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Im Westen endlich was Neues: die Wahrheit über AmerikaBüchner-Preisträgerin Felicitas Hoppe auf Expedition in einem unbekannten Amerika: Zehntausend so komische wie hochpoetische Meilen reist Hoppe von Boston über San Francisco bis Los Angeles und zurück nach New York. Hellwach und hellsichtig begibt sie sich als literarischer Wirbelsturm auf die Spuren von Ilf und Petrow, zweier russischer Schriftsteller, die 80 Jahre vor ihr unterwegs waren und zu Kultfiguren wurden. Ob Hoppe mit ihnen die Ford-Werke und den ersten elektrischen Stuhl besichtigt, nebenbei den Zaun von Tom Sawyer streicht...
Im Westen endlich was Neues: die Wahrheit über Amerika
Büchner-Preisträgerin Felicitas Hoppe auf Expedition in einem unbekannten Amerika: Zehntausend so komische wie hochpoetische Meilen reist Hoppe von Boston über San Francisco bis Los Angeles und zurück nach New York. Hellwach und hellsichtig begibt sie sich als literarischer Wirbelsturm auf die Spuren von Ilf und Petrow, zweier russischer Schriftsteller, die 80 Jahre vor ihr unterwegs waren und zu Kultfiguren wurden. Ob Hoppe mit ihnen die Ford-Werke und den ersten elektrischen Stuhl besichtigt, nebenbei den Zaun von Tom Sawyer streicht, in einem Tornado verschwindet oder im Auge des Sturms auf Quentin Tarantino persönlich trifft - »Prawda« (russisch: Wahrheit) lässt die Leser Dinge sehen, wie sie über das unglaublichste Land der Erde noch nie geschrieben wurden: eine literarische Weltentdeckung.
Büchner-Preisträgerin Felicitas Hoppe auf Expedition in einem unbekannten Amerika: Zehntausend so komische wie hochpoetische Meilen reist Hoppe von Boston über San Francisco bis Los Angeles und zurück nach New York. Hellwach und hellsichtig begibt sie sich als literarischer Wirbelsturm auf die Spuren von Ilf und Petrow, zweier russischer Schriftsteller, die 80 Jahre vor ihr unterwegs waren und zu Kultfiguren wurden. Ob Hoppe mit ihnen die Ford-Werke und den ersten elektrischen Stuhl besichtigt, nebenbei den Zaun von Tom Sawyer streicht, in einem Tornado verschwindet oder im Auge des Sturms auf Quentin Tarantino persönlich trifft - »Prawda« (russisch: Wahrheit) lässt die Leser Dinge sehen, wie sie über das unglaublichste Land der Erde noch nie geschrieben wurden: eine literarische Weltentdeckung.
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Felicitas Hoppe, geb. 1960 in Hameln, lebt als Schriftstellerin in Berlin. 1996 erschien ihr Debüt 'Picknick der Friseure', 1999 - nach einer Weltreise auf einem Frachtschiff - folgte der Roman 'Pigafetta'. Anschließend erschienen 'Paradiese, Übersee', 'Verbrecher und Versager', 'Johanna', 'Iwein Löwenritter', 'Sieben Schätze', 'Der beste Platz der Welt', 'Abenteuer - was ist das?' und 'Grünes Ei mit Speck', eine Übersetzung von Texten des amerikanischen Kinderbuchklassikers Dr. Seuss. Es folgten die Romane 'Hoppe', 'Prawda. Eine amerikanische Reise', 'Die Nibelungen. Ein deutscher Stummfilm' sowie der Essay 'Gedankenspiele über die Sehnsucht'. Für ihr Werk wurde Felicitas Hoppe mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, u. a. mit dem aspekte-Literaturpreis, dem Bremer Literaturpreis, dem Roswitha-Preis der Stadt Bad Gandersheim, dem Rattenfänger-Literaturpreis, dem Georg-Büchner-Preis, dem Erich Kästner Preis für Literatur, dem Großen Preis des Deutschen Literaturfonds sowie dem Berliner Literaturpreis. Außerdem Poetikdozenturen und Gastprofessuren in Wiesbaden, Mainz, Augsburg, Göttingen, am Dartmouth College in Hanover, New Hampshire, an der Georgetown University, Washington D.C., in Hamburg, Heidelberg und Köln. Literaturpreise: u.a.: Foglio-Preis für junge Literatur (1995) Aspekte-Literaturpreis (1996) Ernst-Willner-Preis im Bachmann-Literaturwettbewerb (1996) Rauriser Literaturpreis (1997) Laurenz-Haus-Stiftung Basel (1998) Niedersächsischer Förderpreis für Literatur (1999) Spycher: Literaturpreis Leuk, Nicolas Born-Preis, Heimito von Doderer-Literaturpreis (alle 2004) Brüder Grimm-Preis der Stadt Hanau (2005) Bremer Literaturpreis (2007) Roswitha-Preis der Stadt Bad Gandersheim (2007) Rattenfänger-Literaturpreis (2010) Preisträgerin des Comburg-Stipendiums (2010) Villa Aurora (2012) Georg-Büchner-Preis (2012) Werner-Bergengruen-Preis (2015) Erich Kästner Preis für Literatur (2015) Ehrendoktorwürde der Leuphana Universität Lüneburg (2016) Großer Preis des Deutschen Literaturfonds (2020) Kasseler Literaturpreis für grotesken Humor (2021) Berliner Literaturpreis (2024)
Produktdetails
- Verlag: S. Fischer Verlag GmbH
- 2. Aufl.
