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Über das Vergehen der Zeit, über Verschwinden und Wiederkehr, Vergänglichkeit und Ewigkeit - Cécile Wajsbrots neuer Roman, kongenial übersetzt von Anne Weber.Nach dem Tod einer befreundeten Schriftstellerin zieht sich eine Übersetzerin nach Dresden zurück, um dort an der Übertragung von Virginia Woolfs Roman »To the lighthouse« zu arbeiten. Aus ihren tastenden Versuchen, sich der fremden Sprache und Zeit anzunähern, und den Überlegungen, die sie dabei anstellt, entsteht eine betörende Musik. Bei ihren nächtlichen Spaziergängen glaubt sie der toten Freundin zu begegnen und noch einmal mit ihr…mehr

Produktbeschreibung
Über das Vergehen der Zeit, über Verschwinden und Wiederkehr, Vergänglichkeit und Ewigkeit - Cécile Wajsbrots neuer Roman, kongenial übersetzt von Anne Weber.Nach dem Tod einer befreundeten Schriftstellerin zieht sich eine Übersetzerin nach Dresden zurück, um dort an der Übertragung von Virginia Woolfs Roman »To the lighthouse« zu arbeiten. Aus ihren tastenden Versuchen, sich der fremden Sprache und Zeit anzunähern, und den Überlegungen, die sie dabei anstellt, entsteht eine betörende Musik. Bei ihren nächtlichen Spaziergängen glaubt sie der toten Freundin zu begegnen und noch einmal mit ihr reden zu können. Ihre Einsamkeit weitet sich zu einem gewaltigen Echoraum, der von dem verfallenen Haus in Virginia Woolfs Roman über das einstmals zerstörte Dresden bis zur High Line, einer ehemaligen New Yorker Industrieruine, und zur Verbotenen Zone um Tschernobyl reicht.Orte, die dem Verfall, der Zerstörung anheimgegeben sind und doch wieder aufleben, abgebrochene Welten, in denen noch Kraft schlummert für einen Neuanfang. Übersetzen als Über-Setzen zu anderen Ufern, zu den Verschwundenen; in eine andere Zeitlichkeit.
Autorenporträt
Cécile Wajsbrot, geb. 1954, lebt als Romanautorin, Essayistin und Übersetzerin aus dem Englischen und Deutschen in Paris und Berlin. Sie schreibt auch Hörspiele, die in Frankreich sowie in Deutschland gesendet werden. 2007 war sie Gast des Berliner Künstlerprogramms des DAAD. Sie ist Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung sowie der Akademie der Künste in Berlin. 2014 erhielt sie den Eugen-Helmlé-Übersetzerpreis, 2016 den Prix de l`Académie de Berlin.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent Andreas Platthaus lässt sich ein auf Cecile Wajsbrots Roman über eine in Dresden arbeitende Übersetzerin von Virginia Woolfs "To the Lighthouse" und seine vielfachen Spiegelungen. Gespiegelt sieht er die Autorin in ihrer Figur, ebenso die deutsche Übersetzerin des Buches. Gespiegelt sieht er den Roman in Arno Schmidts "Zettels Traum", der sich, wie Wajsbrot in ihrem Text, mit der Arbeit des Übersetzens befasst. Für den Rezensenten ist der Roman mit seinen "verstörenden" Beschreibungen der Stadt Dresden allerdings mehr als das - ein Buch über das Verschwinden.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 23.09.2021

