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Der Roman »Ökotopia«, 1975 verfasst, verblüfft durch seine Aktualität: Elektrotaxis, Biogemüse, Smartphones, mächtige Politikerinnen, Solarenergie - beim Lesen glaubt man sich immer wieder in eine parallele Gegenwart versetzt. Doch der kleine Staat Ökotopia an der US-amerikanischen Südwestküste, der sich in Callenbachs Zukunftsszenario von den Vereinigten Staaten abgespalten hat, ist einfach nur seiner Zeit weit voraus.Entsprechend staunt auch der New Yorker Journalist William Weston, der über die skurrile Hippie-Republik mit der guten Luft berichten soll, und wirft seine Vorurteile...
Der Roman »Ökotopia«, 1975 verfasst, verblüfft durch seine Aktualität: Elektrotaxis, Biogemüse, Smartphones, mächtige Politikerinnen, Solarenergie - beim Lesen glaubt man sich immer wieder in eine parallele Gegenwart versetzt. Doch der kleine Staat Ökotopia an der US-amerikanischen Südwestküste, der sich in Callenbachs Zukunftsszenario von den Vereinigten Staaten abgespalten hat, ist einfach nur seiner Zeit weit voraus.Entsprechend staunt auch der New Yorker Journalist William Weston, der über die skurrile Hippie-Republik mit der guten Luft berichten soll, und wirft seine Vorurteile bald über Bord. Spätestens als er sich in eine Ökotopianerin verliebt, will er gar nicht mehr zurück. Doch um bleiben zu können, muss er nicht nur die Wahrheit über einen von der US-Regierung vertuschten Krieg herausfinden, sondern auch beweisen, dass er eine gleichberechtigte Beziehung führen kann ...»Callenbach zeichnete 1975 eine Gesellschaft, die durch ihre ökologische Nachhaltigkeit heute mehr denn je inspirierend wirkt.« DEUTSCHLANDFUNK KULTUR
Ernest Callenbach, geboren 1929 in Pennsylvania, war Schriftsteller, Filmkritiker und Universitätsdozent. Er galt als ökologischer Visionär. Sein Roman 'Ecotopia' wurde in mehr als ein Dutzend Sprachen übersetzt und erreichte Millionenauflagen. Er begründete die international renommierte Zeitschrift 'Film Quarterly' (University of California Press) und hielt weltweit Vorträge zu ökologischen Themen. 2012 verstarb er in Berkeley (Kalifornien). Holger Hanowell, geb. 1969, ist freier Übersetzer und Autor. Für Reclam hat er zuletzt George Orwells '1984' übersetzt.
Produktdetails
- Verlag: Reclam, Ditzingen
- Artikelnr. des Verlages: 95928649
- Neuübersetzung
- Seitenzahl: 284
- Erscheinungstermin: 11. Oktober 2022
- Deutsch
- Abmessung: 205mm x 130mm x 24mm
- Gewicht: 368g
- ISBN-13: 9783150114179
- ISBN-10: 3150114179
- Artikelnr.: 63916096
Herstellerkennzeichnung
Reclam Philipp Jun.
Siemensstr. 32
71254 Ditzingen
auslieferung@reclam.de
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Zuerst 1975 erschienen, kann Kritiker Felix Schwarz nun eine Neuübersetzung des Umwelt-Klassikers "Ökotopia" des Amerikaners Ernest Callenbach lesen: Die Geschichte ist in der Zukunft angesiedelt, es geht um einen konsumfreudigen Karrierejournalisten, der den Kleinstaat Ökotopia bereist, der sich gerechter, fortschrittlicher, umweltfreundlicher definiert als der Rest der USA. Ganz so perfekt ist diese Utopie aber nicht, verrät Schwarz, das Kollektiv scheint das Individuum stets zu übertrumpfen, auch Minderheiten erfahren keine angemessene Repräsentanz, meint er. Er erfährt aber auch aus einem Vortrag des Autors, dass es auch nicht sein Ziel war, mit "Ökotopia" einen perfekten Staat vorzulegen. Ihm ging es mehr um Konsumkritik. Literarisch ist der Roman eher uninteressant, meint Schwarz, doch gesteht er ihm dennoch große Inspirations- und Motivationskraft zu.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Penetrantes Naturbewusstsein
Trägt Früchte:
Ernest Callenbachs Roman "Ökotopia", der als Klassiker der
Umweltbewegung gilt, erscheint in neuer Übersetzung.
