Hideo Ashida is a brilliant police chemist and the only Japanese on the payroll. Four driven souls - rivals, lovers, history's pawns - thrown into an investigation which will not only rip them apart but take America to the edge of the abyss at a crucial moment in its history.
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Süddeutsche ZeitungWir sind
eine Seele
Mit „Perfidia“ beginnt James Ellroy,
der große Thriller-Epiker Amerikas,
ein zweites „L. A. Quartett“
VON FRITZ GÖTTLER
Die Liebe ist alles in dieser Geschichte, amor omnia. Los Angeles im Dezember 1941, nach dem Schock von Pearl Harbor. Erledige einen Japsen für mich, sagt die geliebte Frau, und der liebende Mann nimmt das ganz wörtlich. Los Angeles fürchtet eine Invasion der Japaner, und die Stadt wird fortan nicht mehr zur Ruhe kommen, vibriert 24 Stunden am Tag, ein Erregung gehalten von Benzedrin, Whiskey, Zigaretten, Sex, Rassismus und wildem Blutrausch.
Mit „Perfidia“ startet James Ellroy ein neues L. A. Quartett, vier Romane, die von Los Angeles in Krieg und Nachkrieg erzählen, 1941 bis 1946. Ein Wahnsinnsprojekt, das ihn die nächsten Jahre unter Hochdruck halten wird. Das legendäre erste Quartett erzählte von den Jahren 1946 bis 1958, die anschließende Underworld USA Trilogie von der Zeit bis 1972. Zusammen werden die elf Bände ein mehrtausendseitiges Epos über Amerikas hitzigste Epoche des 20. Jahrhunderts ergeben.
„Perfidia“ ist Vorgeschichte, der Stadt, aber auch vieler Gestalten, die wir aus den bisherigen Bänden kennen. Der liebende Mann ist der junge irische Detective Sergeant Dudley Smith, der hier die ersten energischen, brutalen, kriminellen Vorbereitungen für seine spätere Karriere unternimmt, mit gezielten Kopfschüssen, aber auch mit wuchtigen Shakespeare-Zitaten. Die geliebte Frau ist Bette Davis, der Hollywoodstar, die weiß, wie man einen Mann zum Rasen, in äußerste Verzweiflung bringt. „Du hast mich inkommodiert“, lässt sie dem Mann, der in seiner Verliebtheit eher ungeschickt reagiert, eiskalt ausrichten – er hat ihr rote Rosen schicken lassen und die wurden in Anwesenheit ihres Pro-forma-Gatten geliefert.
Für die Tage um Weihnachten ist auch Beth Short in L. A. und im Haus von Bette Davis, die „Black Dahlia“, das Mädchen, das dann 1947 brutal ermordet wird. Eine Tochter Dudleys, von diesem zärtlich umsorgt. Stärker als zuvor bringt Ellroy hier fiktive Figuren mit historischen Hollywoodianern zusammen, er hat den Thriller definitiv umfunktioniert zum Klatschroman. Los Angeles Babylon. Gregg Toland, der erfindungsreiche Kameramann für den „Citizen Kane“ von Orson Welles, leuchtet ein mondänes Gartenfest aus. Rachmaninow erlebt man auf Partys und bei der Gartenarbeit. Salvador Dalí hat einen Deckenfries gestaltet – für die Prachtzelle, in der Bugsy Siegel, der Mafiagangster, einsitzen muss.
Ein Mord an einer japanischen Familie erschüttert die Gesellschaft der Stadt, am 6. Dezember, einen Tag vor Pearl Harbor. Es passieren hässliche Dinge bei seiner Aufklärung, Japaner werden haufenweise verhaftet, enteignet, gekillt. Faschisten planen skrupellose Intrigen, mit Grundstücksgeschäften soll aus dem Elend der Japaner Kapital geschlagen werden und auch mit dubiosen Methoden der Eugenik – man will sie operativ in Chinesen verwandeln, um sie der Verfolgung zu entziehen. Auch die Cops sind mitbeteiligt, Dudley Smith natürlich und sein Konkurrent William Parker – eine historische Figur, später Polizeichef von L. A. Er liebt Kay Lake, die junge Jägerin, die schnell die Seiten wechselt und diversen Männern des Polizeidepartments den Kopf verdreht, und versucht, den Dr. Hideo Ashiga für sich zu gewinnen, den gerissenen Forensiker, der durch interne Protektion die Verfolgungen relativ unbeschadet übersteht.
