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»Naturrecht und Geschichte« ist das bekannteste und geschichtlich am weitesten ausgreifende Werk von Leo Strauss. Von Heidegger, mit dem Strauss einen fortwährenden Dialog führt, geht es bis auf die Vorsokratiker zurück. Es hat sein Zentrum in der Auseinandersetzung mit Sokrates und reicht über Hobbes, Locke, Rousseau und Burke bis zur Kritik Max Webers.Aus den Walgreen Lectures hervorgegangen, die er im Oktober 1949 an der University of Chicago hielt, wurde »Naturrecht und Geschichte« das wirkmächtigste Buch von Strauss. Es kombiniert eine Aufsehen erregende Kritik des Historismus und des…mehr

Produktbeschreibung
»Naturrecht und Geschichte« ist das bekannteste und geschichtlich am weitesten ausgreifende Werk von Leo Strauss. Von Heidegger, mit dem Strauss einen fortwährenden Dialog führt, geht es bis auf die Vorsokratiker zurück. Es hat sein Zentrum in der Auseinandersetzung mit Sokrates und reicht über Hobbes, Locke, Rousseau und Burke bis zur Kritik Max Webers.Aus den Walgreen Lectures hervorgegangen, die er im Oktober 1949 an der University of Chicago hielt, wurde »Naturrecht und Geschichte« das wirkmächtigste Buch von Strauss. Es kombiniert eine Aufsehen erregende Kritik des Historismus und des Positivismus mit dem spektakulär in Szene gesetzten Plädoyer, die klassische Philosophie der Antike einer neuen Prüfung zu unterziehen. Mit seiner Verhandlung von »Ancients and Moderns« am Leitfaden des Naturrechts-Problems wurde es schulbildend. Die philosophische Untersuchung kreist um die Entdeckung der Natur, mit der die Philosophie beginnt, und um den Maßstab, den die Politische Philosophie bereithält, um das Recht der Philosophie zu begründen. Die deutsche Neuübersetzung ist erweitert um Helmut Kuhns Besprechungsaufsatz und Strauss' Antwort auf Kuhn sowie den umfangreichen Essay »Philosophie und Geschichte« von Heinrich Meier.
Autorenporträt
Leo Strauss, geb. 1899 in Kirchhain/Hessen, gest. 1973 in Annapolis/Maryland, wurde 1921 von Cassirer in Hamburg promoviert. Anschließend Studien bei Husserl und Heidegger in Freiburg. 1925-1932 Mitarbeiter der Akademie für die Wissenschaft des Judentums in Berlin. Nach Forschungsaufenthalten in Paris und Cambridge 1938 Übersiedlung in die USA. Professor an der New School for Social Research, New York. 1949 Ruf an die University of Chicago, die während der zwei Jahrzehnte seiner Lehr- und Forschungstätigkeit zum wichtigsten Ort der Neubelebung der Politischen Philosophie wird.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Zur Schärfung des eigenen Denkens empfiehlt Rezensent Thomas Meyer dringend diese Schrift des amerikanischen Philosophen Leo Strauss, der als Vordenker der amerikanischen Neokonservativen berüchtigt wurde, aber vielleicht nicht wirklich bekannt. Bei "Naturrecht und Geschichte" handelt es sich um Strauss' Hauptwerk, erklärt Meyer, er geißelt darin Historismus und Nihilismus, die sich mit der deutschen Denkschule von Max Weber, aber auch Martin Heidegger durchgesetzt hätten. Dadurch sei die Philosophie als Quelle der Weltdeutung obsolet geworden. Meyer lobt besonders das "filigrane" Nachwort von Herausgeber Heinrich Meier, das Strauss' antihermeneutisches Vorgehen anschaulich mache. Für den Rezensenten bleibt der antimoderne Strauss eine notwendige Zumutung, die in keiner Weise den Odeur eines Oswald Sprengler verströmt, wie er versichert.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 16.11.2022

Geheime Botschaften
Ist „Naturrecht und Geschichte“, das Hauptwerk des notorischen Liberalismus-Kritikers Leo Strauss, ein Buch zur Zeit?