Sich mit Klimaschutz und Nachhaltigkeit zu beschäftigen sorgt bei vielen Menschen für schlechte Laune. Verzicht und Verbote gelten als Reizwörter. Umso wichtiger ist es, positive Erzählungen für ein gutes Leben in den öffentlichen Diskurs zu integrieren. Dem amerikanischen Schriftsteller und Universitätsdozenten Ernest Callenbach war es 1975 mit seinem Bestsellerroman "Ökotopia" gelungen, nicht nur entscheidenden Einfluss auf die Umweltbewegung seiner Zeit zu nehmen, sondern zugleich ein optimistisches Bild einer nachhaltigeren Gesellschaft zu
Trägt Früchte:
Ernest Callenbachs Roman "Ökotopia", der als Klassiker der
Umweltbewegung gilt, erscheint in neuer Übersetzung.
Sich mit Klimaschutz und Nachhaltigkeit zu beschäftigen sorgt bei vielen Menschen für schlechte Laune. Verzicht und Verbote gelten als Reizwörter. Umso wichtiger ist es, positive Erzählungen für ein gutes Leben in den öffentlichen Diskurs zu integrieren. Dem amerikanischen Schriftsteller und Universitätsdozenten Ernest Callenbach war es 1975 mit seinem Bestsellerroman "Ökotopia" gelungen, nicht nur entscheidenden Einfluss auf die Umweltbewegung seiner Zeit zu nehmen, sondern zugleich ein optimistisches Bild einer nachhaltigeren Gesellschaft zu
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zeichnen. Nun hat Holger Hanowell den Klassiker für den Reclam Verlag neu ins Deutsche übersetzt.
Die Geschichte, die Callenbach erzählt, liest sich als radikale Abrechnung mit der amerikanischen Gesellschaft der Siebzigerjahre, wie der Autor sie verstand. Sein Icherzähler, der Reporter William Weston, sollte den westlichen Durchschnittsmann repräsentieren: Er definiert sich über Konsum und beruflichen Erfolg, pflegt eher lose Beziehungen zu seiner Lebenspartnerin und seinen Kindern, ist technikgläubig, unterdrückt negative Gefühle und verfügt über ein schier grenzenloses Ego.
Dementsprechend durchlebt Weston im fiktiven Jahr 1999 einen Kulturschock, als er als erster amerikanischer Journalist nach Ökotopia reisen soll. Das ist ein Kleinstaat, der sich von den Vereinigten Staaten abgespalten hat und dessen Gebiet die ehemaligen Bundesstaaten Washington und Oregon sowie den Norden Kaliforniens umfasst. Die Ökotopier sprechen ständig über ihre Gefühle, setzen eher auf die Kraft der Gemeinschaft als auf die des Individuums und pflegen ein nahezu penetrantes ökologisches Bewusstsein. Dafür ist die Luft- und Wasserqualität hervorragend, Nahrung ausreichend und möglichst ohne künstliche Zusätze vorhanden, das Leben entschleunigt und dezentralisiert. So arbeiten die Menschen in Ökotopia meist nicht mehr als zwanzig Stunden pro Woche, können auf ein bedingungsloses Grundeinkommen zurückgreifen und unterbrechen eine Arbeitsbesprechung für einen Besuch in der Sauna - natürlich zusammen mit dem Chef. Der Fortschrittsglaube, der sich durch steigende Produktivität und zunehmenden materiellen Wohlstand definiert hat, weicht in Ökotopia einem Denken im Gleichgewicht, in postmaterieller Selbstbestimmung und Authentizität.
Callenbachs Vorstellungen einer ökologischen Gesellschaft tragen dabei keinerlei technikfeindliche Züge und umfassen Elemente einer marktwirtschaftlichen Ordnung: Die Energieversorgung läuft fast ausschließlich über Sonnen-, Wasser- und Windkraft. Alle Produktions- und Arbeitsprozesse sollen der Natur so wenig wie möglich schaden. Eine Kreislaufwirtschaft wandelt Essensreste, Abwasser und Abfälle in wiederverwertbaren organischen Dünger um, auf den Tellern wird synthetisches Fleisch serviert. Die Unternehmen befinden sich in Privatbesitz, und alle Arbeitnehmer sind Teilhaber. Profitmaximierung und freie Preisbildung sind nach wie vor möglich - allerdings innerhalb streng regulierter Grenzen. Weston ist zunächst irritiert von all diesen Neuerungen, doch allmählich findet er Gefallen an Ökotopia - und verliebt sich.
