Produktdetails
  • Verlag: bpb
  • ISBN-13: 9783838902685
  • Artikelnr.: 36005818
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 12.12.2012

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Es gibt den Traum von einem Europa, in dem alle Schulden getilgt sind und der Euro die größte Krise seiner Geschichte überwunden hat. Der österreichische Globalisierungskritiker Christian Felber träumt diesen Traum und hat ihn in seinem Buch „Retten wir den Euro“ beschrieben. Und dieses Buch handelt auch vom Teilen – es ist also genau das Richtige für die Weihnachtszeit.
  Europa hat milliardenschwere Rettungspakete auf den Weg gebracht, um Griechenland und andere marode Euro-Staaten vor der Pleite zu bewahren und deren Banken zu retten. Nur genutzt hat es bislang nicht viel. Bei der Fülle an Euro-Büchern, die in diesem Jahr in die Buchhandlungen gekommen sind, hebt sich Felber dadurch ab, dass er die aufgelaufenen Schulden in Billionenhöhe über EU-weite Transaktions-, Vermögens-, Kapitalertrags- und Gewinnsteuern tilgen will. Die Idee ist bestechend. Immerhin beträgt das Privatvermögen in den Euro-Ländern etwa das Fünffache der Staatsschulden. Würde man alleine das Vermögen der zehn Prozent Reichsten mit einem Prozent pro Jahr besteuern, dann wären die Staatsschulden nach zehn Jahren halbiert, so rechnet Felber vor.
  Die Alternative sind Bankenkrach, Staatsinsolvenz, Hyperinflation, Währungsreform oder Bürgerkrieg – da ist sich Felber sicher. Zumal er davon überzeugt ist, dass die Rettungsschirmstrategie auch die Retter in Not und damit die „Gesamtinsolvenz der Euro-Zone“ bringen wird. Er verhehlt im Gespräch auch nicht, dass es womöglich erst irgendwo Unruhen geben muss, bevor die Politik endlich zur Vernunft kommt und dazu bereit ist, einen neuen Weg gehen. Eine Vermögensteuer wäre das geringste Übel aus Sicht der Betroffenen – noch werde dies tabuisiert.
  Für Felber ist die Währungsunion eine „Fehlkonstruktion“. Neben der Währungspolitik müssten auch Finanz-, Lohn-, Steuer- und Konjunkturpolitik „zumindest koordiniert“ werden. Sonst habe der Euro keine Chance. Er fordert mehr Integration, mehr Demokratie. Und geißelt den Lissabon-Vertrag als „undemokratisch und nichtig“. Trotz des „Neins“ in Frankreich, Holland und Irland – die meisten Europäer wurden gar nicht erst gefragt – ist der Vertrag durchgedrückt worden. Die Regeln, die auch das Defizit deckeln und Finanzhilfen der Regierungen untereinander verbieten(!), wurden zigfach gebrochen. Die Euro-Krise sei „eine fundamentale Krise der EU“, die Lösung weit weg. Aber man wird ja träumen dürfen.
DIETER SÜRIG
Christian Felber:
Retten wir den Euro.
Deuticke. 160 Seiten. 10 Euro.

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