Dass der 1899 im hessischen Kirchhain geborene und 1973 in Annapolis verstorbene Philosoph Leo Strauss bis heute bekannt ist, liegt an seinem 1953 erstmals veröffentlichten Rätselbuch „Natural Right and History“. Drei Jahre später erschien es in deutscher Übersetzung. Nun liegt „Naturrecht und Geschichte“ im Rahmen der „Gesammelten Schriften“ in einer Neuübersetzung von Wiebke Meier vor, der Herausgeber Heinrich Meier hat ein buchlanges Nachwort ergänzt und weitere Texte aus dem Umfeld des Buches.
Als die Studie vor knapp 70 Jahren in den USA erschien, stellte sie eine massive Provokation dar. Der Autor behauptete, dass Deutschland trotz der verheerenden Niederlage im Zweiten Weltkrieg gesiegt habe, da die dort entwickelte Idee des Historismus sich verbreitet und so jede Form wirklicher Philosophie verhinderte. Dann legte er los: Mit dem Denken Max Webers identifizierte Strauss nicht bloß den Aufstieg der Sozialwissenschaften, sondern den Sieg des Nihilismus, der sich in seiner dramatischsten Form als Vorbote des Nationalsozialismus erwies. Wie der Historismus war der Nihilismus an einer doppelten Bewegung beteiligt: nämlich die alte Vorstellung von Philosophie als Wissenschaft zugunsten der Naturwissenschaften aufzulösen und zugleich Geschichte als einziges Beurteilungskriterium fürs Weltverständnis gelten zu lassen. Für Strauss wurde Geschichte so zur „politischen Geschichte.“ Doch bei dieser radikalen Gegenwartsdiagnose blieb Strauss nicht stehen. Er erzählte anschließend eine zweigeteilte Verfallsgeschichte. Im ersten Teil rekonstruierte er das Selbstverständnis der klassischen griechischen Philosophie und sodann deren Umformung und letztlich fatale Schwächung, weil durch Indienstnahme ideologisch innen ausgehöhlt, durch die christlich-mittelalterliche Philosophie.
Im zweiten Teil stellte er mit Hobbes und Locke zunächst die beiden vor, die sich um eine Wiederbelebung der ursprünglichen Philosophie bemühten, gerade dadurch aber deren Krise vertieften. Die Totengräber wurden dann, auf je eigene Art, Rousseau und der Begründer der modernen Konservatismus Edmund Burke.
Wenn bis jetzt zwar der Begriff „Geschichte“ genannt wurde, nicht aber der des „Naturrechts“, so hat das seine Gründe. Denn bei Strauss, das lässt ihn bis heute bei vielen gefährlich erscheinen und hat zu seiner zweiten „Karriere“ als heimlicher Spindoktor des antidemokratischen Neokonservatismus geführt, ist nichts so, wie es auf den ersten Blick scheint.
Heinrich Meiers filigranes einführendes „Nachwort“ ist tatsächlich eine „Nachschöpfung“ und als solche die erste adäquate Deutung des Buches. Sie folgt, die einen werden sagen sklavisch, die anderen werden überzeugt sein virtuos, Strauss’ antihermeneutischer Vorgabe, wonach es in der Philosophie darum gehen müsse, einen Autor so zu verstehen, wie er sich selbst verstand. Wer wissen will, was das heißen kann, muss Meiers Text lesen. Unnötig zu sagen, dass dies ohne den antidemokratischen Impetus geschieht, mit dem „Naturrecht und Geschichte“ auf der Oberfläche tatsächlich spielt.