Vieldeutig
schillernd
Cécile Wajsbrot spielt virtuos
mit literarischen Formen
Viel kann passieren bei einer Fahrt aufs Meer hinaus zum Leuchtturm. In Virginia Woolfs Roman „To the Lighthouse“ treiben, bevor es zum Ausflug vor der schottischen Insel Skye kommt, die Gedanken, Erinnerungen, Assoziationen und Spekulationen im Wirbel der inneren Monologe dicht umeinander. Bei dem hier vorliegenden Buch bestehen die Wirbel aus Sprache, genauer: aus mehreren Sprachen. Die Erzählerin hat sich der deutschen Stadt Dresden niedergelassen, um das mittlere Kapitel „Time passes“ aus dem Roman von Virginia Woolf ins Französische zu übersetzen. Und schon gerät alles in Bewegung im Fluidum zwischen den Sprachen, auf dessen sich kräuselnder Oberfläche die Sinnnuancen vieldeutig schillern.
Die Pariser Autorin und Übersetzerin Cécile Wajsbrot, die längere Zeit in Berlin gelebt hat, ist für ihren feingliedrig nach innen gekehrten Erzählstil bekannt, der statt eines klaren Handlungsverlaufs eher ein Netz subjektiv geknüpfter Themen aufspannt. Aus narrativen Ereignissegmenten, essayistischen Exkursen und tagebuchartigen Notizen entsteht hier nun einTextgefüge, für das die im Titel angeführte Bezeichnung „Roman“ nicht recht passt.
Die zwanzig Seiten von „Time passes“, auf denen Virginia Woolf in ihrem Roman das Vergehen der Zeit in seiner Unmittelbarkeit, nicht im Spiegel einer Erzählung darstellen wollte, kann man bei Wajsbrot praktisch vollständig im Original auf Englisch mitlesen, in einzelnen Sätzen übers ganze Buch verteilt. Um diese Satzstücke treiben Wajsbrots eigene Überlegungen, Spuren des zögernden Vorantastens als Übersetzerin. Fast könnte man dieses Buch als Arbeitsprotokoll eines Übersetzungsprojekts lesen, wäre da nicht die Anwesenheit einer verstorbenen Freundin.
Bei ihren Gängen durch die aus dem Bombenschutt auferstandene Stadt und bei ihrem Suchen nach den richtigen Ausdrücken für Virginia Woolfs Text über das unwiederbringliche Verrinnen der Zeit spürt Wajsbrots Erzählfigur die Nähe ihrer Freundin in Form einer Stimme oder einer flüchtigen Erscheinung. „Es war kein Gespenst, kein Schatten“, schreibt sie, sondern etwas, mit dessen Benennung sie wohl nur Gelächter ernten würde, und doch sei das Wort beim Vorbeigehen an der Dresdener Kreuzkirche ganz natürlich gekommen: „Die Seele. Das war es, was mich begleitete, die Seele eines Lebens, das es nicht mehr gab und doch noch gab“.
Solche ans Mystische grenzenden Empfindungen sind literarisch schwer vermittelbar. Es gelang der Autorin des Buchs aber, durch ein immens breit geknüpftes Geflecht bald spontaner, bald recherchierter Assoziationen einen Teppich der Erwartungen auszulegen, der zum Weiterlesen anspornt und die manchmal sich aufdrängende Frage vertreibt, was diese Geschichte uns denn angehe. Von der Entstehung des Roman „To the Lighthouse“ reichen die Assoziationseinschübe über Motive bei Herman Melville, Upton Sinclair, Otto Dix, die im Krieg zerbombte Kathedrale von Coventry und das zerstörte Dresden, Benjamin Brittens „War Requiem“, bis zur Reaktorkatastrophe in Tschernobyl und zur Ursache des Bienensterbens laut Vergil in seinen „Georgica“. Eindringlich zieht sich überdies das Echo von Glockenklang durch das ganze Buch, musikalisch von den Komponisten Berlioz, Debussy, Rachmaninow, Heinrich Johannes Wallmann, real als im Krieg eingeschmolzene oder zerstörte Glocken oder als der in unseren Alltag hineinklingende Stundenschlag. Und vom Buchtitel her hallt über dem Ganzen das „Nevermore“ aus den Gedichten von Edgar Allen Poe und Paul Verlaine.
Die Stringenz so lose geknüpfter Assoziationsmuster mag nicht jedem einleuchten. Fragt man die Quelle aber nach ihrem Bauplan? Wer für offene literarische Formen empfänglich ist, wird viel mitnehmen. Und dass die Übersetzung von der Schriftstellerin Anne Weber, einer der Autorin komplizenhaft verbundenen Kollegin, besorgt wurde, ist der nicht geringste Reiz dieses Selbstgesprächs für Kenner und Liebhaber.
JOSEPH HANIMANN
Die Nähe ihrer Freundin ist
manchmal nur in einer Stimme
oder flüchtigen Erscheinung da
Cécile Wajsbrot:
Nevermore.
Roman. Aus dem
Französischen von
Anne Weber. Wallstein, Göttingen, 2021.
228 Seiten, 20 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.12.2021

Fluchtpunkt Zwischenraum

Cécile Wajsbrots Roman "Nevermore" ist ein literarisches Kabinettstück übers Übersetzen - in seiner deutschen Fassung ganz besonders. Doch das Buch ist noch viel mehr: Hommage an Virgina Woolf, Dresden-Porträt, Trostspender. Und Lesevergnügen.

