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Mit großem Einfühlungsvermögen schildert Colm Toibin das Leben von Henry James: Enttäuscht vom mittelmäßigen Erfolg seiner Romane wendet er sich der Bühne zu. Ein Theaterskandal in London ist die Folge. Henry James verlässt England, geht auf Reisen und lebt in Rom, Venedig und Paris. Ein originelles Buch über die Einsamkeit und Sehnsucht eines Mannes, der Zeit seines Lebens unfähig war, seine Träume von der großen Leidenschaft mit seiner eigenen Fragilität in Einklang zu bringen.

Produktbeschreibung
Mit großem Einfühlungsvermögen schildert Colm Toibin das Leben von Henry James: Enttäuscht vom mittelmäßigen Erfolg seiner Romane wendet er sich der Bühne zu. Ein Theaterskandal in London ist die Folge. Henry James verlässt England, geht auf Reisen und lebt in Rom, Venedig und Paris. Ein originelles Buch über die Einsamkeit und Sehnsucht eines Mannes, der Zeit seines Lebens unfähig war, seine Träume von der großen Leidenschaft mit seiner eigenen Fragilität in Einklang zu bringen.

Autorenporträt
Colm Toíbín , 1955 in Irland geboren, veröffentlichte mehrere Sachbücher. Toíbíns Bücher wurden mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Er gilt als einer der interessantesten englischsprachigen Schriftsteller der mittleren Generation.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.11.2005

Große Würfe

DIE FRAGE, ob der Mensch Herr seines Schicksals ist, ob die Vergangenheit stärker ist als die Zukunft und ob die Einsamkeit dazu führt, daß manche Menschen das Leben, über das sie so angestrengt nachdenken, schlicht verpassen, steht im Mittelpunkt von drei Romanen, die ihre Themen mit so viel stilistischer und gedanklicher Brillanz verfolgen, daß ihre Lektüre unvergeßlich bleibt. Ob man, wie der japanischstämmige Engländer Kazuo Ishiguro in "Alles, was wir geben mußten", die Ohnmacht des Menschen seinem Schicksal gegenüber untersucht oder, wie der Ire Colm Tóibín in "Porträt des Meisters in mittleren Jahren", den Schriftsteller Henry James in seiner eigensinnigen Sturheit so zum Leben erweckt, daß der Leser am Ende ebenso gut und schlecht über ihn urteilen kann wie über einen engen Freund, oder ob man, wie der türkische Schriftsteller Orhan Pamuk im Roman "Schnee" zeigt, wie die beeindruckenden, zugleich unheimlichen Kräfte des Glaubens Religion zu Politik und Politik zu Religion werden lassen - die ebenso brennenden wie mutigen Fragen, die diese drei Autoren aufwerfen, sind von immerwährender Aktualität.

fvl.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Der Rezensent Lothar Müller zeigt sich hingerissen von Colm Toibins "Porträt des Meisters in den mittleren Jahren", das fünf Jahre (von 1895 bis 1899) im Leben des Schriftstellers Henry James nachzeichnet und sich dabei besonders für James als krisenbehaftete "Figur des Interieurs" interessiert. Dabei, so der Rezensent, schwebe Toibin jedoch nicht vor, eine klassische Henry-James-Biografie zu schreiben, sondern, wie der Rezensent es nennt, "etwas Vermesseneres", nämlich so von Henry James erzählen, als sei er einem seiner eigenen Romane entsprungen. Wie der Rezensent klarstellen möchte, betreibe Toibin jedoch keinerlei stilistische "Mimikry", seine Sprache sei aber dennoch, in ihrer "Neigung zur Akzentuierung alles Dramatischen durch seine scheinbare Dämpfung", eine Hommage an James. Toibin, so das Fazit des Rezensenten, verstehe sich vorzüglich darauf, James' spezielle Kunst, "das Verschwiegene des Lebens - und das nicht gelebte Leben", darzustellen, zu würdigen und für den Leser zu beschwören.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 20.08.2005

