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Die erste lateinisch-deutsche Gesamtausgabe der 'Naturkunde' des Plinius (in 37 Büchern) wurde 1996 abgeschlossen. Der übersichtlich gegliederte Registerband erschließt dem Forscher wie dem interessierten Laien das enzyklopädisch zusammengetragene naturkundliche Wissen der Antike.

Produktbeschreibung
Die erste lateinisch-deutsche Gesamtausgabe der 'Naturkunde' des Plinius (in 37 Büchern) wurde 1996 abgeschlossen. Der übersichtlich gegliederte Registerband erschließt dem Forscher wie dem interessierten Laien das enzyklopädisch zusammengetragene naturkundliche Wissen der Antike.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.03.1998

Enzyklopädie der alten Welt
Wieder da: Die 37 Bücher der "Naturkunde" des Plinius Secundus

Mit der rasch fortschreitenden Erosion des griechisch-römischen und jüdisch-christlichen Doppelfundaments unserer Kultur haben wir uns abzufinden. Den Restaurationsversuchen der Nachkriegszeit blieb nachhaltiger Erfolg versagt. Dennoch erlosch mit dem Verlust des Bildungskanons das Interesse an der antiken Literatur nicht gänzlich. Eines von mehreren Zeichen dafür war, daß sich neben den Nachdrucken tantiemenfreier Übersetzungen zahlreiche neue behaupten konnten, und daß sogar die anspruchsvolleren zweisprachigen Editionen ihre Käufer fanden. Doch war es schon vor fünfundzwanzig Jahren ein außerordentliches Wagnis, in der Sammlung Tusculum mit einer lateinisch-deutschen Neuausgabe der 37 Bücher der Naturkunde des Plinius Secundus zu beginnen.

Im neunzehnten Jahrhundert hatte es diese gewaltige Enzyklopädie auf vier deutsche Gesamtübersetzungen gebracht. Sie dürften einst auch etlichen von jenen Lesern nützlich gewesen sein, die noch den altphilologisch orientierten Unterricht des ehemaligen Gymnasiums absolviert hatten. Denn das Latein des Plinius ist besonders vertrackt, und nicht nur des schon von den Gegenständen bedingten Wortschatzes wegen. Doch waren nicht die sprachlichen Schwierigkeiten der Grund dafür, daß man sich vom Ende des Jahrhunderts an immer weniger für diesen Autor interessierte. Theodor Mommsens Meinung, der in den achtziger Jahren verächtlich vom Studierlampenbuch des liederlichen Kompilators sprach, wurde keineswegs als ungerechtes Urteil eines Außenseiters empfunden.

Unter den heutigen Liebhabern der antiken Literatur dürfte man kaum einen finden, der allen Ernstes behaupten würde, die Lektüre des Plinius habe ihn auf eine ähnliche Art gerührt wie die Begegnung und Wiederbegegnung mit Thukydides, Tacitus oder selbst Cicero. Doch liest man des Plinius "Naturalis Historia" mit anderen Augen, sobald man sich ihres Wertes als einer wissenschaftshistorischen und kulturgeschichtlichen Quelle allerersten Ranges nähert. Das gilt zunächst einmal im Hinblick auf die Epoche ihrer Entstehung, die Kaiserzeit des ersten nachchristlichen Jahrhunderts. Wie man das Weltbild des achtzehnten Jahrhunderts auf zeitgenössischer Augenhöhe in der Enzyklopädie der französischen Aufklärer betrachten kann, so jenes der Gebildeten des römischen Imperiums im Sammelwerk des Plinius: von der Kosmologie, Zoologie, der Pflanzen- und Heilkunde bis zur Metallurgie und Mineralogie. Und weil, wie siebzehn Jahrhunderte später die neuzeitlichen Enzyklopädisten, schon Plinius die praktische Anwendung der Kenntnisse im Blick hatte, gelangt er von der Metallurgie zum Kunsthandwerk und zum Münzwesen, von den Farben zur Malerei und von den Steinen zu den Gemmen. Deshalb wüßten wir nicht nur vom Naturverständnis der Antike, sondern auch von ihrer Kunst weit weniger, wenn dem Lebenswerk des Plinius dasselbe Schicksal beschieden gewesen wäre wie seinen andern Schriften, von denen uns kaum mehr als die Titel überliefert sind.