- Seitenzahl: 317
- Erscheinungstermin: 28. Februar 2018
- Deutsch
- Abmessung: 211mm x 133mm x 30mm
- Gewicht: 425g
- ISBN-13: 9783100324573
- ISBN-10: 3100324579
- Artikelnr.: 61463594
Herstellerkennzeichnung
Die Herstellerinformationen sind derzeit nicht verfügbar.
'Prawda' ist als Text so vielspurig wie US-Autobahnen an Ortseinfahrten schon 1935:die Historie und die fantastische Übermalung fahren immer mit. Petra Kohse Berliner Zeitung 20180305
Notieren Sie das bitte, Gentlemen!
Achtzig Jahre nach zwei sowjetischen Autoren geht Felicitas Hoppe auf Amerika-Tour. Und erfindet dort sich selbst.
Von Angelika Overath
Im Oktober 1935, zur Zeit der Großen Depression, reisten zwei Literatur-Stars der Sowjetunion, der fünfunddreißigjährige Ilja Ilf und der drei Jahre jüngere Jewgeni Petrow, nach Amerika. Im Auftrag der "Prawda" sammelten sie Eindrücke aus einem Land, dessen Industrialisierung als Ansporn galt für Stalins neuen Menschen. Da die beiden weder Autofahren noch Englisch konnten, ließen sie sich begleiten vom Ehepaar Adams. Ihr Buch "Das eingeschossige Amerika" wurde ein Erfolg, erzählte es doch mit unverstelltem Blick nicht nur vom technischen
Achtzig Jahre nach zwei sowjetischen Autoren geht Felicitas Hoppe auf Amerika-Tour. Und erfindet dort sich selbst.
Von Angelika Overath
Im Oktober 1935, zur Zeit der Großen Depression, reisten zwei Literatur-Stars der Sowjetunion, der fünfunddreißigjährige Ilja Ilf und der drei Jahre jüngere Jewgeni Petrow, nach Amerika. Im Auftrag der "Prawda" sammelten sie Eindrücke aus einem Land, dessen Industrialisierung als Ansporn galt für Stalins neuen Menschen. Da die beiden weder Autofahren noch Englisch konnten, ließen sie sich begleiten vom Ehepaar Adams. Ihr Buch "Das eingeschossige Amerika" wurde ein Erfolg, erzählte es doch mit unverstelltem Blick nicht nur vom technischen
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Fortschritt des fernen Landes, sondern auch vom Alltag der Amerikaner, die weniger in Hochhäusern als in Kleinstädten lebten und irgendwie "eingeschossig" waren. Ilja Ilf fotografierte mit einer Leica. 2011 erschien das Buch auf Deutsch in der Anderen Bibliothek; Felicitas Hoppe schrieb dazu das Vorwort.
Im September 2015 reiste Felicitas Hoppe (Jahrgang 1960), unterstützt von der "Villa Aurora" und Goethe-Instituten, mit den bildenden Künstlern Alexej Meschtschanow (Kiew, 42 Jahre), Jana Müller (Halle/Saale, 38 Jahre) und der emeritierten Wiener Literaturwissenschaftlerin Ulrike Rainer auf den Spuren von "Ilf und Petrow": von Boston über San Francisco bis Los Angeles und zurück nach New York. Jana Müller fotografierte.
