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A photographic exploration of the Soviet monotowns - urban settlements erected around single industries in the hinterlands of the former USSR - some thriving, others struggling to survive, still others partially abandoned. Through 9 chapters with over 130 photographs, Monotowns by Zupagrafika captures the postindustrial landscapes and Soviet era architecture of the monogorods extending from the Arctic Circle to the Russian Far East, such as Vorkuta, Norilsk, Mirny, Kirovsk, Tolyatti, Cherepovets, Magnitogorsk, Monchegorsk and Nikel, and the daily lives of their inhabitants.

Produktbeschreibung
A photographic exploration of the Soviet monotowns - urban settlements erected around single industries in the hinterlands of the former USSR - some thriving, others struggling to survive, still others partially abandoned. Through 9 chapters with over 130 photographs, Monotowns by Zupagrafika captures the postindustrial landscapes and Soviet era architecture of the monogorods extending from the Arctic Circle to the Russian Far East, such as Vorkuta, Norilsk, Mirny, Kirovsk, Tolyatti, Cherepovets, Magnitogorsk, Monchegorsk and Nikel, and the daily lives of their inhabitants.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 29.04.2021

Im Einsatz für die Ideale einer kontroversen Zeit
Das polnisch-spanische Duo Zupagrafika dokumentiert das brutalistische Bauerbe Osteuropas

Wie die Kommandobrücke eines Containerschiffes schwebt die oberste Etage des Apartmentkomplexes mit der Adresse Smolna 8 über dem Warschauer Bezirk Powisle, zwischen der wiederaufgebauten Altstadt und den Glastürmen des Finanzbezirks. Entstanden ist der graue Wohnblock, der auch "der Hammer" genannt wird, im Jahr 1976.

Als der Spanier David Navarro und die Polin Martyna Sobecka im Frühjahr 2012 durch die polnische Hauptstadt flanieren und die brutalistische Plattenbaukonstruktion mit fünfhundertvierzig Wohneinheiten entdecken, ist es Liebe auf den ersten Blick. Gerade haben sie das Grafikkollektiv Zupagrafika gegründet, und sie beschließen, das Gebäude in eines ihrer Buchprojekte aufzunehmen. In "Brutal Poland" ist Smolna 8 prominent plaziert, neben Klassikern der polnischen Nachkriegsarchitektur wie den Wohnblöcken von Nowa Huta in Krakau, der scheibenförmigen Mehrzweckhalle Spodek in Kattowitz und den langgestreckten Plattenbauten vom Typ "Falowiec" in Danzig.

"Sie alle stehen für die Architekturvisionen der polnischen Volksrepublik, diese Architektur ist immer noch allgegenwärtig in unserem Alltag", sagt Sobecka, die wir telefonisch in Posen erreichen, wo sie derzeit lebt.

Plakate und Bastelbögen

Zupagrafika ist eine polnisch-spanische Erfolgsgeschichte. Der aus Saragossa stammende Grafikdesigner Navarro brauchte eine kreative Pause, wie er selbst sagt, und reiste deshalb nach Polen. Inspiriert von der dortigen Plakat- und Grafikkunst ließ er sich in Posen nieder und lernte Sobecka kennen. Aus dem gemeinsamen Designstudio und einem Verlag entwickelte sich binnen weniger Jahre eine wichtige Größe im europäischen Architekturdiskurs. Die beiden Grafiker haben mittlerweile Dutzende Bücher zu Architekturthemen herausgegeben, die sich einer immer größeren Fangemeinde erfreuen.

Ihr Fokus ist die modernistische und brutalistische Nachkriegsarchitektur der Ostblockstaaten, von Kiew über Moskau und Berlin bis nach Leipzig. Aber auch Kompendien zu den brutalistischen Kultur- und Wohnkomplexen im Vereinigten Königreich, wie dem Balfron Tower, der Aylesbury Estate und dem National Theatre, sowie eine Monographie mit dem Titel "Paris Brut" sind Teil des Verlagsprogramms. In diesem Jahr haben die beiden Gründer einen Bildband über die sowjetischen "Monotowns" publiziert, einen Sammelband zu den Plattenbautypen mit dem Titel "Eastern Blocks" geschrieben und ein Bastelset zu sibirischen Architekturentwürfen entwickelt. Mit ihren Plakatgrafiken sind sie in verschiedenen Ländern ausgezeichnet worden, unter anderem bei der internationalen Posterbiennale in Warschau.

Sobecka und Navarro erzählen begeistert davon, dass es ihnen vorrangig um den Erhalt der Gebäude und die Dokumentation des sowjetischen Architekturerbes gehe: "Viele dieser Strukturen reflektieren die Träume und Ideale einer kontroversen Zeit. Mit Zupagrafika wollen wir dazu beitragen, die architektonische Geschichte und Identität der mittel- und osteuropäischen Staaten und deren Utopien ins kollektive Gedächtnis zu holen", berichtet Sobecka.

