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Regine Hildebrandt war seit dem politischen Umbruch von 1989 eine der populärsten Politikerinnen Ostdeutschlands. Sie verlieh ihren Landsleuten eine Stimme und trug durch ihr Engagement als brandenburgische Sozialministerin entscheidend dazu bei, den Transformationsprozess der deutschen Einheit für die Menschen in den neuen Ländern zu erleichtern. Mit ihrer außergewöhnlichen rhetorischen Begabung fand die leidenschaftliche Politikerin auch im Westen ein großes Publikum. Sie erregte durch ihre unkonventionelle Art, ihre Unerschrockenheit und Wahrhaftigkeit, die ihr oft wichtiger waren als…mehr

Produktbeschreibung
Regine Hildebrandt war seit dem politischen Umbruch von 1989 eine der populärsten Politikerinnen Ostdeutschlands. Sie verlieh ihren Landsleuten eine Stimme und trug durch ihr Engagement als brandenburgische Sozialministerin entscheidend dazu bei, den Transformationsprozess der deutschen Einheit für die Menschen in den neuen Ländern zu erleichtern. Mit ihrer außergewöhnlichen rhetorischen Begabung fand die leidenschaftliche Politikerin auch im Westen ein großes Publikum. Sie erregte durch ihre unkonventionelle Art, ihre Unerschrockenheit und Wahrhaftigkeit, die ihr oft wichtiger waren als Strukturen und politische Spielregeln, immer wieder Aufsehen.
Selbst als sie schwer an Krebs erkrankte, verlor Regine Hildebrandt nichts von ihrer Streitbarkeit. Durch ihren offensiven Umgang mit der eigenen Krankheit wurde sie auch hier zur Hoffnungsträgerin und zum Vorbild für viele Krebskranke.
Dieses Buch zeichnet ein differenziertes und zugleich sehr persönliches Bild dieser ungewöhnlichen Politikerin aus der Perspektive politischer Weggefährten, Freunde und Kritiker. Es ist ein Zeitzeugenprotokoll, das die Person und Wirkung Regine Hildebrandts vom Beginn ihrer politischen Laufbahn bis zu ihrem Tod im November 2001 authentisch wiedergibt.
Autorenporträt
Christiane Landgrebe studierte Theologie und Romanistik. Sie lebt heute als Autorin, freie Lektorin und Übersetzerin in Berlin. Zuletzt erschien 1999 ihr Buch "Der Tag, an dem die Mauer fiel".
Rezensionen
"Ich wünsche mir, dass die Erinnerung an Regine Hildebrandt lebendig bleibt - und dass ihre Leidenschaft auch weiterhin Menschen anstecken kann, sich einzusetzen für Andere, Politik zu machen um der Menschen willen. Ich glaube, das wünschte sie sich von uns."
Johannes Rau