Die russischen Vorbilder fuhren in einem mausgrauen Ford; die Hoppe-Truppe nimmt einen rubinroten (rubinrot wie die Wunderschuhe von Dorothy aus dem "Zauberer von Oz"). Während der Reise entsteht ein Blog. Anfang 2017 präsentieren Hoppe, Müller und Meschtschanow diese Fahrt als Installation im Kunstverein Langenhagen. Dies, und vieles mehr, lässt sich unter dem Namen des Kleinplaneten "3668.Ilfpetrow" im Netz nachverfolgen.
Und nun das Buch: "Prawda - Eine amerikanische Reise". Es ist interessant wie die Quadratur des Kreises. Oder wie ein Hybrid. Denn lässt sich die literarische Reportage, die, dem Thema dienend, im besten Sinn keusch sein darf (muss?), mit einem lustvoll-draufgängerischen Fabulieren verbinden, das im Erzählen seine Figuren, sein Thema erst erschafft? Natürlich sieht Felicitas Hoppe das Problem. Leitmotivisch durchzieht die Formulierung "wirklich (tatsächlich)" den Text. Was in Romanen wie "Johanna" und radikaler in "Hoppe" (beide kommen als Echo-Spiele in "Prawda" vor) funktioniert, klappt nun nicht immer. Das liegt daran, dass "Prawda" nicht nur eine Hauptfigur hat, die nach dichterischem Belieben und Vermögen konstruiert und dekonstruiert werden kann, sondern von einer Reise durch einen Kontinent und von Begegnungen mit wirklichen ("tatsächlichen") Menschen handelt.
Anders als Reportagen lassen sich Märchen leicht mit Puppen erzählen. Denn die Psychologie ihrer Helden braucht kein Mienenspiel. Bei menschlichen Charakteren erwartet der Leser eine andere Nähe. Hoppe leistet auch das, manchmal. Etwa beim Porträt von Shelly aus Schenectady, einem "lyrisch gealterten Mädchen", geschieden, sozial engagiert, die mit dem Wort "Tara" die Szenerie aus "Vom Winde verweht" aufruft und von einem leerstehenden Nachbarhaus im Südstaatenstil träumt. Aber bei der konfettihaften Fülle von erlebten, erfundenen, historischen, gelesenen Personen kommt die Autorin einfach nicht hinterher.
Und sie reist nicht allein. Sie hat ihre "tatsächliche" Begleitung in poetische Rollen gedreht: Foma, Künstler und Gärtner aus Kiew, auf der Suche nach dem "größten Kaktus der Welt"; Jerry, auch "Königin", Fotografin, Hochzeitsberaterin, die ein "Stipendium auf den Kopf hauen muß. Arbeitstitel: Bräute am Wegrand"; und AnnAdams, Akademikerin aus Wien, die den Distanzplan in der Hand hält, "Double Red Road" (alias "Route 66") raucht und hustet (vielleicht weil Ilja Ilf kurz nach der Reise an Tuberkulose gestorben ist). Auch der Ford ("Red Ruby") und Fomas Handy ("Becky") werden personalisiert. Und im "Tocquevilleerker", dem Platz gleich hinter dem Fahrer, sitzt die Erzählerin, alias Frau Eckermann, die bei Radio Goethe immer wieder Vorträge hält, auch als "der letzte Möchtegernritter", "Windschattentyp" oder "Nacherzähler".
Man brauche "kein Land, wenn man einen Kosmos hat", heißt es im Text. Sicher, ein Autor kann nur um sich selbst kreisen, sein eigener Planet im eigenen Universum. Daraus ist Weltliteratur entstanden. Aber wenn er dabei mit dem Land lockt, kann es schwierig werden. In "Prawda" schlägt der Kosmos Hoppe die Welt aus dem Feld. Und das sind dann schöne Stellen. Es gelingen Verwandlungen, auf die die Hoppesche Märchen-Poetik aus ist. "Bräute am Wegrand", das können Kakteen an einer Straße in Mexiko sein oder werbende Kirchen, das kann Hurricane Katrina sein, die "windigste Braut aller", oder die Erzählerin selbst, die auch ein Hurricane ist. Die "Schwalbe", das ist das Schiff des unvergessenen John Maynard, aber auch der Blick des "Schraubers" aus der Tiefe der Halle des Ford-Museums, der die Schriftstellerin (alias Schwalbe) "erkennt". Oder wunderbar, wie sie sich, mit dem Segen von Peter Pan, auf dem Fensterbrett von einem Wirbelsturm mitnehmen lässt, in Hannibal bei Tom Sawyers Zaun und seiner Höhle landet, wo sie dann auf den linkshändigen Zeichner Bruegel den Allerjüngsten trifft, der ihr im Kerzenschein seine Porträts der amerikanischen Präsidenten zeigt und der rastlosen, ehrgeizigen Erzählerin das Glück von Innehalten und Stille schenkt.