Ohne den Erhalt der "Naturalis Historia" hätte in späterer Zeit wohl auch das Leben und Sterben des Plinius wenig Aufmerksamkeit gefunden. So aber ist er als das prominenteste Opfer des Vesuv-Ausbruchs in Erinnerung geblieben, durch den im Jahre 79 Pompeji vernichtet wurde. Plinius, ein höherer Beamter mit wechselnden Aufgaben, war zu dieser Zeit der Flottenkommandant der Region. Als er, um das furchtbare Schauspiel aus der Nähe zu beobachten, aber auch, um per Schiff Fliehende zu retten, sich in die Gefahrenzone begab, erlag er, nach heutiger Vermutung, vor Aufregung und Atemnot einem Herzinfarkt. Davon hat sein Neffe dem Historiker Tacitus in zwei Briefen berichtet und dabei, als Beobachter aus noch halbwegs sicherer Entfernung, die anschaulichste Beschreibung der Naturkatastrophe gegeben.

Diese Briefe sind, nebst anderen kommentierten Zeugnissen, im ersten Band der Ausgabe zu finden. Er eröffnet nun, zusammen mit einigen weiteren inzwischen vergriffenen Bänden, die zweite Auflage - gerade ein Jahr nachdem mit den letzten noch fälligen Teilen die erste Auflage des gesamten Werkes überhaupt komplettiert werden konnte. Diese exzeptionelle Kontinuität verdient Bewunderung, und sie läßt hoffen, daß dem Verlag auch weiterhin die Risikobereitschaft nicht abhanden kommt.

Für den Fall, daß eines fernen Tages gar eine dritte Auflage gewagt würde, wäre für den ersten Band eine kleine Korrektur anzumahnen. Erfreulicherweise haben die Herausgeber ihren Bericht über die Nachwirkungen der "Naturkunde" nicht auf die allgemeine Rezeptionsgeschichte beschränkt, sondern auch die schöngeistige Literatur der Neuzeit gestreift, bis hin zu Borges. Da begegnen wir denn auch Thomas Mann, und es wird zitiert, wie er in "Fiorenza" den Medici-Fürsten Lorenzo Magnifico am Sterbetag 1492 nach dem Plinius-Prachtband schicken läßt, den Lorenzos Großvater Cosimo "aus einem Kloster zu Lübeck erworben hat". Thomas Mann hat diese hübsche Vignette aus einer seiner Hauptquellen, Jacob Burckhardts "Kultur der Rennaissance in Italien", gepflückt. Sie sagt nicht das geringste darüber aus, ob Thomas Mann jemals in einem Plinius auch nur geblättert hat. Aber warum sollten die Herausgeber mit Thomas Mann nicht ein wenig Werbung treiben? Dagegen spricht nichts. Wohl aber, daß sie "Fiorenza", das einzige Drama Thomas Manns, für eine Novelle ausgeben.

Mit größerem Recht als bei Thomas Mann darf man bei Flaubert unterstellen, daß er den Plinius gelesen hat. Was indessen "Bouvard et Pécuchet" betrifft, so ist den Herausgebern doch zu empfehlen, vor einer Neuauflage die Verbindung zwischen Flauberts fragmentarischem Alterswerk und dem Plinius noch einmal an Flauberts Original zu überprüfen. Wir wünschen aufrichtig, daß dazu nicht erst in einem Vierteljahrhundert ein Anlaß bestehen möge. ECKHARD HEFTRICH

C. Plinius Secundus d.Ä.: "Naturkunde". Lateinisch-deutsch. Buch I: Vorrede, Inhaltsverzeichnis des Gesamtwerkes, Fragmente, Zeugnisse. Hrsg. und übersetzt von Roderich König und Gerhard Winkler. 2. Auflage 1997. 490 S., geb. 78,- DM.

Buch II: Kosmologie. Hrsg. und übersetzt von G. Winkler und R. König. 2. Auflage 1997. 351 S., geb., 68,- DM.

Buch VI: Geographie: Asien. Hrsg. und übersetzt von Kai Brodersen. 1. Auflage 1996. 366 S., geb., 68,- DM.

Buch VII: Anthropologie. Hrsg. und übersetzt von R. König in Zusammenarbeit mit G. Winkler. 2. Auflage 1996. 306 S., geb., 68,- DM.

Buch XIX: Botanik: Gartenpflanzen. Hrsg. und übersetzt von R. König in Zusammenarbeit mit Joachim Hopp, Karl Bayer und Wolfgang Göckner. 1. Auflage 1996. 242 S., geb., 68,- DM.

Buch XX: Medizin und Pharmakologie. Heilmittel aus Gartengewächsen. Neu hrsg. von Gerhard Winkler. 1. Auflage 1998. 392 S., geb., 78,- DM.

Buch XXXV: Farben: Malerei, Plastik. Hrsg. und übersetzt von R. König in Zusammenarbeit mit G. Winkler. 2. Auflage 1997. 386 S., geb., 68,- DM.

Alle Bände Verlag Artemis & Winkler, Düsseldorf und Zürich, Sammlung Tusculum.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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