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 30.10.2006

Berüchtigt schnörkellos
Regine Hildebrandt wollte sich nie verbiegen lassen
Regine Hildebrandt schaffte es nicht. Obwohl sie gegen den Krebs mit der gleichen Vehemenz ankämpfte wie gegen alle Widrigkeiten ihrer politischen Karriere, verlor sie diesen Kampf. Vergessen ist die Frau, die von Helmut Kohl einmal „die Dame mit dem Geschrei einer Barrikadenkämpferin der Pariser Kommune” genannt wurde, auch fünf Jahre nach ihrem Tod nicht: Noch immer können sich Besucher ihrer Homepage in das Kondolenzbuch eintragen, jährlich an ihrem Todestag, dem 26. November, verleiht die SPD den „Regine-Hildebrandt-Preis für Solidarität bei Arbeitslosigkeit und Armut”. Und noch immer wünscht sich so mancher Wähler die Frau zurück, deren, so Gerhard Schröder, „schnörkellose Sprache berühmt und gelegentlich berüchtigt war”.
Wer war die Frau, an der das Etikett „Mutter Courage des Ostens” so fest klebte, dass es zu einem zweiten Namen geworden war? Was trieb sie an, was machte sie so rast- und ruhelos? Diesen Fragen geht Hans-Dieter Schütt, Redakteur des Neuen Deutschland, nach – und er findet überzeugende und oft auch unerwartete Antworten. Das gelingt ihm, weil er sich ihr mit Sympathie, aber ohne verklärende Sicht nähert.
Regine Hildebrandt war schon in der DDR unbequem: weniger durch eine ausgeprägt systemkritische Haltung – sie selbst bezeichnete diese als „opportunistische Opposition” –, sondern durch unbezähmbare Sturheit. Als Biologin kämpfte sie in der „Zentralstelle für Diabetes und Stoffwechselkrankheiten Berlin” für bessere Verfahren und Techniken, als Mutter für Mitbestimmung bei der Therapie der leukämiekranken Tochter. Der Wunsch, sofort konkret Situationen verbessern zu können, war es auch, der die unbeirrbare Demokratin 1989 in die Politik trieb: zuerst zur Initiative „Demokratie Jetzt”, später in die SPD.
Was dann kam, hatte sie so wohl nicht geahnt: 1990 wurde Hildebrandt Ministerin für Arbeit und Soziales im Kabinett von Lothar de Maizière, es folgte die Wahl in den SPD-Bundesvorstand und im Herbst 1990 ging sie als Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen nach Potsdam. Dass sie so populär wurde, verdankte sie der Tatsache, dass sie sich wirklich dafür interessierte, was die Menschen im Osten bewegte: „Meine Kraft kriege ich daher, dass ich im Lande unterwegs bin. Ich seh’ doch, was hier los ist, und ich weiß es nur, weil ich bei den Leuten bin. Und nicht dadurch, dass ich Königinnen empfange.”
Regine Hildebrandt war nach der Wende eine der wenigen, die Verständnis hatte für die Ängste vieler Ostdeutschen, vom neuen politischen System erst aufgesogen und dann wieder ausgespuckt zu werden. Sie wünschte sich, „dass Westdeutsche, die unsere kleinen und großen Kompromisse mit Hochmut betrachten und die DDR-Bürger kollektiv als Opportunisten und Mitläufer abstempeln, auch einmal den eigenen Charakter und die eigene Geschichte befragen. Selbstgerechtigkeit tut keinem gut.” Das Wir-Gefühl, das sie vielen Ostdeutschen vermittelte, brachte ihr oft den Vorwurf des Populismus ein – was sie schmerzte, ebenso wie die Anfeindungen vieler westdeutscher Politiker.
Egal, auf wie viele Widerstände sie stieß – sei es im Kampf um die Fristenlösung oder in der Auseinandersetzung um vermeintliche Untreue in ihrem Ministerium – sie raste von Termin zu Termin. Als sie schon schwer krank war, rotierte sie weiter, nur unterbrochen von den anstrengenden Behandlungen. Ihre politische Karriere beendete nicht der Krebs, sondern ihr Unvermögen, sich zu verbiegen: 1999 warf sie hin, als Manfred Stolpe eine große Koalition mit den Christdemokraten einging. Mit Leuten, die sie „im Wahlkampf als Arschlöcher kennen gelernt” habe, könne sie nicht am Kabinettstisch sitzen, so ihr Urteil.
Genau so offen, wie sie ihre Gefühle immer artikuliert und Persönliches preisgegeben hatte, präsentierte sich Regine Hildebrandt auch im letzten Kapitel ihres Lebens. Sie breitete alles öffentlich aus: die Beschwernisse mit Perücke und Spezial-BH, die schlechter werdenden Blutwerte, ihre Angst vor einem qualvollen Tod. Es ist Schütts Verdienst, dass er auch bei der Schilderung ihrer letzten Monate nicht der Versuchung erliegt, sie zu glorifizieren: Die Schonungslosigkeit, die Hildebrandt gegen sich selbst zeigte, mutete sie auch ihrer Familie zu. Dass es Hans-Dieter Schütt hier wie an vielen anderen Stellen gelungen ist, diese Zwiespältigkeit der Regine Hildebrandt herauszuarbeiten, ist das größte Verdienst der Biografie. Was er in vielen Gesprächen erfahren und verarbeitet hat, zeichnet ein zutiefst lebendiges Bild einer Frau, die so viel mehr war, als die immer gleichen Etiketten und Lobpreisungen glauben machen.
SUSANNE KAILITZ
HANS-DIETER SCHÜTT: Regine Hildebrandt. Ich seh doch, was hier los ist. Gustav-Kiepenheuer Verlag, Berlin 2005, 342 Seiten, 19,90 Euro.
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