Die undurchsichtige Mitte des Lebens
Gestatten, Henry James, Geisterbeschwörer: Colm Tóibíns Roman „Porträt des Meisters in mittleren Jahren”
Nichts ist für einen Liebhaber des Halbschattens beunruhigender, als im Scheinwerferlicht zu stehen, womöglich gar auf einer Bühne, Hunderten von Augenpaaren ausgesetzt, deren Blicke ungehindert aus dem abgedunkelten Zuschauerraum herausschießen wie Pfeile. Der irische Schriftsteller Colm Tóibín hat eine solche Szene an den Beginn seines Romans über den amerikanischen Romancier Henry James (1843-1916) gestellt. Sie findet Anfang Januar 1895 im St. James Theater in London statt. Eben ist die Premiere des Stückes „Guy Domville” zu Ende gegangen. Henry James ist zu nervös gewesen, um ihr beizuwohnen. Er war stattdessen ins Haymarket Theater gegangen, um sich dort durch das neue Stück von Oscar Wilde abzulenken.
Groß, übergroß sind die Hoffnungen, die er auf sein eigenes Stück setzt, das Drama eines reichen katholischen Erben, der sich zwischen der Fortführung seines Geschlechtes und dem Eintritt ins Kloster entscheiden muss. Mit der Eroberung des Theaters will Henry James das Publikum an sich binden, das er als Erzähler zu verlieren glaubt. Und nun steht er, Wildes Erfolgsstück noch in den Knochen, auf der Bühne, und nur die besten Freunde im Publikum, darunter der Maler John Singer Sargent und der Autor Edmund Gosse, stemmen sich dem Pfeifkonzert entgegen, das über ihn hereinbricht. Als er, mit einem unkontrollierbaren Ausdruck von Panik im Gesicht, von der Bühne abtritt: ist zweierlei gewiss: dass er nie ein populärer Autor sein wird und dass er zur Form des Romans und der Erzählung zurückkehren, sich ihr rückhaltlos wird verschreiben müssen.
Colm Tóibín ist 1955 in der irischen Provinz geboren und als junger Mann in den siebziger Jahren nach Barcelona gegangen, kurz bevor in Spanien das Franco-Regime endete. Nach Irland zurückgekehrt, wurde er schnell ein erfolgreicher Journalist und Essayist. In seinem Romandebüt „The South” (1990) sind nicht nur das Spanien, in dem noch der Bürgerkrieg spukt, und Irland ineinander gespiegelt. Es geht zugleich um das Hören von Sprachen, die man nicht versteht, um die prekären Momente des Ankommens und Weggehens, um die Suche nach verschütteten Lebenswegen. Und am Ende bringt jemand einen Stapel Henry-James-Romane mit, in die eine der Hauptfiguren wie in einem Spiegel sich selbst zu erkennen meint.
Auf Deutsch ist von Colm Tóibín zuletzt der Roman „Das Feuerschiff von Blackwater” (2001) erschienen, die ebenso behutsame wie hartnäckige Studie einer Familie, die sich um einen Todkranken versammelt und dabei zu erkunden beginnt wie einen fremden Kontinent. Sein neuer Roman heißt im Original „The Master” (2004), der deutsche Titel „Porträt des Meisters in mittleren Jahren” akzentuiert das Thema der Lebensmitte als krisengefährdeter Region. Jahreszahlen und Monatsnamen von Januar 1895 bis Oktober 1899 hat Tóibín als Überschriften über seine Kapitel gesetzt. Aber nur dem Scheine nach rückt der Roman in stetiger Chronologie voran, um fünf Jahre im Leben seines Helden abzuschreiten. Denn dieser Held lebt nie nur in der Gegenwart, er ist voller Erinnerungen und Ahnungen, und er bewegt sich durch eine Prosa, durch deren Satzfluchten die Schatten der Zukunft wie die der Vergangenheit wie durch halb geöffnete Türen huschen. So blitzt erst auf einer der letzten Seiten des Romans eine Urszene aus der Kindheit des Helden auf: eine Cousine aus Albany liest die eben eingetroffene erste Folge von Charles Dickens‘ „David Copperfield” (1850) vor, und der kleine Henry James bleibt unentdeckt in seinem Versteck in der Ecke des Zimmers, aus dem man ihn verwiesen hat, bis ihn sein Schluchzen verrät.
Gewalt des Erzählens
Es gibt bei Colm Tóibín keine Distanz zwischen dem Romancier in mittleren Jahren und dieser Urszene seiner Imprägnierung mit der Gewalt des Erzählens. Er will nicht mit den Henry-James-Biographen konkurrieren, deren Bücher er dankbar benutzt zu haben im Anhang bekennt. Er will etwas Vermesseneres: von einem Henry James erzählen, der einem Henry-James-Roman entsprungen sein könnte. Er will den Betriebsgeheimnissen des Schriftstellers Henry James nachspüren, ohne die Illusion zu erwecken, sie lüften zu können.
Nicht die Nachzeichnung einer Lebenslinie oder Entwicklung, sondern das Umkreisen eines undurchsichtigen Lerbenszentrums gibt diesem Roman seine Form. Aus der konzentrischen Bewegung entspringt seine suggestive Kraft. Er umkreist den gescheiterten Dramatiker, der in die Welt des Romans zurückkehrt und dort die Aufladung von Dialogen mit einer aus dem Unsagbaren hervorgehenden Spannung betreibt, an der er im Bühnendialog scheitern musste. Er umkreist den von Jugend auf von Männern angezogenen Mann, ohne ihm mit einer triumphalen Outing-Geste die Homosexualität auf den Kopf zuzusagen, an deren Schwelle er sein Leben lang zögert.