Inhaltlich dreht sich alles um die Wiederbelebung der Philosophie, die als Kampfansage gegen eine selbstgenügsame und damit blinde Gegenwart auftritt. Das hat aber nicht den abstoßenden Mundgeruch, den Spenglers „Untergang des Abendlandes“ und seine großen und kleinen Adepten bis heute verbreiten, vielmehr merkt man „Naturrecht und Geschichte“ sein langsames Gewachsensein an. Strauss, der aus einer Landjudenfamilie stammte und bereits im Oktober 1932 Deutschland für immer verließ, beobachtete schon früh, dass Historismus und Nihilismus in seiner Heimat auf fruchtbaren Boden gefallen waren, dass nämlich die „Modernen“ die „Alten“ zwar aus ihren sicheren Deutungsstellungen zwar „herausgelacht“ (Lessing), aber nicht widerlegt haben. Das erste Opfer war die Philosophie. Und der eigentliche Vollstrecker dieser Entwicklung war Martin Heidegger.
Strauss war möglicherweise der letzte Philosoph, der ein ganzes Leben lang, durchaus mit massiven Selbstkorrekturen, an der Sprengung der Moderne arbeitete, weil er sie als fatalen Irrweg, weil als Abkehr von der klassischen Philosophie begriff. Wer das nicht nur mit einem Kaltgetränk in der Hand fortwinken möchte, der bringt sich um eine bemerkenswerte Gelegenheit, die eigene Liberalität stärken zu wollen. Wer mit und gegen Strauss denkt, der schärft die Sinne für die Zumutungen von Gedanken. Als sein Buch herauskam, war die 1948 vorgelegte Streitschrift „Ideas Have Consequences“ des rechtskonservativen amerikanischen Publizisten Richard M. Weaver gerade en vogue. Man süffelte die wilden Attacken herunter und konnte anschließend ins Konzert gehen ohne einen Moment des Unwohlseins, die eigene Saturiertheit konnte so nicht zum Problem werden. Bei Strauss ist das anders: Nach der Lektüre bleibt das beunruhigende Gefühl, dass er recht haben könnte, dass die völlig überdehnten Deutungen einen wahren Kern beinhalten. Danach wird man zu seinem Buch über Machiavelli greifen müssen, um die eigene philosophische Botschaft des Meisters aus Chicago kennenzulernen.
Bleibt zu hoffen, dass Heinrich Meier diesen Band auch dem deutschen Publikum noch vorlegen wird. Daran entscheidet sich zwar nicht das Schicksal der Welt, aber mit ihm käme ein Stück Aufklärung zurück, deren politische Gefährlichkeit einen wacher für die Gegenwart werden lassen könnte.
THOMAS MEYER
Als die Studie vor 70 Jahren
in den USA erschien, war
sie eine massive Provokation
Leo Strauss: Naturrecht und Geschichte. Gesammelte Schriften, Bd. 4. Aus dem Englischen von Wiebke Meier. Hrsg. von Heinrich Meier. Meiner Verlag, Hamburg 2022. 451 Seiten, 45 Euro.
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Als Rätselbuch bezeichnet Thomas Meyer in seiner ausführlichen, gerade in der »Süddeutschen« erschienenen Rezension Leo Strauss' berühmtes Werk »Naturrecht und Geschichte«: »Denn bei Strauss, das lässt ihn bis heute bei vielen gefährlich erscheinen (...), ist nichts so, wie es auf den ersten Blick scheint.« Meyer nennt Strauss den vielleicht letzten Philosophen, der an der Sprengung der Moderne gearbeitet habe, die er als einen Irrweg begriff, weil sie von der klassischen Philosophie weggeführt habe: »Wer mit und gegen Strauss denkt, der schärft die Sinne für die Zumutungen von Gedanken.« Und er empfiehlt das Nachwort des Herausgebers, Heinrich Meier, als »die erste wirklich adäquate Deutung des Buches«. Thomas Meyer, Süddeutsche Zeitung, 15.11.2022