Ellroy schreibt ekstatisch, in Kürzestsätzen, euphorisch, rücksichtlos. Ganze Passagen verdichten sich unentrinnbar auf Sentenzen. „Perfidia“ ist ein berühmter Song, der damals überall erklang, über verfehlte Liebe und Verrat. „Mit trauriger Klage sind meine Träume verblasst wie eine zerbrochene Melodie, während die Götter der Liebe herabschauen und lachen, was für romantische Narren wir Sterblichen sind.“
Ellroy ist kein Moralist, bei aller Korruption und Brutalität behalten seine Helden eine magische Unschuld. Die Frauen sind kämpferisch, meistens links, und ihr Vorbild ist Jeanne d’Arc, die in Carl Theodor Dreyers Film, der – welch Wunder – am Weihnachtstag tatsächlich in L. A. in einem Kino zu sehen ist. Alle Menschen sind miteinander verbunden, alle Schicksale, alles Verlangen. James Ellroy findet das absolut nicht verwunderlich: „We’re out there, we’re one soul.“ Im „Anti-Ödipus“ schrieben Deleuze/Guartari: „Denn evident ist, zunächst, dass der Wunsch keine Person oder Sachen, sondern ganze Umwelten zum Gegenstand hat, die er durchläuft, Vibration und Ströme jeglicher Art . . ., ein stets nomadischer und wandernder Wunsch . . .“ Das Buch ist ein hitziges Liebeslied, nicht nur für Detective Dudley, auf die Stadt Los Angeles. „Der Krieg hatte ihm ein wild gewordenes und wahnsinnig entschlossenes L. A. geschenkt. Der Krieg ermöglichte ihm, L. A. ein letztes Mal zu lieben, wie es war.“
James Ellroy: Perfidia. Aus dem Englischen von Stephen Tree. Ullstein Verlag, Berlin 2015. 954 Seiten, 25 Euro. E-Book 19,99 Euro.
Auch Beth Short taucht auf,
die „Black Dahlia“, die dann
brutal ermordet werden wird
„Ihre Nase ist hübsch, aber es ist nicht die von Sue.“
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eine Seele
Mit „Perfidia“ beginnt James Ellroy,
der große Thriller-Epiker Amerikas,
ein zweites „L. A. Quartett“
VON FRITZ GÖTTLER
Die Liebe ist alles in dieser Geschichte, amor omnia. Los Angeles im Dezember 1941, nach dem Schock von Pearl Harbor. Erledige einen Japsen für mich, sagt die geliebte Frau, und der liebende Mann nimmt das ganz wörtlich. Los Angeles fürchtet eine Invasion der Japaner, und die Stadt wird fortan nicht mehr zur Ruhe kommen, vibriert 24 Stunden am Tag, ein Erregung gehalten von Benzedrin, Whiskey, Zigaretten, Sex, Rassismus und wildem Blutrausch.
Mit „Perfidia“ startet James Ellroy ein neues L. A. Quartett, vier Romane, die von Los Angeles in Krieg und Nachkrieg erzählen, 1941 bis 1946. Ein Wahnsinnsprojekt, das ihn die nächsten Jahre unter Hochdruck halten wird. Das legendäre erste Quartett erzählte von den Jahren 1946 bis 1958, die anschließende Underworld USA Trilogie von der Zeit bis 1972. Zusammen werden die elf Bände ein mehrtausendseitiges Epos über Amerikas hitzigste Epoche des 20. Jahrhunderts ergeben.
„Perfidia“ ist Vorgeschichte, der Stadt, aber auch vieler Gestalten, die wir aus den bisherigen Bänden kennen. Der liebende Mann ist der junge irische Detective Sergeant Dudley Smith, der hier die ersten energischen, brutalen, kriminellen Vorbereitungen für seine spätere Karriere unternimmt, mit gezielten Kopfschüssen, aber auch mit wuchtigen Shakespeare-Zitaten. Die geliebte Frau ist Bette Davis, der Hollywoodstar, die weiß, wie man einen Mann zum Rasen, in äußerste Verzweiflung bringt. „Du hast mich inkommodiert“, lässt sie dem Mann, der in seiner Verliebtheit eher ungeschickt reagiert, eiskalt ausrichten – er hat ihr rote Rosen schicken lassen und die wurden in Anwesenheit ihres Pro-forma-Gatten geliefert.
