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Read a fan's eye view of one of tennis's most notorious stars, and an exploration into the idea of sporting obsession.

Produktbeschreibung
Read a fan's eye view of one of tennis's most notorious stars, and an exploration into the idea of sporting obsession.
Autorenporträt
Tim Adams has been an editor at Granta and literary editor of the Observer , where he now writes full-time. An occasional tennis correspondent and scratchy parks player, he once lost in straight sets to Martin Amis and served a whole game of double faults to Annabel Croft. He lives in London.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.06.2008

John McEnroes Unsterblichkeit

In seiner Profikarriere, die von 1978 bis 1992 währte, hat der amerikanische Tennisspieler John McEnroe an die fünfzehnhundert Siege gefeiert und dabei im Einzel wie im Doppel jeweils siebenundsiebzig Titel geholt - einer anderen Statistik zufolge im Doppel sogar noch einen mehr. Wahrhaft unsterblich aber ist er durch zwei Niederlagen geworden.

Die erste der beiden vollzog sich am Sonntag, dem 5. Juli 1980, im geschichtsmächtigen Herrenfinale von Wimbledon gegen den Schweden Björn Borg. Auf zwölf makellosen Seiten lässt sie der englische Literaturkritiker und Sportenthusiast Tim Adams noch einmal Revue passieren (Tim Adams: "Being John McEnroe". Aus dem Englischen von Matthias Fienbork. Berlin Verlag, Berlin 2008. 142 S., geb., 16,- [Euro]). Adams, Redakteur beim "Observer", gelingt dies im vierten Kapitel des schmalen Bandes durch eine Mischung aus anekdotischer Selbstbezüglichkeit und einem sehr lakonischen, auf jede wohlfeile Tennismetapher verzichtenden Stil.

Sein feuilletonistisches Porträt des 1959 in Wiesbaden geborenen und in New York aufgewachsenen John McEnroe überzeugt auch in einigen weiteren Passagen. So vermag es Adams, die Besonderheiten im Spiel des Amerikaners präzise zu schildern, jene Qualitäten mithin, die McEnroes Stil einzigartig machten. "Wenn ich ihn spielen sah", so Adams, "hatte ich immer das Gefühl, dass der Ball etwas länger an seinem Schläger klebte als an dem seiner Gegner" - in der Tat ist es dieses minimale und wohl naturgegebene Retardieren, das dem linkshändigen Tennisästheten ein so traumhaftes Ballgefühl bescherte. Selbst bei den härtesten Schlägen drosch er nie auf den Ball ein, sondern "schob oder hob" ihn übers Netz.

Zu Recht legendär ist überdies der Aufschlag: "McEnroe stellte sich seitlich an die Linie, beugte sich vornüber und schien dann aus dem Nichts Ball und Schläger hervorzuholen." Dass diese Technik, die dem Gegner die eigenen Absichten noch etwas länger als gewöhnlich verbarg, im Grunde auf einer Schonhaltung beruhte, um den Rücken zu entlasten, fügt Adams hinzu - und lüftet damit für viele Leser nicht weniger als ein Geheimnis. Ein ausgezeichnetes Kapitel widmet er schließlich den für beide Seiten höchst lukrativen Geschäftsbeziehungen zwischen dem Tennisstar und dem Sportartikelkonzern Nike. Dessen Gründer Phil Knight machte sich für die Werbung gerade jene Eigenschaften zunutze, für die McEnroe zeit seiner Karriere hochberüchtigt war: die grundständige, teilweise auch autoaggressive Rüpelhaftigkeit und die ungezählten verbalen Wutausbrüche gegenüber Turnierveranstaltern, Kontrahenten, Schieds- und Linienrichtern.

So weit, so gut. Ansonsten jedoch fallen an Adams' Essay vor allem die Defizite auf. Dass die deutsche Ausgabe das im Original bereits 2003 abgeschlossene und 2004 publizierte Manuskript nun völlig unverändert abdruckt, ist beiden vorzuhalten: dem Autor, der offensichtlich zu einer Aktualisierung zu faul war, und dem deutschen Verlag, der sich von dieser Faulheit umstandslos anstecken ließ. Nicht zu fassen ist jedenfalls, dass der inzwischen neunundvierzig Jahre alte McEnroe in diesem Band auf ewig dreiundvierzig bleibt. Schwer zu ertragen ist, dass in einem Kapitel ständig von "Billard" die Rede ist, wo nur "Snooker", also die Edelvariante des Billigspiels "Pool", gemeint sein kann. Nur vage zu ahnen ist, was jene "zehn Satzpunkte" bedeuten sollen, die McEnroe in einem Seniorenmatch gegen den Franzosen Guy Forget nacheinander vergibt: "Satzpunkte" kennt das Tennis nicht.

Wirklich fahrlässig ist jedoch, dass dieses Buch mit keinem Wort das Doping-Geständnis erwähnt, das McEnroe im Jahr 2004 rückwirkend abgelegt hat - naturgemäß in der ihm eigenen salopp-aggressiven und ein wenig zynischen Art, zugleich jedoch nahelegend, dass es einst und zumindest bisweilen nicht nur während der Ballwechsel selbst unlauter zugegangen sei, sondern dass auch die von seinen Fans so überaus geliebten Wutanfälle auf den schlichten Missbrauch von anabolen Steroiden zurückzuführen sein dürften.

Es schmälert schließlich McEnroes Ruhm, dass seine zweite Unsterblichkeits-Niederlage mit keinem Wort erwähnt wird - sehr schade ist dies gerade für die deutschen Leser. Denn diese Niederlage vollzog sich bei einem Relegationsspiel im Davis Cup am Freitag, dem 24. Juli 1987, in Hartford/Conneticut. Gegner des amerikanischen war das deutsche Team, erster Gegner McEnroes war der damals schon zweifache Wimbledon-Sieger Boris Becker. Das Spiel zwischen den beiden begann um 16.38 Uhr Ortszeit, in Deutschland also kurz nach halb elf Uhr am Abend. Es endete sechs Stunden und neununddreißig Minuten später mit Beckers Sieg in fünf Sätzen. Dass der gut acht Jahre Jüngere dabei gewann, verkleinert McEnroes athletische und spielerische Leistung nicht im Geringsten. Im Gegenteil, er war an einer Sternstunde dieses Sports beteiligt, von deren Wiederkehr just die deutschen Tennisenthusiasten nur noch traurig träumen können.

JOCHEN HIEBER

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