Marktplatzangebote
9 Angebote ab € 1,20 €
  • Broschiertes Buch

An dem Wandel und gleichzeitig den Konstanten des Startums, das zu jeder Zeit auch ein Spiegel seiner Zeit ist, läßt sich ein Wandel der Medien- und Konsumgesellschaft ablesen. Stars früher wie heute sind ein Produkt, an dem vom Drehbuchautor über den PR-Manager bis zum Fan alle mitstricken - das Prinzip bleibt, die Muster hingegen ändern sich. So liest sich dieser temperamtentvolle Ritt durch die Stargeschichte, von der Autorin angereichert mit zahlreichen staunenswerten Anekdoten, kleinen Bosheiten und nostalgischen Huldigungen, auch wie eine Sitten- und Mentalitätsgeschichte.

Produktbeschreibung
An dem Wandel und gleichzeitig den Konstanten des Startums, das zu jeder Zeit auch ein Spiegel seiner Zeit ist, läßt sich ein Wandel der Medien- und Konsumgesellschaft ablesen. Stars früher wie heute sind ein Produkt, an dem vom Drehbuchautor über den PR-Manager bis zum Fan alle mitstricken - das Prinzip bleibt, die Muster hingegen ändern sich. So liest sich dieser temperamtentvolle Ritt durch die Stargeschichte, von der Autorin angereichert mit zahlreichen staunenswerten Anekdoten, kleinen Bosheiten und nostalgischen Huldigungen, auch wie eine Sitten- und Mentalitätsgeschichte.
Autorenporträt
Andrea Parr, Jahrgang 1960, ist promovierte Theaterwissenschaftlerin, freie Schriftstellerin und Drehbuchautorin. Die Autorin hat bereits mehrere Sachbücher, Romane und Kurzgeschichten veröffentlicht. Sie hat zwei Kinder und lebt in Madrid.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.06.1997

Ein Stern ist aufgegangen oder Wie werde ich berühmt?
Andrea Parr will die Mythen in der Alltagskultur aufstöbern und entdeckt darüber den Mehrwert des Showgeschäfts

Das Bertelsmann-Volkslexikon von 1957 erläutert den Begriff Mythos als "Götter-, Welt-, Menschengeschichte auf der Grundlage von Kollektivvorstellungen, als das heilige Wort, das das Geschehene vergegenwärtigt, neben dem Ritus Bestandteil des Kultus in allen Religionen". Heute, vierzig Jahre später, sind die Mythen der Alltagswelt die Stars aus Sport, Film und Fernsehen. Da gilt jeder zweite "Fernseh-Fußball-Foto-Fuzzi", wie Andrea Parr es in ihrem permanenten Bemühen um schnodderige Ausdrucksweise nennt, als Mythos. So wie der moderne Mensch die fehlende Wärme in einer Tütensuppe findet, holt er sich seine Identität aus Illustrierten, Film und Fernsehen. "Mythen in Tüten" heißt folgerichtig das von Andrea Parr über Ruhm und Berühmte verfaßte Buch.

Die Zahl der Stars ist längst ins Unfaßbare gewachsen, und sie haben jedes Mysterium verloren. Durch ihre Allgegenwart sind sie banaler und durchsichtiger denn je. Der Mangel an Mysterien wiederum läßt den Ruf nach neuen Mythen um so lauter werden, und dieser Ruf bleibt nicht ungehört: Neue und noch belanglosere Stars werden von der Unterhaltungsindustrie produziert.

Seinen Anfang hat der ganze Starrummel in Hollywood genommen. Damals, im goldenen Zeitalter des Kinos, als es noch kein Fernsehen gab, mußten Filmschauspieler sich in Geduld, Disziplin und Ausdauer üben, sich über dritt- und zweitklassige Filme hocharbeiten, bis sie eine Chance bekamen, im Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit zu stehen. Oft lagen Jahre vergeblichen Strebens hinter ihnen, wenn sie schließlich "über Nacht" entdeckt wurden. Die Filmstars der frühen Tage waren die Produkte der Filmgesellschaften, die ihnen ein Image aufpfropften, das nicht nur bestimmte, für welche Rollen der Darsteller in Frage kam, sondern auch, was er im Privatleben und gegenüber der Presse darzustellen hatte.

Der große Paradigmenwechsel kam mit der Verbreitung des Fernsehens. Filme kamen nun nicht mehr von der großen Kinoleinwand, sondern aus der in den eigenen vier Wänden aufgestellten Flimmerkiste. Die Stars schrumpften auf handliche Größe zusammen, konnten aber andererseits öfter ihr Publikum erreichen, da das Publikum mehr Zeit vor der eigenen Bildröhre verbringt als in den Lichtspielhäusern. Die Autorin präsentiert die Geschichte der Flimmer- und Flitterwelt an zahlreichen prominenten Beispielen. Damit füllt sie einen so großen Teil des Buches, daß sie das Vorwort mit dem Hinweis "Dieses Buch ist keine Filmgeschichte" beginnen mußte.

Marktgerechte Massenmythen sind vor allem Tagesgeschäft und Umsatzträger, den Glamour transzendierende Verknüpfungen mit einem spirituellen Leben bleiben aus. "Ursprünglich förderten Mythen das Einheitsgefühl sozialer und gesellschaftlicher Gruppen, doch heute ist jedes Individuum sein eigener Stamm mit täglich wechselnden Göttern." Die Mythen sind selten sinnstiftend, doch wir identifizieren uns mit ihnen und über sie. Kein Wunder, daß viele Menschen nicht nur nicht wissen, wer oder was sie sind, sondern sich auch darüber unsicher sind, wer oder was sie sein wollen.

In einer kalten Welt, in der alles bekannt, benannt und beschrieben scheint, haben die Geheimnisse ihre Kraft verloren. Doch die Menschen suchen das Gefühl, lebendig zu sein, die geheimnisvolle, zeitlose Mission des Helden, wie sie der Mythenforscher Joseph Campbell beschreibt. Auf der Suche nach dem wärmenden Licht orientiert sich der Mensch an den Mythen. Auch wenn diese immer beliebiger werden, besteht doch für jeden einzelnen die Möglichkeit der Entdeckung, daß er selbst die Leuchtkraft oder die Begeisterungsfähigkeit über das Leben in sich trägt und daß er diese nur kultivieren muß. HARTMUT HÄNSEL

Andrea Parr: "Mythen in Tüten". Der Deal mit den Stars. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1997. 200 S., br., 24,- DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr