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Die "vertrackte Revolution" von 1918/19 beflügelte Hoffnungen und Visionen, mündete aber bald in Ernüchterung und Klagen. Während unter Linksintellektuellen ein ausgeprägter Wunsch nach stärkerer Demokratisierung herrschte, missbilligten die antiliberalen Vertreter einer intellektuellen Rechten die Republik grundsätzlich. Ihr Revolutionsenthusiasmus dagegen ging in eine "konservative" oder "nationale" Richtung. Solche Interpretationsversuche verschwisterten sich auch mit Verschwörungstheorien wie die der Dolchstoßthese und trugen dazu bei, die erste deutsche Demokratie zu…mehr

Produktbeschreibung
Die "vertrackte Revolution" von 1918/19 beflügelte Hoffnungen und Visionen, mündete aber bald in Ernüchterung und Klagen. Während unter Linksintellektuellen ein ausgeprägter Wunsch nach stärkerer Demokratisierung herrschte, missbilligten die antiliberalen Vertreter einer intellektuellen Rechten die Republik grundsätzlich. Ihr Revolutionsenthusiasmus dagegen ging in eine "konservative" oder "nationale" Richtung. Solche Interpretationsversuche verschwisterten sich auch mit Verschwörungstheorien wie die der Dolchstoßthese und trugen dazu bei, die erste deutsche Demokratie zu delegitimieren.Historische Deutungskämpfe und intellektuelle Wunschbilder, die 1918 aufkamen und sich rasch verselbständigten, überdauerten die Zäsuren. Sie schimmerten in der Restaurationskritik der frühen Bundesrepublik ebenso durch wie in der "Weltbühnen"-Sehnsucht früherer Autoren der legendären Zeitschrift. So waren hartnäckige Nonkonformisten von links ebenso wie frühere Vertreter der "konservativen Revolution" nach dem Nationalsozialismus herausgefordert, ihre Demokratietauglichkeit unter Beweis zu stellen. Alexander Gallus eröffnet Einblicke in die Geschichte der Intellektuellen in Deutschland während des wendungsreichen 20. Jahrhunderts und erörtert, wie modellierbar Staats- und Demokratieverständnis gewesen sind und auf welche Weise Gesellschaftskritiker ihren Standort und ihre Rolle in unruhigen Zeiten zu behaupten suchen.
Autorenporträt
Gallus, Alexander§Alexander Gallus, Jahrgang 1972, studierte Geschichte und Politikwissenschaft in Berlin und Oxford. Nach seiner Zeit als Juniorprofessor für Zeitgeschichte - Geschichte des politischen Denkens an der Universität Rostock folgte er einem Ruf auf den Lehrstuhl für Politische Theorie und Ideengeschichte an der Technischen Universität Chemnitz. Dort leitet er auch den Forschungsbereich zur Intellectual History des 20. und 21. Jahrhunderts. Zu seinen Publikationen zählen u. a.: Heimat "Weltbühne". Eine Intellektuellengeschichte im 20. Jahrhundert, Göttingen 2012; Die Neutralisten. Verfechter eines vereinten Deutschland zwischen Ost und West 1945-1990, 2. Aufl., Düsseldorf 2006; (als Hrsg. mit S. Liebold und F. Schale) Vermessungen einer Intellectual History der frühen Bundesrepublik, Göttingen 2020; (als Hrsg. mit A. Schildt) Rückblickend in die Zukunft. Politische Öffentlichkeit und intellektuelle Positionen in Deutschland um 1950 und um 1930, Göttingen 2011; (als Hrs

g. mit P. Burschel und M. Völkel) Intellektuelle im Exil, Göttingen 2011; (als Hrsg.) Die vergessene Revolution von 1918/19, Göttingen 2010.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Rezensent Robert Probst schätzt die in diesem Band versammelten Aufsätze des Ideengeschichtlers Alexander Gallus für ihre Offenheit. Dass der Autor die Novemberrevolution nicht als Erfolgsgeschichte verkaufen will, sondern zeitgenössische links- wie rechtsintellektuelle Reaktionen von Kurt Hiller, Axel Eggebrecht u.a. auf die Umbrüche der Weimarer Zeit differenziert dokumentiert und sie als "offene historische Situation" darstellt, findet Probst erhellend. Gallus' klare Argumentation macht Probst deutlich, dass 1918 nicht als "Lernbeispiel für deutsche Demokratiegeschichte" taugt.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 20.09.2021