Kritiker haben Callenbach vorgeworfen, dass sein Buch frauenfeindlich sei. Tatsächlich ist seine Hauptfigur Weston ein Sexist der übelsten Sorte. Doch das muss als Kritik an der Mehrheit der Männer zur damaligen Zeit verstanden werden. In Ökotopia hingegen sind die Geschlechter gleichgestellt. Frauen erhalten die gleiche Bezahlung, bestimmen autonom über ihren Körper und geben in der Politik den Ton an.
Der Vorwurf, dass Ökotopia Dezentralisierung und Gemeinschaft verabsolutiere, lässt sich allerdings nicht ganz so leicht entkräften. In Ökotopia ist von der Verwaltung bis zur Energieversorgung und den Medien nahezu alles dezentralisiert oder entmonopolisiert. Schulen sind Privatunternehmen, die sich im Kollektivbesitz der Lehrer befinden. Darüber, ob es wirklich sinnvoll ist, dass jede Schule eigenständig entscheidet, wie der Unterricht abläuft, lässt sich streiten. Auch wirkt es so, als hätten die Ökotopier panische Angst davor, von der Mehrheitsmeinung abzuweichen. Die Gemeinschaft scheint über dem Individuum zu stehen - auch wenn das Individuum vielleicht mal eine Pause von der Gemeinschaft brauchte. Dass keine Geschirrspülmaschinen mehr hergestellt werden dürfen, wirkt eher dystopisch. Auch die Tatsache, dass Minderheiten wie die Afroamerikaner - wenn auch freiwillig - eigene Stadtstaaten mit eigener Regierung und Polizei gründen und es regelmäßig zu Kriegsritualen kommt, bei denen jedes Jahr fünfzig Männer sterben, lässt an Ökotopia zweifeln.
Wie jedoch Callenbach in einem Vortrag aus dem Jahre 2006 betont hat, soll "Ökotopia" keinesfalls eine perfekte Gesellschaft darstellen. Vielmehr wolle er gerade jungen Menschen mit diesem Roman Hoffnung geben, dass ein gutes Leben möglich sei, ohne immer mehr zu kaufen. Die sich abwechselnden Reiseberichte und Tagebucheinträge von Weston lesen sich aber oft nur zäh, Callenbach ist wahrlich kein großer Stilist. Das Buch trägt eher Züge eines philosophischen Sachbuchs denn eines Romans mit ausdrucksvoller Sprache.
Dennoch lohnt die Lektüre heute noch. Die Botschaft von Callenbach erscheint aktueller denn je: Technischer Fortschritt und Produktivität sind zwar wichtig, werden es allein aber nicht richten. Weniger Konsum und Arbeit müssen kein Verlust sein, sondern können zu mehr Zufriedenheit und Selbstbestimmung führen. FELIX SCHWARZ
Ernest Callenbach:
"Ökotopia". Roman.
Aus dem amerikanischen Englisch von Holger
Hanowell. Reclam Verlag, Ditzingen 2022.
284 S., geb., 24,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Die Geschichte, die Callenbach erzählt, liest sich als radikale Abrechnung mit der amerikanischen Gesellschaft der Siebzigerjahre, wie der Autor sie verstand. Sein Icherzähler, der Reporter William Weston, sollte den westlichen Durchschnittsmann repräsentieren: Er definiert sich über Konsum und beruflichen Erfolg, pflegt eher lose Beziehungen zu seiner Lebenspartnerin und seinen Kindern, ist technikgläubig, unterdrückt negative Gefühle und verfügt über ein schier grenzenloses Ego.
Dementsprechend durchlebt Weston im fiktiven Jahr 1999 einen Kulturschock, als er als erster amerikanischer Journalist nach Ökotopia reisen soll. Das ist ein Kleinstaat, der sich von den Vereinigten Staaten abgespalten hat und dessen Gebiet die ehemaligen Bundesstaaten Washington und Oregon sowie den Norden Kaliforniens umfasst. Die Ökotopier sprechen ständig über ihre Gefühle, setzen eher auf die Kraft der Gemeinschaft als auf die des Individuums und pflegen ein nahezu penetrantes ökologisches Bewusstsein. Dafür ist die Luft- und Wasserqualität hervorragend, Nahrung ausreichend und möglichst ohne künstliche Zusätze vorhanden, das Leben entschleunigt und dezentralisiert. So arbeiten die Menschen in Ökotopia meist nicht mehr als zwanzig Stunden pro Woche, können auf ein bedingungsloses Grundeinkommen zurückgreifen und unterbrechen eine Arbeitsbesprechung für einen Besuch in der Sauna - natürlich zusammen mit dem Chef. Der Fortschrittsglaube, der sich durch steigende Produktivität und zunehmenden materiellen Wohlstand definiert hat, weicht in Ökotopia einem Denken im Gleichgewicht, in postmaterieller Selbstbestimmung und Authentizität.