Dies ist ein Roman über Dresden. Und dies ist ein Roman über Virginia Woolf. Wie geht das zusammen? Eine französische Schriftstellerin fährt als Stipendiatin im Herbst 2019 nach Sachsen, um dort Woolfs 1927 erschienenen Roman "To the Lighthouse" zu übersetzen - "einen Text über die Verwüstungen der Zeit in einer einst vom Krieg verwüsteten Stadt". Die Schriftstellerin hat gerade eine enge Vertraute und Kollegin verloren: "Dies war die erste Übersetzung, über die ich mit meiner Schriftstellerfreundin nicht würde reden können, es war das erste Mal, dass ich den Weg ohne sie würde gehen müssen." Also geht sie allein nach Dresden. In einen Zwischenraum.

Den gibt es auch in Woolfs Roman. Es ist das kurze Kapitel "Time Passes", das Scharnier des Buchs. Das Herz des Buchs. Am Tag, als "To the Lighthouse" erschien, notierte Virgina Woolf in ihr Tagebuch: "Ich bin besorgt wegen Time Passes. Denke mir, die ganze Sache könnte für weich, seicht, substanzlos, sentimental erklärt werden. Dennoch ist es mir wirklich ziemlich einerlei; möchte allein gelassen werden, um zu grübeln." So geht es auch der namenlosen Icherzählerin von "Nevermore".

Bei diesem Titel denkt man an Poe, nicht an Woolf. Aber es geht der in Dresden arbeitenden Übersetzerin um eine Zäsur, die in ihrer Sprache - wie in der deutschen - auch dadurch bezeichnet wird, dass sie in zwei Worten ausgedrückt wird: jamais plus, "das Maß für den Unterschied zwischen den Zeiten vorher und den Zeiten danach, Symbol für die wirkliche Bedeutung der beiden Wörter, die im Englischen nur eines waren, nevermore - nie mehr." Das englische Wort zieht immerhin noch einmal zusammen, was nie wieder gemeinsam sein kann. Auch wenn es nicht mit der Grausamkeit der vergehenden Zeit versöhnen kann, mildert es orthografisch den Schock des Bruchs. So, wie die Dresdner Zeit der Icherzählerin Ablenkung verschafft: "In Dresden, wo die Erkundung der Stadt mich in Anspruch nahm, wo die aufmerksame Lektüre und die unablässige Arbeit, die jede Übersetzung verlangt, umso mehr noch die von Woolf und jenen Seiten reiner Poesie, die den Mittelteil von To the Lighthouse darstellen, wo die aufmerksame Lektüre und die unablässige Arbeit den größten Teil meiner Zeit, meiner Energie, meiner geistigen Verfügbarkeit für sich forderten, war eine Art Parallelleben entstanden, das sich mir entzog, das mich unbemerkt begleitete und an manchen Momenten zufällig zum Vorschein kam, mich überraschte und mein eigentliches Leben verdrängte."

Die Autorin des Romans "Nevermore" hat viel mit dessen Erzählerin gemein. Cécile Wajsbrot ist Schriftstellerin und renommierte Übersetzerin aus dem Englischen (und dem Deutschen) ins Französische. Was sie in "Nevermore" zur Arbeit mit Woolfs Buch ausführt, gleicht im Anspruch dem spektakulärsten deutschsprachigen Roman, der sich mit dem Phänomen des Übersetzens beschäftigt: "Zettel's Traum", entstanden auf der Grundlage der Erfahrungen seines Verfassers Arno Schmidt als Poe-Übersetzer. Nur wird bei Schmidt in zweifacher Hinsicht dialogisch Rechenschaft abgelegt: durch Daniel Pagenstecher, das Alter Ego des Autors, im Gespräch mit einem ihn besuchenden Übersetzer-Ehepaar und durch die Struktur des Buchs selbst, das in seinen drei Spalten die fiktive Handlung, Poes Werk und Reflexionen des Icherzählers miteinander in Beziehung setzt. Übersetzung als Gestaltungsmerkmal. Was hätte Cécile Wajsbrots "Nevermore" dem entgegenzusetzen?

