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Ein Schloss mit Pool und Park und zwanzig Oldtimern beherbergt das »Nationaldenkmal« namens Serge Langlois (eine Ikone des französischen Kinos). Umgeben von seiner jungen Gattin (einer früheren Miss Provence), den adoptierten Zwillingen (aus Kirgisistan), einer verschwiegenen Haushälterin (mit einer Schwäche für Vermischte Meldungen) und einem unersättlichen Chauffeur (mit mehr als einem Hobby), will sich der alternde Schauspieler endlich auf seinen Lorbeeren ausruhen. Doch daraus wird nichts: Weitere Mitspieler tauchen auf, die hübsch geschlossene Gesellschaft implodiert, und es wird Opfer…mehr

Produktbeschreibung
Ein Schloss mit Pool und Park und zwanzig Oldtimern beherbergt das »Nationaldenkmal« namens Serge Langlois (eine Ikone des französischen Kinos). Umgeben von seiner jungen Gattin (einer früheren Miss Provence), den adoptierten Zwillingen (aus Kirgisistan), einer verschwiegenen Haushälterin (mit einer Schwäche für Vermischte Meldungen) und einem unersättlichen Chauffeur (mit mehr als einem Hobby), will sich der alternde Schauspieler endlich auf seinen Lorbeeren ausruhen. Doch daraus wird nichts: Weitere Mitspieler tauchen auf, die hübsch geschlossene Gesellschaft implodiert, und es wird Opfer geben.Julia Decks Mikrokosmos ist eine verrückte Satire auf unsere Gegenwart und ein skurriler Krimi. Politische, soziale, pandemische und finanzielle Krisen laufen hinter schmiedeeisernen Gittern im Schloss zusammen, und die Macht des schönen Scheins und der sozialmedialen Inszenierung wird genüsslich seziert.
Autorenporträt
Julia Deck wurde 1974 in Paris geboren. Sie studierte Literatur an der Sorbonne und arbeitete für zahlreiche Zeitungen und Zeitschriften. Heute unterrichtet sie an einer Journalistenschule.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent Cornelius Wüllenkemper ist gebannt von der "rasanten" Gesellschaftssatire von Julia Deck, die die Star-Welt dekonstruiere und Klassengegensätze aufeinanderprallen lasse. Angesiedelt auf einem Château in Frankreich, in dem ein alternder Filmstar mit seiner wesentlich jüngeren Frau und seiner siebenjährigen Adoptivtochter lebt, aus deren unzuverlässiger Perspektive erzählt wird, versammelt die Geschichte in einem zwischen Realität und Fiktion schwankenden Szenario die verschiedensten Figuren: Die Macrons tauchen auf, Supermarktkassiererinnen, Sänger oder Banlieue-Bewohner, allesamt "Archetyp, gesellschaftliches Phänomen und individueller Charakter zugleich", staunt Wüllenkemper. Zwei Morde passieren auch noch. Wie die Autorin dieses Spektakel, das den Kritiker sowohl an Balzac als auch an Agatha Christie oder Robert Thomas' "Huit Femmes" erinnert, orchestriert, mit "lakonischer Ironie" und im Spiel mit Genregrenzen, imponiert dem Kritiker.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.11.2022

Wie ein Reh im Scheinwerferlicht

Denkmalsturz in der Küsschen-Gesellschaft: Julia Deck schreibt ihre Satire über die französische Gegenwart fort und lässt in einem Landschloss die sozialen Antipoden aufeinanderprallen.

Tief in ihren Louis-Seize-Sesseln versunken, nahmen meine Eltern noch ein wenig Champagner. Sie genossen die glückliche Ignoranz der letzten Sekunden, bevor das Fallbeil niedergeht." So antizipiert die siebenjährige Josephine den dräuenden Niedergang ihrer Sippschaft auf deren Landschloss in Rambouillet, südwestlich von Paris. Das Château ist ein "Nationaldenkmal" so wie auch der Schlossherr Serge Langlois selbst, ein altersmüder Filmstar, dessen Lebenswelt noch weniger in der Realität verankert ist als sein Instagram-Account mit Hunderttausenden Followern. Neben dem Schloss genießt er Pool, Park und zwanzig Oldtimer, eine dreißig Jahre jüngere Ehefrau (ehemalige Miss Provence), seine eigene Büste im Foyer sowie eine barock anmutende Garde von Bediensteten. Die kleine Josephine ist als Adoptivkind aus Kirgistan in diese Familie gekommen. Julia Deck dichtet ihr eine unbestechliche Naivität an, mit der sie die Traumwelt der Eltern vor den Augen des Publikums wie Seifenblasen zerplatzen lässt.

Eine Siebenjährige als Zeugin? Immerhin ist unklar, ob Josephines Zwillingsbruder Orly wirklich existiert oder nur eine Ausgeburt ihrer kindlichen Phantasie ist. Auch in "Nationaldenkmal", Julia Decks fünftem Roman, hat man es wieder mit einer zumindest unzuverlässigen Erzählerin zu tun, mit doppelten Böden, falschen Namen, getauschten Identitäten und raffinierten Frauenfiguren, die Klassenschranken durchbrechen und soziale Kostümierungen nach Belieben an- und wieder ablegen. Anders als in "Privateigentum", Decks 2020 auf Deutsch erschienener Satire über kleinbürgerliche Glücksszenarien in einem Öko-Wohngebiet, lässt die Autorin nun die Antipoden der Gesellschaft in einer geschlossenen Schloss- Arena aufeinanderprallen. Einige Figuren aus der Vorstadthölle des vorherigen Romans tauchen auch im Château auf, andere entlehnt Julia Deck zumeist unverblümt der französischen Gegenwart. Realität und Fiktion verschwimmen in diesem Roman genauso wie in den medialen Scheinwelten seiner Figuren.

Der Altstar Serge Langlois interessiert sich zum Leidwesen seiner jungen Gemahlin eher für das nächste Glas Bourbon als für seine Klickzahlen im Netz. Zum siebzigsten Geburtstag gewinnt er als Nationaldenkmal nolens volens an medialem Marktwert, und davon will auch das Präsidenten-Paar profitieren. Die Macrons ("sie waren noch kleiner und schlanker als im Fernsehen") setzen sich beim Besuch im Château mit einem Vertreter der "Gelbwesten"-Bewegung in Szene, der seinerseits wie "ein Reh im Scheinwerferlicht" in die Kameras der eifrigen Elysée-Fotografen blickt. Brigitte Macron klagt derweil mit Blick auf den unaufgeräumten Garten, auch im präsidialen Schloss "La Lanterne" bedürfe der Pool der "ständigen Pflege dreier Beamter". In Langlois' Schloss, das sich als Luftschloss erweisen wird, geben sich Supermarktkassiererinnen, verbitterte Kleinbürger, eine mäßig talentierte Folksängerin und ein Hip-Hop-Sternchen mit Faible für den Dschihad die Klinke in die Hand - jede dieser Figuren ein Archetyp, gesellschaftliches Phänomen und individueller Charakter zugleich.

Der Kitt der fragilen Konstellation besteht wie bei Balzacs großen Gesellschaftspanoramen aus Geld und aus Ruhm, mit oder von dem alle leben wollen. Den Lockdown erlebt die Elite in den weitläufigen Schlossfluchten vor allem deswegen als Plage, weil die millionenschweren Bargeldreserven im Steuerparadies nicht mehr zu erreichen sind.

Mit lakonischer Ironie, aber ohne Häme führt Julia Deck die Küsschen-Gesellschaft des altersmüden Filmstars (ein Schelm, wer hier an Delon oder Belmondo denkt) mit den Abgehängten aus der Banlieue in einem spannenden Kammerspiel zusammen. In dessen Verlauf kassiert ein Kindermädchen 200 000 Euro für ihr Schweigen, dann sind auch noch zwei Mordopfer zu beklagen. Wer den Schlossherrn und das neue maliziöse Kindermädchen mit falscher Identität auf dem Gewissen hat, bleibt angesichts der unzuverlässigen Erzählerin unklar.

Die perfekt konstruierte Krimi-Szenerie hinter verschlossenen Türen, die an Agatha Christie oder Robert Thomas' Boulevard-Komödie "Huit Femmes" erinnert, dient hier als erzählerische Grundierung zur Dekonstruktion der Welt eitler "Celebrities" und ihrer Follower. Der Roman verknüpft nicht nur soziale Gegensätze zu einer rasanten Geschichte, er spielt auch gekonnt mit den Genregrenzen zwischen Krimi, Satire und hyperrealistischem Gesellschaftsroman der Gegenwart. CORNELIUS WÜLLENKEMPER

Julia Deck: "Nationaldenkmal". Roman.

Aus dem Französischen von Sina de Malafosse. Wagenbach Verlag, Berlin 2022. 162 S., geb., 24,- Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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