Callenbachs Vorstellungen einer ökologischen Gesellschaft tragen dabei keinerlei technikfeindliche Züge und umfassen Elemente einer marktwirtschaftlichen Ordnung: Die Energieversorgung läuft fast ausschließlich über Sonnen-, Wasser- und Windkraft. Alle Produktions- und Arbeitsprozesse sollen der Natur so wenig wie möglich schaden. Eine Kreislaufwirtschaft wandelt Essensreste, Abwasser und Abfälle in wiederverwertbaren organischen Dünger um, auf den Tellern wird synthetisches Fleisch serviert. Die Unternehmen befinden sich in Privatbesitz, und alle Arbeitnehmer sind Teilhaber. Profitmaximierung und freie Preisbildung sind nach wie vor möglich - allerdings innerhalb streng regulierter Grenzen. Weston ist zunächst irritiert von all diesen Neuerungen, doch allmählich findet er Gefallen an Ökotopia - und verliebt sich.
Kritiker haben Callenbach vorgeworfen, dass sein Buch frauenfeindlich sei. Tatsächlich ist seine Hauptfigur Weston ein Sexist der übelsten Sorte. Doch das muss als Kritik an der Mehrheit der Männer zur damaligen Zeit verstanden werden. In Ökotopia hingegen sind die Geschlechter gleichgestellt. Frauen erhalten die gleiche Bezahlung, bestimmen autonom über ihren Körper und geben in der Politik den Ton an.
Der Vorwurf, dass Ökotopia Dezentralisierung und Gemeinschaft verabsolutiere, lässt sich allerdings nicht ganz so leicht entkräften. In Ökotopia ist von der Verwaltung bis zur Energieversorgung und den Medien nahezu alles dezentralisiert oder entmonopolisiert. Schulen sind Privatunternehmen, die sich im Kollektivbesitz der Lehrer befinden. Darüber, ob es wirklich sinnvoll ist, dass jede Schule eigenständig entscheidet, wie der Unterricht abläuft, lässt sich streiten. Auch wirkt es so, als hätten die Ökotopier panische Angst davor, von der Mehrheitsmeinung abzuweichen. Die Gemeinschaft scheint über dem Individuum zu stehen - auch wenn das Individuum vielleicht mal eine Pause von der Gemeinschaft brauchte. Dass keine Geschirrspülmaschinen mehr hergestellt werden dürfen, wirkt eher dystopisch. Auch die Tatsache, dass Minderheiten wie die Afroamerikaner - wenn auch freiwillig - eigene Stadtstaaten mit eigener Regierung und Polizei gründen und es regelmäßig zu Kriegsritualen kommt, bei denen jedes Jahr fünfzig Männer sterben, lässt an Ökotopia zweifeln.
Wie jedoch Callenbach in einem Vortrag aus dem Jahre 2006 betont hat, soll "Ökotopia" keinesfalls eine perfekte Gesellschaft darstellen. Vielmehr wolle er gerade jungen Menschen mit diesem Roman Hoffnung geben, dass ein gutes Leben möglich sei, ohne immer mehr zu kaufen. Die sich abwechselnden Reiseberichte und Tagebucheinträge von Weston lesen sich aber oft nur zäh, Callenbach ist wahrlich kein großer Stilist. Das Buch trägt eher Züge eines philosophischen Sachbuchs denn eines Romans mit ausdrucksvoller Sprache.
Dennoch lohnt die Lektüre heute noch. Die Botschaft von Callenbach erscheint aktueller denn je: Technischer Fortschritt und Produktivität sind zwar wichtig, werden es allein aber nicht richten. Weniger Konsum und Arbeit müssen kein Verlust sein, sondern können zu mehr Zufriedenheit und Selbstbestimmung führen. FELIX SCHWARZ
Ernest Callenbach:
"Ökotopia". Roman.
Aus dem amerikanischen Englisch von Holger
Hanowell. Reclam Verlag, Ditzingen 2022.