Die deutsche Übersetzung des im vergangenen Februar im französischen Original erschienenen Romans. Denn zwangsläufig wird nun die Auseinandersetzung der Icherzählerin mit Woolfs Text auch zu einer Auseinandersetzung der deutschen Fassung mit dem, was Wajsbrot zum Übersetzen ausführt. Da trifft es sich gut, dass für diese deutsche Fassung Anne Weber verantwortlich zeichnet, wie Wajsbrot selbst eine übersetzende Schriftstellerin und zudem eine, die über eine Sprachsensibilität verfügt, die sich gerade aus dieser Doppelrolle speist. Wenn Wajsbrot schreibt: "Die Übersetzung war wohl eine Arbeit der Neuschöpfung, aber doch keine Schöpfung im eigentlichen Sinn, insofern sie auf einer Grundlage beruhte, auf einem Text, der nicht nur präsent, sondern endgültig war, als wäre er schon immer da gewesen, als hätte es nie Etappen, einen Weg, Moment des Zögerns gegeben", dann hat Webers Übersetzung diesen Prozess anders abzubilden: als entschiedene Annäherung an die zögerliche Annäherung.

Die bei Wajsbrot etwa so aussieht: "Night after night, summer and winter, the torments of storms, the arrow-like stillness of fine weather, held their court without interference. Nacht für Nacht, sommers wie winters, boten der Tumult der Stürme, die pfeilgleiche Ruhe des guten Wetters ihr ungestörtes Schauspiel dar. Stellten sich ohne Störungen zur Schau. Nacht für Nacht, im Winter wie im Sommer, gaben der Tumult der Stürme, der reglose Schönwetterpfeil ihre Vorführungen ohne Störung. Nacht für Nacht, sommers wie winters, hielten der Tumult der Stürme, die pfeilgleiche Schönwetterstille ihre Vorstellung ohne Störungen ab. So viel Zögern, so viele Annäherungen." So etwas abermals zu übersetzen, ohne selbst variieren zu dürfen, ist eine Herausforderung. Womöglich eine Zumutung.

Natürlich gibt es Grenzen. Gleich zu Beginn des Romans, auf Seite 6, steht: "Voyage au phare, Reise zum Leuchtturm, wäre die genaueste, auch in der Silbenzahl mit dem luftig-leichten englischen Titel übereinstimmende Übertragung." Das stimmt nun nur noch für den französischen Titel, nicht mehr für dessen deutsche Übersetzung. Aber auch Karin Kerstens bislang maßstabsetzende Übersetzung von "To the Lighthouse" 1991 trägt mit dem Titel "Zum Leuchtturm" Wajsbrots Erwägung keine Rechnung. Kersten wählte für die oben zitierte Passage übrigens diese Lösung: "Nacht für Nacht, sommers wie winters, hielten die Qual der Unwetter, die pfeilgleiche Stille des schönen Wetters ununterbrochen Hof." Wasjbrots (und Webers) dreifacher Versuch leistet mehr.

Wie auch "Nevermore" viel mehr leistet als nur eine Übersetzungsdiskussion. Es ist ein meisterhaftes Buch übers Verschwinden, die Abwesenheit als menschliche Grunderfahrung. Mit dem Einschub von "Zwischenspielen" nimmt Wajsbrot das Vorbild der Woolf'schen Zäsur ins eigene Buch auf, und nicht nur Dresden, dem sie betörende, bisweilen verstörende Beschreibungen widmet, ist eine Folie fürs Leitthema, sondern auch Michael Powells Spielfilm "The Edge of the World" von 1937 oder die verlassene Stadt Pripjat bei Tschernobyl. Doch was ist aus diesem Verschwinden alles gewonnen! "Forever" sollte der Roman heißen. ANDREAS PLATTHAUS

Cécile Wajsbrot:

"Nevermore". Roman.

Aus dem Französischen von Anne Weber.

Wallstein Verlag,

Göttingen 2021.

230 S., geb., 20,- Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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»Ein Roman von tiefer innerer Spannkraft über Sprache und Orte und ihre Verbindung mit unserem Leben und nicht zuletzt über die Bedeutung der Kunst darin. Die Leistung der Buchpreisträgerin Anne Weber, einen französischen Text über das Übersetzen so kongenial in die deutsche Sprache zu übertragen, muss hier dringend hervorgehoben werden. Der Festeinband mit 230 fadengeheftete Seiten in einem sehr schönem Schutzumschlag gehört für mich zu den bemerkenswertesten Neuerscheinungen des Jahres.« (Jens Fleischer, Gottfried Huebener Buchhandlung, Bremerhaven)