Für die Tage um Weihnachten ist auch Beth Short in L. A. und im Haus von Bette Davis, die „Black Dahlia“, das Mädchen, das dann 1947 brutal ermordet wird. Eine Tochter Dudleys, von diesem zärtlich umsorgt. Stärker als zuvor bringt Ellroy hier fiktive Figuren mit historischen Hollywoodianern zusammen, er hat den Thriller definitiv umfunktioniert zum Klatschroman. Los Angeles Babylon. Gregg Toland, der erfindungsreiche Kameramann für den „Citizen Kane“ von Orson Welles, leuchtet ein mondänes Gartenfest aus. Rachmaninow erlebt man auf Partys und bei der Gartenarbeit. Salvador Dalí hat einen Deckenfries gestaltet – für die Prachtzelle, in der Bugsy Siegel, der Mafiagangster, einsitzen muss.
Ein Mord an einer japanischen Familie erschüttert die Gesellschaft der Stadt, am 6. Dezember, einen Tag vor Pearl Harbor. Es passieren hässliche Dinge bei seiner Aufklärung, Japaner werden haufenweise verhaftet, enteignet, gekillt. Faschisten planen skrupellose Intrigen, mit Grundstücksgeschäften soll aus dem Elend der Japaner Kapital geschlagen werden und auch mit dubiosen Methoden der Eugenik – man will sie operativ in Chinesen verwandeln, um sie der Verfolgung zu entziehen. Auch die Cops sind mitbeteiligt, Dudley Smith natürlich und sein Konkurrent William Parker – eine historische Figur, später Polizeichef von L. A. Er liebt Kay Lake, die junge Jägerin, die schnell die Seiten wechselt und diversen Männern des Polizeidepartments den Kopf verdreht, und versucht, den Dr. Hideo Ashiga für sich zu gewinnen, den gerissenen Forensiker, der durch interne Protektion die Verfolgungen relativ unbeschadet übersteht.
Ellroy schreibt ekstatisch, in Kürzestsätzen, euphorisch, rücksichtlos. Ganze Passagen verdichten sich unentrinnbar auf Sentenzen. „Perfidia“ ist ein berühmter Song, der damals überall erklang, über verfehlte Liebe und Verrat. „Mit trauriger Klage sind meine Träume verblasst wie eine zerbrochene Melodie, während die Götter der Liebe herabschauen und lachen, was für romantische Narren wir Sterblichen sind.“
Ellroy ist kein Moralist, bei aller Korruption und Brutalität behalten seine Helden eine magische Unschuld. Die Frauen sind kämpferisch, meistens links, und ihr Vorbild ist Jeanne d’Arc, die in Carl Theodor Dreyers Film, der – welch Wunder – am Weihnachtstag tatsächlich in L. A. in einem Kino zu sehen ist. Alle Menschen sind miteinander verbunden, alle Schicksale, alles Verlangen. James Ellroy findet das absolut nicht verwunderlich: „We’re out there, we’re one soul.“ Im „Anti-Ödipus“ schrieben Deleuze/Guartari: „Denn evident ist, zunächst, dass der Wunsch keine Person oder Sachen, sondern ganze Umwelten zum Gegenstand hat, die er durchläuft, Vibration und Ströme jeglicher Art . . ., ein stets nomadischer und wandernder Wunsch . . .“ Das Buch ist ein hitziges Liebeslied, nicht nur für Detective Dudley, auf die Stadt Los Angeles. „Der Krieg hatte ihm ein wild gewordenes und wahnsinnig entschlossenes L. A. geschenkt. Der Krieg ermöglichte ihm, L. A. ein letztes Mal zu lieben, wie es war.“
James Ellroy: Perfidia. Aus dem Englischen von Stephen Tree. Ullstein Verlag, Berlin 2015. 954 Seiten, 25 Euro. E-Book 19,99 Euro.
Auch Beth Short taucht auf,
die „Black Dahlia“, die dann
brutal ermordet werden wird
„Ihre Nase ist hübsch, aber es ist nicht die von Sue.“
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There has never been a writer like James Ellroy. Telegraph