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Die Autorin erzählt in ihrem autobiographischen Debütroman die Geschichte zweier Schwestern, deren Lebenswege sich mit Ende Zwanzig noch einmal kreuzen. Nach der Trennung von ihrem Mann zieht die ältere zur kleinen Schwester. Früher hatte sie sich mit dem Gedanken beruhigt, daß die jüngere ihr immer ein wenig unterlegen sein würde. Doch inzwischen war nichts mehr so wie früher. Die Dinge hatten sich eben geändert.

Produktbeschreibung
Die Autorin erzählt in ihrem autobiographischen Debütroman die Geschichte zweier Schwestern, deren Lebenswege sich mit Ende Zwanzig noch einmal kreuzen. Nach der Trennung von ihrem Mann zieht die ältere zur kleinen Schwester. Früher hatte sie sich mit dem Gedanken beruhigt, daß die jüngere ihr immer ein wenig unterlegen sein würde. Doch inzwischen war nichts mehr so wie früher. Die Dinge hatten sich eben geändert.
Autorenporträt
Doja Hacker wurde 1960 in Hamburg geboren. Sie verbrachte ihre Kindheit in Kiel und ging 1979 nach Berlin, um zu malen. Nach einer halben Ausbildung zur Kostümbildnerin studierte sie Literaturwissenschaft und schrieb Kritiken für verschiedene Tageszeitungen. Seit 1995 schreibt sie für das Kulturressort beim "Spiegel" in Hamburg.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 29.05.2000

Schläft ein Buch in allen Dingen
Doja Hacker döst sich in die Belanglosigkeit hinein

Dank Thomas Mann sind wir vorzüglich darüber unterrichtet, wie es vor dem letzten Fin de Siècle in Lübecks gehobenen Kreisen zuging. Was aber wissen wir vom Tun und Treiben der Kieler Bourgeoisie im späten zwanzigsten Jahrhundert? Schon ein wenig mehr, seit Doja Hacker, Jahrgang 1960, Kulturjournalistin und "Spiegel"-Autorin, sich in ihrem autobiographischen Debütroman als höhere Tochter von der Förde geoutet hat. Siehe da, auch auf dem Kieler Westufer regieren Unordnung und frühes Leid: Man lebt in einer "unordentlichen Villa", der Vater ist ein "unordentlicher Advokat", und Dackel Joseph scheucht mehrmals täglich die hauseigenen Enten unterm Zaun hindurch. Mami, "deren Hände geübt sind im Halten dünnwandiger Teetassen", flirtet am Telefon auf Französisch mit fremden Männern, und als sich herausstellt, dass Papi die Abende nicht "bei seinen Kunstfreunden" verbringt, sondern mit einer Sportsfreundin aus dem Reitstall, ist die Zerrüttung unausweichlich. Frau und Töchter ziehen aus, das Pony muss weggegeben werden, und bald darauf gerät auch noch der Hund unters Auto.

Was wird aus den beiden Mädels, deren behütete Jugend samt Sommerferien auf Fan und Skiurlaub im Gudbrandsdal so abrupt endet? Literarische Anregungen aus dem Elternhaus - Mami empfiehlt Dostojewski, Papi die "Buddenbrooks" - bleiben nicht ohne Nachhall: Die jüngere Schwester Jill findet Erfüllung im Buchhandel, die ältere, wie man sieht, im Schreiben. In Berlin treffen die zwei, mittlerweile in den Zwanzigern, wieder zusammen und teilen vorübergehend eine Altbauwohnung. Diese Episode ihres Lebens nimmt Doja Hacker zum Anlass, aus dem Schmuckkästchen ihrer Familie zu plaudern, zu der unter anderen eine anthroposophisch begeisterte und eine unternehmerisch zupackende Großmutter gehören, ein Klavier spielender Onkel mit Finca auf den Kanaren sowie eine Großtante, die ihr Vertriebenenschicksal mit Platinfassung trägt. Der Erzählerin wird darüber ganz lyrisch zumute: "Was verstanden wir von ihrer Heimat? Von einem schlesischen Gutshaus, von der Weite und Feinheit der Durchblicke im Park, der Gliederung des Rosenteppichs, der Reinheit des Wassers, das sich aus der Fontäne in die Luft hob, glitzernde schmale Säule. Was verstanden wir davon? Wir Nachgeborenen, Geschöpfe zwischen Damals und Morgen, Menschenkinder, die niemals einen im Gutspark herumspazierenden Pfau über den Kopf streicheln würden wie unser Urgroßpapa."

