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Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.12.1997

Organisation und Institutionenökonomik
Anspruchsvolle Theorie und verbesserter Praxisbezug

Arnold Picot/Helmut Dietl/Egon Franck: Organisation. Eine ökonomische Perspektive. Schäffer-Poeschel Verlag, Stuttgart 1997, 368 Seiten, 48 DM.

Das Besondere dieses Buches gegenüber den bisherigen Standardwerken der Organisation liegt in der unterschiedlichen Interpretation von Haupt- und Untertitel. Die Autoren erweitern den Organisationsbegriff zum einen auf die - erfolgsrelevanten - Institutionen des Unternehmensumfelds wie Märkte (zum Beispiel die Börse), Träger der staatlichen Wettbewerbspolitik und die Regelung der zwischenbetrieblichen Kooperationsbeziehungen. Zum anderen berücksichtigen sie explizit die Erkenntnisse der neueren Institutionenökonomie in Gestalt der Property-Rights-Theorie (Theorie der Verfügungsrechte), der Transaktionskostentheorie und der Principal-Agent-Theorie.

Der skeptische Leser wird sich natürlich fragen, ob dieses Vorgehen nicht nur ein Mehr an theoretischem Erklärungsgehalt bedeutet, sondern auch mit einem verbesserten Anwendungsbezug für die Organisationspraxis verknüpft ist. In der Tat ist den Autoren weitgehend die Erfüllung beider Zwecksetzungen zu bescheinigen. Einen maßgeblichen Anteil daran trägt Arnold Picot, der sich als einer der ersten deutschen Betriebswirte seit rund fünfzehn Jahren mit neoinstitutionalistischen Ansätzen beschäftigt.

Wie fruchtbar die Erkenntnisse der neuen Institutionenökonomik für die Organisation sind, demonstrieren die Autoren - übersichtlich und didaktisch gelungen - mit vielen Beispielen. Bei den zwischenbetrieblichen Kooperationsbeziehungen komplexerer Strukturen sind das zum Beispiel Genossenschaften, Franchisesysteme, dynamische Netzwerke von klein- und mittelständischen Unternehmen, branchenübergreifende Kooperationen (Keiretsu) sowie Leveraged-Buy-out-Gesellschaften.

Immerhin ist knapp die Hälfte der Ausführungen dem Binnenbereich des Unternehmens als eher traditionellem Anwendungsfeld der Organisation gewidmet. Eindrucksvoll erscheint hier vor allem die Einbeziehung der Theorie der Verfügungsrechte in die Darstellung der einzelnen Rechtsformen der Unternehmensverfassung und der verschiedenen Organisationsformen. Eher am Rande untersuchen die Autoren dagegen die Anwendung der Transaktionskosten auf die im übrigen recht detailliert behandelte Werkstattfertigung und Fließfertigung sowie die neuen Formen der Fertigungsorganisation. Das verdeutlicht, daß sie ihren methodischen Ansatz nicht überziehen, sondern mit Augenmaß und sachgerecht vorgehen. Überraschend ausführlich (und zugleich informativ) werden die Elemente der Lean Production anhand der bekannten MIT-Studie "The machine that changed the world" und die Entwicklung neuer Organisationsformen in der amerikanischen und japanischen Automobilindustrie dargestellt. Als Fazit bleibt: Das Buch ist eine gelungene Verbindung von anspruchsvoller Theorie und notwendigem Anwendungsbezug.

HARTMUT KREIKEBAUM

(Professor für Industriebetriebslehre an der Universität Frankfurt)

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