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Am 25. Mai 2012 jährt sich der 150. Todestag des großen Theaterdichters Johann Nepomuk Nestroy. Mit Shakespeare vergleichbar ist er einer der wichtigsten Komödiendichter, die dem Theater zur Verfügung stehen. Es bedarf großer Theaterkunst, seine Stücke aufzuführen. Weder süße Biedermeierimitation noch turbulente Volkskomik werden den Ansprüchen Nestroys gerecht. Sein boshafter, aber unbestechlicher Blick erkennt die Lügen und Betrügereien der Menschen, sieht die Lächerlichkeit und Unveränderbarkeit der menschlichen Schwächen. Hohnlachend erzählt Nestroy seine Geschichten und beschreibt als…mehr

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Produktbeschreibung
Am 25. Mai 2012 jährt sich der 150. Todestag des großen Theaterdichters Johann Nepomuk Nestroy. Mit Shakespeare vergleichbar ist er einer der wichtigsten Komödiendichter, die dem Theater zur Verfügung stehen. Es bedarf großer Theaterkunst, seine Stücke aufzuführen. Weder süße Biedermeierimitation noch turbulente Volkskomik werden den Ansprüchen Nestroys gerecht. Sein boshafter, aber unbestechlicher Blick erkennt die Lügen und Betrügereien der Menschen, sieht die Lächerlichkeit und Unveränderbarkeit der menschlichen Schwächen. Hohnlachend erzählt Nestroy seine Geschichten und beschreibt als großer Moralist die Bösartigkeit der Mitmenschen. Wir lachen über seine Figuren und deren Selbstdarstellung, aber das Lachen bleibt im Hals stecken. Der Regisseur, Theaterleiter und Schauspieler Peter Eschberg hat Nestroy wiederholt auf die Bühne gebracht. Sein Buch berichtet von den Ansprüchen, die Nestroys Stücke den Schauspielern abfordern, es erinnert an große Interpreten wie Attila Hörbiger, Karl Paryla oder Otto Tausig und vermittelt einen Blick in die Theaterwerkstatt.
Autorenporträt
Peter EschbergGeb. 1936 in Wien. Studium am Reinhardt-Seminar, Schauspieler an den Münchner Kammerspielen, am Theater an der Josefstadt, Schauspiel Frankfurt, an der Freien Volksbühne Berlin und der Schaubühne Berlin. Erste Inszenierungen in Köln. 1981-1991 Intendant des Schauspiels Bonn, 1991-2001 Intendant des Frankfurter Schauspiels. Zahlreiche Inszenierungen, darunter fünf Nestroy-Stücke, vier davon an deutschen Bühnen, in der Nestroy-Rolle wirkte vier Mal Otto Tausig als Hauptdarsteller.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.12.2012

Stimme aus der Theaterwüste
Ex-Intendant Eschberg schreibt Buch über Nestroy

Die Hoffnung stirbt zuletzt, und solange Peter Eschberg gegen die Resignation anschreibt, überhaupt nicht. Dennoch wünscht sich sogar der ehemalige Frankfurter Schauspiel-Intendant einen neuen Karl Kraus, um seinen Lieblings-Theaterautor auf den deutschsprachigen Bühnen wiederzubeleben und mit ihm die Seele des österreichischen Theaters zu retten, ja, das Theater überhaupt. Wer auch immer Johann Nestroy liebt, der weiß es zu schätzen, dass Eschberg als gebürtiger Wiener dem Genie unter den Wiener Volksschauspielern und Dramatikern ein Buch zum 150. Todestag gewidmet hat: Unter dem Titel "Nestroy bleibt!" (Wiener Edition Steinbauer) rechnet Eschberg in seiner Kampfschrift zwischen Postulat und Zuversicht mit dem deutschen Regietheater ab und bricht eine Lanze für das Autoren- und Schauspielertheater.

Das hatte er schon in seinem ersten Buch ("Theatermacher, was sonst!") getan. Nur ist er weder hier noch da ein Karl Kraus. Obwohl das neue Buch nur 140 Seiten umfasst, macht dem Leser eine gewisse Redundanz zu schaffen. Die wiederholten Klagen über die Egomanie jener zeitgenössischen Regisseure, die den Text von Dichtern wie Shakespeare, Molière und Nestroy nur noch als Anlass zur Selbstinszenierung nutzen und entsprechend fleddern, gehen einem schon bald auf die Nerven - auch wenn man dem Verfasser recht geben muss. Nestroys Zielgruppe wiederum, die bürgerliche Gesellschaft des biedermeierlichen Wien oder des Wiener Vormärz, wird von Eschberg dermaßen angeprangert, dass man sich des Verdachts nicht erwehren kann, hier wolle jemand abrechnen mit einem spießigen Zeitgeist im Publikum, der ihm selbst unrecht getan hat.

Eschberg gefällt sich als Moralist. Wie eine Stimme aus der Theaterwüste wettert er mit Nestroy gegen die "Verkommenheit" der Gesellschaft. Aber der Satiriker hätte sich bedankt für so einen Savonarola. Seinem Verteidiger fehlt es schlicht an Humor. Eschberg grantelt. Er ist in der Gegenwart nicht mehr zu Hause. Attila Hörbiger, Karl Paryla und Otto Tausig sind seine Zeitgenossen. In den Passagen über diese grandiosen Nestroy-Schauspieler blüht er auf. Auch die dramatischen "Nachkommen" würdigt Eschberg in einem interessanten Kapitel: Jetzt weiß man endlich, warum er Elfriede Jelinek für die Bonner Bühne entdeckt hat und Thomas Bernhard zu einer Art Hausautor am Frankfurter Schauspiel machte. Auch seine Schwäche für selbstverliebte Schauspieler wie Friedrich-Karl Praetorius erklärt sich aus der Lektüre.

Recht hat er: Es ist einfach nicht wahr, dass der deutschsprachigen dramatischen Literatur die Komödien fehlen. Denn jenseits von Lessings "Minna" und Hauptmanns "Biberpelz" gibt es noch Nestroys "Zerrissenen", seinen "Lumpazivagabundus" und den "Jux" nebst 80 weiteren bissigen Komödien. Nur müssten die Dramaturgen sich darauf besinnen. Eher fehlen dem hiesigen Theater begnadete "Rampensäue" wie der verstorbene Hans Falár, der dem Frankfurter Publikum einen unvergessenen Titus Feuerfuchs ("Talisman") schenkte. Nestroy war selbst eine "Rampensau" und hat sich seine Rollen auf den Leib geschrieben. Vielleicht hat Eschberg ja recht, wenn er auch den intellektuellen Anspruch und Dünkel für den Niedergang des deutschen Theaters verantwortlich macht.

CLAUDIA SCHÜLKE

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