heiter zu sein, wirkt ebenso aus der Zeit gefallen wie der Habitus des späten Derrick. Das Wort "Pulle" etüber die Ampulle auf die Amphore zurückgeführt zu finden ist gewiß lehrreich. Für den allerdings, "der aus alter Amphoren-Tradition zur Unzeit die Pulle an den Mund setzt, kann die Amphoren-Ampel ziemlich lange Rotlicht zeigen". Witz und Metapher, kommt heraus, ihr seid umzingelt.

Ähnliches gilt für das Bemühen um Aktualität. Denn was hilft es, einen ehemaligen deutschen Außenminister zu benennen, der "Visa" für einen Singular hält und deshalb den Plural "Visas" bildet? Die Sünden wider das grammatische Geschlecht oder die Beugungen sowie unsinnig gesteigerte Superlative wie "optimieren" spießt ein Kapitel "Dummlatein auf Deutsch" auf, ohne das Satire-Potential zu nutzen.

Man möchte "Romdeutsch" wegen seiner Stärken gern viele Leser wünschen, die über den biederen Duktus hinwegsehen. Der Untertitel macht den Konstruktionsfehler des Ansatzes klar, und das peinliche Schlußkapitel über Seneca und das "endgeile Jugendlatein" bestätigt ihn: Was nutzt einem in seiner türkdeutschen Schwundsprache eingesperrten Jugendlichen das Wissen, daß sich "Asi", "kraß" und "poppen" auf lateinische Wurzeln zurückführen lassen? Wer kein Latein kann, den bestraft das Deutsche, so definiert Weeber das utilitaristische Bildungspotential der alten Sprache gegen die anvisierte Allianz aus neoliberalen Ökonomen und "eher freizeitorientierten studentischen Bildungsverweigerern". Schon richtig. Aber der Rundgang mit leichtem Gepäck auf verblaßten Spuren kann eine Tatsache nicht verdecken: Wenn man Latein auf die einzig sinnvolle Weise lehren und lernen will, nämlich mit hohem Anspruch, dann ist es richtig schwer. Dabei ebenso askesefördernd wie bereichernd. Und elitär, also positiv diskriminierend.

UWE WALTER

Karl-Wilhelm Weeber: "Romdeutsch". Warum wir alle lateinisch reden, ohne es zu wissen. Die Andere Bibliothek, Band 258. Eichborn Verlag, Frankfurt am Main, 2006. 340 S., geb., 28,50 [Euro].

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