284 S., geb., 24,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Klappentext:
„Der Roman »Ökotopia«, 1975 verfasst, verblüfft durch seine Aktualität: Elektrotaxis, Biogemüse, Smartphones, mächtige Politikerinnen, Solarenergie – beim Lesen glaubt man sich immer wieder in eine parallele Gegenwart versetzt. Doch …
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Klappentext:
„Der Roman »Ökotopia«, 1975 verfasst, verblüfft durch seine Aktualität: Elektrotaxis, Biogemüse, Smartphones, mächtige Politikerinnen, Solarenergie – beim Lesen glaubt man sich immer wieder in eine parallele Gegenwart versetzt. Doch der kleine Staat Ökotopia an der US-amerikanischen Südwestküste, der sich in Callenbachs Zukunftsszenario von den Vereinigten Staaten abgespalten hat, ist einfach nur seiner Zeit weit voraus.
Entsprechend staunt auch der New Yorker Journalist William Weston, der über die skurrile Hippie-Republik mit der guten Luft berichten soll, und wirft seine Vorurteile bald über Bord. Spätestens als er sich in eine Ökotopianerin verliebt, will er gar nicht mehr zurück. Doch um bleiben zu können, muss er nicht nur die Wahrheit über einen von der US-Regierung vertuschten Krieg herausfinden, sondern auch beweisen, dass er eine gleichberechtigte Beziehung führen kann ...“
Nach beenden des Buches steht für mich fest, es ist erstaunlich wie weit der Autor seine Phantasie hier hat schweifen lassen und wie erstaunlich aktuell doch dieser Roman ist. 1975 bereits an Umweltschutz zu denken wo doch gerade jeder Schornstein eine Menge Unrat in die Welt ballert uvm., ist wahrlich visionär. Die Geschichte rund um die kleine Stadt Ökotopia ist eine Art Utopie der damaligen Zeit. Wer weiß was diese Gedanken aber noch in der Zukunft bringen werden? Autor Ernest Callenbach hatte vorausschauende Gedanken für die Welt und bediente sich den aktuellen Gesellschaftsentwicklungen. Die Hippies haben hier genau so eine Stimme wie die kritischen Journalisten-Stimmen damals, die alles was diese Generation auch anstellte, verurteilte. Hier kommen wir um Klischees nicht drumherum und die auch noch in großer und breiter Mehrzahl. Generell ist der Schreibstil etwas spröde und dumpf. Ich hätte mir hier mehr Tiefe gewünscht. Genau die Tiefe, die Callenbach bei seinen Zukunftsvisionen benutzt. Man sucht nach den Menschen Ökotopias und findet irgendwie nur Hüllen und Phrasen. Es geht um so vieles in diesem Buch (Mülltrennung, E-Mobilität, Sex, Emanzipation und generelle Regeln achten oder auch nicht?! und noch so viel mehr) und man muss schon mit Bedacht lesen um sich nicht selbst zu verzetteln. Man kommt in dem Buch nicht umher als auch seine eigenen Gedanken einfließen zu lassen. Wie würde man selbst reagieren? Wie würde man dort leben? Wie mag es für Weston wohl sein, sich in eine Bewohnern zu verlieben wo er doch eigentlich ganz andere Ansichten hat? uvm.. Das Gedankenkarussel wird hier ordentlich angeschoben und ja, es bleibt genug Raum für eigene Gedanken und genau das fand ich spannend.
Fazit: Auch wenn der Schreibstil nicht meinen Geschmack traf, habe ich die Geschichte rund um Ökotopia und natürlich auch um Journalist Weston gern gelesen. Die eigenen Gedanken werden hier definitiv viel beansprucht und man staunt über den Autoren-Geist aus dem Jahre 1975. Ich vergebe gute 3 von 5 Sterne.
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Der amerikanische Journalist William Weston reist irgendwann gegen Ende der 1990er-Jahre nach Ökotopia - ein Gebiet im Südwesten, das sich rund 20 Jahre zuvor unabhängig von den Vereinigten Staaten erklärt hatte. Als erster US-Journalist überhaupt soll er in Reportagen …
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Der amerikanische Journalist William Weston reist irgendwann gegen Ende der 1990er-Jahre nach Ökotopia - ein Gebiet im Südwesten, das sich rund 20 Jahre zuvor unabhängig von den Vereinigten Staaten erklärt hatte. Als erster US-Journalist überhaupt soll er in Reportagen über das Leben und Arbeiten der Ökotopianer berichten. Was sind das für Menschen, die ihren Müll recyclen, nur 20 Stunden in der Woche arbeiten und bei denen eine Frau im Präsidentinnenamt die Richtung vorgibt?
