Ein Staatsanwalt mordet aus Frust, ein armer Straßenmusikant betrügt den anderen, und Jesus käme in unseren Tagen nicht auf die Welt, weil niemand an Weihnachten ein obdachloses Paar aufnehmen würde ... Verkehrte Welt? Herbert Rosendorfer erweist sich in diesen Erzählungen wieder als höchst gegenwärtiger, höchst eigenwilliger Schriftsteller, ein scharfer Beobachter von Welt und Menschen, ein rationaler Denker mit unerschöpflicher Phantasie.
Wie man störende Zeitgenossen totbetet, Eier mit dem Schraubenzieher öffnet, ständig bellende Hunde zur Explosion bringt oder seine Frau als Moorgespenst erschreckt, wird in ebenso bissig-boshafter Manier erzählt wie die mit schwarzem Humor gespickten Seitenhiebe auf die moderne Kunst mit ihrer Eventkultur und die Entmenschlichung unserer Gesellschaft.
Herbert Rosendorfer versteht es wie kein zweiter, munter zu unterhalten und den Leser für die entscheidenden Probleme seiner Zeit zu interessieren. Geistreich lüpft er den Deckmantel des bloßen Scheins und offenbart die skurrilen Seiten und Absurditäten des Lebens.
Wie man störende Zeitgenossen totbetet, Eier mit dem Schraubenzieher öffnet, ständig bellende Hunde zur Explosion bringt oder seine Frau als Moorgespenst erschreckt, wird in ebenso bissig-boshafter Manier erzählt wie die mit schwarzem Humor gespickten Seitenhiebe auf die moderne Kunst mit ihrer Eventkultur und die Entmenschlichung unserer Gesellschaft.
Herbert Rosendorfer versteht es wie kein zweiter, munter zu unterhalten und den Leser für die entscheidenden Probleme seiner Zeit zu interessieren. Geistreich lüpft er den Deckmantel des bloßen Scheins und offenbart die skurrilen Seiten und Absurditäten des Lebens.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.03.2008Für alle Fälle
Herbert Rosendorfers "Briefe in die chinesische Vergangenheit" sind Legende, seine musikalisch-literarischen Ausflüge originelle Expertisen, die Schriften des 1934 geborenen Tirolers seit 1966 unüberschaubar gewachsen. Auch seine neuen Erzählungen entführen in eine skurrile Welt; darin phantasiert der Autor mit gnadenlos morbider Lust aus, was sich manch einer nur im Geheimen wünscht, zum Beispiel den möglichst natürlichen Tod eines ungeliebten Menschen. Die Geschichten nähern sich liebevoll der Stammtischkultur und erfassen in üppigen, bissig-trockenen, phrasenhaften Alltagsdialogen das ständige Maulen der Menschen, ihr Leiden an der Wirklichkeit, das sie zu kuriosen Handlungen verführt. Hier, im Urmorast des Lebens, entdeckt Rosendorfer seine verschroben-gequälten Figuren, deren Lebenslitanei oft ein Anwalt sein Ohr leihen muss. Schon ihre Namen - sie heißen etwa Woblistin, Troppschuh, Nupfl, Hörthuber - enthalten ganze Romane. Aus deren einerseits grob vereinfachenden, im Detail dagegen zwanghaft typologisierenden Denkschleifen baut Rosendorfer pointenfixierte Erzählungen mit feinem Hintersinn. Auch an Worten beißt er sich gerne fest, und wer etwa nicht weiß, was ein "Kleinkrimmler" ist, sollte unbedingt eine der besten Geschichten in diesem Band nicht überlesen: "Der Totbeter" wird einbestellt, weil Kleingärtner Harnisch seinen Erzfeind Gschwindhuber lieber nicht mit dem "Kleinkrimmler" umlegen will - wäre auch zu blutig, denn der Kleinkrimmler ist "eine Art Harke". Der Totbeter dagegen kann unauffällig morden, eine Gabe, die auch ein Anwalt namens Riegel zu schätzen beginnt: Er kauft sie dem Totbeter ab und probt erst am Hund, dann am Herrchen; mit zunehmendem Erfolg auch an anderen Menschen: "Riegel erledigte ein paar Leute, die ihn angerempelt hatten", flieht dann aber vor seiner schrecklichen Gabe, die er nicht mehr zu kontrollieren weiß, in die Einsiedelei. Mord ohne Spur: Man ahnt, dass die Alltagswelten von Juristen und Literaten - und Rosendorfer ist ja beides - oft nur Millimeter weit auseinanderliegen. (Herbert Rosendorfer: "Monolog in Schwarz und andere dunkle Erzählungen". Langen-Müller Verlag, München 2007. 224 S., geb., 17,90 [Euro]). hir
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Herbert Rosendorfers "Briefe in die chinesische Vergangenheit" sind Legende, seine musikalisch-literarischen Ausflüge originelle Expertisen, die Schriften des 1934 geborenen Tirolers seit 1966 unüberschaubar gewachsen. Auch seine neuen Erzählungen entführen in eine skurrile Welt; darin phantasiert der Autor mit gnadenlos morbider Lust aus, was sich manch einer nur im Geheimen wünscht, zum Beispiel den möglichst natürlichen Tod eines ungeliebten Menschen. Die Geschichten nähern sich liebevoll der Stammtischkultur und erfassen in üppigen, bissig-trockenen, phrasenhaften Alltagsdialogen das ständige Maulen der Menschen, ihr Leiden an der Wirklichkeit, das sie zu kuriosen Handlungen verführt. Hier, im Urmorast des Lebens, entdeckt Rosendorfer seine verschroben-gequälten Figuren, deren Lebenslitanei oft ein Anwalt sein Ohr leihen muss. Schon ihre Namen - sie heißen etwa Woblistin, Troppschuh, Nupfl, Hörthuber - enthalten ganze Romane. Aus deren einerseits grob vereinfachenden, im Detail dagegen zwanghaft typologisierenden Denkschleifen baut Rosendorfer pointenfixierte Erzählungen mit feinem Hintersinn. Auch an Worten beißt er sich gerne fest, und wer etwa nicht weiß, was ein "Kleinkrimmler" ist, sollte unbedingt eine der besten Geschichten in diesem Band nicht überlesen: "Der Totbeter" wird einbestellt, weil Kleingärtner Harnisch seinen Erzfeind Gschwindhuber lieber nicht mit dem "Kleinkrimmler" umlegen will - wäre auch zu blutig, denn der Kleinkrimmler ist "eine Art Harke". Der Totbeter dagegen kann unauffällig morden, eine Gabe, die auch ein Anwalt namens Riegel zu schätzen beginnt: Er kauft sie dem Totbeter ab und probt erst am Hund, dann am Herrchen; mit zunehmendem Erfolg auch an anderen Menschen: "Riegel erledigte ein paar Leute, die ihn angerempelt hatten", flieht dann aber vor seiner schrecklichen Gabe, die er nicht mehr zu kontrollieren weiß, in die Einsiedelei. Mord ohne Spur: Man ahnt, dass die Alltagswelten von Juristen und Literaten - und Rosendorfer ist ja beides - oft nur Millimeter weit auseinanderliegen. (Herbert Rosendorfer: "Monolog in Schwarz und andere dunkle Erzählungen". Langen-Müller Verlag, München 2007. 224 S., geb., 17,90 [Euro]). hir
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