Ein schillerndes
Geschöpf
Alexander Gallus analysiert
die Revolution von 1918/1919
Vor etwas mehr als zehn Jahren hat der Historiker Alexander Gallus ein Buch herausgegeben mit dem schlagenden Titel „Die vergessene Revolution von 1918/1919“. Damals stimmte das, nach dem 100-jährigen Jubiläum von 2018, als die Buchläden und Zeitungsseiten voll waren mit Revolutions(neu)deutungen, ist es ganz anders. Das hat auch Gallus, Lehrstuhlinhaber für Politische Theorie und Ideengeschichte an der Technischen Universität Chemnitz, erfreut festgestellt – und nun einen Aufsatzband über „Revolutionäre Aufbrüche und intellektuelle Sehnsüchte“ zwischen Weimarer Republik und Bundesrepublik vorgelegt. Der führt die neu entfachte Debatte gekonnt fort und erweitert sie um einige interessante Schlaglichter – in Richtung einer Intellectual History, einer Ideengeschichte des 20. Jahrhunderts.
„Was uns fehlt, ist eine Revolution. Die Gegenrevolution haben wir“, schrieb Kurt Tucholsky im Mai 1919 in der Weltbühne. Was Gallus interessiert, sind vor allem die Reaktionen der linken und rechten Intellektuellen in der Weimarer Zeit, die sich in der radikalen Ablehnung der Ebert-Revolution sehr einig waren, wenn auch aus ganz unterschiedlichen Gründen. Er will herausfinden, wie Zeitgenossen, die heute oft vergessen sind, auf den Umbruch reagierten, ihn wahrnehmen und würdigten. Und warum viele so sehnsüchtig auf eine „echte“ Revolution hofften, sei es nun eine sozialistische oder konservative. Und er zeichnet am Beispiel einiger Weltbühnen-Autoren, etwa Kurt Hiller, Axel Eggebrecht oder William S. Schlamm nach, wie diese nach der NS-Herrschaft in der jungen Republik ankamen oder eben nicht so gut ankamen.
Und wer auf der Suche ist nach einer Conclusio der 2018 doch sehr lebhaft geführten Debatte über den historischen Ort der Revolution von 1918, kann sich an einer sehr klaren Argumentation erfreuen, wonach sich aus den Ereignissen „weder ein Lernbeispiel für die deutsche Demokratiegeschichte noch eines des gewaltgeschichtlichen Abgrunds in die Diktatur“ generieren lassen. Gallus beharrt auf der Janusköpfigkeit der Novemberrevolution als „schillerndes Geschöpf“ und lehnt es ab, daraus eine „die Geschichte glattziehende Meistererzählung“ zu formen. Sein Appell: „Die Revolution nicht quasi-pathologisch zu untersuchen, sondern als offene historische Situation voller Lebendigkeit und Risiken gleichermaßen, die von den Zeitgenossen verlangte, Widersprüche und Widrigkeiten auszuhalten, könnte uns helfen in Zeiten, die selbst vom Gefühl neuer Krisenhaftigkeit gekennzeichnet sind.“
Die Suche nach Kontinuitäten und Metamorphosen über die großen Bruchlinien 1918, 1933 und 1945 hinweg bietet eine spannende Lektüre abseits ausgetretener Revolutionspfade.
ROBERT PROBST
Alexander Gallus:
Revolutionäre Aufbrüche und intellektuelle Sehnsüchte zwischen Weimarer Republik und Bundesrepublik. Europäische Verlagsanstalt, Hamburg 2021.
326 Seiten, 25 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
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