In Polen ist der Wohnblock noch immer die üblichste Wohnform in den Metropolen. Alle Großstädte sind von Schlafstädten umgeben, die von den siebziger bis Anfang der neunziger Jahre entstanden. Sobecka ist selbst nach der Wende in einer "Wielka Plyta"-Wohnung aufgewachsen, einem jener Apartments in den massengefertigten Wohnblöcken, die dem Plattenbautyp WBS 70 in der DDR ähneln.

Auch zu den Höhepunkten des DDR-Modernismus haben die beiden Grafiker einen Modellbogen entworfen. Darin enthalten sind das buchförmige Leipziger City-Hochhaus, fertiggestellt 1972, die Mokka-Milch-Eisbar Kosmos in Cottbus, die als Kleeblatt gestaltet ist, und die beigen Punkthochhäuser des Berliner Ernst-Thälmann-Parks. Mit den Pappmodellbausätzen lassen sich die Konstruktionen von Architekten wie Hermann Henselmann, Wilfried Stallknecht und Achim Felz mit filigranem Papier nachbauen.

Mit ihren Büchern wollen Zupagrafika zeigen, dass DDR-Architektur, die heute häufig abgerissen oder fehlerhaft saniert wird, einen hohen Stellenwert im architekturhistorischen Kanon Europas hat. Für diese Mission reist das Duo häufig durch die ehemals kommunistischen Staaten. Die Fotografien fertigen sie selbst an, oder sie lassen die Gebäude von bekannten Fotografen wie Alexander Veryovkin in Russland und Balazs Csik in Ungarn aufnehmen. Dabei entstehen stimmungsvolle, konstruktivistische Architekturaufnahmen, beispielsweise von den zwanziggeschossigen, bunten Plattenbauhochhäusern an der Berliner Jannowitzbrücke, deren Balkons und Fensterreihen wie grafische Formen wirken.

Sobecka und Navarro sind fasziniert von Stadtquartieren, die abseits der prachtvollen stalinistischen Boulevards und der postmodernen Wolkenkratzerviertel der Transformationszeit liegen. Zu einem dieser Viertel gehört die Siedlung "Towar" im Warschauer Stadtteil Solec. Die kaskadenförmigen Wohnblöcke sind miteinander verbunden und formen ein riesiges X. Trotz der großen Materialknappheit beim Bau der Großwohnsiedlungen in den Staaten des Warschauer Paktes stehen sie für den Einfallsreichtum, mit dem die polnischen Architekten dem Wohnungsmangel der Siebziger und Achtziger begegnet sind.

Inspiriert von dieser "Kreativität der Knappheit", wie Sobecka es nennt, haben die beiden Grafikdesigner auch eine Edition für plattenbauförmige Vogelhäuser mit dem Titel "Nesting Blocks" entworfen. Die Häuschen sind als Letrasets konzipiert, einer Modellbautechnik aus den sechziger Jahren, bei der Pappbögen mit Buchstaben und Grafiken zum Abrubbeln versehen sind, was die Gestaltung von genauen Modellen erlaubt.

Verfallendes Erbe der Planstädte

Die Geometrie der Architekturentwürfe reizt die beiden Grafiker an der Arbeit mit dem brutalistischen Architekturerbe. "Wir bewundern die Komposition, die dahinter stehende Architekturtheorie und nehmen die Bauten als einzigartige Kunstwerke wahr", sagt Navarro. Deswegen widmet sich die neueste Publikation "Monotowns" den sowjetischen Planstädten, die als Siedlungen neben großen Fabrikanlagen angelegt wurden und den Arbeitskräften der volkseigenen Betriebe ein Zuhause bieten sollten. Dazu zählen Städte wie Tolyatti, Sitz des Autobauers AvtoVAZ, und Norilsk, die russische Nickelhauptstadt.

Mit dem Zusammenbruch der sowjetischen Wirtschaft und durch die Couponprivatisierungen der Neunziger veränderten sich auch diese Monostädte. Viele leiden heute unter hoher Arbeitslosigkeit und ökonomischer Stagnation. Zupagrafika will das verfallende Erbe der Planstädte bewahren und dokumentiert in großformatigen Fotografien, alle entstanden im Winter, die stille Schönheit und planerische Komplexität der Siedlungen.

Auf ihrem Blog haben Navarro und Sobecka ein neues Projekt begonnen: Zupagrafika bricht die Architektur auf das Individuum herunter und zeigt die Bewohner der Wohnkomplexe Osteuropas - ältere Männer und Frauen, Jugendliche und junge Familien. Auch das ist ein Teil von Zupagrafikas Zugangsweise: "Unsere Fotos legen immer einen Fokus auf die Menschen, die in den Gebäuden leben. Wir möchten die Beziehungen zwischen den Bewohnern und den sie umgebenden Anti-Heroen der Architektur zeigen."

KEVIN HANSCHKE

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