Ernest Callenbachs utopischer Roman "Ökotopia" stammt ursprünglich aus dem Jahre 1975. Während sich der Autor zunächst vergeblich auf die Suche nach einem Verlag machte, gilt das Werk mittlerweile als moderner Klassiker. Bei Reclam ist nun eine deutsche Neuübersetzung von Holger Hanowell erschienen.
Auf knapp 300 Seiten folgt die Leserschaft diesem William Weston und spürt dabei Schritt für Schritt, wie der Journalist seine anfängliche Skepsis überwindet. Rein formal und unter literarischen Aspekten betrachtet, ist das wenig aufregend und recht vorhersehbar. Westons sachliche Reportagen wechseln sich mit seinen emotionaleren Tagebucheinträgen ab. In den Zeitungsartikeln stellt Weston die verschiedenen Bereiche des Lebens in Ökotopia und dessen Hauptstadt San Francisco vor. Diese wirken mal paradiesisch (Verbot von Autos, lediglich Elektromobilität erlaubt), mal albern (Kriegsspiele von erwachsenen Männern, um ihre Aggressionen zu kontrollieren und keinen echten Krieg zu starten) und mal bedenklich (Gettoisierung der schwarzen Bevölkerung in einem Stadtteil namens "Soul City"). In den Tagebucheinträgen gibt Weston hingegen Auskunft darüber, was ihn wirklich bewegt und dass ihn diese insgesamt doch fortschrittliche Idylle offenbar doch gar nicht so abstößt, wie es in seinen ersten Reportagen noch klingt.
Diese Tagebucheinträge sind für die eigentliche Handlung des Romans die wichtigeren, wenn sie auch nicht frei von Schwächen sind. Eines der vermeintlich überzeugendsten Argumente für ein Leben in Ökotopia ist aus Westons Sicht nämlich eine Frau namens Marissa, in die er sich während seines Aufenthalts verliebt. Letztlich sind die Figuren aber so blass gezeichnet, dass man das Gefühl bekommt, diese Liebe werde eben nur behauptet. Denn man spürt sie zu keinem Zeitpunkt. Dafür spielt die Sexualität eine große Rolle in nahezu allen sanften und härteren Gangarten. Wobei auffällt, dass es bei allem Fortschritt lediglich heteronormative Beziehungen gibt.
Was macht bei aller Kritik also "Ökotopia" dennoch zu einem lesenswerten Roman?
Es ist die Kühnheit von Ernest Callenbach und der Zeitpunkt der Erstveröffentlichung. Man sollte als Leser:in immer im Hinterkopf haben, dass dieses damals sicherlich revolutionäre Werk im Jahre 1975 entstanden ist - und eben in den USA und nicht in Europa. Während Deutschland in den 1980er-Jahren langsam begann, den Müll zu trennen, beschäftigen sich die US-Haushalte selbst heutzutage nur im Ansatz mit diesem Thema. Doch Callenbach hatte diese Vision bereits 1975! In Ökotopia trennen die Menschen ihren Müll nach Plastik, Papier und Glas. Callenbach sah das Comeback der Elektromobilität voraus, als E-Autos trotz ihrer frühen Erfindung fast völlig vom Markt verschwunden waren. In Ökotopia haben Frauen zudem einen ungeheuren Einfluss auf Politik und Wirtschaft.
Es ist eine Freude und große Überraschung, diese Visionen aus heutiger Sicht zu lesen. Fast fühlt man sich wie ein Detektiv, der bei jedem kleinsten ökotopischen Fakt herauszufinden versucht, ob und in welcher Form sich diese Vision durchgesetzt hat. Nur um entweder mit Bedauern festzustellen, dass ein Autoverbot in den Städten heute noch genauso undenkbar scheint wie damals oder eben um erleichtert zu sein, dass die Fernsehsender in Demokratien eben doch ihre Neutralität wahren und nicht als bloße Plattform der einzelnen Parteien dienen. US-Ausnahmen bestätigen glücklicherweise die Regel.
Sollten Sie also die Reise nach Ökotopia antreten, überlegen Sie sich selbst, welche Vor- und Nachteile ein dortiges Leben haben würde. Seien Sie am Beispiel William Westons aber gewarnt: Es könnte sein, dass Sie nicht zurückkehren wollen...
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