Wo der Text aber der informierenden Bringschuld nachkommen möchte, Inventar von Museen beschreibt, aus Faltblättern vorliest oder, etwa am Frankenstein-Museum oder bei den Niagara-Fällen, in Kritik am Massentourismus mündet, wird er unschärfer, als es eine gute Reportage sein darf. Hoppe sieht auch das, versucht später mit einem Denkmal für den kleinen Touristen auszugleichen. Aber man merkt die Absicht. Und nicht die Empathie.
Je mehr Hoppe das tut, was sie mit viel Verve kann, nämlich gegen die lineare Zeit, gegen die Schwerkraft der Vernunft neue Hasenhöhlen der Phantasie zu öffnen, wird das Buch eine vergnügliche, wenn auch nicht immer unanstrengende Hoppe-Freude. Aber wir wissen ja, Reisen macht müde!
Und "Ilf und Petrow"? Sie sind beim Erzählen von der ersten Zeile an dabei, mit dem immer wieder variierten Imperativ: "Schreiben Sie das in Ihre Notizbücher, Gentlemen!"
Felicitas Hoppe: "Prawda". Eine amerikanische Reise.
Verlag S. Fischer, Frankfurt am Main 2018. 319 S., 2 Abb., geb., 20,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Im September 2015 reiste Felicitas Hoppe (Jahrgang 1960), unterstützt von der "Villa Aurora" und Goethe-Instituten, mit den bildenden Künstlern Alexej Meschtschanow (Kiew, 42 Jahre), Jana Müller (Halle/Saale, 38 Jahre) und der emeritierten Wiener Literaturwissenschaftlerin Ulrike Rainer auf den Spuren von "Ilf und Petrow": von Boston über San Francisco bis Los Angeles und zurück nach New York. Jana Müller fotografierte.
Die russischen Vorbilder fuhren in einem mausgrauen Ford; die Hoppe-Truppe nimmt einen rubinroten (rubinrot wie die Wunderschuhe von Dorothy aus dem "Zauberer von Oz"). Während der Reise entsteht ein Blog. Anfang 2017 präsentieren Hoppe, Müller und Meschtschanow diese Fahrt als Installation im Kunstverein Langenhagen. Dies, und vieles mehr, lässt sich unter dem Namen des Kleinplaneten "3668.Ilfpetrow" im Netz nachverfolgen.
Und nun das Buch: "Prawda - Eine amerikanische Reise". Es ist interessant wie die Quadratur des Kreises. Oder wie ein Hybrid. Denn lässt sich die literarische Reportage, die, dem Thema dienend, im besten Sinn keusch sein darf (muss?), mit einem lustvoll-draufgängerischen Fabulieren verbinden, das im Erzählen seine Figuren, sein Thema erst erschafft? Natürlich sieht Felicitas Hoppe das Problem. Leitmotivisch durchzieht die Formulierung "wirklich (tatsächlich)" den Text. Was in Romanen wie "Johanna" und radikaler in "Hoppe" (beide kommen als Echo-Spiele in "Prawda" vor) funktioniert, klappt nun nicht immer. Das liegt daran, dass "Prawda" nicht nur eine Hauptfigur hat, die nach dichterischem Belieben und Vermögen konstruiert und dekonstruiert werden kann, sondern von einer Reise durch einen Kontinent und von Begegnungen mit wirklichen ("tatsächlichen") Menschen handelt.
Anders als Reportagen lassen sich Märchen leicht mit Puppen erzählen. Denn die Psychologie ihrer Helden braucht kein Mienenspiel. Bei menschlichen Charakteren erwartet der Leser eine andere Nähe. Hoppe leistet auch das, manchmal. Etwa beim Porträt von Shelly aus Schenectady, einem "lyrisch gealterten Mädchen", geschieden, sozial engagiert, die mit dem Wort "Tara" die Szenerie aus "Vom Winde verweht" aufruft und von einem leerstehenden Nachbarhaus im Südstaatenstil träumt. Aber bei der konfettihaften Fülle von erlebten, erfundenen, historischen, gelesenen Personen kommt die Autorin einfach nicht hinterher.
