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Der bedeutendste Strom Deutschlands - Rheinfotografie ab 18461846 legte der englische Fotopionier William Henry Fox Talbot bei seiner Reise mit dem Dampfschiff eine Übernachtungspause in Koblenz ein und nutzte die Zeit, um von der Ufermauer aus ein Bild zu machen - dies war die erste bekannte Aufnahme des Rheins. Hätte es an jenem Tag geregnet, wäre es wohl anders gekommen. So aber begann damals die unvergleichlich reiche Fotogeschichte des großen Flusses - die in diesem Band auf eindrucksvolle Weise dokumentiert wird. Die ersten Bilder zeigen noch die unangetastete Schönheit des romantischen…mehr

Produktbeschreibung
Der bedeutendste Strom Deutschlands - Rheinfotografie ab 18461846 legte der englische Fotopionier William Henry Fox Talbot bei seiner Reise mit dem Dampfschiff eine Übernachtungspause in Koblenz ein und nutzte die Zeit, um von der Ufermauer aus ein Bild zu machen - dies war die erste bekannte Aufnahme des Rheins. Hätte es an jenem Tag geregnet, wäre es wohl anders gekommen. So aber begann damals die unvergleichlich reiche Fotogeschichte des großen Flusses - die in diesem Band auf eindrucksvolle Weise dokumentiert wird. Die ersten Bilder zeigen noch die unangetastete Schönheit des romantischen Mittelrheintals vor der Industrialisierung. Dann folgen der große Brücken- und Hafenbau der boomenden Gründerzeitjahre, die Wirren der Rheinlandbesetzung, Kriegsverwüstung und Bonner Republik. Am Ende stehen die berühmten Fotokünstler an der Wende vom 20. Zum 21. Jahrhundert, Andreas Gursky und Axel Hütte. So spiegeln die rund 500 Abbildungen in Rhein. Eine Fotografiegeschichte nicht nur dieGeschichte eines Flusses, sondern eines ganzen Landes - und der Fotografie selbst.
Autorenporträt
Helge Drafz (geb. 1962), ist Historiker, Autor und Journalist. Durch seine Arbeit für den WDR ist er seit Jahrzehnten mit dem Umgang mit Bildern vertraut. Seit vielen Jahren beschäftigt er sich mit Geschichte und Ästhetik der Fotografie und sammelt privat historische Fotografien.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.12.2021

Ein erstaunlich vielgestaltiger Fluss

Der private Blick schlägt jede künstlerische Brillanz: Helge Drafz legt einen Band mit historischen und bislang oft unbekannten Fotos vom Rhein vor.

Man sieht ihm sein Alter nicht an, und doch hat er viel mitgemacht. So sollte der seit Urzeiten sich durch Wälder wälzende Rhein einst plötzlich Grenze spielen, seine barbarischen Kinder hübsch sortiert: zivilisationswürdige zur Linken (Gallier), rechts der dumpfe Rest (Germanen). Aber bereits zu Vergils Zeiten rückte der Fluss ganz in die römische Welt hinein, wurde Wirtschafts- und Lebensader im Norden. Nach blühenden Jahrhunderten verklärten ihn Fackelfanatiker zum deutschen Strom schlechthin, bis er kurz darauf, ein halber Styx, zertrümmerte Brücken umspülte. Aus dem Ruin erstand er neu als europäischer Fluss par excellence. Vater Rhenus kümmert all das wenig, stoisch fließt er dahin, verbindet ewig jung die Epochen.

Und seine Faszination lässt nicht nach. Dieser Tage rückt der Rhein wieder erstaunlich prominent in den Blick. Hans Jürgen Balmes schmiegt sich sinnierend in sein Bett, und Karl-Heinz Göttert folgt dem Flusslauf durch die Literatur (F.A.Z. vom 27. November). Es muss alle Rheinliebhaber in Verzückung versetzen, dass ein prächtiger Bildband nun diesen emotionalen, symbolischen, wissenschaftlichen Annäherungen eine dezidiert optische an die Seite stellt: "Rhein. Der Fluss in der Fotografie seit 1846". Mag es sich hierbei auch um eines der meistabgelichteten Motive des Landes handeln und sein erstes Fotoporträt vom Erfinder des Negativ-Verfahrens, William Henry Fox Talbot, höchstpersönlich stammen, fehlte bislang ein solch fundierter Überblick über die Beziehung zwischen dem Fluss und der mal sehnsüchtig, mal kess, aber dabei fast immer entwaffnend ehrlich auf diese Majestät blickenden Kamera.