Die Sehnsucht nach versunkener Gutsherrlichkeit muss den Großnichten im Blut liegen, denn die Buchhändlerin verliebt sich in einen ostholsteinischen Landmann und die unter Auftragsmangel leidende Journalistin in einen polnischen Pferdezüchter, den sie - man gönnt sich ja sonst nichts - auf einem Reiturlaub in den Karpaten kennen lernt. Da der kahlköpfige Graubart Jan ihrem erklärten Faible für ältere Herren entspricht, fällt es ihm leicht, der jungen Dame ein paar tausend Mark für einen Waldbauernhof in Südostpolen abzuschwatzen, wo sie seiner harren soll, während er anderweitigen Verpflichtungen nachgeht. Obwohl die Einweihung des Anwesens mit Streichquartett, Volksmusik und der versammelten Verwandtschaft gefeiert wird, ist der polnische Pendelverkehr nicht von Dauer: Die Kieler Anwaltstochter hat bald genug vom katastrophengeschüttelten Osten, während Jan, der "alte Fuchs", einen starken Drang in die Mongolei verspürt. Auch Schwesterchens Landjunker entpuppt sich rasch als Flop, dem ein viel netterer, leider verheirateter Stadtplaner auf dem Fuße folgt. Trost in allem Übel spendet Josch, der possierliche Terrierwelpe, so wie überhaupt Hunde und Pferde in dieser Hanni-und-Nanni-Welt für Halberwachsene eine dem menschlichen Personal ebenbürtige Rolle spielen.

Wer das Positive in der deutschsprachigen Nachwuchsliteratur sucht, wird es hier finden, freilich auf die Gefahr hin, dass ihm vor lauter rosiger, wohliger Harmlosigkeit mitunter die Lider schwer werden. Ist es Zufall, dass die Autorin sich zu kreislaufbedingter Schlummersucht bekennt? In ihren Frühmemoiren scheinen selbst die unbelebten Gegenstände nicht ganz wach zu sein, heißt es doch an einer Stelle: "Dösend gingen mir Dinge durch den Kopf." Manches hätte sie vor der Niederschrift noch einmal überschlafen sollen, um nicht versehentlich in der Kinderbuchecke abgelegt zu werden: "Das Glück mag es nicht, wenn man ihm ins Angesicht sieht. Dann beschließt es, sich eine Weile zu verstecken." Allerdings darf es als Zeichen von Aufgewecktheit gelten, wenn jemand einen letzten Satz ersinnt, der alle Kritteleien zuverlässig einschläfert. Hier lautet er, kaum mehr zu überbieten: "Wie es ist, ist es gut."

KRISTINA MAIDT-ZINKE.

Doja Hacker: "Nach Ansicht meiner Schwester". Roman. Piper Verlag, München 2000, 159 S., Geb., 29,80 DM.

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Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension

Ein sanft melancholisches Lächeln liege über dem Roman, schreibt Elke Schmitter, aber man brauche keine Angst zu haben, dass er etwa in den Seelenkitsch der Heiter-Bedenklichkeit oder der Verschmitztheit versinke. Offensichtlich empfindet Schmitter Sympathie für die im Roman geschildert Berliner Kulturjounalistin, die sich regelmäßig in ältere Männer verliebt. Es ist ein Berlin-Roman, und der Zwischenzustand der Heldin, die weder ganz als "Tüchtige", noch als Verliererin gelten könne, erscheint Schmitter als charakteristisch. Sie hofft, dass Hacker groß herauskommt.

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