Er umkreist die Frauen, die in das undurchsichtige Lebenszentrum eingehen: die Cousine Minnie Temple, die übernervöse Schwester Alice, die Schriftstellerkollegin Constance Fenimore Woolson, Großnichte James Fenimore Coopers. Und er umkreist die Ehelosigkeit seines Helden, die paradoxe Spezialisierung des Junggesellen auf die überscharfe Wahrnehmung all dessen, was den inneren Kosmos einer Familie ausmacht.
Der - in der deutschen Übersetzung gut aufgehobene - Stil, in den Colm Tóibín dieses Kreisen fasst, betreibt keine Mimikry mit dem Stil von Henry James. Aber er ist in seiner Neigung zur Akzentuierung alles Dramatischen durch seine scheinbare Dämpfung eine Hommage an dessen Stil. Man lese nur die Beschreibung der aus Unruhe und Grauen gemischten Faszination, mit der Tóibíns Held den Prozess verfolgt, der seinen erfolgreicheren Nebenbuhler auf dem Theater, Oscar Wilde, ins Gefängnis stürzt. Man lese die knisternde Beschreibung der Nacht, die der junge Henry James kurz nach dem amerikanischen Bürgerkrieg mit Oliver Wendell Holmes, dem künftigen prominenten Juristen, in einem Bett verbringt. Oder die Szene, in der Henry James nach dem Tod von Constance Fenimore Woolson in Venedig, in dem er einen Selbstmord vermuten muss, an dem er sich nicht gänzlich schuldlos glauben kann, nach Italien reist und mit einem Gondoliere die immer wieder auftauchenden Kleider der Freundin in der Lagune zu versenken sucht.
Nicht von ungefähr erinnert Tóibíns Roman in Szenen wie dieser an Bildervon John Singer Sargent, dem Porträtisten von Henry James. Denn zwar blendet Tóibín die Außenwelt nicht aus, setzt im Gegenteil im Blick auf die Dublin-Reise seines Helden im Frühjahr 1895 den irisch-englischen Konflikt in so scharfes Licht wie die Grundspannung zwischen der amerikanischen Herkunft und den europäischen Leidenschaften des zwischen London, Paris, Venedig und Florenz zirkulierenden Romanciers.
Aber der reisende und parlierende Henry James sind in diesem Roman nur Nebenfiguren. Die unbestrittene Hauptfigur ist eine Figur des Interieurs, die eher ins Bild gebannt als durchs Leben begleitet wird. Ein Schriftsteller, der Räume so genau beschreiben kann, dass befreundete Architekten sich anbieten, sie zu zeichnen, weil er Häuser und Interieurs mit einer prüfenden Aufmerksamkeit ins Auge fasst, die der eines Sherlock Holmes nicht nachsteht. Und der seine Räume mit Figuren bevölkert, deren Sätze immer wieder in riesigen Echoräumen des Nichtgesagten verhallen und die beim Schreiben von Briefen wissen, dass jede ihrer Zeilen daraufhin geprüft werden wird, was möglicherweise zwischen ihnen verborgen ist.
Gespräche mit Toten
Lamb House, das Domizil von Henry James in Rye in East Sussex, ist daher der wichtigste Schauplatz dieses Romans. Wenn das Dienerpaar in Trunksucht versinkt, scheint es an die Dickens-Welt zu grenzen. Wenn William James, der Philosoph und ältere Bruder, mit seiner Gattin zu Besuch kommt, zieht nicht nur ein Anwalt des Amerikanischen ein, sondern zugleich ein schwerkranker Mann, der mit spiritistischen Medien Umgang pflegt. Colm Tóibíns Henry James blickt darauf mit Distanz, aber ohne Herablassung. Der Umgang mit Gespenstern, die aus geschlossenen Räumen entweichen, der Dialog mit Toten ist sein - übrigens mit modernen Mitteln wie der Schreibmaschine betriebenes - Handwerk. Denn seine Kunst als Romancier ist: das Verschwiegene des Lebens - und das nicht gelebte Leben - zur Sprache zu bringen. Colm Tóibíns Buch ist ein großartiges Plädoyer für diese Kunst - gerade weil es Henry James eher unheimlich macht, als den Leser mit ihm zu befreunden.
LOTHAR MÜLLER
COLM TÓIBÍN: Porträt des Meisters in mittleren Jahren. Roman. Aus dem Englischen von Giovanni und Ditte Bandini. Carl Hanser Verlag, München 2005. 432 Seiten, 24,90 Euro.
Mit einem Gondoliere die immer wieder auftauchenden Kleider der toten Freundin in der Lagune versenken: Die Rialtobrücke, vermutlich im Jahr 1911 gemalt von John Singer Sargent, auch von der Stimmung her ein Stück aus dem Venedig von Henry James.
Foto: Philadelphia Museum of Art
John Singer Sargent: Henry James im Jahr 1913
Foto: National Portrait Gallery
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"Ein wunderbarer Roman. Tóibín, einer der besten Schriftsteller seines Landes, präsentiert ein Buch, das man genießen kann, ohne je ein Wort von James gelesen zu haben." Hans-Peter Kunisch, Tagesspiegel, 24./25./26.12.05 "Selten hat man so Aufschlussreiches über die Entstehung von Literatur gelesen. Auch sprachlich hat sich Tóibín klug auf die Welt Henry James' eingestellt. ... Ein Text von zwingender poetischer Kraft. ... Für James-Leser ist sein Roman eine Offenbarung, für jene, die ihn noch nicht kennen, ein Sprungbrett. Grandios und aufregend." Christine Lötscher, Tages-Anzeiger Zürich, 19.12.05