Helge Drafz, Herausgeber und Kurator der Auswahl an historischen, bis auf wenige Ausnahmen schwarzweißen Rhein-Lichtbilder, viele davon unbekannt, hat dieselben nicht nur kommentiert, sondern den üppig gestalteten Band auch mit medien- und kulturhistorischen Texten bereichert. Es handelt sich um einen Abriss der Geschichte der Fotografie selbst, verdichtet auf ein zentrales und doch erstaunlich vielgestaltiges Motiv. Was den in siebenjähriger Arbeit entstandenen Band auszeichnet, ist Drafz' Begeisterung für nichtkanonische, in Privatarchiven gefundene Aufnahmen: Amateurfotos und Schnappschüsse etwa von Badenden (besonders eindrücklich: eine jüdische Familie planscht im Sommer 1936 ausgelassen bei Emmerich), die hier gleichberechtigt neben romantisierenden Stereofotografien, ikonischen Ansichten, überwältigenden Kunstwerken wie den Panoramen von August Sander bis Andreas Gursky oder teils dokumentarischen, teils ideologisch verzerrten Pressebildern (Hitler am Rhein; ein seltenes Adenauer-Foto) stehen. Sie bilden sogar den Fluchtpunkt des Bands, der im Zweifel den privaten Blick der künstlerischen Brillanz vorzieht.

Mit dem Siegeszug der Fotografie fiel aber nicht nur die Politisierung des Rheins zusammen, sondern ebenso die Entstehung des modernen Tourismus. Kitschige Postkarten waren nun gefragt. Die Fotografen der Kaiserzeit wiederum interessierte ganz besonders der ästhetische Modernismus der gewaltigen Brückenbauten. Ansonsten steht lange die Landschaft im Vordergrund; in frühen Bildern schweben Schlösser über magisch verwischten Wassern (was technisch noch nicht anders möglich war). Ende des neunzehnten Jahrhunderts tauchen dann immer mehr Menschen auf den Bildern auf. Sie rücken zunehmend ins Zentrum, was zugleich heißt: Der Rhein wird zur Kulisse, freilich zu einer der beliebtesten überhaupt. Mit den großen Kriegen macht sich die Militärfotografie über den Fluss her, doch in ihrer Wirkung kommen diese Aufnahmen kaum gegen die auch jetzt noch entstehenden Privatfotos an. Spaziergänger auf dem zugefrorenen Fluss schlagen jede Führer-Fährfahrt.

In der Bonner Republik schließlich wetteifern die Bilder vom industriellen Aufschwung mit jenen vom Rhein als Freizeit- und Naherholungsziel. Was die immer ehrlicher werdenden Fotos - kurz vor der digitalen Bilderflut - belegen ist, wie lässig diese Lebensader all ihre symbolische Aufladung weggespült hat. In der Fotografie hat das zum Glück ohnehin immer nur bedingt funktioniert. Das große Pathos wirkt heute hohl, aber all die Schnappschüsse von Anglern, Schiffern oder Badenixen sind uns so nah wie ein Spaziergang am Ufer entlang. Der Rhein, das ist und war immer bedeutend mehr quirliger Alltag als nationaler Schicksalsstrom. OLIVER JUNGEN.

Helge Drafz: "Rhein". Der Fluss in der Fotografie seit 1846.

Greven Verlag, Köln 2021. 384 S., Abb., geb., 40,- Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent Oliver Jungen schätzt die Priorisierung, die Helge Drafz vornimmt für seinen "üppigen" Bildband mit Fotos vom Rhein. Dass der Autor private Ablichtungen der professionellen Fotografie vorzieht, gefällt Jungen und leuchtet ihm unmittelbar ein, wenn er die lebendigen Badeszenen mit Nixen und Schiffern im Band betrachtet. Die versammelten Bilder, vom Herausgeber kommentiert und kulturhistorisch gerahmt, zeigen den Rhein laut Jungen mal ikonisch, mal aus politischer, mal aus künstlerischer Perspektive, als Sehnsuchtsort, Kulisse und Urlaubsziel.

© Perlentaucher Medien GmbH