Und sie reist nicht allein. Sie hat ihre "tatsächliche" Begleitung in poetische Rollen gedreht: Foma, Künstler und Gärtner aus Kiew, auf der Suche nach dem "größten Kaktus der Welt"; Jerry, auch "Königin", Fotografin, Hochzeitsberaterin, die ein "Stipendium auf den Kopf hauen muß. Arbeitstitel: Bräute am Wegrand"; und AnnAdams, Akademikerin aus Wien, die den Distanzplan in der Hand hält, "Double Red Road" (alias "Route 66") raucht und hustet (vielleicht weil Ilja Ilf kurz nach der Reise an Tuberkulose gestorben ist). Auch der Ford ("Red Ruby") und Fomas Handy ("Becky") werden personalisiert. Und im "Tocquevilleerker", dem Platz gleich hinter dem Fahrer, sitzt die Erzählerin, alias Frau Eckermann, die bei Radio Goethe immer wieder Vorträge hält, auch als "der letzte Möchtegernritter", "Windschattentyp" oder "Nacherzähler".
Man brauche "kein Land, wenn man einen Kosmos hat", heißt es im Text. Sicher, ein Autor kann nur um sich selbst kreisen, sein eigener Planet im eigenen Universum. Daraus ist Weltliteratur entstanden. Aber wenn er dabei mit dem Land lockt, kann es schwierig werden. In "Prawda" schlägt der Kosmos Hoppe die Welt aus dem Feld. Und das sind dann schöne Stellen. Es gelingen Verwandlungen, auf die die Hoppesche Märchen-Poetik aus ist. "Bräute am Wegrand", das können Kakteen an einer Straße in Mexiko sein oder werbende Kirchen, das kann Hurricane Katrina sein, die "windigste Braut aller", oder die Erzählerin selbst, die auch ein Hurricane ist. Die "Schwalbe", das ist das Schiff des unvergessenen John Maynard, aber auch der Blick des "Schraubers" aus der Tiefe der Halle des Ford-Museums, der die Schriftstellerin (alias Schwalbe) "erkennt". Oder wunderbar, wie sie sich, mit dem Segen von Peter Pan, auf dem Fensterbrett von einem Wirbelsturm mitnehmen lässt, in Hannibal bei Tom Sawyers Zaun und seiner Höhle landet, wo sie dann auf den linkshändigen Zeichner Bruegel den Allerjüngsten trifft, der ihr im Kerzenschein seine Porträts der amerikanischen Präsidenten zeigt und der rastlosen, ehrgeizigen Erzählerin das Glück von Innehalten und Stille schenkt.
Wo der Text aber der informierenden Bringschuld nachkommen möchte, Inventar von Museen beschreibt, aus Faltblättern vorliest oder, etwa am Frankenstein-Museum oder bei den Niagara-Fällen, in Kritik am Massentourismus mündet, wird er unschärfer, als es eine gute Reportage sein darf. Hoppe sieht auch das, versucht später mit einem Denkmal für den kleinen Touristen auszugleichen. Aber man merkt die Absicht. Und nicht die Empathie.
Je mehr Hoppe das tut, was sie mit viel Verve kann, nämlich gegen die lineare Zeit, gegen die Schwerkraft der Vernunft neue Hasenhöhlen der Phantasie zu öffnen, wird das Buch eine vergnügliche, wenn auch nicht immer unanstrengende Hoppe-Freude. Aber wir wissen ja, Reisen macht müde!
Und "Ilf und Petrow"? Sie sind beim Erzählen von der ersten Zeile an dabei, mit dem immer wieder variierten Imperativ: "Schreiben Sie das in Ihre Notizbücher, Gentlemen!"
Felicitas Hoppe: "Prawda". Eine amerikanische Reise.
Verlag S. Fischer, Frankfurt am Main 2018. 319 S., 2 Abb., geb., 20,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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The fear starts here
Was der Buchtitel «Prawda» verheißt, «Wahrheit» nämlich, das findet sich in den eigenwilligen Romanen der Büchner-Preisträgerin Felicitas Hoppe eher selten, ihr literarisches Markenzeichen ist vielmehr ihre mit Komik angereicherte, …
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The fear starts here
Was der Buchtitel «Prawda» verheißt, «Wahrheit» nämlich, das findet sich in den eigenwilligen Romanen der Büchner-Preisträgerin Felicitas Hoppe eher selten, ihr literarisches Markenzeichen ist vielmehr ihre mit Komik angereicherte, überbordende Phantasie, - «Eine amerikanische Reise» ist also alles andere als ein touristischer Bericht. Auf den Spuren zweier russischer Schriftsteller, Ilja Ilf und Jewgeni Petrow, folgt Hoppe achtzig Jahre später deren von der Zeitung «Prawda» initiierten Reise durch die USA. Die beiden waren damals als Autorenduo mit ihren satirischen Romanen überaus populär, und nach ihrer viermonatigen Amerikatour verfassten sie das amüsante Buch «Einstöckiges Amerika» sowie einen Fotoband. Ihnen zu Ehren wurde 1982 ein neu entdeckter Kleinplanet «3668IlfPetrow» benannt.
«Red Ruby» tauft die reiselustige Felicitas Hoppe im September 2015 den rubinroten Ford Explorer (nomen est omen), mit dem sie in weniger als sechzig Tagen die USA durchqueren will, den beiden Russen folgend, etwa zehntausend Meilen liegen vor ihr. Mit an Bord sind drei in einem skurrilen Auswahlverfahren selektierte Reisegefährten, deren Schrulligkeit allein dem Roman schon eine amüsante Färbung gibt. Da ist zunächst mal Foma, der einzige Mann der Gruppe, ein Landschaftsgärtner mit russischen Wurzeln «auf der Suche nach dem größten Kaktus der Welt». Er wechselt sich mit MsAnnAdams am Steuer ab, einer sich geradezu zwanghaft an ihre Handtasche klammernden und den «Distanzplan» in Händen haltenden Kettenraucherin aus Wien, die mit wahrhaft enzyklopädischem Wissen gesegnet ist. Jerry Miller aus Halle schließlich arbeitet an einem fotografischen Projekt mit dem beziehungsreichen Arbeitstitel «Bräute am Wegrand». Die zwar nicht führerscheinlose, aber fahrunwillige Autorin, die sich «Frau Eckermann» nennt, sitzt hinter dem Fahrer auf der Rückbank des geräumigen SUVs, in ihrem «Torcqueville-Erker», und zitiert immer wieder mal den französischen Historiker Alexis de Torcqueville, dessen berühmtes Hauptwerk «De la démocratie en Amérique» sich ebenfalls auf eine Amerikareise gründet.
Zu den Sehenswürdigkeiten, die das muntere Quartett ansteuert, gehören unter anderen die Niagarafälle, die Werkstatt von Thomas Edison, die Ford-Werke in Detroit, ein elektrischer Stuhl, der Zaun von Tom Sawyer, das kuriose Museum für den Wirbelsturm Katrina, zwischendurch hält Hoppe Vorträge bei «Radio Goethe». Sie besucht auch Frankensteins Haus, über dessen Eingang es aus dem Maul einer schaurigen Maske tönt: «The fear starts here», - ein Slogan, der sich noch öfter findet im Roman. Unfreiwillig verbringt die Ich-Erzählerin eine Nacht in einem Bergwerksstollen, trifft den Maler Brueghel den Allerjüngsten, den «Pharao» Barak Obama im Weißen Haus, schließlich die Regie-Legende Quentin Tarantino. «Schriftsteller halten sich niemals an Fakten», heißt es beziehungsreich im Roman, und so ist denn diese mit Skurrilem üppig angereicherte Reise in jeder Hinsicht weit eher ein Ausflug in poetische Sphären denn ein faktenbasierter Bericht.
Diese hoppesche Sicht der Dinge, ausschließlich literarisch bestimmt also, ist eine Art Gegenwelt zur schnöden, so gar nicht froh machenden Realität, ihre poetisch gefärbte Perspektive ist nur von eigenen Phantasien befeuert und artikuliert sich in einer kreativen, mit Sinnsprüchen, Neologismen und Zitaten durchsetzten Sprache. «Notieren Sie das bitte, Gentlemen!» fordert Hoppe schnippisch immer wieder ihre Leser auf. Erfreulich ist auch die komödiantische Intertextualität des Romans, deren amüsanteste für mich das immer wieder neu abgewandelte Zitat des berühmten ersten Satzes aus Tolstois «Anna Karenina» ist. Nicht alle Besonderheiten ihres spezifischen Schreibstils aber haben mich überzeugt, ihr «wirklich (tatsächlich)» beispielsweise hat mich sogar ziemlich genervt, manchen Leser dürfte zudem auch der furiose Wirbel mit wilden Phantasmagorien und Assoziationen schwindelig machen. The fear starts here?
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